Читать книгу Die Prophezeiung - Markus Waldmann - Страница 7

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Kapitel VI

Jasmin hatte Jens sehr schnell eingeholt, er war noch nicht weit gelaufen. Da er nicht weit entfernt wohnte, war er zu Fuß zur Praxis gekommen.

“Hey Jens, was willst du jetzt machen?”

Er blieb stehen und drehte sich um, als er die Stimme von Jasmin vernahm.

“Ich werde nachschauen, ob ich die Kiste wirklich finde, es kann mir nämlich egal sein, ob sie da ist oder nicht, Janus hat mir versprochen, dass er mir hilft, so oder so. Allerdings bin ich neugierig geworden, Janus ist ein seltsamer Mensch; wenn er recht hat, wird es bestimmt noch einiges Interessante zu erfahren geben. Und was hast du vor?”

Die Frage kam etwas unerwartet, und Jasmin hatte sich noch nicht überlegt, was sie darauf antworten sollte. Ein zartes Lächeln huschte über ihr Gesicht.

“Wenn du nichts dagegen hast, begleite ich dich. Irgendwie habe ich das Gefühl, wir sollten noch etwas miteinander erleben. Natürlich habe ich die Hoffnung, dass wir bald wieder normal miteinander umgehen können. Das Vergangene möchte ich gerne hinter mir lassen.”

Jens sah sie erstaunt an.

“Ich habe nichts dagegen, wenn du mitkommst, allerdings ist es schon spät und ich wollte erst morgen mit der Suche anfangen. Außerdem würde ich mich auch darüber freuen, wenn wir in Zukunft wieder wie Freunde sein könnten.”

Unschlüssig stand Jasmin vor ihm, sie hatte morgenfrüh eine Vorlesung, die sie nicht verpassen wollte.

Jens schaute sie an, was er sah gefiel ihm. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, wie hübsch die kleine Jasmin doch geworden war. Gespannt wartete er auf ihre Antwort. Für sie war die Situation wesentlich verzwickter, Nick hatte ihr gesagt, dass sie ihn begleiten sollte, und sie wollte es auch unbedingt. Doch sie wusste nicht so recht, was sie machen sollte, ihr Herz war sowieso mal wieder hoffnungslos an Jens verloren gegangen, aber ihr Verstand war klar wie immer. Die Vorlesung war wichtig, wenn sie diese verpassen würde, müsste sie ein halbes Jahr warten, bis sie erneut die Chance bekam daran teilzunehmen.

Noch unschlüssig antwortete sie.

“Ich rufe dich morgen früh an, dann kann ich dir sagen, ob ich mitkomme oder nicht. Ist das in Ordnung für dich?”

Jens war etwas enttäuscht.

“Ja klar, du brauchst dir keine Umstände zu machen. Ich weiß, dass du nur noch wenige Vorlesungen besuchen musst, um für die Prüfungen zugelassen zu werden, und das als jüngste Studentin seit Jahren. Deine Kommilitonen sind leider sehr geschwätzig, musst du wissen, sie haben mir nur verschwiegen, dass du mittlerweile so umwerfen aussiehst.”

Jasmin blieb ihm eine Antwort schuldig, sie fühlte jedoch, wie sich ihre Wangen röteten. Sie verabschiedeten sich kurz und gingen dann jeweils in andere Richtung zu ihren Wohnungen. Zuerst wollte Jasmin noch mal bei Nick vorbei schauen, überlegte es sich aber dann anders. Sie stieg in ihr Auto, das vor der Praxis stand und fuhr nach Hause.

Seit langer Zeit war es das erste Mal, dass Jens eine traumlose Nacht verbrachte. Um acht Uhr morgens klingelte sein Wecker. Nachdem er es geschafft hatte aufzustehen, fühlte er sich das erste Mal seit vielen Jahren wieder richtig gut. Er hatte nicht gekifft, und trotzdem war der Traum nicht wiedergekommen, anscheinend hatte es ihm schon ein wenig geholfen, mit Nick und dem anderen Kauz darüber zu sprechen.

Im Badezimmerspiegel betrachtet er sein Gesicht und stellte fest, dass er etwas besser aussah als gestern. Ihm fielen die Stoppel auf, die sein Gesicht umrahmten. Nach kurzem Zögern griff er zum Rasierer und begann sich von dem Unkraut zu befreien. Nur die Kotletten, ein schmaler Oberlippenbart und der Kinnbart blieben stehen. Nach einem prüfenden Blick nickte er und war mit sich und der Welt zufrieden. Das Einzige, was ihn jetzt noch beschäftigte, war die Frage, ob er hoffen durfte oder nicht. Wenn die Gespräche schon so viel geholfen hatten, was konnte dann der mysteriöse Janus noch für ihn tun.

Er putzte sich gerade die Zähne, als das Telefon klingelte.

“Ja”.

Mit dem Mund voller Zahnpasta fiel ihm das Sprechen nicht gerade leicht. Am anderen Ende der Leitung hörte er nur ein Kichern, anscheinend war Jasmin am Apparat.

“Hallo Jens, störe ich dich etwa?”

Etwas säuerlich gab Jens zurück.

“Ja, isch putsche gerade meine Tschäne.”

Aus dem Kichern wurde ein Lachen.

“Ich wollte dir nur sagen, dass ich mit dir mitkomme, es interessiert mich einfach zu sehr. Wenn du nichts dagegen hast, bin ich in zehn Minuten bei dir.”

Mit einem Schlag fühlte er sich wie ein junger Gott.

“Nein, nein, isch habe nischt dagegen. Bisch gleisch.”

Jasmin legte auf, Jens freute sich darüber, dass Jasmin sich so entschieden hatte.

Nur fragte er sich jetzt, woher sie eigentlich wusste, wo er wohnte. Er hatte nur ein kleines Apartment in einem schäbigen Wohnblock. Jetzt, als er darüber nachdachte, schämte er sich ein wenig, dass Jasmin gleich vorbeikam. Das einzige, was er von dem Geld seiner Eltern schon gekauft hatte, war sein Traumauto. Dieser Gedanke ließ in schmunzeln, er hätte sich jedes Auto kaufen können, das es zurzeit auf dem Markt gab. Ihm genügte es, ein kleines Auto zu haben, so hatte er sich für einen Toyota entschieden. Der MR2 fuhr sich wie ein Kart, das hatte ihn daran fasziniert und das er nicht mehr gebaut wurde.

Er beeilte sich ein wenig, sprang in seine Hose und zog sein Lieblingshirt an. Kurz bevor er fertig war, klingelte es an der Tür. So ein Mist, schoss es durch seinen Kopf, und ich habe noch nicht mal aufgeräumt.

“Moment noch.”

Er wusste, dass ihm nicht genug Zeit blieb, also musste er sich seiner Unordnung stellen. Jens begab sich zur Tür. Als er sie öffnete, klopfte sein Herz schneller. Etwas unruhig stampfte er von einem Bein aufs andere, Jasmin sah bezaubernd aus. Noch nicht einmal ein Herein brachte er heraus, zumal er sich für seine Unordnung schämte.

Jasmin amüsierte sich über Jens Verhalten, sie fand es lustig, dass er versuchte, seine Unordnung etwas zu vertuschen, was ihm gründlich missglückte.

“Komm, lass uns gehen!”

Jens, dankbar dafür, dass sie nicht mit in seine Wohnung kommen wollte, ging hinaus und schloss die Tür hinter sich ab. Er versuchte sich rauszureden.

“Na, ja, du hast mich etwas überrascht, sonst wäre meine Wohnung mit Sicherheit ordentlicher gewesen.”

Jasmin konnte ihr Lachen nur schwer verbergen.

“Ja klar, du warst noch nie wirklich ordentlich, ich kenne dich doch gar nicht anders. Und außerdem haben wir ja etwas vor, oder nicht.”

Jens bemerkte den spöttischen Unterton, es gefiel ihm nicht, dass sie sich über ihn lustig machte.

Vor dem Haus standen mehrere Fertiggaragen, auf eine von diesen hielt Jens zu. Er öffnete das Garagentor und ein gepflegtes kleines Auto kam zum Vorschein. Der kleine gelbe Flitzer gefiel Jasmin. Nachdem ihn Jens herausgefahren hatte, ließ er Jasmin einsteigen.

“Oh je, wenn man etwas älter ist, wird es mit Sicherheit schwer hier einzusteigen!”

Auf einen Schlag war die Spannung, die noch vor wenigen Minuten geherrscht hatte, verflogen. Sie fingen Beide an zu lachen. Jens machte sich nicht die Mühe, die Garage wieder zu schließen, sonst war ja nichts darin.

Es wurde Zeit wieder etwas ernster zu werden. Er wusste ganz genau, wo er zu suchen hatte, vor wenigen Jahren war er das erste Mal dorthin gefahren, mit dem Fahrrad. Sie fuhren durch die Wittlicher Innenstadt, Jasmin machte keine Anzeichen wissen zu wollen, wo der Weg sie hinführte. Erst als sie an der Ampelkreuzung bei der Justizvollzugsanstalt hielten, fragte sie.

“Wo müssen wir eigentlich hin?”

Jens lächelte.

“Ob du es glaubst oder nicht, wir müssen nicht weit fahren! Der Ort, den wir suchen, befindet sich zwischen Wittlich und Bergweiler.”

Über diese Auskunft staunte Jasmin, damit hatte sie wirklich nicht gerechnet, sie war der Meinung, dass sie eine längere Zeit unterwegs sein würden. Bis sie die Information verdaut hatte, waren sie auch schon fast da.

“Kennst du die Fintenkapelle?”

“Äh, glaube nicht, muss man die kennen?”

Jasmin sah ihn ein Fragend an.

“Nö, nicht wirklich, nur wenn man sich für die Geschichte von diesem kleinem Ort interessiert. Wir müssen dort runter.”

Er zeigte auf einen Feldweg, der von der Straße abzweigte.

“Da ist ein kleiner Wald direkt neben der Autobahn, darin müssen wir suchen.”

Es war unglaublich für Jasmin, das alles zu hören, sie waren ihrem Ziel wirklich schon sehr nah, Jens parkte direkt bei der Kapelle.

“Die restlichen Meter müssen wir zu Fuß zurücklegen. Der Legende nach steht die Kapelle auf einem schon den Kelten heiligen Ort. Vielleicht erklärt das, warum die Kapelle den zweiten Weltkrieg unbeschadete überstanden hat. Damals ist hier rund um Wittlich ein Bombenteppich vom Himmel gefallen, doch keine hat die Kapelle getroffen.”

Jens ging auf das kleine Waldstück zu.

“Es ist wirklich ein Wunder, jetzt hoffe ich nur, dass beim Bau der Autobahn die Kiste nicht gefunden oder zerstört wurde. Den Wald hatten die Behörden bis auf einen kleinen Bestand abgeholzt. Wie du siehst, führt die Straße nach Bergweiler nur wenige Meter an der besagten Stelle vorbei.”

Jasmin sah ihn an.

“Das ist wirklich merkwürdig und interessant, ich hoffe nur, dass wir wirklich etwas finden.”

Er ging zum Kofferraum seines Autos, dort holte er einen Rucksack heraus.

“Hey, was hast du denn da drin und wann hast du den in den Kofferraum gesteckt?”

Das verschmitzte Lächeln auf Jens Gesicht war eigentlich schon Antwort genug.

“Du kannst zwar alles essen, musst aber nicht alles wissen.”

Etwas bockig entgegnete ihm Jasmin.

“Du bist ein elender Klugscheißer!”

Erst nachdem sie das gesagt hatte wurde ihr bewusst, was sie da von sich gegeben hatte. Sie hielt sich die Hände vor den Mund.

“Tschuldigung!”

Aber Jens schien das alles gar nicht mitbekommen zu haben. Er stapfte zwischen die Bäume, als wüsste er wirklich ganz genau, wo er graben musste.

Die Prophezeiung

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