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Kapitel 5 - Das Schiff ohne Namen

Zurück in Kabine 274, traf ich einen Matrosen an. Er informierte mich, dass weitere Kleidung für mich in der Kabine bereit lag, damit ich etwas zum Wechseln besaß. Weiter händige er mir unbeschriebene in Leder gebundene Tagebücher im Auftrag von Lidenbrock aus. Eines steckte ich sogleich in die Tasche, damit ich überall Notizen machen konnte.

Mit der Idee, wie ich die ersten weißen Seiten füllen könnte, beschloss ich das Schiff zu erkunden. So schritt ich den Korridor vor mir entlang, bei der nächsten Treppe ging ich ein Deck hinauf und weiter bis ich plötzlich auf der Brücke stand.

Sie maß gut fünf mal fünf Meter und hatte große Fenster zu allen Seiten. Richtung Bug befand sich mittig ein großes Steuerrad, an dem der Steuermann seine Pflicht erfüllte. Neben ihm waren zahlreiche lange Hebel im Boden eingelassen, sowie der Kompass auf einer Metallsäule. Links und rechts an den Wänden abseits des Bugfensters prangten Messanzeigen, wovon ich nur einige wirklich erkannte. Neben einem Barometer und Thermometer gab es viele runde Kästen mit unterschiedlichen Skalen, sei es farbig oder mit Zahlen, die über einen kleinen beweglichen Pfeil die jeweiligen Werte anzeigten. In der Mitte der Brücke stand ein Schrank in Tischhöhe auf dem Seekarten und Messinstrumente, also Sextant, Stechzirkel, Kursdreiecke und Bleistifte lagen. Eingeklemmt in einer Schranktür bewies eine zusammengerollte Seekarte, war sich im inneren befand. Zwei seltsame Objekte auf der Brücke fielen mir sogleich auf. Da war ein weiteres Metallpodest - Kugelförmig an der Oberseite und ein kleinerer Schranktisch zum Heckfenster hin. Beides war abgedeckt und mit Seilen fixiert. Neben mir, dem Steuermann und einem weiteren Matrosen, war auch Grant anwesend. Der Matrose und er hielten ein Fernrohr in den Händen, doch eines für beide Augen gleichzeitig und schauten aufs Meer hinaus. Der Matrose Richtung Heck und Grant in Fahrtrichtung. Als Grant mich wahrnahm setzte er das Fernrohr ab und lächelte.

„Ah, Mister Verne. Schön Sie zu sehen. Ich hoffe es geht Ihnen besser.“

„Mit jedem Tag. Dieses Schiff ist eine einzige Faszination, egal wohin ich schaue, tauchen Fragen in mir auf.“

„Kann ich verstehen. … Nun ich habe die Erlaubnis vom Kapitän erhalten, Ihnen diese Fragen zu beantworten.“

„Erst so geheimnisvoll und dann doch so freigiebig?“

„Bitte verstehen Sie uns. Wir mussten uns erst einmal ein Bild von Ihnen machen. Doch der Kapitän hat keine Bedenken, so dass Sie eine gewisse Freiheit haben.“

„Ich würde gerne den Kapitän kennenlernen, wenn er mir schon so entgegenkommt.“

Grant setzte ein neues Lächeln auf ehe er antwortete. „Das wird leider unmöglich sein. Alle Fragen an den Kapitän können Sie mir stellen.“

„Ich verstehe schon.“ Erwiderte ich und wusste, dass er keine Frage rundum den Kapitän beantworten würde. Ich musste dies strategischer angehen und Geduld haben, weshalb ich mich auf andere Fragen konzentrierte. „Was ist das für ein Fernrohr in ihren Händen? So eines habe ich noch nie gesehen.“

„Bitte. Versuchen Sie es selbst.“ Grant reichte mir das Doppelfernrohr. „Über das kleine Rädchen zwischen den Röhren können Sie die Schärfe justieren.“

Sogleich hielt ich mir das Fernrohr vor die Augen und war hin und weg. Es war nicht so, wie bei den Normalen, das ein Auge zugekniffen wurde, sondern es konnte ohne Probleme mit beiden Augen in die Ferne geblickt werden.

„Beeindruckend. … Wer hat es erfunden?“

„Das kann ich Ihnen verraten. Dieses Bikular, wie wir es nennen, hat ein gewisser Carl Zeis aus Deutschland erfunden; ein Freund unseres Kapitäns. Es wurde noch nicht der Öffentlichkeit präsentiert.“

„Zeis, der Name sagt mir etwas. Ein kleines Unternehmen das Mikroskope herstellt. An der Pariser Universität habe damit gearbeitet.“

„Richtig. Dieses Bikular funktioniert nach dem gleichen Prinzip, nur halt in die andere Richtung. Überhaupt sind hier an Bord zahlreiche einzigartige experimentelle Basteleien von Zeis eingebaut worden, sowie seine Mikroskope in unserem Labor.“

„Was ist dieses Schiff eigentlich? Ich kann es nicht einordnen.“

„Da helfe ich Ihnen in gewissem Maße gerne. Kommen mit aufs Aussendeck. … Santiago, Sie haben das Kommando.“

„Ai.“ Rief der zweite Matrose mit dem Bikular. Er war vermutlich Spanier oder Südamerikaner, hatte dunklere Haut, kurze pechschwarze Haare und war recht schlank. In seiner Stimme klang ein Akzent mit.

Grant ging zu einem an der Wand angebrachtem Kleiderhaken mit Pelzjacken, nahm zwei ab und warf mir eine zu.

„Ziehen Sie sie über, wenn Sie sich nichts abfrieren wollen.“

Mit den Jacken übergezogen, betraten wir das Aussendeck und wurden umgehend vom eiskalten Nordwind begrüßt.

„Das Schiff ist vollends aus Metall gebaut. Zweihundert Meter lang und zwanzig breit. Optisch sehen wir, wie ein Dreimaster aus und zurzeit benutzen wir die Segel, können aber auch auf ein einzigartiges Schraubenantriebssystem zurückgreifen, was uns schneller, unabhängiger und kontrollierter macht. Das Segelsystem ist automatisiert und kann ohne Matrosen eingeholt oder gesetzt werden. Auf Wunsch können wir die Masten nach hinten zusammenklappen.“ Grant zog eine daumendicke Zigarre aus der Brusttasche, biss ein Ende ab und spuckte den Abbiss über Bord. Mit ihr zwischen den Zähnen sprach er weiter und suchte ein Zündholz. „Wie Sie sehen, ist die Brücke am höchsten und in der Schiffsmitte angeordnet. Zum Heck hin liegen die Messe und das Observatorium. Auf dem untersten Aussendeck am Heck haben wir Beiboote untergebracht.“ Zu meinem erstaunen zog er ein kleines handliches viereckiges Metallobjekt aus Silber anstatt eines Zündholzes hervor und klappte es wie eine Schatulle auf. Er zog an einem kleinen Schlagbolzen, der einen Funken schlug und eine kleine Lunte im Inneren damit zu einer Flamme entzündete. Die Flamme hielt er vor die Zigarre und zog paffend daran, um dem Tabak eine richtige Glut zu geben. Dann klappte er das Metallobjekt zusammen und erlöschte so die Flamme. Grant bemerkte meine verwunderten Blicke. „Im Inneren ist eine in Petroleum getränkte Lunte. Funktioniert wie eine entsprechende Lampe, nur in Taschenform. Fragen Sie mich nicht, wer es erfunden hat.“ Sagte er lächelnd und ich winkte ab. „Ich weiß es nämlich nicht. Hat mir der Kapitän geschenkt.“

„Also Sie kennen unseren Kapitän?“

Grant verzog geheimnisvoll einen Mundwinkel.

„Vielleicht. … Aber zurück zum Schiff. Unser Hauptladeraum befindet sich im Bug, der … das können Sie nicht von hier aus sehen, wie ein Froschmaul aussieht und von vorne geöffnet werden kann. Oft benutzen wir das ‚Maul’ als Landesteg. Es können maximal dreihundert Personen untergebracht werden, doch unsere 100 Mann Besatzung reichen aus, um für alles zu sorgen.“

„Warum so viel Prunk im Inneren?“

„Prunk?“ Grant blickte mich fragend an.

„Die edlen Ausstattungen der Messe oder der Kabinen; dazu ein Koch, der normalerweise Könige bekocht.“

Grant schmunzelte. „Das wird Winfried freuen. Darf ich die Frage mal umdrehen?“ Ich nickte. „Richten Sie Ihr Heim nicht so aus, wie Sie sich darin wohlfühlen?“

Grant nahm mit der rechten Hand die Zigarre aus dem Mund und schnippte verbrannte Asche in den Wind, während er auf die Antwort wartete.

„Das stimmt schon, aber dies ist ein Schiff…“

„Spielt es eine Rolle, ob ein Haus aus Stein, ein Schiff aus Holz oder eine Hütte aus Papier der richtige Ort zum wohnen ist? Es kommt drauf an, dass das Herz ihnen sagt: Ich bin zu Hause.“

„So betrachtet, stimme ich Ihnen zu. … Eine Hütte aus Papier?“

„Sie sollten einmal eine Reise nach Fernost unternehmen. Gerade im Land der aufgehenden Sonne werden Sie wunderbare Dinge entdecken. … Doch zurück, um Ihr Wissen zu stillen. … Da wir auf dem Schiff leben und der Kapitän einen Sinn für Stil hat, hat sein Einfallsreichtum dafür gesorgt uns nicht nur optisch zu verwöhnen, sondern auch die Lebensqualität zu erhöhen. So besitzen wir ein ausgeklügeltes Heizsystem durch präzise angebrachte Wasserrohre, Bad und Duschmöglichkeiten, sowie ein Sanitärsystem. Natürlich gibt es viele weitere Besonderheiten, die Sie auf keinem anderen Schiff wiederfinden werden. Mit der Zeit werden Sie diese schon selbst entdecken.“

Grant hatte Recht, der Gedanke hatte einen Reiz.

„Aber was ist das für ein Schiff? Welches Ziel verfolgt es? Auf die eine Art, wirkt es auf mich, als das Traumschiff eines jeden Forschers und doch …“

„Hat es eine düstere Seite. Wir können kämpfen, wenn gewollt. Das Schiff hat durchaus einen Zweck, wie Sie es nennen. Aber im Moment ist es ein Forschungsschiff, das Professor Lidenbrock hilft seiner Suche nachzugehen.“

„Was hat der Kapitän davon so selbstlos Lidenbrock zu unterstützen?“

„Ehrlich? … Ich weiß es nicht, aber ich vertraue dem Kapitän völlig und stelle die Befehle nicht in Frage. Machen Sie sich keine Sorgen, er hat bisher immer sein Wort gehalten.“

„Schwer einem Mann zu vertrauen, den ich nicht kenne.“

„Aber ohne den Sie vermutlich jetzt erfroren immer noch in einer Nussschale auf dem Meer treiben würden. Er war es, der Sie gefunden hat, den Befehl gab Sie an Bord zu holen und der alles in die Wege leitete Ihr Leben zu retten.“

„Das ist ein gutes Argument für Vertrauen.“

„Sehen Sie. Wären wir Menschen mit einem schwarzen Herzen, dann…“

„Schon gut, Grant. Ich verstehe ja.“ Er hatte wirklich Recht, Agarwal dagegen hätte niemals selbstlos gehandelt.

Mir fiel eine schlanke Gestalt auf, die über den Außensteg vom Heck Richtung Bug schritt. Als Mann sah ich sofort, dass es sich um eine Frau mit einer Pelzjacke bekleidet handelte und da nicht so viele Frauen an Bord waren …

„Miss Van Holmes ist zwar eine eindrucksvolle Person.“ Weckte mich Grant aus den Gedanken. „Doch sollten Sie es lassen, sie mit den Augen zu verfolgen. Sie hat es nicht gerne. Und denken Sie jetzt nicht, Mister Verne, Miss Van Holmes hat es nicht gesehen. Diese Frau hat Adleraugen.“

„Werde ich mir merken. … Sagen Sie, Grant. Was wissen Sie über Miss Van Holmes?“

„Auch nicht mehr als Sie, sie redet kaum. … Eines weiß ich, wenn ich sie anschaue, sie hat verdammt viel durchgemacht. Dennoch finde ich, es umgibt sie auch etwas unberechenbares, etwas was sie schwer einschätzen lässt.“

Der nächste Moment gehörte einem lauten Knall, einer Explosion genauer gesagt, die die Stille des Meeres verscheuchte. Grant und ich schauten zum rechten Heck, dem Ursprung der Explosion. Schwarzer Rauch stieg in den hellblauen Himmel, gepaart mit Feuerflammen.

Umgehend warf Grant die halb gerauchte Zigarre ins Meer und rannte zur Brücke zurück, ich folgte.

„Sofort alle Maschinen stopp! Segel raffen!“ schrie er. „Santiago, was ist geschehen?“

„Keine Ahnung, Grant! Aber wir haben Druckabfall im östlichen Kühlsystem! Ich habe bereits das Notsystem aktiviert!“

„Gut gemacht, Santiago. Ich werde mir sofort einen Vororteindruck verschaffen. Frag nach, ob der Doktor schon unterwegs ist, wir könnten Verletzte haben.“

„Ai!“

Ohne weiteres zögern rannte Grant die Gänge entlang und ich folgte ihm weiterhin. Kaum unterwegs erschütterte eine zweite Explosion das Schiff, nicht so heftig wie die Erste, aber nicht zu unterschätzen.

Nach kurzer Zeit hörten wir Männer einander zuriefen und nahmen den Geruch von Feuer und verschmortem wahr. Rauch breitete sich wie Nebel vor uns aus und begann die Sicht zu trüben. Die Luft wurde beißender und zunehmend wärmer. Ich hustete.

„Verne, was zum Teufel machen hier? Sie hätten auf der Brücke bleiben sollen!“

„Ich wollte nur helfen.“ Erwiderte ich.

„Wie auch immer und jetzt warten Sie hier.“

Grant stoppte, öffnete eine Tür im Gang und verwand dahinter für einige Sekunden. Mit zwei triefend nassen Stoffstücken in den Händen kehrte er zurück.

„Hier, binden Sie sich das Tuch vor den Mund, das schützt ein wenig vor dem Rauch.“

Mit den Tüchern vorm Mund liefen wir weiter bis wir einen Maschinenraum erreichten. Wie soll ich den Raum beschreiben, überall waren Rohre und Zuleitungen angebracht. Er war mindestens vier Meter hoch und große Metallträger stabilisierten alles. Dazwischen Ventile und Messanzeigen. Die Explosion hatte die Außenwand zerrissen und das Metall nach außen teils verbogen. Durchs Loch hindurch konnte ich den mittlerweile bewölkten Himmel sehen. Ein Teil des Raumes brannte lichterloh und Matrosen versuchten mit Wasserschläuchen und Eimern zu löschten. Doch bisher ohne Erfolg. Sobald Wasser über die Flammen spritze wurden sie zwar für Sekundenbruchteile niedergerungen, doch nachdem sich das Wasser in Dampf gewandelt hatte, türmten sich die Feuerzungen wieder auf.

Inmitten dieses Chaos stand ein großer zwei Meter Hüne in einem verdreckten Arbeiteroverall. Hände, Arme und auch Gesicht waren von Russ und Dreck geschwärzt. Mit kräftiger Stimme versuchte er das Chaos zu ordnen.

„Lucas, was ist passiert?“

Der Hüne drehte sich zu uns. Ich hatte ihn jünger eingeschätzt, doch Lucas war bestimmt fast fünfzig Jahre alt. Seine muskelbepackte Statur und durchtrainierten Arme ließen ihn wesendlich jünger wirken. In den grauen Augen spiegelten sich Härte und Erfahrung.

„Gut, dass Du da bist, Grant! Die Treibstoffzuleitungen hat es zerrissen und das Zeug fing sofort Feuer. Zum Glück konnte ich die Ventile im letzten Moment zudrehen, ansonsten hätte … Ich will mir gar nicht ausmalen, was sonst wäre.“ Brummte er mit einer mächtigen Stimme und beschrieb mit ausladenden Gesten den Schaden. Dabei bemerkte ich seine blutigen Hände. „Ansonsten sind noch Wasserleitungen beschädigt. Den genauen Schaden kann ich Dir erst sagen, wenn das Feuer unter Kontrolle ist.“

„Ihre Hände bluten! Sie sollten zum Doktor gehen!“ Warf ich ins Gespräch ein.

„Keine Zeit zu bluten.“ Gab er barsch zur Antwort.

Ich hörte Warnrufe von den Matrosen die Feuer löschten und metallisches Knirschen und Knacken. Nur eine Sekunden verstrich als ein Eisenträger neben dem Explosionsloch von oben herunterstürzte. Sein schwerer Aufprall hallte durch den Maschinenraum und erzeugte eine leichte Druckwelle. Leider begrub er zwei Matrosen unter sich, die sich nun vor Schmerzen krümmten und schrien. Sofort wollten die restlichen Matrosen ihnen zu Hilfe eilen.

„Wer hat Euch den Befehl gegeben aufzuhören das Feuer zu löschen?“ Brüllte Lucas und ich sah, wie seine Stimme ein Zucken in den Glieder der Löschenden erzeugte und diese plötzlich nicht mehr an ihre verletzten Kameraden dachten. Auch ich hatte eine Gänsehaut und stand steif. Es kostete mich auf einmal sogar Kraft den Mund aufzumachen.

„Wir müssen ihnen helfen!“ rief ich mit zittriger Stimme und wollte loslaufen, doch Grant packte mich fest an der Schulter und hielt mich zurück.

„Stehenbleiben, wir stören nur!“ sagte er hart. „Schauen Sie hin, Lucas hat alles unter Kontrolle.“

Zuerst dachte ich dem Maschinisten waren seine verletzten Männer egal, doch ich irrte. Geschwind war Lucas zu ihnen gestürmt und umklammerte den massiven Eisenträger. Nie und nimmer kriegt den ein Mensch alleine hoch, dachte ich, während er ihn scheinbar ohne echte Kraftanstrengung anhob und zur Seite wuchtete. Dann tunkte er eine Decke in einen der Löscheimer und breitete sie über die Verletzten aus.

„Warum macht er das? Er sollte sie von dort wegholen.“

„Lieber nicht, wer weiß was für Verletzungen sie davon getragen haben, Verne.“ Erklärte mir Grant. „Er hat ihnen zum Schutz vor der Hitze extra die nasse Decke übergeworfen.“

„Verletzte?“ rief eine Stimme hinter uns und Doktor Romanoff stand mit einer braunen Arzttasche in der Tür.

„Dort vorne bei Lucas! Ein herabstürzender Träger hatte sie unter sich begraben.“

Ohne weitere Worte lief Romanoff zu den Verletzten, kniete sich hin, öffnete die Tasche und begann seine Untersuchungen.

Nach gut einer Stunde war das Feuer vollends gelöscht und die Matrosen konnten sich einen Moment ausruhen. Weitere Matrosen waren inzwischen hinzugekommen und halfen die Verletzten zu behandeln oder abzutransportieren. Einer reichte Trinkwasser an die Löschmannschaft, um den Rauch aus dem Hals zu waschen. Auch mir und Grant wurden Trinkbecher gereicht. Mein Mundschutz hing mir inzwischen um den Hals.

Romanoff, dessen Gesicht und Hände nicht nur rußgeschwärzt, sondern auch teils mit Blut bedeckt waren, trat zu uns.

„Wie geht es den Beiden?“

„Nicht gut, Grant. Einer wird die Nacht nicht überleben, dazu hat er zu starke innere Verletzungen. Ich habe ihm Morphium gegeben gegen die Schmerzen. … Mehr kann ich nicht tun.“

„Schon gut, Doktor.“

„Ansonsten, ein paar leichte Knochenbrüche, Schnitt- und Brandwunden. Vielleicht ein paar Rauchvergiftungen. Deshalb habe ich allen viel trinken, frische Luft und ein paar Tage Ruhe verordnet.“

„Sehe ich auch so. Dann müssen die anderen Schichten die Tage mehr arbeiten.“

„Tun Sie mir einen Gefallen, Grant!“

„Welchen?“

„Befehlen Sie Lucas auch meine Anordnungen zu befolgen! Wie ich ihn kenne, hört er wieder nicht auf mich. Zum Glück gab er mir wenigstens die Zeit seine Hände zu verbinden. Aber sehen Sie selbst. … Er packt schon wieder kräftig mit an, als wäre nichts.“

„Ich werde es versuchen.“

Romanoff verließ uns und kehrte, so nahm ich an, ins Krankenrevier zurück. Gleichzeitig kam Lucas auf uns zu.

„Sieht schlimmer aus als angenommen.“ Sagte er. „Zahlreiche Rohre muss ich austauschen und ein paar Träger neu verschweißen. Die Maschine sollten wir solange ruhen lassen.“

„In Ordnung. Wie konnte es zur Explosion kommen, Lucas?“

„Kommt mit.“ Er führte uns zum Loch in der Außenhülle und zeigte sofort auf einige Metallfransen. „Siehst Du das? … Das Metall ist dort … dort und dort nach innen gebogen.“

„Der Rest nach außen. Und?“

„Das war die zweite Explosion, als die Wasserrohre platzten und ihren Druck verteilten. … Nein, die erste Explosion kam von draußen.“

„Also eine Sprengladung.“

„Davon gehe ich aus.“

Grant rieb sich nachdenklich das Kinn.

„Sabotage.“ Sagte er besorgt.

„Meine Arbeit explodiert nicht so einfach. Das weißt Du!“ Lucas stemmte seine mächtigen Fäuste in die Seite.

„Jeder unserer Männer ist loyal. Wer?“

„Das kann ich Dir nicht sagen. Aber mir gingen eh diese Männer aus Salvador nicht aus dem Kopf.“

„Ich erinnere mich.“

„Du solltest den Kapitän informieren. Ich werde dafür sorgen das Loch zu schließen, die kalte Luft schadet sonst den ohnehin angeschlagenen heil gebliebenen Rohren.“

„Tu das.“ Erwiderte Grant und drehte sich um. Mit schnellen Schritten entfernte er sich und ich folgte ihm. Er schien in Gedanken zu sein, da er mich Meter hinter sich nicht wahrnahm.

Nach endlosen Gängen öffnete er eine Tür und schritt hindurch. An der Tür hing ein Edelholzschild mit goldenen geschwungenen Lettern die ‚Bibliothek’ besagten. Auch ich öffnete die Tür und betrat den Raum voll mit Bücherregalen. Diese waren rundherum und quer zu beiden Seiten angebracht. Der Boden war mit einem großen bestimmt antiken Perserteppich ausgelegt. Es gab zwei Ledersessel, wenn der Besucher geneigt war zu lesen und am Ende des Raumes ein riesiges Wandgemälde. Ich sah, dass durch die Explosionserschütterung einige Bücher zu Boden gefallen waren.

„Beeindruckend.“ Sagte ich zu mir. „Ich sollte mal in den Regalen stöbern.“

Moment Mal, dachte ich. Wo war Grant? Außer mir war niemand in der Bibliothek. Unmöglich. Hatte ich mich geirrt und er war doch durch eine andere Tür geschlüpft? Ich besaß keine Antwort.

Weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte trat ich näher an das große Gemälde heran. Es war ein wahres Kunstwerk und zeigte ein kleines Steinhaus an einem See, umgeben von wunderschöner grüner Landschaft. Die Sonne ging auf oder unter, der Himmel war in rötlichen Tönen gehalten und spiegelte sich sogar auf dem Seewasser. Das Bild hatte eine beruhigende Wirkung und doch störte mich etwas an dem Bild. Ich kam nicht darauf was.

Meine Augen suchten nach der Signatur des Künstlers, konnten aber keine entdecken. An der Tür des Hauses bemerkte ich einen Buchstaben, ein geschwungenes N.

Im Land unter dem Sternbild

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