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Industrialisierung

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Die Industrialisierung, die sich zunächst in den westeuropäischen Ländern und später auch in Nord-Amerika ausbreitete, hat die Vorbedingungen geschaffen, damit Wohlstand zum Leit- und Sinnbild moderner Gesellschaften avancieren konnte. Dieser erste, durch die Begründung einer neuen Produktionsweise eingeleitete Schritt der Individualisierung, geht bekanntermaßen einher mit der Arbeitsteilung bzw. der Trennung von Wohnen und Arbeiten, mit dem Beginn der bürgerlichen Gesellschaft, der Zunahme ökonomischer und utilitaristischer Beziehungen, der Zerrüttung traditioneller sozialer (Ver-)Bindungen, dem Zerfall der Lebensform des »ganzen Hauses«13 und der dörflichen Gemeinschaften sowie der Zunahme der Bedeutung des Individualismus als bürgerliches Ideal, wie es sich z. B. in Form der »Liebesheirat« oder der Selbstverwirklichung realisierte.

Der zweite, durch die Expansion wohlfahrts- und sozialstaatlicher Modelle in der Nachkriegszeit geprägte Schritt der Individualisierung stellte eine Radikalisierung und Universalisierung des Prozesses der Individualisierung dar und ging einher mit dem so genannten »Fahrstuhl-Effekt« (Beck 1986), der für die breite Masse der Bevölkerung ein Mehr an Einkommen, eine Reduzierung der Arbeitszeit und eine Verlängerung der Lebenszeit bedeutete. Die Zunahme des Wohlstands für alle zog einen weiteren Ausbau an Wahlmöglichkeiten nach sich, nicht nur in Bezug auf Beruf und Arbeit, sondern vor allem bezüglich der Pluralisierung der Lebensstile und Beziehungsformen. Allerdings implizierte die Zunahme an Wahlmöglichkeiten für alle gleichzeitig den Zwang zur Wahl. Damit hat die Bedeutung des Individuums und dessen Konkretisierung als Träger einer eigenen Identität nochmals deutlich zugenommen. Konnte Identität im Zuge der Nationalstaatsentwicklung und dessen Festigung noch lange Zeit nationalstaatlich als eine kollektive konstruiert und geprägt werden, so entwickelt sie sich im Kontext der Globalisierung und des Bedeutungsverlusts nationalstaatlicher Befugnisse einerseits und kultureller Traditionen andererseits immer mehr zu einer hochindividuellen, patchworkartigen Identität, bei der die individuelle Biografie, die Selbstbestimmung und die Eigenverantwortung inzwischen eine dominante Stellung einnehmen.

Die Aufklärung ist – neben der Industrialisierung – der zweite Strang der Individualisierung.

Soziale Arbeit mit marginalisierten Jugendlichen

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