Читать книгу Gefangen in Nordkorea - Mark Tabb - Страница 6
ОглавлениеVorwort
Im Laufe meines beruflichen Lebens bin ich mehrfach darum gebeten worden, die Freilassung von im Ausland festgehaltenen amerikanischen Bürgern auszuhandeln. Es war ein Vorrecht, von dem ich mir vorher nie hätte träumen lassen und für das ich zutiefst dankbar bin. Auf Bitten hochrangiger Persönlichkeiten der USA, bis hin zum Präsidenten, bin ich in einige der gefährlichsten Länder der Erde geflogen – Sudan, Irak und Nordkorea, um nur einige zu nennen –, um die Freilassung gefangener Amerikaner zu erwirken. Oft geschah dies, nachdem die Bemühungen anderer amerikanischer Sonderbeauftragter gescheitert waren.
Ganz oben auf der Liste steht Nordkorea. Es ist nicht nur sehr schwierig, in dieses Land hineinzukommen. Wenn man einmal drinnen ist, kann es unglaublich schwierig sein, wieder herauszukommen. Dass die USA keine normalen Beziehungen zum nordkoreanischen Regime unterhalten, erschwert alle Versuche noch zusätzlich, mit diesem zu kommunizieren und erfolgreiche Verhandlungen zu führen.
Als ich von Kenneth Baes Verhaftung erfuhr, wusste ich daher sofort, dass er eine schwierige Wegstrecke vor sich hatte. Doch ich wusste auch, dass man in Nordkorea sorgfältig registriert, was die amerikanischen Medien sagen, und so äußerte ich mich rasch öffentlich zu Kenneths Fall und solidarisierte mich mit ihm, wie dies auch zahlreiche andere besorgte Persönlichkeiten aus den USA taten, zum Beispiel Jesse Jackson und sogar Präsident Obama. Wir wussten, dass es seine Zeit brauchen würde, die richtige Verhandlungsstrategie zu finden. Dann flog der ehemalige amerikanische Basketballstar Dennis Rodman zu einem privaten Goodwill-Besuch nach Nordkorea, und der Fall Kenneth Bae wurde noch bekannter; jetzt setzte sich plötzlich das Räderwerk der „Sportdiplomatie“ für uns in Bewegung.
Den Amerikanern ist es natürlich nicht egal, wenn einer aus ihrer Verwandtschaft ins Ausland reist. Das ist traditionell so bei den Angehörigen amerikanischer Soldaten, und das war bei der Familie von Kenneth Bae nicht anders. Wie seine Verwandten und Freunde das Land systematisch und beharrlich auf sein Los aufmerksam machten, war beeindruckend und trug viel zum Engagement unserer Regierung bei.
Apropos Soldaten – Kenneth ist vielleicht eine andere Art Soldat, aber ein sehr effektiver. Ich glaube, dass wir Amerikaner uns im Ausland engagieren sollten und auch können. Es ist wichtig, dass wir andere Länder kennenlernen, sie zu unseren Freunden machen und ihre politischen Führungspersönlichkeiten, ihre Kultur und ihre Sprache kennenlernen. Sie, liebe Leser, mögen nicht ganz den Mut von Kenneth haben, aber in den internationalen Beziehungen der USA gibt es einen Ort für den normalen Bürger. Wir brauchen noch mehr Goodwill-Botschafter in aller Welt, und wir brauchen auch Mitarbeiter humanitärer Organisationen und Missionen, die nicht im Dienste der Regierung stehen. Bei Kenneth war (und ist) es sein starker christlicher Glaube, der ihn antreibt, Armen und Leidenden in den entferntesten Ecken der Welt zu helfen. Wir können von seinem Beispiel viel lernen.
Die USA sind gesegnet mit vielen Bürgern, denen die Menschen unter repressiven Regimen ein echtes Anliegen sind. Sie haben ein großes Herz, das gerne helfen möchte. Genau das habe ich auch in Kenneth Bae gefunden: einen Mann, dem die armen, hungernden Menschen, Opfer eines brutalen Regimes, am Herzen liegen. Es gibt nicht viele Menschen, die freiwillig nach Nordkorea gehen, doch Kenneth Bae fand, angetrieben von seinem tiefen Wunsch zu helfen und seinem tiefen Glauben, Möglichkeiten, sie zu erreichen.
Gefangenschaft hat viele Gesichter. Doch, es ist schlimm, wenn jemand gegen seinen Willen in einem fremden Land festgehalten und zu Zwangsarbeit verurteilt wird. Die Diktatoren dieser Welt wissen: Wenn sie einen Menschen innerlich fertigmachen, können sie seinen Überlebenswillen lähmen, sodass er ins Loch der Verzweiflung fällt. Der Häftling, der von seiner Familie völlig isoliert ist, kann bei dem Gedanken verrückt werden, sie womöglich nie wiederzusehen. Aber auch in der schlimmsten Situation lässt sich etwas Gutes finden. Man kann, wie Kenneth dies tat, bewusst von seinem Elend wegschauen und versuchen, aus seiner schrecklichen Situation das Beste zu machen. Das Beispiel des Apostels Paulus in der Bibel zeigt uns, dass das Gefängnis den Häftling nicht vernichten muss, sondern ihn unter Umständen sogar zu einem stärkeren Menschen macht. Statt sich im Loch der Depression um sich selbst zu drehen, führt er vielleicht lange Gespräche mit seinen Bewachern oder schließt neue Freundschaften. Kenneth Bae ist auf eine vorbildliche Art mit seiner Haft umgegangen. Er blieb stets ruhig und kooperativ, sagte die Wahrheit, begegnete denen, die ihn gefangen hielten, mit Respekt und tat sein Bestes, um mit ihnen auszukommen.
Wir brauchen mehr Menschen wie Kenneth Bae. Sie werden seine Geschichte absolut spannend finden und seine Entschlossenheit, anderen zu helfen, ansteckend.
Bill Richardson,
ehemaliger Gouverneur des
Bundesstaates New Mexico/USA