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Die Geburt von FIFA

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1993, Vice war da noch nicht gegründet, erschien das erste Spiel der FIFA-Serie für das Sega Mega Drive: In vier Wochen verkaufte es sich mehr als eine halbe Million Mal. Und das sollte erst der Anfang sein, denn bald war es auch auf anderen Plattformen wie dem PC, dem SNES und dem Amiga verfügbar. In Tests erhielt FIFA International Soccer fast durch die Bank Top-Wertungen. Das Spiel legte mit seiner Iso-Perspektive den Grundstein für eine Reihe, die Dutzende Fortsetzungen und Ableger hervorbringen und anders als Kick Off oder Sensible Soccer auf Dauer den Markt dominieren sollte.


FIFA International Soccer (1993)

Heinrich Lenhardt sagt uns, FIFA sei mit reichlich Marketing gestartet, aber auch »sehr enthusiastisch« aufgenommen worden. Schon am Erstling habe sich die größte Stärke von EAs Fußballspielen erkennen lassen: die Präsentation. »Die Perspektive und diese Close-ups bei Standardsituationen, das war damals sehr bemerkenswert.« In seinem Test der PC-Version für die PC Player schrieb Lenhardt 1994 von der »bislang ansehnlichsten, vielseitigsten und vor allem spannendsten PC-Fußballsimulation«.


Hinter der schicken Fassade des ersten FIFA steckte viel Qual. Vor allem Game Designer Jan Tian investierte in EAs Vancouver-Außenstelle, wo sich bis heute der Großteil der FIFA-Produktion abspielt, mehr Zeit in die Entwicklung, als ihm guttat. »Ich habe Tag für Tag an dem Spiel gearbeitet, habe meinen Sohn drei Monate lang kaum gesehen. Ich ging aus dem Haus, wenn er noch schlief, und kam zurück, wenn er schon wieder im Bett war«, erzählt er uns. Tian sagt, er sei ein Workaholic: Bis heute falle es ihm schwer, sich Auszeiten von der Arbeit zu nehmen. Bei FIFA sei es besonders schlimm gewesen, er spricht von der »anstrengendsten Spieleproduktion«, an der er je beteiligt war. Mehrfach habe er Panikattacken erlitten und ins Krankenhaus gemusst. Manchmal habe er sonntags um Mitternacht eine Idee gehabt und sei gleich zur Arbeit gefahren, denn er hatte keinen Rechner zu Hause: »Ich musste die Idee testen, sonst konnte ich nicht schlafen.«

Während Tian sein Familienleben und seine Gesundheit in die Waagschale warf, war FIFA für EA zunächst nur eines von vielen Projekten. Die US-Firma setzte Anfang der 90er Jahre andere Prioritäten. Im Laufe der Entwicklung fürchtete das FIFA-Team daher des Öfteren, das Projekt könne eingestellt werden. EA habe sich anfangs »einen Dreck um FIFA geschert«, zitierte 2013 das Branchenmagazin MCV einen ehemaligen Marketingbeauftragten.

Jan Tian war vor allem für das Gameplay und das Verhalten der vom Computer gesteuerten Mitspieler zuständig. Nachdem er in das bereits laufende Projekt eingestiegen war, habe er sich sämtliche Fußballvideospiele kommen lassen, die auf dem Markt waren, sagt er: »Ich habe sie gespielt und aufgeschrieben, was schlecht an ihnen war.«

Letztlich, sagt Tian, sei er mit dem ersten FIFA »zu 90 Prozent« zufrieden gewesen: Das Spiel sei wegen des Weihnachtsgeschäfts zu früh erschienen, manche Dinge wie die Kopfbälle hätten ihm nicht gefallen. FIFA Soccer 95, Tians zweites und letztes FIFA in Leitungsfunktion, habe ein Jahr später einiges besser gemacht. Dass bis heute vergleichsweise wenige Gamer diese Version kennen, liegt daran, dass sie nur für das Mega Drive erschien: ein in der FIFA-Geschichte einmaliger Exklusiv-Deal.


Der legendäre Hallenmodus in FIFA 98

Nach ihrem gelungenen Start mit FIFA International Soccer machte die Serie in den Folgejahren vor allem grafisch beachtliche Sprünge, bald erschienen die ersten 3D-Versionen. Gerade in den 90er Jahren experimentierten die FIFA-Macher viel und wild, mit Modi wie einem gerade in Deutschland vermissten Fünf-gegen-Fünf-Hallenmodus und mit Funktionen wie Blutgrätschen und Schwalben.

Aus einem Spiel, das zunächst vor allem seinem Macher Jan Tian nicht mehr aus dem Kopf ging, sollte eines werden, das auch unsere Nerven öfter mal auf die Probe stellt.

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