Читать книгу Gefangen in Nordkorea - Mark Tabb - Страница 12
Оглавление3. Ich stehe zu Gottes Füßen
Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der Herr.
(Jeremia 1,8)
Ich wusste ohne den geringsten Zweifel, dass Gott mich nach Nordkorea gerufen hatte. Vor sieben Jahren, als ich mich in Kona auf Hawaii aufhielt, flog ich mit einer Gruppe von „Jugend mit einer Mission“ nach Dalian in China, um etwas Missionsluft zu schnuppern. Dabei spürte ich innerlich ganz deutlich, wie Gott seine Berufung aus dem Sommer nach meinem Highschool-Abgang wiederholte, die ich im Trubel des Lebens glatt aus den Augen verloren hatte.
Im November 2005 fuhr ich von Dalian nach Dandong, um einen Missionar zu besuchen, den ich über einen gemeinsamen Freund kennengelernt hatte, und mir seine Arbeit anzuschauen. Während ich dort war, lernte ich eine Frau aus Nordkorea kennen, die einen Monat zuvor mit einem Besuchervisum nach Dandong gekommen war. In ihrer ersten Woche in China lief sie meinem Freund, dem Missionar, über den Weg, der ihr von Jesus erzählte. Die Frau übergab Jesus auf der Stelle ihr Leben. Als ich sie traf, war sie erst seit drei Wochen Christin.
Ihre Geschichte bewegte mich so sehr, dass ich sie spontan fragte, wie ich für sie beten konnte. „Nein, nein, nein“, antwortete sie. „Beten Sie nicht für mich, ich habe Jesus ja schon. Beten Sie für die Menschen in Nordkorea, dass sie den wahren Gott kennenlernen!“
Ich war platt. Diese Frau war nach China gekommen, um sich etwas Geld zu verdienen, weil es ihrer Familie an allem fehlte, aber jetzt, wo sie Jesus hatte, sagte sie mir, dass er alles war, was sie wirklich brauchte.
Mein Freund, der Missionar, machte mich auch mit einem zweiten Nordkoreaner bekannt, der sich ebenfalls mit einem Besuchervisum in China aufhielt. Der Mann war Mitte fünfzig und hatte jenseits des Flusses Yalu Frau und zwei Kinder. Auch er war nach China gekommen, weil er Arbeit suchte, hatte aber wegen seines Gesundheitszustands keine bekommen. Wie die Frau hörte auch er durch meinen Freund von Jesus und vertraute ihm sofort sein Leben an.
Ich fragte den Mann, wie er sich jetzt, nachdem er Christ geworden war, fühlte. Er sagte: „Früher hatte ich keine Hoffnung, aber jetzt habe ich eine Hoffnung für mein Leben und eine Hoffnung für danach.“
Wieder war ich platt. Die Frau und die Kinder dieses Mannes hatten fast nichts zu essen. Er selbst war ein kranker Mann. Aber jetzt, wo er Jesus hatte, hatte er einen Schatz, etwas, was er nie zuvor gehabt hatte – Hoffnung.
Die Geschichten dieser beiden Menschen gingen mir noch durch den Kopf, als mein Freund, der Missionar, mich fragte, ob ich Lust hätte, mal einen Blick über die Grenze nach Nordkorea zu werfen. Ich sagte natürlich Ja. „Du kannst bis auf drei Meter an die Grenze heran“, erklärte er mir. „Du kannst aber auch in ein Boot steigen, das dich über den Yalu bringt und auf der nordkoreanischen Seite landet. Solange du das Boot nicht verlässt, bist du offiziell immer noch in China und es kann dir nichts passieren.“
Ich war sofort Feuer und Flamme. Das würde ich machen! Ich musste das Land sehen, wo meine Vorfahren gewohnt hatten!
Also gut. Am folgenden Tag, nach Sonnenuntergang, stieg ich mit einer Handvoll anderer Personen in ein Boot. Ich stand ganz vorne. Wir fuhren über ein vielleicht drei Meter breites Nebenflüsschen in den Yalu. Der chinesische Bootsführer tuckerte etwa zehn Minuten das Ufer entlang, dann drehte er bei und ließ den Bug des Bootes auf das nordkoreanische Ufer gleiten. Darauf rief er auf Chinesisch: „Sie können kommen!“
Die Silhouette eines sehr jungen, sehr dünnen und (jedenfalls für einen Koreaner) sehr hochgewachsenen Soldaten löste sich aus der Dunkelheit. Als er in das Licht des Bootes trat, sah ich, dass der Lauf seiner Maschinenpistole direkt auf uns gerichtet war.
„Hallo“, sagte ich auf Koreanisch. Ich versuchte, ruhig zu bleiben – nun ja, so ruhig, wie es geht, wenn man in den Lauf einer Maschinenpistole blickt.
„Haben Sie Geld?“, fragte der Soldat.
Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass man dann, wenn jemand mit einer Maschinenpistole Geld von einem verlangt, ihm besser etwas gibt. Aber ich antwortete: „Oh, das tut mir leid. Wir haben kein Geld dabei.“
„Haben Sie Zigaretten?“
„Nein, Zigaretten haben wir auch nicht. Aber wir haben etwas anderes für Sie.“ Ich reichte dem Soldaten einen Beutel. „Da drinnen ist Brot und andere Lebensmittel, unter anderem ein Apfel und Trockenrindfleisch aus den USA. Und ein paar Erfrischungsgetränke.“ Es sind solche kleinen Geschenke, die es überhaupt möglich machen, dass diese Boote am nordkoreanischen Ufer landen können, ohne gleich beschossen zu werden.
Der Soldat nahm den Beutel und sagte: „Danke.“ Er schaute kurz hinein, dann verschwand er wieder in der Dunkelheit.
Während ich ihm hinterherschaute, hörte ich, wie Gott zu mir sprach. Dieser Mann braucht kein Geld und keine Zigaretten. Dieser Mann braucht Jesus, den einzigen Weg, die Wahrheit und das Leben, ohne den niemand in das Reich Gottes gelangen kann.
Und ich antwortete Gott, dort in diesem Boot: Herr, wenn du mich als Brücke zwischen Nordkorea und der Außenwelt gebrauchen willst, dann gebrauche mich. Herr, hier bin ich.
Ich wusste es damals noch nicht, aber dieser Soldat hätte mich und alle anderen in dem Boot auf der Stelle verhaften und ins nächste Gefängnis bringen können. Als meine Freunde in Dalian hörten, was ich gemacht hatte, waren sie entsetzt. „Wie konntest du das nur machen und für nichts und wieder nichts dein Leben riskieren?!“ Aber ich wusste: Gott selbst hatte in diesem Boot zu mir gesprochen.
Hier bin ich, betete ich. Gebrauche mich als Brücke zwischen der Welt und Nordkorea.
Fünf Jahre vergingen, bis ich das zweite Mal nach Nordkorea ging – diesmal ganz legal. Ich gründete ein Touristikunternehmen, „Nations Tours“, das seit März 2011 dreiundzwanzig Reisegruppen, insgesamt dreihundert Personen, nach Nordkorea gebracht hat. Mein Ziel war, dass jeder Teilnehmer die gleiche Erfahrung machte wie ich bei meinem ersten Besuch.
Gott hatte Nordkorea nicht vergessen. Die frischbekehrten Christen, die ich 2005 in Dandong kennenlernte, zeigten mir, was für einen Hunger nach der Wahrheit die Menschen in diesem Land hatten. Ich wollte, dass „meine“ Nordkorea-Touristen wirklich das Volk kennenlernten und erfuhren, wie dringend es Jesus brauchte.
Und jetzt war Nordkorea mir dichter auf die Pelle gerückt, als ich je für möglich gehalten hätte. Ich hatte mit hohen Beamten und Regierungsfunktionären zu tun. Mehrere der wichtigsten Männer der Stadt waren hier in meinem Zimmer gewesen. Und ich – musste wie ein unartiger kleiner Junge in der Ecke stehen.
Während meines ersten vollen Tages meiner Gefangenschaft stand ich stundenlang so da. Ich starrte die nackte Wand an, bis das Licht draußen vor dem Fenster dunkel wurde. Ich wusste, dass die Sonne gegen sechs Uhr unterging. Als es draußen dunkel geworden war, brachte einer der Wächter mir mein Essen. Ich setzte mich damit an den Schreibtisch und aß die sechs oder sieben Löffel Reis und halb verwelktes Gemüse und etwas, was wie ein winziges Stück Fleisch oder Schweinefett aussah. Dann ging es zurück in die Ecke.
Ich hörte, wie im anderen Raum das Fernsehen eingeschaltet wurde. In Rason gibt es den einzigen Fernsehsender in Nordkorea. Er sendet während der Woche nur am Abend. Stunden später hörte ich, wie im Fernseher die Nationalhymne gespielt wurde; die Sendezeit war also zu Ende. Von meinen früheren Besuchen im Land her wusste ich, dass es jetzt halb elf war. Ich stand weiter in meiner Ecke.
Endlich erlaubte man mir, ins Bett zu gehen. Ich wusste nicht, wie spät es war, aber die Nacht war schon vorangeschritten. Ich hatte bestimmt sechs Stunden in der Ecke gestanden. Mindestens. Wieder schlief der eine Wächter in einem der anderen Betten in dem Raum, während sein Kollege Wache stand. Und da man schlecht im Stockdunkeln Wache stehen kann, blieb die ganze Nacht über ein Licht an.
Der Schlaf wollte nicht kommen. Ich hatte das Gefühl, gerade erst eingenickt zu sein, als einer der Wächter mich weckte: „Aufstehen! Der Untersuchungsbeamte wird bald da sein. Machen Sie sich fertig.“
Ich zwang meine müden Knochen, sich aufzurappeln, und genehmigte mir meine zweite Eimer-Dusche.
Dies war der zweite volle Tag meiner Gefangenschaft. Und mein zweiter voller Verhörtag. Gestern war Mr Park sehr ungnädig gewesen. Was würde heute kommen? Aber statt Panik kam ein tiefer Friede über mich. Ich musste an Matthäus 10,19–20 denken, wo Jesus seinen Jüngern sagt: „Wenn man euch vor Gericht stellt, dann macht euch keine Sorgen, wie ihr reden und was ihr sagen sollt. Denn wenn es so weit ist, wird euch eingegeben, was ihr sagen müsst. Nicht ihr seid es, die dann reden, sondern der Geist eures Vaters wird durch euch reden.“
Ein Wächter brachte mir das magere Frühstück, das ich bald gegessen hatte. Anschließend hatte ich fast genauso viel Hunger wie vorher. Doch dann musste ich an das denken, was Jesus bei seiner Versuchung in der Wüste gesagt hatte: „Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Matthäus 4,4). Noch nie waren mir diese Worte so wahr vorgekommen. Von diesem Augenblick an war ich in dem ganzen Monat, den ich in Rason verbrachte, nur noch selten hungrig oder müde. Ich hatte eine Speise, von der die anderen nichts wussten – Jesus!
Um halb neun herum – ich schätzte die Zeit nach dem Stand der Sonne – kam Mr Park.
„Schön“, sagte er, „da ich nicht erwartet hatte, dass Sie die Wahrheit sagen würden, sollte ich über die Lügen, die Sie gestern geschrieben haben, vielleicht nicht überrascht sein. Heute gebe ich Ihnen eine zweite Chance.“ Er schob mir neues Papier zu sowie einen anderen Kugelschreiber. „Ich möchte, dass Sie mich über Ihre Familie aufklären. Nennen Sie die Namen all Ihrer Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen in Korea. Wo wohnen sie und was machen sie zurzeit? Und ich bräuchte auch die Namen Ihrer Großeltern, die nach Ihren Angaben während des Koreakrieges unsere große Nation verlassen haben.“
„Ich werde mein Bestes tun“, antwortete ich.
Mr Park ging und ich fing an zu schreiben. Ich wusste, dass Gott mir die richtigen Worte geben würde – aber auf einmal konnte ich mich beim besten Willen nicht mehr an die einfachsten Dinge erinnern. Die Namen meiner Onkel und Tanten, die noch in Südkorea wohnten, waren wie weggeblasen. Lag es daran, dass ich zu wenig geschlafen hatte? Oder an dem Essen oder dem Stress? Oder waren diese plötzlichen Gedächtnislücken Gottes Werk? Wie auch immer, noch bevor ich fertig war, wusste ich schon, wie Mr Park auf meinen neuen „Aufsatz“ reagieren würde.
Ich hob die Hand und Mr Park kam, um meine Arbeit zu holen.
„Bleiben Sie sitzen“, sagte er mir. „Stehen Sie nicht auf. Es gibt noch mehr zu schreiben für Sie.“ Er gab mir mehr Papier. „Sie sind ja in Namchoson aufgewachsen“, sagte er. (Namchoson ist der nordkoreanische Name für Südkorea.) „Was hat man Ihnen in der Schule über unsere große Nation beigebracht? Ich habe mit vielen Personen über Sie gesprochen. Alle sagen, dass Sie ein sehr ehrenwerter Geschäftsmann sind. Deshalb haben wir Sie auch so gut behandelt. Aber es muss doch irgendeinen Grund gegeben haben für Ihre abscheuliche Tat.“
Sprach’s und ging, und ich fing wieder an zu schreiben. Ich schrieb:
Man hat mir beigebracht, dass Nordkorea 1950 Südkorea angriff und heute noch sein Feind ist. Als ich in Seoul wohnte, hörte ich, dass die Demokratische Volksrepublik Korea weiter Terrorakte gegen uns verübt und unter anderem Verkehrsflugzeuge in die Luft sprengt und Schiffe versenkt. Jeder in Südkorea ist davon überzeugt, dass Nordkorea nach wie vor die gesamte Halbinsel erobern will.
Ich schrieb weiter über das Ereignis, das mir für immer das Herz für die Menschen in Nordkorea gebrochen hatte: die schwere Hungersnot, die das Land 1997 bis 2002 heimsuchte. Nach den Berichten, die ich sowohl in den USA wie in Südkorea mitbekam, waren über drei Millionen Menschen verhungert. Ich ging nicht weiter ins Detail, aber die Berichte über die Hungersnot hatten mich schwer getroffen. Und empört. Ich begriff nicht, wie eine Regierung der eigenen Bevölkerung so etwas antun konnte. Es bestätigte alles Negative, was ich ja über die Demokratische Volksrepublik Korea gehört hatte. Und die Regierung hatte es nicht nur zugelassen, dass das Volk verhungerte, sondern auch jeden hingerichtet, der aus dem Land zu fliehen versuchte. Ich habe sie heute noch vor Augen, die Fotos mit den Leichen – Erwachsene wie Kinder –, die auf dem Yalu schwammen. Lauter Menschen, die bei dem Versuch, nach China zu gehen, erschossen worden waren.
Als Mr Park diese meine neuesten Ausführungen gelesen hatte, wurde er sehr wütend. „Lügen! Lauter Lügen! Wir haben nie jemanden angegriffen, wir sind ein friedliches Land! Wir wollen nur, dass man uns in Ruhe lässt. Aber die Vereinigten Staaten und Namchoson haben uns überfallen. Präsident Kim Il-sung hat uns aus den Klauen der Amerikaner gerettet. Und die Hungersnot – das ist die nächste Lüge! Schön, es sind Menschen gestorben, aber das war nicht unsere Schuld, sondern allein die der Amerikaner!“
Er kochte vor Wut und starrte mich aus angewiderten Augen an.
„Aufstehen! Stellen Sie sich hier hin und bewegen Sie sich ja nicht!“, kreischte er und zeigte in die Mitte des Raumes. „Ihre Lügen heute sind noch schlimmer als die gestern! Bleiben Sie da stehen und rühren Sie sich nicht von der Stelle, bis Sie bereit sind, uns die Wahrheit zu sagen! Sie sind ein Lügner! Wie können Sie es wagen, unser Land mit solch einer Lüge zu beleidigen!“
Ich sagte ihm, dass ich diese Dinge nicht erfunden, sondern in der Schule und durch die westlichen Medien erfahren hatte.
Er war nicht bereit, mir zuzuhören. „Stehen Sie auf und stehen Sie still!“
Ich stellte mich an die Stelle, auf die er zeigte. Mich einfach in die Ecke zu stellen, reichte ihnen offenbar nicht mehr als Strafe. Sie dachten, dass das Stehen mitten im Raum, immer an derselben Stelle und ohne einen Muskel zu bewegen, mich physisch fertigmachen würde. Aber das geschah wunderbarerweise nicht. Egal wie lange ich dort stand, meine Füße taten mir nie weh und mein Rücken auch nicht. Ich hätte für immer dort stehen können, wenn man das von mir verlangt hätte.
Ich erkannte zwei Dinge während meines Strafstehens. Das Erste war, dass ich während meiner Gefangenschaft eine Menge abnehmen würde. Meine Familie hatte mir seit Langem in den Ohren gelegen, etwas für meine Figur zu tun. Ich musste denken: Gut, dass ich nicht auf sie gehört habe. Danke, Gott, für die 50 Pfund Übergewicht, die ich mit mir herumtrage. Sie werden mich durch den Winter bringen.
Das Zweite war, dass ich wieder nach Hause kommen würde und allen dort eine große Geschichte erzählen könnte. Ich musste an Worte von Jesus in Lukas 8,39 denken: „Geh wieder zu deiner Familie und erzähle dort, was Gott für dich getan hat!“ Ich musste denken: Das werde ich auch tun dürfen!
In den vergangenen sechs Jahren hatte ich mit Gott ein Wunder nach dem anderen erlebt. Ich hatte Lust, diese Geschichten aufzuschreiben, um der Welt Gottes Treue zu zeigen. Aber jetzt, als ich reglos dastand und keinerlei Müdigkeit verspürte, wusste ich, dass Gott dabei war, mich eine noch größere Geschichte erleben zu lassen. Ich musste an seine Worte an Josua denken, kurz bevor dieser die Israeliten nach Jericho führte: „Steh auf! Warum liegst du da auf deinem Angesicht?“ (Josua 7,10). Genau das tat ich gerade – ich stand auf für den Herrn. Aber nicht nur das, sondern ich stand auch zu seinen Füßen.
Ich wusste, dass irgendwo an der Wand Überwachungskameras versteckt sein mussten. Eine Stunde nach der anderen suchte ich mit den Augen jeden Quadratzentimeter ab, den ich sehen konnte, aber ich konnte die Kameras nicht finden.
Es war weiter unangenehm kalt im Raum. Es war zwar wärmer als bei meiner Ankunft, aber viel mehr als zehn Grad konnten es nicht sein. Ich bibberte vor Kälte, wie an meinem ersten Abend. Doch dann fing meine linke Hand plötzlich an, warm zu werden. Ohne mich sonst zu bewegen, öffnete ich sie langsam. Ich sah etwas Glitzerndes, wie Goldstaub. Dann begann die Wärme, von meiner Hand nach oben in den Arm zu wandern. Was war das?
Und dann hörte ich innerlich Gottes Stimme: Der Heilige Geist hält deine Hand. Du bist nicht allein. Der Heilige Geist steht neben dir und hält deine Hand. Hab keine Angst. Niemand wird dir etwas antun. Sorge dich nicht, was du sagen sollst. Ich selbst werde durch dich reden, denn ich bin bei dir und verlasse dich nicht. Es wird niemandem etwas passieren. Sorge dich um niemanden. Sage einfach die Wahrheit.
Die Wärme in meiner Hand wurde wieder schwächer, aber das Bewusstsein von Gottes Gegenwart blieb. Ich musste denken: Wenn der Herr bei mir ist, vor wem soll ich mich dann fürchten? Mein Gott hat mich nicht vergessen oder verlassen!
Eine tiefe Freude stieg in meinem Herzen hoch, sodass ich anfing, Gott innerlich zu loben und zu preisen. Meine Augen konnten ihn nicht sehen, aber ich spürte seine Arme, die mich hielten. Er war mir so nah.
Ich stand dort, genoss das Gefühl von Gottes Armen um meinen Körper und lächelte. Ich stand still zu seinen Füßen und mein Herz jubelte.
Er steht direkt neben mir. Jedes Mal, wenn ich mir hilflos vorkomme, brauche ich bloß zu seinen Füßen zu stehen. Mein Lächeln wurde noch breiter. Ich wusste felsenfest: Egal was passierte, Gott saß im Regiment.
Bald hörte ich, wie die Beamten im Nebenraum sich unterhielten: „Das gibt’s doch nicht! Der lächelt ja!“, sagte jemand.
Dann kam Mr Park wieder in mein Zimmer. „Das reicht“, sagte er. „Sie dürfen jetzt ins Bett gehen.“
Ich musste nie mehr stillstehen, weder in der Mitte des Raumes noch in der Ecke.
Ich legte mich, nicht ohne Gott still zu danken: Herr, du kennst mich mit Namen. Du kennst alle meine Gedanken. Du bist voll Güte und Gnade. Ich brauche keine Angst zu haben. Ich werde dir vertrauen, Herr. Ich werde ganz ruhig zu deinen Füßen stehen.