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Sich paaren oder sich verbinden

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Als Heterosexuelle fand ich den fließenden Wechsel bei meinen homosexuellen Freunden zunächst verwirrend. Ich hatte fälschlicherweise den Eindruck, dass Homosexualität das Gleiche ist wie Heterosexualität, nur eben mit umgekehrtem Magnetismus. Heutzutage bewegt sich jedoch scheinbar jeder im gleichen Spektrum, und das mit ausgesprochen fließenden Übergängen. In dem Institut, wo ich meinen Mann kennenlernte, bezeichneten sich alle Frauen einer gerade neu zusammengekommenen Gruppe auf die öffentlich gestellte Frage eines jungen Mannes, der offenbar auf der Suche nach einer Liebsten war und mit eventuellen Vorannahmen niemandem zu nahe treten wollte, als „bisexuell“ oder „pansexuell“. Ich weiß nicht, ob er daraus schloss, dass das Glas halb voll oder halb leer war.

Erst kürzlich habe ich herausgefunden, dass die Psychologin Lisa ­Diamond, Autorin des Buches Sexual Fluidity,79 bestätigt, dass fließende sexuelle Grenzen (insbesondere, wenn auch nicht ausschließlich, bei Frauen) die Norm sind. Sie verfolgte das Leben von achtzig nicht-heterosexuellen Frauen über zehn Jahre und entdeckte etwas ganz Unerwartetes. Einige der Frauen berichteten, dass sie sich in einzelne Männer verliebt hatten, für die sie auch sexuelles Begehren empfanden. Zuerst nahm Diamond an, dass sie sich in ihren Gefühlen vielleicht getäuscht hätten oder sich unklar über ihre sexuelle Orientierung waren. Doch sie hörte sich weiterhin Lebensgeschichten an und forschte.

Alle zwei Jahre wechselten ungefähr ein Drittel der Frauen die Kategorie von solchen Bezeichnungen wie „lesbisch“, „bisexuell“, „heterosexuell“ oder „unbestimmt“. Eine fließende sexuelle Orientierung war scheinbar ganz typisch. Obwohl Lisa Diamond angibt, dass die sexuelle Orientierung von Frauen fließender vonstattengeht als die bei Männern, weist sie darauf hin, dass „jedes Individuum in der Lage sein sollte, sexuelle Begierden zu verspüren, die seiner oder ihrer generellen sexuellen Orientierung widersprechen.“*80

Schließlich entwickelte sie ein Modell, um die von ihr beobachteten Fakten zu beschreiben: Während es das Ziel sexuellen Begehrens ist, sexuelle Einheit für den Zweck der Fortpflanzung zu schaffen, wird romantische Liebe von dem System der Zugehörigkeit oder Paarbindung bestimmt, dessen Ziel es ist, ein dauerhaftes Band zwischen zwei Individuen aufrechtzuerhalten.81

Herzensliebe (Bindung) hat daher mehr mit Fürsorge und emotionaler Zugehörigkeit zu tun als der Wunsch, sich zu paaren. Bindung greift auf die gleiche Funktion im Gehirn zurück, wie die, die Kinder an ihre erwachsenen Bezugspersonen bindet. Diese lieben ihre Kinder gleichermaßen, ob Junge oder Mädchen, daher hat diese Art der Bindung weder etwas mit dem Geschlecht zu tun, noch ist sie unmittelbar an sexuelles Begehren geknüpft.

Im Gegensatz zur Herzensliebe haben erotische Gefühle (Paarung) sehr viel mit der Sucht nach Alkohol oder Drogen zu tun. Intensive neurochemische Nachrichten stellen sicher, dass wir bei unserem Partner „an der Angel hängen“, zumindest für eine Weile. (Mehr über die Wirkungsweisen dieses Prozesses folgt in den nächsten drei Kapiteln.)

Das Gift an Amors Pfeil

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