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Unsterbliche Zellen, die den Tod bedeuten

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In der DNA einer Familie mit erblicher Vierfingrigkeit ist gegenüber der DNA anderer Menschen eine Stelle verändert. Genauso verhält es sich mit der nicht alternden Zelle. Etwas in ihr ist verändert. Eine solche Änderung innerhalb des DNA-Informationsfadens nennt man Mutation. Jede Bauanleitung jeder Zelle kann mutieren. Das Rezept für Fünffingrigkeit kann sich ebenso verändern wie das für Altern oder jedes andere.

Eine DNA-Veränderung oder Mutation ist nicht von vornherein gut oder schlecht. Der erblich bedingte Verlust eines Fingers war beispielsweise die Voraussetzung dafür, dass sich die Hufe von Pferden, Milchkühen, Giraffen und Kamelen entwickeln konnten.

Niemand bezweifelt, dass Hufe für das Laufen auf vier Beinen vortrefflich geeignet sind. Der Verlust des Alterns hingegen ist nur für eine einzelne Zelle von Vorteil. Sie vervielfältigt sich rasch und erinnert vollkommen an die unsterblichen Urtiere, die noch vorgestellt werden. Das Krebsgeschwür ist eine Ansammlung praktisch gleicher, unsterblicher Zellen. Durch die ständige ungeregelte Teilung einer einzigen mutierten Zelle und ihrer Nachkommen kommt schließlich der ganze Körper aus dem Gleichgewicht: Das Krebsgeschwür drückt Leitungsbahnen zu, behindert die Funktion von Organen oder entstellt unter Umständen die Erkrankten.

Es gibt sehr viele Möglichkeiten, wie aus einer normalen Zelle eine Krebszelle werden kann. Entsprechend gibt es sehr viele verschiedene Arten von Krebs. Wegen der vielen Entstehungs- und Erscheinungsformen von Tumoren wird es wohl niemals eine Behandlungsmethode gegen alle Krebsarten geben. Es gibt auch kein vorbeugendes Mittel dagegen. Das Zusammenspiel der Zellen des Körpers kann jederzeit aus dem Gleichgewicht geraten. Der Traum vom Sieg über den Krebs wird sich vermutlich nicht erfüllen. Ein Gutes hat die Krebsforschung aber in jedem Fall: Sie bringt unser Wissen um den Aufbau und die Vorgänge in Zellen seit dreißig Jahren enorm voran. Ohne die Krebsforschung wären sehr viele biomedizinische Fortschritte nicht (oder nicht so rasch) möglich gewesen. Seit wir Zellen besser verstehen, können wir viele andere Krankheiten behandeln, die eigentlich nicht unter den Begriff Krebs fallen. Außerdem haben wir vieles über Zellen gelernt, das wir bislang noch nicht praktisch nutzen konnten. So ist es oft in der Forschung: Versuche, die einem bestimmten Zweck dienen sollen, bringen ein anderes Wissensgebiet voran. Und umgekehrt kommt die Lösung für ein teuer und lange untersuchtes Problem oft aus einem Bereich, von dem man es nie erwartet hätte. Der Aufbau der DNA, der Geheimschrift des Lebens, wurde zum Beispiel erst durch rein physikalische Versuche (Röntgenbeugungsmuster) endgültig aufgeklärt.

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