Читать книгу Die Prophezeiung - Markus Waldmann - Страница 6
ОглавлениеKapitel V
Nick nahm sofort den Telefonhörer in die Hand und wählte.
“Ja.”
“Hallo Janus, hier ist Nick, heute war Jens bei mir in der Praxis, du weißt ja wen ich meine. Es ist genau so wie du gesagt hast, er hat diese Träume, viel intensiver als alle anderen, und was noch interessanter ist, er konnte mich mit in seinen Traum nehmen.”
Das andere Ende der Leitung blieb stumm, Nick wusste, dass das gesessen hatte. Jens entsprach genau der Person aus der Prophezeiung, nicht nur die Eltern und das Geburtsdatum waren vorhergesehen worden, sondern auch die Gabe, Inkarnationen seiner vorherigen Leben in Träumen zu sehen und zu fühlen, waren Anzeichen dafür.
“Das ist gut Nick, ich werde sofort zu dir kommen. Ist er bei dir?”
Die Stimme am Telefon war fest und ruhig.
“Nein, er ist mit Jasmin in der Stadt, um 18.00 Uhr sind sie wieder hier.”
Nick wollte seinem Gesprächspartner noch mehr erzählen, bekam aber nicht die Gelegenheit dazu.
“Wenn das so ist, dann habe ich ja noch etwas Zeit. Ich werde ein bisschen früher bei dir sein, dann kannst du mir den Rest erzählen.”
Janus legte auf, Nick brauchte noch einige Sekunden, bis er es merkte, dann legte er ebenfalls auf. Er wusste, was das alles bedeutete, für ihn und für die Menschheit. Er kannte Janus jetzt schon sehr lange, auch die Eltern von Jens waren ihm sehr vertraut gewesen. Jens und Nick waren Verwandte; hätte Jens gewusst, wie die familiären Bande waren, wäre er wahrscheinlich nicht mehr in die Praxis zurückgekommen.
Pünktlich zur abgesprochenen Zeit erschienen Jasmin und Jens wieder. Kurz zuvor war Janus eingetroffen, so dass er und Nick nochmals miteinander sprechen konnten.
“Nick?”
Der Ruf aus der Gegensprechanlage hatte die beiden Männer aus ihren Gedanken gerissen.
“Ja, Jasmin.”
Nick war leicht aufgeregt, was sich in seiner Stimme wiederspiegelte. Jasmin fragte sich, was wohl geschehen war.
“Soll Jens jetzt reinkommen?”
Fast schon gespenstig klang die Stimme von Nick.
“Ja, und du auch!”
Die Beiden tauschten verwirrte Blicke aus.
“Warum soll ich mit reinkommen?”
Die Frage hatte sie mehr an sich selbst gerichtet als an ihn, trotzdem zuckte Jens mit den Schultern. Sie hatten in der Stadt über vieles gesprochen, und nachdem Jasmin ihm gestand, dass sie mitgehört hatte, fiel es Jens nicht mehr so schwer, mit ihr darüber zu sprechen, obwohl er am Anfang etwas sauer auf sie und Nick war. Er hatte gemerkt, dass es ein Vorteil war, so konnte er es sich ersparen, sich den Kopf darüber zerbrechen zu müssen, wie er ihr alles erklärte.
Sie hatten über ihn, sein Verhalten ihr und ihrer Eltern gegenüber gesprochen. Es war glaubwürdig, dass ihn die Träume und die Drogen so aggressiv gemacht hatten. Schon oft hatte sie erlebt, was Drogen den Menschen antun, wenn sie über einen gewissen Zeitraum eingenommen werden. Oft genug waren Patienten vollgedröhnt in die Praxis gekommen und bei ihnen zusammengebrochen. Mittlerweile war der Rettungsdienst extrem sensibilisiert, wenn ein Anruf aus Nicks Praxis kam, sie wussten genau, was dann auf sie zukam.
Jasmin und Jens betraten den Behandlungsraum und blieben wie angewurzelt stehen. Bei Nick saß noch ein anderer Mann, den die Beiden nicht kannten.
Der Mann hätte Jens Vater sein können, er war genauso groß und athletisch gebaut wie Jens, nur die Haarfarbe wich etwas ab. Selbst die Haarlänge war fast identisch, Jens trug sein Haar schulterlang, der Unbekannte etwas kürzer. Der einzige Unterschied war der Dreitagebart in Jens Gesicht, der keineswegs aus modischen Gründen entstanden war, sondern vielmehr auf Jens Faulheit basierte. Er hatte das Gefühl, in einen Spiegel zu schauen, der ihn zwanzig Jahre älter und mit einem sauber gestutzten Kinnbart zeigte.
Der Unbekannte stellte sich ihnen vor.
“Guten Tag, Jens, Jasmin, mein Name ist Janus.”
“Guten Tag.”
Jens nahm die Hand, die der Fremde ihm anbot. Auch Jasmin wurde von ihm mit einem Händedruck begrüßt.
Janus kam direkt zur Sache.
“Nick hat mir von deinen Träumen erzählt. Ist es richtig, dass du dich immer nur an einen erinnern kannst?”
Die Vertrautheit in Janus stimme ließ es nicht zu, dass Jens sich weigern konnte. Er nickte zustimmend.
“O.k., meinst du, dir ist es möglich, mich mit in deinen Traum zu nehmen. Ich muss erst etwas nachprüfen, bevor ich mir sicher sein kann, wie ich dir helfe.”
Die Neugierde von Janus war förmlich in der Luft zu spüren. Jens dagegen war zögerlich.
“Ich weiß es nicht, heute Mittag ist es einfach passiert, noch nie war jemand mit mir in meinen Träumen.”
Nachdenklich ging Janus im Zimmer auf und ab.
“Es könnte funktionieren, wenn wir die Situation von heute Mittag noch mal genauso nachstellen, du musst mir die Geschichte in allen Details erzählen, so wie du es bei Nick getan hast.”
Sie entschlossen sich, es auszuprobieren; um dabei ungestört zu sein, schickten sie Nick und Jasmin hinaus.
Etwas unwohl war Jens immer noch, diesmal lag es mehr daran, dass er nicht wusste, ob es wieder funktionieren würde und soviel Erwartung in Janus Augen zu sehen war. Sie setzten sich genau so hin wie Jens und Nick ein paar Stunden zuvor, Jens fing abermals an, die Geschichte zu erzählen. Erst hatte er das Gefühl, dass es nicht funktionieren würde, doch mit einem Mal war er wieder in der Traumwelt. Wie am Mittag war er nicht allein in seinem Traum, neben ihm stand Janus. Ohne zu wissen wie er es möglich gemacht hatte, wiederholte er es.
Nachdem sie fertig waren, riefen sie Nick und Jasmin wieder in den Behandlungsraum.
“Gut Jens, es hat geklappt, du konntest es wiederholen, ich habe gesehen was ich wissen musste. Nun, ich muss wieder gehen, eine Frage habe ich aber noch, bevor ich dir den ersten Ratschlag geben kann. Hast du auch gesehen, wo Willi die Truhe vergraben hat?”
Jens nickte.
“Ja, gelegentlich hatte ich auch diesen Abschnitt des Traumes, der ist jedoch harmlos und bringt mich nicht so ins Schwanken.”
Janus strahlte.
“Also weißt du, wo die Kiste vergraben worden ist, versuche sie zu finden, und wenn sie da ist, müssen wir noch etwas bereden. Nick wird mich darüber informieren, sobald die Kiste gefunden ist, dann werde ich unverzüglich hier auftauchen.”
Jens sah Janus ganz verdutzt an, er sollte die Kiste suchen, hatte Janus noch alle Sinne beisammen. Die Gedanken schossen nur so durch seinen Kopf, alles war total verwirrend. Gerade als Janus sich zu Nick umdrehen wollte, griff ihm Jens an den Arm.
“Ich weiß, wo Willi die Kiste vergraben hat, ich habe sogar schon mal eine Stelle gesehen, die es sein könnte. Aber ich glaube ehrlich gesagt nicht daran, dass dort wirklich was vergraben ist.”
Janus sah Jens eindringlich an und begann ganz leise zu sprechen.
“Ich weiß, dass du der Meinung bist, ich habe nicht mehr alle Tassen im Schrank. Vertrau mir einfach ein wenig; wenn du nichts findest, ist alles in Ordnung, dann können wir dir auch auf eine andere Weise helfen. Und jetzt geh endlich auf die Suche.”
Janus zuckte zusammen, er hoffte, dass Jens den Unterton in seiner Stimme nicht bemerkt hatte. Es war mehr Befehl als Aufforderung, schon oft hatte er miterleben müssen, dass durch solche Anmaßungen auch gut organisierte Unternehmungen fehlgeschlagen sind.
Jens hatte den Befehlston nicht registriert, dafür war er viel zu aufgeregt, er drehte sich um und verschwand durch die Tür. Als er weg war, trat Nick auf Jasmin zu.
“Du begleitest ihn besser; wenn ihr etwas findet, dann kommt sofort wieder hierher zurück, hast du das verstanden?”
Jasmin war total durcheinander, so kannte sie Nick nicht, und Janus war ihr mehr als suspekt.
Sie tat trotzdem, was Nick ihr befohlen hatte und eilte Jens hinterher, Nick hoffte unterdessen, dass es keine Probleme geben würde.
“Bist du dir sicher, dass er etwas finden wird?”
Die Stimme von Nick war unsicher, doch Janus nickte nur.
“Ja, ich weiß es sogar, du konntest es nicht wissen, aber ich habe ihn in diesem Traum gesehen. Der Mörder, der den Auftragskiller beseitigt hat, er ist unser Erzfeind!”
Ihr Gespräch war beendet, gerade als sie sich verabschieden wollten, da klopfte es an der Tür. Nick dachte, dass es Jasmin war, die es nicht geschafft hatte Jens einzuholen, hinter der Tür stand jedoch nicht Jasmin, sondern Jemand, mit dem sie Beide nicht gerechnet hatten.