Читать книгу Sturmgepeitscht - Markus Kleinknecht - Страница 25
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ОглавлениеDie Villa verfügte im ersten Stock über ein ebenso großes Luxusbadezimmer wie das im Erdgeschoss. Statt einer Sauna war dort ein Whirlpool eingebaut. Beim Verteilen der Zimmer hatten die derzeitigen Bewohner vereinbart, dass die Frauen oben schliefen und hauptsächlich das dortige Badezimmer nutzten, während die Männer im Erdgeschoss wohnten. Als Ausnahme galten gegenseitige Besuche in der Sauna oder im Whirlpool.
Lena stand allein im oberen Bad. Ihre ehemals weiße Bluse war von Jans Blut durchtränkt. Doch das war ihr egal. Sie knöpfte die Bluse auf und ließ sie achtlos auf den Boden fallen. Die Kleidung war nicht von ihr bezahlt worden. Dennis hatte alles ausgesucht. Die dünne Bluse und den Rock. Darunter die Dessous mit den Strapsen, ja, selbst die hochhackigen Schuhe. Lena wusste, dass sie, genauso wie Anna, mit ihrem sinnlichen Mund und den straffen Brüsten für viele Männer eine Art primitive Erotik ausstrahlte. Damit hatte sie umzugehen gelernt, seit sie 14 war.
Unter der Dusche legte sie lange die Stirn gegen die Kacheln, ließ heißes Wasser auf ihren Nacken und die Schultern prasseln. Sie wollte mit Anna sprechen. Aber Dennis ließ sie nicht. Schon bei ihrer Ankunft in der Villa hatte er von beiden Frauen die Mobiltelefone einkassiert. Er wollte nicht, dass sie während ihres Aufenthalts auf der Insel Kontakt zu anderen hatten.
Anna meinte, das sei in Ordnung, also hatte auch Lena zugestimmt. Denn in 80 Prozent der Fälle bestimmte Anna, was die beiden Schwestern machten. Vielleicht waren es sogar 90 Prozent.
Als sie die Telefone abgaben, waren Anna und Lena aber auch davon ausgegangen, dass sie die ganze Zeit zusammen in der Villa wohnen würden. Davon, dass man sie trennte, war nie die Rede gewesen. Doch nun saß Anna in einem Hotel in Westerland, und Lena war allein hier. Allein mit drei Männern, die sie weder besonders gut kannte noch mochte.
Einer von ihnen war zeitweise unberechenbar; einer die meiste Zeit schweigsam, introvertiert und außerdem im Moment betrunken und nicht ansprechbar; der dritte lag mit einer Pfeilwunde in der Sauna und behauptete, dass es keine freien Hotelzimmer in Westerland gebe. Wieso noch mal? Wegen eines Zahnarzttreffens?
Das musste er sich ausgedacht haben, um Lena zu verunsichern. Aber warum? Was für eine blöde Idee. Doch leider funktionierte sie. Lena war verunsichert.
Nach dem Duschen kroch sie unter ihre Bettdecke. Auch wenn das Haus gut isoliert war, hörte sie den Wind um jede Ecke pfeifen. Offenbar wurde es da draußen immer stürmischer.
Irgendwann zog Lena frische Sachen an, ging hinunter, toastete zwei Brotscheiben und schälte sich einen Apfel. Automatisch ging ihr Blick immer wieder zur Tür. Dahinter lag der Flur. Dann kam die Badezimmertür. Und hinter einer weiteren Tür lag der verletzte Fremde.
Sie legte das Messer zur Seite und beschloss, nach ihm zu sehen. Nach Jan Fischer.
Abgesehen davon, dass Dennis auf ihn geschossen hatte, war er auch sonst ziemlich fies zu Jan. Das mit dem Handy war nicht okay. Wieso musste er die Nachrichten von dieser Charlotte vorlesen und auch noch in der Fotogalerie rumstöbern?
Auf dem Flur sah Lena zu Haukes Schlafzimmer. Der lag bestimmt noch immer im Alkoholkoma. Und Dennis?
Dennis wollte nicht, dass sie zu Jan Fischer ging. Er hatte es ihr unmissverständlich verboten. Ins untere Badezimmer ging ab sofort niemand außer ihm. Sie erinnerte sich an die Worte, als sie schon vor dem Bad stand. Dann hörte sie Geräusche aus dem Vorflur. Blitzschnell zog sie die Hand von der Türklinke zurück.