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Kapitel VII

Es war ein Gefühl wie tausend Nadeln, als Jens sich bewusst wurde, wie nah er der Truhe war. Ein Nebel umfing ihn, er trat wieder in die Welt seines Traumes ein. Obwohl er nicht schlief, sah er Willi, wie der die kleine Kiste vergrub. Nachdem er damit fertig war, maß Willi die Schritte zur Eiche ab. Dort angekommen nahm er den Dolch, den er immer mit sich führte, und schnitzte damit ein Zeichen in den Stamm. Als er zur Seite trat, sah Jens das Symbol - wie schon so oft in seinen Träumen vorher. Eine fünfblättrige Rose, darunter die Zahl 10. Jetzt wusste Jens, was er machen musste, als seine Vision beendet war, ging er auf den Baum zu. Das eingekerbte Zeichen war kaum noch sichtbar, aber mit dem Wissen um die Informationen schritt er die vorgegebene Zahl ab. In der Hoffnung, dass noch niemand vor ihm auf diese Idee gekommen war, machte er sich daran zu graben. Jetzt erst offenbarte er Jasmin, was sich in seinem Rucksack befand, ein Klappspaten, ein paar Handschuhe und etwas zum Trinken.

“Damit werden wir bestimmt schnell unser Ziel erreichen!”

Jasmin war fasziniert davon, dass er sich darüber Gedanken gemacht hat. Ihr war es gar nicht in den Sinn gekommen, dass sie irgendeine Ausrüstung benötigen könnten. Es war nicht leicht, gerade die oberste Erdschicht erwies sich als sehr hartnäckig. Der Klappspaten war auch etwas unhandlich, um ein Loch zu graben, Jens hatte ihn für Campingausflüge gekauft, um kleine Gräben um sein Zelt zu ziehen. Er war sehr praktisch, da er im zusammengeklappten Zustand kaum Platz wegnahm.

Nach zwei Stunden Graben stieß er in einer Tiefe von 50 cm endlich auf etwas Hartes und begann zu hoffen. Nun ging es nur noch darum, dass das Loch auch groß genug war. Es hatte gerade mal einen Durchmesser von einem halben Meter und das nur oben, je tiefer er kam, umso enger wurde das Loch. Jetzt war es an der Zeit, eine kleine Pause einzulegen, “Hey Jasmin, willst du in die Stadt fahren und uns beim Schnellimbiss etwas zu Essen kaufen?”

Jasmin, die immer wieder Jens abgelöst hatte, war von oben bis unter verdreckt.

“Meinst du etwa, dass ich so unter Menschen gehe, die mich vielleicht auch noch kennen?” Innerlich amüsierte Jens sich prächtig, er wusste ganz genau, dass Jasmin nie so verdreckt wie sie war in der Stadt rumlaufen würde.

“Ist schon o.k., geh mal an den Kofferraum, der ist zwar klein, aber da müsste noch etwas Essbares drin sein.”

Tatsächlich fand sie dort in einer kleinen Kühlbox ein paar essbare Dinge, anscheinend hatte Jens gestern Abend noch gut vorgesorgt. Darüber freute sie sich, denn anhand der Menge konnte sie sehen, dass er für sie mit gepackt hatte.

Nachdem die Beiden sich ein wenig gestärkt hatten, versuchte Jens den Gegenstand freizulegen. Es war mühsame Feinarbeit, er wollte nicht mehr mit der Schaufel drangehen, um die Kiste nicht zu beschädigen. Ganz vorsichtig befreite er den Deckel von Erde und Dreck, zum Vorschein kam eine dreißigmal vierzig Zentimeter große Kiste. Er vergrößerte das Loch und befreite sie ganz aus ihrem dunklen Versteck. Ehrfürchtig betrachtete er die Truhe, sie sah aus, als wäre sie gestern erst vergraben worden. Auch Jasmin fand diese Kiste wunderschön, aber für sie stand im Vordergrund, dass Janus recht hatte. Die Kiste verstauten sie im Kofferraum, zum Glück passte sie da gerade noch hinein, danach fuhren sie in die Stadt zurück.

„Wie kommt es eigentlich, dass Willi die Kiste so tief vergraben konnte, er hatte doch bestimmt keinen Spaten dabei?“

Jens hatte sich darüber auch schon Gedanken gemacht, ihm war im Laufe seiner mühseligen Plackerei eine Idee gekommen.

„Ich denke mal, dass im Laufe der Jahre die Schicht über der Kiste größer wurde. In meinen Träumen hat Willi die Kiste nur ein paar Zentimeter tief vergraben.“

Auch für Jasmin schien dies die richtige Lösung zu sein. „Lass uns zu Nick fahren, er wartet bestimmt schon auf uns.“

Jens parkte direkt vor der Praxis, das Licht in Nicks Büro brannte, aber die Tür war fest verschlossen. Auf das Klingeln reagierte niemand.

“Nick verlässt nie seine Praxis, ohne mir Bescheid zu sagen, irgendetwas stimmt hier nicht!”

Jasmin bekam es mit der Angst zu tun, was sollten sie jetzt machen?

“Hast du vielleicht einen Schlüssel?”

Die Frage riss Jasmin aus ihren Gedanken.

“Natürlich Jens, das ist es, in meiner Handtasche ist immer ein Ersatzschlüssel. Nick hat seinen schon des Öfteren verlegt, dann ruft er mich an und ich öffne ihm die Tür.”

Sie holte den Schlüssel aus der Tasche und schloss die Tür auf, es war unheimlich leise im Haus. Alles schien wie immer zu sein, es machte Jasmin unruhig, sie wusste, dass Nick nie das Licht angelassen hätte, wenn er die Praxis verließ. Zielstrebig gingen die Beiden auf den Behandlungsraum zu, die Tür stand einen kleinen Spalt offen. Ganz vorsichtig öffnete Jens die Tür, was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Auf dem Boden lag eine Leiche, von weitem konnte er nicht erkennen, wer es war. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit, war es tatsächlich Nick, sein letzter lebender Verwandter?

Langsam ging er auf den Toten zu, um diesen herum befand sich eine riesige Blutlache. Die Kleidung war die von Nick, zögernd versuchte er den Leichnam umzudrehen, was er sah ließ ihn verzweifeln.

“Oh mein Gott, es ist Nick!”

Erst jetzt bemerkte Jens, dass Jasmin ihm gefolgt war. Wut und Trauer stiegen in ihm auf, er wusste nicht was er jetzt machen sollte. Jasmin hatte sich schneller wieder gefasst, sie lief an die Wand hinter dem Schreibtisch. Sie riss das Ölgemälde von der Wand und feuerte es in die Ecke des Raumes.

“Hey, was machst du da?”

Jens war sich nicht sicher, was mit Jasmin los war, sie wirkte sehr entschlossen. Während sie sich am Tresor, der hinter dem Bild in der Wand versteckt war, zu schaffen machte, begann sie ihm zu erklären.

“Nick hat mir am Anfang einmal erklärt, was ich zu machen habe, falls er irgendwann einmal auf ungewöhnliche Weise das Zeitliche segnen würde.”

In Jens stimme schwang noch immer Trauer und Wut mit.

“Wie, hat er da etwa gesagt, du sollst ihn bestehlen?”

Jasmin schüttelte wütende den Kopf.

“Wie kommst du denn darauf, nein, er hat mich angewiesen, den Safe zu öffnen und den Inhalt bis auf ein paar Dinge zu verbrennen.”

Jens staunte nicht schlecht, anscheinen hatte Nick etwas zu verbergen gehabt. Ob es auch die Erklärung dafür war, weshalb er ermordet wurde? Seine Gedanken überschlugen sich, der Mörder hatte Nick die Kehle aufgeschlitzt, genauso wie in seinem Traum. Es machte ihn nervös, war es Zufall oder waren hier andere Machenschaften am Werk? Für ihn stand fest, dass sie hier so schnell wie möglich verschwinden mussten.

“Weißt du denn, was sich im Safe befindet?”

Er hatte sich wieder etwas beruhigt, obwohl er das ungute Gefühl immer noch in seiner Magengegend spürte.

“Nur ein paar Patientenakten, die niemand zu Gesicht bekommen sollte!”

Jasmin wirkte gehetzt.

Erstaunen machte sich mehr und mehr in Jens breit.

“Und wie konntest du dir in all den Jahren die Geheimzahl merken?”

Jetzt musste Jasmin grinsen, sie fühlte sich dabei jedoch nicht so gut wie es aussah. Sie fand es makaber, dass sie nicht an Nick denken durfte, aber die Anweisungen waren klar. Noch heute konnte sie sich daran erinnern als ob es gestern gewesen wäre.

“Die Geheimzahl ist dein Geburtsdatum!”

Endlich hatte sie den Safe geöffnet, alles was sie darin fand schmiss sie in einen der unzähligen Kartons, die Nick immer im seinen Büro stehen hatte. Jens konnte sich noch nicht einmal dagegen wehren, dass Jasmin ihm den Karton in die Hände drückte. Sie verließen schnell die Praxis und dachten nicht daran, dass ihre Fingerabdrücke überall rund um den Toten verteilt waren.

Die Prophezeiung

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