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VERHALTENSWEISEN, DIE NICHT BELOHNT WERDEN, WERDEN AUSGESTANZT

EDWARD THORNDIKE (1874–1949)

IM KONTEXT

ANSATZ

Konnektionismus

FRÜHER

1885 In seinem Buch Über das Gedächtnis beschreibt Hermann Ebbinghaus die »Vergessenskurve«, das Tempo, mit dem wir Gelerntes vergessen.

1890er-Jahre Iwan Pawlow entwickelt das Prinzip des klassischen Konditionierens.

SPÄTER

1918 John B. Watsons Experimente mit dem »kleinen Albert« zeigen, dass sich auch Menschen konditionieren lassen.

1923 Der englische Psychologe Charles Spearman schlägt vor, die menschliche Intelligenz mit dem »g-Faktor« zu messen.

1930er-Jahre B. F. Skinner entwickelt die Theorie des »operanten Konditionierens« (Lernen durch Verstärkung).

Etwa zur gleichen Zeit, als Pawlow in Russland seine Experimente mit Hunden durchführte, begann Edward Thorndike in den USA im Rahmen seiner Doktorarbeit, das Verhalten von Tieren zu erforschen. Vermutlich war er der erste echte »behavioristische« Psychologe, auch wenn es diesen Begriff zu jener Zeit noch gar nicht gab.

Als Thorndike in den 1890er-Jahren sein Studium abschloss, entwickelte sich die wissenschaftliche Psychologie gerade zu einem neuen universitären Fach. Ihn reizte die Aussicht, die neue Wissenschaft auf seine Interessensgebiete Erziehung und Lernen anzuwenden. Eigentlich wollte er die Lernprozesse beim Menschen erkunden, aber weil er keine geeigneten Versuchsobjekte fand, dachte er sich eine Reihe von Tierversuchen aus. Seine Ergebnisse wurden zum Fundament der behavioristischen Psychologie.

»Psychologie hilft, die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Ziel erreicht wird, zu messen.«

Edward Thorndike


Lernumgebungen

Zunächst experimentierte Thorndike mit Küken. Er setzte sie in selbst gebaute Labyrinthe, um zu beobachten, wie sie lernten, sich darin zurechtzufinden. Eine speziell für Versuchszwecke geschaffene Lernumgebung, in der Lebewesen bestimmten Reizen ausgesetzt werden oder bestimmte Aufgaben erhalten, wurde später zum Markenzeichen der behavioristischen Methodik. Dieses Vorgehen ist heute unter dem Begriff »instrumentelles Konditionieren« oder »instrumentelles Lernen« bekannt.

Später weitete Thorndike seine Forschungen auf Katzen aus; für sie baute er »Problemkäfige«. Er ließ hungrige Katzen darin herumlaufen, dabei stießen sie auf verschiedene Vorrichtungen – Zugseile, Ringe, Knöpfe oder Hebel –, die sie betätigen konnten. Nur eine dieser Vorrichtungen öffnete die Käfigtür. Nach einiger Zeit entdeckten die Katzen zufällig den Mechanismus, konnten entkommen und wurden mit Futter belohnt. Der Prozess wurde mehrmals wiederholt und Thorndike notierte, wie lange die Katzen jeweils brauchten, um den Problemkäfig zu öffnen, sprich: wie schnell die Tiere lernten.

Das Experiment führte er mit mehreren Katzen durch, die durch mehrere, unterschiedlich konstruierte Problemkäfige liefen. Thorndike stellte fest, dass die Katzen den Öffnungsmechanismus zwar zunächst alle zufällig durch Versuch und Irrtum entdeckten, aber die Anzahl der Versuche schrittweise abnahm, weil die Tiere gelernt hatten, welche Aktionen erfolglos waren und welche eine Belohnung einbrachten.


Das Gesetz der Wirkung, das Thorndike formulierte, bildet die Grundlage der gesamten behavioristischen Psychologie. Thorndike zeigte, dass Tiere lernen, indem sie Verknüpfungen zwischen ihrem Verhalten und dessen Folgen herstellen, und dass sie positive Ergebnisse stärker erinnern, während sie negative eher vergessen.

Das Gesetz der Wirkung

Als ein Ergebnis dieser Experimente postulierte Thorndike sein »Gesetz der Wirkung« (law of effect). Es besagt, dass sich eine zum Erfolg führende Reaktion auf eine Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zukunft wiederholen wird, während eine Reaktion, die zu einem unbefriedigenden Zustand führt, mit geringerer Wahrscheinlichkeit wieder auftritt.

Dies war die formelhafte Zusammenfassung einer Idee, die hinter der gesamten behavioristischen Psychologie steht: die Verbindung zwischen Reiz und Reaktion und deren Bedeutung für den Lernprozess und das Verhalten. Thorndike glaubte, dass sich bei jeder Verbindung zwischen einem Reiz oder Stimulus (S) und einer Reaktion (R) im Gehirn eine entsprechende neuronale Verknüpfung bildet. Er nannte seine Version des Reiz-Reaktions-Lernens, bei dem die entstehenden Verbindungen in den Schaltkreis des Gehirns »eingestanzt« werden, »Konnektionismus«.

Thorndike zufolge entscheidet das Ergebnis einer Handlung darüber, wie stark oder schwach sich eine Reiz-Reaktions-Verbindung ausprägt. Mit anderen Worten: Wenn bestimmte Reiz-Reaktions-Ketten befriedigende oder lustvolle Auswirkungen haben, werden diese Reaktionen »stärker mit der Situation verbunden, sodass, wenn die Situation erneut eintritt, auch jene Reaktionen mit höherer Wahrscheinlichkeit erneut auftreten«. Sie werden in Form einer neuronalen Verknüpfung »eingestanzt«. Wenn Reiz-Reaktions-Ketten unangenehme Zustände zur Folge haben, schwächen sich die neuronalen Verknüpfungen zwischen der Situation und der entsprechenden Reaktion ab, bis sie schließlich »ausgestanzt« werden.

Die Betonung der Resultate von Reiz-Reaktions-Ketten und die Idee, dass die Konsequenzen eines Verhaltens auf das Verhalten selbst zurückwirken und die Reiz-Reaktions-Verbindung verstärken, war beispielhaft für diejenigen Auffassungen, die später unter dem Begriff »Verstärkertheorien des Lernens« zusammengefasst wurden.

Auch wenn die nächste Generation von Behavioristen, zu der auch John B. Watson gehörte, die Rolle der Verstärkung und die Bedeutung der Auswirkungen eines Verhaltens ignorierte, nahm Thorndikes Gesetz der Wirkung doch auf brillante Weise die Forschungsergebnisse von B. F. Skinner und dessen Theorie des »operanten Konditionierens« vorweg.

Später verfeinerte Thorndike sein Gesetz der Wirkung und bezog weitere Variablen in seine Versuche ein, beispielsweise die Verzögerung zwischen Verhalten und Belohnung. Er prüfte auch den Effekt der Wiederholung einer Aufgabe und die Geschwindigkeit, mit der eine Aufgabe in Vergessenheit gerät, wenn sie nicht wiederholt wird. Daraus entwickelte er sein »Gesetz der Übung«, das besagt, dass Reiz-Reaktions-Verknüpfungen durch Wiederholung stärker und durch Nichtbenutzen schwächer werden. Außerdem stellte er fest, dass das Ausmaß, in dem Verbindungen gestärkt oder geschwächt werden, variieren kann: Je größer die aus einem Verhalten resultierende Befriedigung oder Unlust, desto mehr wird die Verbindung gestärkt oder geschwächt.

»Verstand, Charakter und Können, wie ein Mensch sie besitzt, sind das Ergebnis bestimmter ursprünglicher Tendenzen und der Erziehungseinflüsse, die diese erfahren haben.«

Edward Thorndike


Erwachsene, glaubte man früher, seien weniger gut als Kinder in der Lage, Informationen zu behalten. Thorndike wies nach, dass der einzige echte Unterschied bei der Lerngeschwindigkeit besteht.

Interessanterweise hielt Thorndike sich in erster Linie für einen Lernpsychologen, obwohl er das Verhalten von Tieren mit Methoden untersuchte, die zu Standards der behavioristischen Psychologie wurden. Zudem hatte er 1911 mit Animal Intelligence ein Werk publiziert, das zu einem Klassiker des frühen Behaviorismus werden sollte. Ursprünglich hatte er beabsichtigt, die Intelligenz von Tieren zu erforschen, nicht ihr Verhalten. Er wollte z. B. zeigen, dass Tiere eher durch einfaches Ausprobieren lernen als durch Einsicht, wie die meisten Psychologen damals glaubten. Die Tatsache, dass seine Katzen in ihren Problemkäfigen erst nach und nach und keineswegs durch plötzliche Einsicht entdeckten, wie sie dem Käfig entfliehen konnten, bestätigte seine Theorie.

Menschliche Intelligenz

Nach der Veröffentlichung von Animal Intelligence wandte Thorndike sich der menschlichen Intelligenz zu. Seiner Ansicht nach ist die primitivste Form der Intelligenz durch einfache Reiz-Reaktions-Verbindungen charakterisiert, die zu einer neuronalen Verknüpfung führen. Je intelligenter ein Tier ist, desto größer ist seine Fähigkeit, solche Verbindungen herzustellen. Intelligenz kann also definiert werden als die Fähigkeit, neuronale Verknüpfungen zu bilden, und diese Fähigkeit hängt nicht nur von genetischen Faktoren, sondern auch von den Erfahrungen ab.

Thorndike wollte die menschliche Intelligenz messen – dazu entwickelte er den CAVD-Test, der als Prototyp aller modernen Intelligenztests gilt. Dieser Test maß die mechanische Intelligenz (die Fähigkeit, die Funktionsweise von Gegenständen zu begreifen) ebenso wie die abstrakte Intelligenz (kreative Fähigkeiten) und die soziale Intelligenz (interpersonelle Kompetenzen).

Thorndike interessierte vor allem, wie sich das Alter auf das Lernen auswirkt. So entwickelte er eine Lerntheorie, die bis heute zum Kernbestand der pädagogischen Psychologie gehört. Obwohl Thorndike sich sicher gewünscht hätte, vor allem mit diesem Vermächtnis in Erinnerung zu bleiben, ist er in erster Linie für seinen großen Einfluss auf die behavioristische Schule berühmt.

Edward Thorndike


Edward Lee Thorndike wurde 1874 als Sohn eines methodistischen Pfarrers in Williamsburg, Massachusetts, geboren. 1895 schloss er sein Studium der Naturwissenschaften an der Wesleyan University ab und studierte dann Psychologie bei William James in Harvard. Im Jahr 1897 wechselte er an die Columbia University in New York, wo er 1898 promovierte.

Thorndikes Interesse an Lernpsychologie brachte ihm eine Lehrerstelle an einem Frauencollege in Cleveland, Ohio, ein, doch schon ein Jahr später kehrte er an die Columbia University zurück, wo er bis zu seiner Emeritierung 1939 lehrte. 1912 wurde er zum Präsidenten der American Psychological Association gewählt. Thorndike forschte und publizierte, bis er mit 74 Jahren in Montrose, New York, starb.

Hauptwerke

1905 The Elements of Psychology

1910 The Contribution of Psychology to Education

1911 Animal Intelligence

1927 The Measurement of Intelligence

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