Читать книгу Gefangen in Nordkorea - Mark Tabb - Страница 13
Оглавление4. Ich lege ein Geständnis ab
Legt alle eure Sorgen bei ihm ab, denn er sorgt für euch.
(1. Petrus 5,7)
Beim Aufwachen am nächsten Morgen spürte ich immer noch sehr stark Gottes Gegenwart. Wieder und wieder erinnerte er mich an Römer 12,14: Segnet die, die euch verfolgen; segnet sie, verflucht sie nicht. Ich hatte diesen Vers mein ganzes Erwachsenenleben schon gekannt, aber jetzt, an diesem Ort und in dieser Situation, klang er noch einmal ganz anders.
Ich betete: Okay, Herr, ich versuch’s. Aber ich kann nicht aus meiner eigenen Kraft heraus segnen. Du musst mir die Kraft dazu geben, denn mein menschliches Wesen möchte diese Leute verfluchen.
Dann musste ich an 2. Korinther 12,9 denken: „Meine Gnade ist alles, was du brauchst, denn meine Kraft kommt gerade in der Schwachheit zur vollen Auswirkung.“
Ich konnte Gottes Gnade gut gebrauchen, als Mr Park hereingestürmt kam. „Sie schreiben immer noch nur Lügen!“ Er fuchtelte mit den Blättern herum, die ich am Tag zuvor beschrieben hatte.
Ich erwartete nichts anderes, als dass er mich wieder in die Ecke beordern würde. Doch stattdessen winkte er einem der Wächter, zu mir zu kommen. Szenen aus der amerikanischen Fernsehserie 24, in welcher Agenten ein „Wahrheitsserum“ benutzen, um die Informationen zu bekommen, die sie wollen, blitzten mir durch den Kopf. Ach was, du siehst zu viel fern … Ich holte tief Luft und versuchte, mich zu entspannen.
„Gehen Sie auf die Knie“, knurrte der Wächter.
Ich hockte mich so hin, dass ich auf den Fersen hockte, während die Knie den Betonfußboden berührten. „Nein, nicht so“, sagte der Wächter. „Richtig auf die Knie.“
Ich richtete mich auf und kniete mich, so gut es ging, auf den kalten, harten Boden. Ich schwankte etwas, während ich mein Gewicht verlagerte, auf der Suche nach der bequemsten Position.
Ein paar Minuten und meine Rückenmuskeln begannen sich zu verknoten. Der Knoten wurde immer fester, bis ich den Schmerz nicht mehr aushalten konnte. Mir brach der Schweiß aus, obwohl es in dem Raum vielleicht ganze zehn Grad warm war. Ich merkte, wie ich zu schwanken begann.
Ich schielte zu dem Wächter hoch. „Das schaffe ich nicht“, sagte ich. „Ich habe Probleme mit meinem Rücken. Ich gebe mir alle Mühe, aber es geht einfach nicht.“
„Na gut, dann stehen Sie auf.“ Der Ton des Wächters war verächtlich. Ich stand auf und versuchte, die Rückenschmerzen durch Streckübungen wegzubekommen. Auch meine Knie taten weh.
Der Wächter ließ mich vielleicht zehn Minuten gewähren, dann bellte er: „Knien Sie sich wieder hin.“ So ging das vielleicht zwei Stunden lang weiter; mal kniete ich, mal stand ich.
Dann kam Mr Park wieder in den Raum und die nächste Runde Schreiben begann. Die Fragen dieses Tages waren mehr oder weniger die, die er schon mehrfach gestellt hatte. Ich schrieb, bis meine Hand mir wehtat. Ich fragte mich, wie oft ich es schaffen würde, mehr oder weniger dasselbe zu schreiben.
Als er meine neuesten Ergüsse gelesen hatte, wurde Mr Park wieder rot vor Wut. „Sie lügen schon wieder!“, schrie er. „Sie behaupten, Sie haben die subversiven Materialien versehentlich ins Land gebracht. Das glaube ich Ihnen nicht! Für wie dumm halten Sie mich?“
„Sie können gerne meine Assistentin anrufen“, sagte ich. „Wenn Sie wollen, ruft sie das Hotel in Yanji an, damit es Ihnen meinen Computer schickt.“
Ich hatte zwei Gründe für diesen Vorschlag. Erstens wollte ich herausfinden, ob es Stream gut ging. Seit meiner Verhaftung hatte ich nicht mehr mit ihr reden können. Dass ich nicht wusste, was mit ihr und dem Rest meiner Gruppe geschehen war, war meine größte Sorge. Und zweitens hoffte ich, Mr Park würde einsehen, dass ich die Wahrheit sagte, wenn er sah, dass der Laptop brandneu war und die Festplatte fast leer. Vielleicht würde man mich dann freilassen – bevor der Rest der Dateien auf der externen Festplatte aus dem Englischen ins Koreanische übersetzt war.
Zu meiner Überraschung ging Mr Park auf meinen Vorschlag ein. „Gut, wir werden sie kontaktieren. Wir wissen, wo sie ist.“ Er drehte sich um und ging.
Nach einer Weile kam er zurück. „Sie will uns den Computer nur dann übergeben, wenn Sie sie ausdrücklich dazu auffordern“, sagte er.
„Kann ich am Telefon mit ihr sprechen?“, fragte ich.
„Nein. Schreiben Sie ihr einen Brief.“
Ich schrieb den Brief. Aber anstatt den Computer herauszugeben, schrieb Stream mir einen Antwortbrief, den man mir nach ein, zwei Stunden übergab. Stream schrieb:
Kenneth, man hat mich gebeten, das Hotel anzurufen, dass es den Behörden deinen Computer schicken soll, aber ich weiß nicht, ob diese Bitte von ihnen oder von dir kommt. Damit ich genau weiß, dass sie von dir kommt, beantworte bitte diese Frage: Wie heißt mein Freund, von dem ich mich getrennt habe?
„Antworten Sie ihr, damit wir die Sache klären können“, forderte Mr Park mich auf.
„Ja, natürlich“, sagte ich. Ich nahm den Kugelschreiber und begann, meine Antwort an Stream zu schreiben. Aber halt – ich hatte den Namen ihres Exfreundes komplett vergessen. Ich erinnerte mich, dass sie sich mit mir über ihn unterhalten hatte; sie war eine ganze Weile mit ihm zusammen gewesen.
Zehn Minuten vergingen. Ich wusste doch den Namen dieses Mannes, er lag mir auf der Zunge. Aber aus irgendeinem Grund fiel er mir nicht ein.
Ich schrieb schließlich:
Stream, aus irgendeinem Grund ist mir der Name deines Exfreundes entfallen. Aber es gibt etwas anderes, das nur du und ich kennen: Unser Büro liegt im dreiundzwanzigsten Stock, aber du benutzt meistens nicht den Aufzug, sondern die Treppe, um etwas für deine Gesundheit zu tun.
Meine Antwort reichte ihr, machte sie aber auch besorgt. Sie bestand darauf, mich am Telefon sprechen zu können. Zu meiner abermaligen Überraschung stimmten die Nordkoreaner dem zu; noch am selben Abend konnte ich sie anrufen.
„Kenneth.“ Streams Stimme klang fast verzweifelt. „Warum konntest du dich an so was Einfaches nicht mehr erinnern? Was machen die mit dir?“
Beim Klang ihrer Stimme spürte ich einen Kloß im Hals. Die paar Tage, die ich sie nicht mehr gesehen hatte, kamen mir plötzlich wie eine Ewigkeit vor. „Mir geht es gut. Wo bist du? Bist du in Sicherheit?“
„Ja, ja, mir geht’s gut. Es ist sonst niemand aus der Gruppe verhaftet worden.“
Mir fiel ein Stein vom Herzen. „Da bin ich echt froh. Bitte kooperiere mit den Beamten. Und ruf das Hotel an und sag ihnen, sie sollen meinen Laptop an die zuständige Behörde in der Demokratischen Volksrepublik Korea schicken, damit die ihn inspizieren kann.“
Unsere Reisegruppe sollte das Land am nächsten Tag wieder verlassen. Ich bat Stream, ebenfalls zurückzureisen, doch das wollte sie nicht. „Ich möchte in deiner Nähe bleiben. Ich will dich nicht allein lassen.“
„Stream“, erwiderte ich, „du musst mit der Gruppe zurückreisen. Ich bin dein Chef, hör mich an. Setz dich mit dem Amerikanischen Konsulat in Shenyang in Verbindung und sag den Leuten dort, was hier los ist.“
Es gelang mir schließlich, sie zu überzeugen. Ich fand, das Beste, was sie für mich tun konnte, bestand darin, das Land zu verlassen und sich möglichst weit weg von etwaigen Agenten des Regimes zu begeben, die sie womöglich entführen wollten.
Der Vertreter der Demokratischen Volksrepublik Korea in Yanji brachte meinen Laptop aus dem Hotelsafe nach Rason, wo er ihn den für meinen Fall zuständigen Beamten übergab. Weder Stream noch ich haben den Computer je wiedergesehen. Ich hatte ihn keine Woche lang gehabt.
Etwas später am gleichen Abend kam Mr Park wieder. „Ihr Computer ist so, wie Sie ihn beschrieben haben. Wir sind jetzt bereit zu glauben, dass Sie vorhatten, Dateien von der Festplatte auf Ihren neuen Computer zu kopieren.“
Ein Augenblick Erleichterung. Aber er dauerte nicht lange. Mr Park fuhr fort: „Aber unsere Untersuchung Ihres Falles ist damit keineswegs beendet. Das Material auf Ihrer Festplatte wirft ernste Fragen auf. Sie werden so lange hierbleiben, bis wir die Antworten haben. Ihre Reisegruppe kann das Land verlassen.“
Meine Hoffnung auf Freilassung platzte wie eine Seifenblase, aber das war mir in dem Augenblick egal. Was zählte, war, dass alle Mitglieder meiner Reisegruppe in Sicherheit und auf dem Weg nach Hause waren.
~
Als Mr Park wiederkam – es war der vierte Verhörtag –, berichtete er mir, dass meine Reisegruppe an diesem Morgen über die Grenze zurück nach China gegangen war.
Danke, Herr, betete ich. Jetzt kann ich endlich die Wahrheit sagen, ohne jemanden in Gefahr zu bringen.
Laut sagte ich: „Ich bin bereit zu einem Geständnis.“
Mr Park grinste. „Gut, dann folgen Sie mir.“
Er führte mich ins Wohnzimmer der „Suite“. In den Sesseln saßen drei Beamte, die nur auf mich gewartet zu haben schienen. Ich setzte mich auf den Stuhl in der Mitte des Raumes, den dreien plus Mr Park gegenüber.
Dann begann ich: „Ich bin bereit, ein volles Geständnis abzulegen.“ Die Gesichter der anderen hellten sich auf. Ich holte tief Luft und fuhr fort: „Ich bin ein Missionar und Pastor. Ich habe Touristen ins Land gebracht, um dort Gott anzubeten, für das nordkoreanische Volk zu beten und den Menschen die Liebe von Jesus Christus zu zeigen. Mein Touristikunternehmen war nur eine Tarnung für meine missionarische Arbeit. Das ist also das, was ich bin und was ich getan habe.“
„Und warum haben Sie das gemacht?“, fragte einer der Beamten.
„Nun, es gab eine Zeit, in der ganz Korea für Gott brannte. Ich wollte Christen ins Land bringen, die dort wieder Gott dienen und für die Menschen beten sollten, aber natürlich nicht vor den Augen der Öffentlichkeit.“
Ich hatte alles sehr geheim gehalten, weil ich wusste: Wenn wir öffentlich evangelisierten, würden wir das Leben der Menschen, zu denen wir sprachen, in Gefahr bringen und auch selbst ein großes Risiko eingehen. Aber wenn wir still und unauffällig ins Land kamen und den Menschen dort das Evangelium indirekt durch unser Verhalten und unseren Umgang mit ihnen demonstrierten, konnte das ein Türöffner sein.
Ich war nicht der erste und nicht der einzige Missionar, der diesen Weg ging. Es arbeiten heute viele Missionare in Nordkorea, und fast alle betreiben sie ganz normale, legale Unternehmen, unter anderem Bäckereien, Nudelfabriken und Textilfabriken. Diese Firmen bieten nicht nur der Bevölkerung dringend benötigte Güter des täglichen Bedarfs sowie Arbeitsplätze, sondern ermöglichen es den Besitzern und Mitarbeitern auch, durch ihr Verhalten ein Stück vom Evangelium zu zeigen.
Für die nordkoreanischen Behörden sind Missionare jedoch Terroristen bzw. CIA-Agenten, die den Auftrag haben, andere Länder von innen zu unterwandern. Wenn die Missionare ihren Job getan haben – so die kommunistische Vorstellung –, kann die CIA die Regierung stürzen und eine von den USA kontrollierte Marionettenregierung einsetzen, wie in Südkorea, das in den Augen des Nordens nichts als ein Vasallenstaat der USA ist.
Ich wusste, dass die nordkoreanischen Behörden nicht verstehen würden, was ein Missionar wirklich tut. Das war einer der Gründe dafür, dass ich so ungern offenlegte, was das eigentliche Ziel meiner Aktivitäten war. Die total ablehnende Haltung des nordkoreanischen Regimes gegenüber Missionaren, ja gegenüber dem Christentum überhaupt war der Grund dafür, dass ich Reisegruppen ins Land brachte, die dort beteten und Gott dienten, aber nicht offen evangelisierten. Ich weiß: Es klingt verrückt, wenn ein Missionar den Menschen nicht von Jesus erzählt. Aber ich wusste, dass die Zeit für „richtiges“ Evangelisieren noch nicht gekommen war.
Alle im Raum sahen schockiert aus, außer Mr Park, dessen Mundwinkel sich zu einem spitzbübischen „Hab ich dich!“-Lächeln hoben. „Wir wissen, dass Sie ein Missionar sind“, sagte er in herablassendem Ton. „Wir haben uns mit vielen Personen über Sie unterhalten. Wir haben auch die Missionsrundbriefe auf Ihrer Festplatte gefunden. Es ist gut, dass Sie endlich geständig sind, aber wir wussten bereits, wer Sie sind.“
Offensichtlich hatten sie genug von meinen englischen Dateien übersetzen lassen, um zu wissen, was ich wirklich in Korea machte. Sollten sie ruhig. Ich erwiderte ungerührt: „Na, dann wissen Sie ja auch, dass ich diese Festplatte rein aus Versehen in Ihr Land mitgenommen habe. Wenn ich vorgehabt hätte, etwas ins Land zu schmuggeln, hätte ich einen kleinen USB-Stick dabeigehabt und nicht eine ganze Festplatte.“
„Ja“, sagte Mr Park, „ich weiß, dass Sie einen Fehler gemacht haben. Einen teuren Fehler. Sie haben Ihren Schlachtplan mitgebracht und jetzt haben wir ihn. Als Nächstes müssen Sie uns sagen, wo Sie diese Videoclips herhaben. Schreiben Sie auf, wer sie gedreht hat und wer sie Ihnen mitgegeben hat.“
Es war eine ganz andere Frage als seine bisherigen und ich merkte das sofort. Bis jetzt hatte er mich gefragt, warum ich diese Materialien ins Land gebracht und was ich mit ihnen vorgehabt hatte. Jetzt, wo ich gestanden hatte, was meine eigentliche Tätigkeit war, wollte er wissen, wer die Drahtzieher hinter meinem finsteren Komplott waren.
„Das weiß ich nicht“, sagte ich. „Die meisten hab ich mir gar nicht angeschaut.“
Mr Parks Gesichtsausdruck wechselte vom Zuckerbrot zurück zur Peitsche. Er war sichtlich unzufrieden mit meiner Antwort. „Es sind Ihre Videoclips.“ Seine Stimme war fest und leise. „Sie hatten vor, Sie auf Ihren neuen Computer zu überspielen. Wie können Sie da behaupten, dass Sie ihren Inhalt nicht kennen?“
„Das einzige Video, das ich mir angesehen habe, ist der Dokumentarfilm von Lisa King.“ Ich hatte Inside North Korea mehrere Male den Teams gezeigt, die nach Dandong kamen, um für Nordkorea zu beten, aber nicht vorhatten, das Land zu betreten. In dem Film operiert Sanduk Ruit, ein Augenarzt aus Nepal, die Augen von tausend von Pjöngjang ausgewählten Nordkoreanern. Als man ihnen die Verbände abnimmt, führen die Geheilten sich auf wie in einem charismatischen Heilungsgottesdienst. Sie springen und hüpfen und können es nicht fassen, was da mit ihnen passiert ist. Freudentränen fließen, als diese ehemals Blinden sehen können. Aber anstatt dem Arzt zu danken, fallen sie vor dem riesigen Foto von Kim Jong-il, dem Sohn Kim Il-sungs und zweiten „Führer“ Nordkoreas, nieder und rufen unter Tränen aus: „Danke, Großer Führer, dass du mir das Augenlicht gegeben hast! Oh Großer Führer, wir lieben dich!“
„Sie behaupten, dass Sie sie nicht gesehen haben, aber Sie besitzen sie!“, schrie Mr Park. „Wer hat Ihnen all diese Videos gegeben?“
„Ich habe sie schon vor Jahren bekommen. Jemand schickte sie mir, lange bevor ich überhaupt anfing, in Ihr Land zu kommen. Ich habe sie mir nie angesehen. Ich wusste schon gar nicht mehr, dass sie auf meinem alten Computer waren. Als ich die Dateien von meinem alten Laptop auf die externe Festplatte kopiert habe, habe ich sie alle mit kopiert. Ich bin sie nicht einzeln durchgegangen.“
„Aha, Sie erinnern sich also doch, wer sie Ihnen gegeben hat.“ Mr Parks „Hab ich dich!“-Lächeln kam zurück. „Allmählich kommen wir weiter. Also noch einmal: Wer hat Ihnen diese Videos gegeben? Sagen Sie mir seinen Namen. Wo ist er zurzeit?“
Ich hatte in der Tat vergessen gehabt, dass diese Videos auf meinem Computer waren, aber ich wusste genau, von wem ich sie hatte. Einer der Missionare in meinem Team in Dandong, ein Südkoreaner namens Mr Wang, hatte sie mir vor ein paar Jahren gegeben. Er und seine Frau hatten 2008 eine unserer ersten Jüngerschaftsschulen in Dalian durchlaufen. Als ich den Stützpunkt in Dandong eröffnete, kamen sie mit und schlossen sich dem Team an.
Ich hatte keine Lust, Mr Wang mit Namen zu nennen, denn das hätte sein Leben in Gefahr gebracht. Der Arm der Agenten des nordkoreanischen Geheimdienstes reicht bis nach China, auch nach Dandong. Viele dort lebende Koreaner sind entführt worden, und es gibt keine Möglichkeiten, dem einen Riegel vorzuschieben. Das Letzte, was ich wollte, war, noch mehr Menschen in Gefahr zu bringen.
Und so antwortete ich Mr Park: „Der Mann, der mir diese Videos gab, war ein anderer Missionar – Mr Cho.“ Mr Cho gab es tatsächlich – oder vielmehr, es hatte ihn gegeben. Er hatte eine meiner ersten Jüngerschaftsschulen absolviert und war einer der Mitarbeiter auf unserem Stützpunkt gewesen, aber er war im vergangenen Sommer gestorben, und da er tot war, konnte ich aus Mr Wang Mr Cho machen.
Mr Park lächelte und nickte, als wollte er sagen: „Endlich die Wahrheit.“
„Aber Mr Cho ist letzten Sommer an Magenkrebs gestorben“, fuhr ich fort.
„Sind Sie ganz sicher, dass er tot ist?“, fragte Mr Park. Es war offensichtlich, dass er mir nicht glaubte.
„Ja.“
„Aha.“ Er klang skeptisch.
Ich versuchte, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen, aber es gelang mir wohl nicht besonders gut. Ich wusste, dass Gott bei mir war. Er hatte mir versprochen, mir zur Seite zu stehen. Aber ich hatte nicht so sehr Angst um mich selbst, sondern davor, dass ich durch eine unbedachte Äußerung andere gefährdete. Je länger die Verhöre dauerten, umso mehr Namen würden ans Licht kommen, ob ich sie nun nannte oder nicht. Und was dann? Was würden die nordkoreanischen Agenten mit meinen Freunden und Mitarbeitern machen, wenn sie sie in die Finger kriegten? Und was hatten sie mit mir vor?