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ОглавлениеKapitel 6 - Ein unerwarteter Zwischenfall
Nachdenklich war ich in meine Kabine zurückgekehrt, wo ich mich erstmal wusch. Dann wechselte ich die verrauchten Kleidungsstücke und setzte mich aufs Bett. Ich nahm das erste Notizbuch und einen Bleistift zur Hand. Auf der ersten weißen Seite notierte ich alle Eindrücke zum Schiff, den Menschen denen ich bisher begegnet war und dem hier an Bord erlebten. Die Explosion im Maschinenraum füllte zwei ganze Seiten und auch die Verfolgung von Grant schrieb ich nieder, sowie meine Gefühle, als ich das Bild in der Bibliothek betrachtete.
Zuerst überlegte ich mich einige Zeit hinzulegen und zu ruhen, aber ich wollte mit Lidenbrock reden. Also verließ ich die Kabine und schritt zur Messe.
Dort angekommen traf ich ihn mit einem Weinglas in der Hand und in einer lautstarken Diskussion mit Paganel.
„Ich sage Dir, das war ein Attentat auf die Lidenbrock Expedition. Sie wollen verhindern, das ich dem Geheimnis auf die Spur komme.“ Dann bemerkte er meine Wenigkeit und wies mit einer ausholenden Geste mich dazu zu gesellen. Dabei schwappte Wein aus dem Glas und zu Boden. „Ah, Jules. Schön das Sie hier sind. Sie werden mir doch sicherlich zustimmen.“
Während ich zu ihm ging, bemerkte ich die Jägerin auf einer Bank sitzen, die Füße an den Oberkörper herangezogen und auf irgendetwas Essbarem kauend. Mir fielen ihre hübschen … nein, eigentlich muss ich sagen, mir fiel ihr hübsches wachsames Auge auf, das sie mir zuwandte. Ich fühlte mich peinlich berührt als sich unsere Blicke trafen.
„Jules, Ihre Meinung?“ Lidenbrock schaute erwartungsvoll.
„Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, welche Antwort Sie von mir hören wollen? Ich weiß nur, das die Explosion kein Unfall war, aber ob Sie…“
„Natürlich galt sie der Lidenbrock Expedition.“ Unterbrach er mich. „Wir suchen schließlich einen Schatz. Wer würde den nicht auch haben wollen? Und wenn ich so zurückdenke, könnte sich einer dieser blutrünstigen Eingeborenen an Bord geschlichen haben. Axel zu töten reichte denen bestimmt nicht, sie haben es auf uns alle abgesehen.“
„Denken Sie das wirklich?“
„Zweifeln tue ich nicht. Sonst wäre ich nicht so weit mit meiner Expedition gekommen. Auf meine Nase konnte ich mich bisher immer verlassen.“ Der Blick von Lidenbrock zeigte, das er fest davon überzeugt war. „Vielleicht ist es auch dieser Inder. Wie hieß er noch? … Richtig Agarwal. Schließlich wollte er etwas von Ihnen.“
„Glaube ich kaum, das hätten alle an Bord bemerkt. Seine schwarze Fregatte kann kaum übersehen werden.“
„Gutes Argument. Ich glaube auch mehr an meine Eingeborenen Theorie. … Oder Paganel?“
„Ich denke wie Sie, Professor.“ Sagte Papanel und ich merkte, das er nur Lidenbrock nach dem Mund redete. Vermutlich hatte er keine Lust mehr, darüber zu reden.
„Entschuldigen Sie mich, Professor. Ich würde mir gerne etwas zum trinken holen.“ Sagte ich und hoffte, dass er mich gehen lassen würde.
„Tun Sie sich keinen Zwang an. Aber unser Gespräch ist noch nicht zu Ende.“
„Ich freue mich schon es fortzuführen.“
Mit diesen Worten trat ich zum Barbereich und ließ mir ein Glas Orangensaft reichen. Ich spielte mit dem Gedanken zurück in meine Kabine zu gehen und den Saft dort zu trinken. Doch als ich mich erneut umsah und sich mein Blick wieder mit den von Mademoiselle Van Holmes berührte, beschloss ich, mich zu ihr zu setzen. Meine Knie zitterten, da sie eine gewisse Wirkung auf mich hatte, nicht so eine das ich meine Frau vergessen würde, aber irgendetwas anderes.
„Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze, Mademoiselle?“ fragte ich mit trockener Stimme. Sie schaute zu mir hoch, sagte nichts und verzog auch keine Miene. Da ich kein schlechtes Gefühl hatte, setzte ich mich einfach neben sie. Ich nippte am Saft bevor ich sie erneut ansprach.
„Ich wollte mich einfach noch mal richtig vorstellen. Mein Name ist Jules Gabriel Verne.“
Keine Antwort, aber ein freundlicher Blick. Hatte sie wirklich freundlich geschaut oder kam mir es nur so vor. Da sie nicht antwortete, sprach ich einfach weiter.
„Schon eine merkwürdige Sache, diese Explosion im Maschinenraum. Monsieur Grant sprach von Sabotage und Professor Lidenbrock glaubt jemand will ihm bei seiner Schatzsuche zuvorkommen. Seiner Ansicht nach hat sich ein Eingeborener an Bord geschlichen, der Ihr Expeditionscamp in Südamerika mit überfallen hat.“ Ihr Blick wanderte ins Nichts. Scheinbar erinnerte sie sich wieder an das erlebte. „Sie müssen dort schreckliches erlebt haben. Tut mir leid für Sie.“
„Dort nicht wirklich. … Aber es sind Menschen grundlos gestorben.“ Gab sie zur Antwort und ich war zuerst für einen Moment verwirrt, da ich überhaupt nicht mit einer Antwort gerechnet hatte. Sie hatte eine schöne, sanfte Stimme in der ich Trauer heraushören konnte.
„Ich kenne das Gefühl. Als ich von Agarwal gefangen gehalten wurde, musste ich feststellen, dass er Freunde von mir getötet hatte.“
„Aber Sie sind am Leben geblieben. Bereuen Sie es?“
Mir war ihre Frage nicht wirklich klar, doch ich antwortete, wie ich gerade dachte.
„Natürlich bin ich glücklich noch am Leben zu sein.“
„Das unterscheidet uns von einander, Gabriel.“ Sagte sie und erhob sich. Gerade als sie im Begriff war zu gehen, fasste ich sie instinktiv am Arm, ohne eigentlich zu wissen warum. Sie blickte mich wortlos an und ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
„Äh, … äh.“ Verdammt, dachte ich, frag doch irgendetwas. „Äh, Sie waren doch ebenfalls auf dem Unterdeck spazieren, haben Sie etwas bemerkt? Ich meine Monsieur Grant vermutet eine Sprengladung, die von außen angebracht wurde. Vielleicht?“
„Nein. Nur Sie und Grant.“
Mit diesen Worten schritt sie davon und ich starrte ihr hinterher. Gleichzeitig beschäftigte mich meine letzte Frage, die mir spontan in den Sinn gekommen war. Wer hatte die Sprengladung angebracht? Neugierig wie ich war, beschloss ich der Sache auf den Grund zu gehen.
Zuerst organisierte ich mir eine warme Jacke und dann suchte ich den nächsten Weg hinaus auf den Außensteg des Unterdecks. An der frischen Luft umfing mich sofort eisige Kälte, die Sonne war auf ihrem Weg in den Horizont einzutauchen. Es war ein wunderschönes Bild der Farben am Himmel, doch die Zeit diesen Untergang zu beobachten hatte ich nicht, wenn ich nicht die letzten Sonnenstrahlen für meine Untersuchung nutzen wollte.
Langsam wanderte ich in Richtung des Explosionsloches. Ich musste vorsichtig sein, das Deck war mit einer leichten Eisschicht bedeckt und ich wollte nicht ausrutschen. Zum Glück war der Wellengang gering und das Schiff trieb nur vor sich hin.
Ich sah das schwarz gefärbte Explosionsloch, welches mittlerweile notdürftig mit Holzbrettern von Innen verschlossen worden war. Die Metallbrüstung des Steges vor dem Loch war angerissen, verbogen und schwarz vom Russ. Dennoch glänzte das Schwarz durch die Eiskristalle, die sich darüber verteilt hatten.
Das Loch war groß, gut vier mal fünf Meter.
„Hmmm. Wenn ich es nicht wüsste, könnte ich nicht sagen, dass hinter dieser Wand der Maschinenraum ist und wichtige Leitungen entlangführen.“ Murmelte ich zu mir selbst. „Wer immer das Schiff versenken wollte, der wusste, welches die richtige Stelle ist.“
Geräusche drangen an mein Ohr, die wie Schritte klangen. Ich blickte mich um.
„Hallo, ist da jemand?“ rief ich aus.
Doch weder eine Antwort noch weitere Schritte waren zu hören. Scheinbar hatte ich mir alles nur eingebildet. Kein Wunder, ich war von dem heutigen Erlebten noch angespannt und das legte sich bestimmt erst, wenn ich endlich zum schlafen gekommen war.
Mittlerweile war die Sonne fast untergegangen und alles um mich herum zog die Dunkelheit an. Doch dank der Beleuchtung einiger Kabinen erhellten sie durch die Bullaugen den Außensteg. Am Himmel drangen prallgefüllte Sternenansammlungen hervor und verzauberten mit einer Erhabenheit, als ich hinauf blickte. Um den Anblick und die frische kühle Luft ein wenig in mich aufzunehmen, beschloss ich einmal ums Schiff herumzugehen. Mit den Händen tief in den Taschen, um sie warm zu halten, schlenderte ich zum Bug. Wie Grant ihn mir beschrieben hatte, lief er nicht spitz zusammen, wie bei den meisten anderen Schiffen, sondern war breiter, eher oval. Nach einigen Minuten hatte ich fast das Heck über den linken Außensteg erreicht, als ich jemanden am Boden kauern sah.
„Heh, alles in Ordnung!“ rief ich und sah, wie die schwarze Gestalt zusammenzuckte und in Richtung Heck weglief. Dabei fiel etwas zu Boden und rollte über den Steg. „Warten Sie, Sie haben etwas verloren!“
Seltsam, niemand schien zurückzukommen. Ich trat näher an das verlorene Objekt heran. Es sah wie ein Stück Holz in der Dunkelheit aus. Ich hob es auf und im nächsten Moment blendete mich Licht von einer Laterne.
„Ich habe Sie rufen gehört. Sind Sie gestürzt?“ fragte der Matrose mit spanischem Akzent. Es war der, den ich auf der Brücke gesehen und den Grant Santiago genannt hatte.
„Mir geht es gut. Danke.“ Erwiderte ich. „Ich habe hier jemanden getroffen und als ich ihm nachrief, verlor er dieses hier.“
Ich hielt das Stück Holz oder was immer es war hoch. Das Licht der Laterne erfasste es und im selben Moment erkannte ich es.
„La Gracia de Dios! Keine Bewegung!“ rief Santiago.
Und er hatte Recht geschockt zu sein, das scheinbare Stück Holz waren drei zusammengebundene Stangen Sprengstoff.
Santiago brachte mich auf die Brücke, wo Grant uns erwartete. Stolz präsentierte er mich – glaubte den Bombenleger gefasst zu haben. Grants Hemd steckte schief in der Hose, was zeigte, das er sich schnell angezogen hatte. Vermutlich war er in seiner Kabine gewesen und hatte geschlafen. Santiago übergab den Sprengstoff seinem Vorgesetzten nach einem kurzen Bericht. Dieser begutachtete und legte ihn dann auf den Kartentisch.
„Danke. … Mister Verne, normalerweise würde ich Sie beschuldigen und einsperren, aber bei der ersten Explosion waren wir die ganze Zeit zusammen. Außerdem sind Sie erst kurze Zeit an Bord und nach dem Bild, was ich mir von Ihnen gemacht habe, halte ich Sie nicht für einen Lügner.“
Es fühlte sich gut an, dass Grant mir glaubte den Bombenleger überrascht zu haben, bevor eine Zweite weiteren Schaden anrichtete.
„Ich möchte Ihnen von ganzem Herzen im Namen der gesamten Mannschaft und des Kapitäns danken. Wir stehen in Ihrer Schuld.“
„Nicht doch. Ich habe nur durch Zufall jemanden überrascht.“ Erwiderte ich mit gerötetem Gesicht.
„Haben Sie denn diesen Jemand gesehen? Können Sie mir einen Hinweis geben, wer er sein könnte?“
Ich ging noch einmal die Szene im Kopf durch. Als ich die hockende Gestalt sah, diese aufscheuchte und davonlief. „Tut mir sehr Leid.“ Äußerte ich enttäuscht. „Es war stockdunkel. Ich sah nur eine schwarze Silhouette, die sobald ich nach ihr rief weglief. Weder das Gesicht, noch Kleidung habe ich richtig gesehen.“
„Schade. … Ganz sicher?“
„Ja, sie war zu flink und verschwand sofort im Schatten.“
„Tja. … Wie auch immer. Auf jeden Fall hat der Attentäter noch etwas vor und dies war bestimmt nicht sein letzter Versuch. … Santiago, ab sofort werden die Wachen verdoppelt. Ich will eine Patrouille, die ums Schiff läuft. Und überprüf unseren Sprengstoff. Vielleicht hat er sich aus dem Depot bedient.“
„Ai!“ antwortete Santiago und verschwand.
Mein Blick wanderte zu Grant, der besorgt nachdachte.
„Wenn der Täter Erfolg gehabt hätte … wie verheerend wäre…“
„Sehr. Sehr verheerend. Dieser Maschinenraumteil war kaum besetzt. Da wir zurzeit keine Fahrt machten, habe ich den meisten Matrosen erlaubt zu schlafen. Die Explosion hätte eine weitere Treibstoffzuleitung zerstört und die dann das Schiff.“
„Kaum zu glauben, was diese kleinen drei Stangen für eine Wirkung erzielt hätten.“
„Das stimmt. Es war genau die richtige Menge.“
„Wie meinen Sie das, Monsieur Grant? Die richtige Menge?“
„Daran hatte ich auf den ersten Blick nicht gedacht. Unsere Schiffshülle ist recht Dick. Zwei Stangen hätten sie stark ausgebeult und vielleicht nur ein kleines Loch hineingerissen. Dann wäre der Maschinenraum allerhöchst durchgeschüttelt worden und ein paar Überdruckventile hätten reagiert. Andersherum hätten mehr als vier Stangen solch eine Wirkung erzielt, dass uns kaum Zeit geblieben wäre die Rettungsboote zu wassern. … Wer immer die Bomben gelegt hat, kennt sich mit Sprengstoff aus!“
Grant hatte recht. Ich wusste nur aus der Theorie, wie drei Stangen Sprengstoff richtig mit einem Seil zusammengebunden wurden, wie die Lunte richtig gesetzt wurde und welche Länge wichtig war, um weit genug weg zu sein. Meine Augen blickten auf das kleine Bündel Sprengstoff auf dem Kartentisch liegend. Dabei erhaschte ich etwas Seltsames.
„Monsieur Grant. Sagen Sie, was ist das Braune hier mitten im Seil?“
Er trat neben mich und zog vorsichtig etwas, was wie ein kleines Stück Stoff aussah, aus dem Seilverbund der Sprengstoffstangen heraus.
„Scheint ein Stück braunes Leder zu sein, da ist sogar noch Fell dran. Könnte von der Kleidung des Täters stammen. Möglich, das er die Stangen fest am Körper hielt und irgendwie den Stoff einklemmte. Als er die Ladung fallen ließ zerriss dann den Stoff. … Gratulation, Mister Verne. Sie haben unsere erste Spur zum Täter gefunden. Ich werde den Beweis zum Doktor bringen, vielleicht kann er in seinem Labor mehr in Erfahrung bringen.“
„Das heißt also abwarten.“
„Leider. So und nun denke ich, sollten Sie schlafen gehen, es ist schon spät.“
„Sie haben recht. Au Revoir.“
Nachdenklich verließ ich die Brücke und überlegte, mit welchen Sätzen ich die letzten Ereignisse ins Notizbuch schreiben sollte, als ich Grants Stimme leise durch den Korridor hallend vernahm.
„Steuermann, bis Santiago zurückkommt haben Sie das Kommando! Ich werde dem Kapitän Bericht erstatten!“
„Ai!“ erwiderte der Matrose.
Jetzt war ich wieder hell bei Sinnen. Grant wollte zum Kapitän. Eine neue Chance herauszufinden, wohin er in der Bibliothek verschwunden war. Also rannte ich so schnell ich konnte mit der dicken Felljacke durch die Gänge und Korridore, um früher als Grant anzukommen. Keuchend und Hustend betrat ich letztendlich das Reich des Wissens. Schweiß lief mir die Stirn runter und wenn ich jetzt in einen Spiegel schauen würde, würde ich bestimmt ein knallrotes Gesicht haben.
Nun fehlte nur noch ein passendes Versteck und da hatte ich ein Problem, es gab hier kleines. Hinter den Sesseln zu hocken ging nicht. Mir blieb nur eines, mich in die hinterste Ecke zwischen zwei quer stehenden Bücherregalen zu stellen und zu hoffen, er sehe mich nicht. Ich tat es. Mein Herz klopfte bis zum Hals während ich wartete.
Nach endlosen Sekunden öffnete sich die Bibliothekstür, jemand trat ein und schloss sie wieder. Dann folgten ruhige aber harte Schritte. Mein Herz klopfte schneller. Ich sah Grant an meinem Büchergang vorbei schreiten. Die Schritte stoppten und ich schlich näher an den Hauptweg heran. Das Geräusch von knirschendem Holz oder so ähnlich war zu hören. Langsam lugte ich mit dem Rücken zum Bücherregal in die Richtung in die Grant gegangen war.
„Verdammt!“ Fluchte ich. „Er ist wieder weg! Das kann doch nicht sein.“
Fragend blickte ich mich um und schaute in jede Ecke. Grant war verschwunden. Dabei gab es nur eine Tür und durch die war er gekommen. Weil ich im Moment nicht weiter wusste ließ ich mich in einen der Lesesessel fallen. Für einen Moment schloss ich die Augen, verinnerlichte die Situation und dabei nickte ich wohl ein. Kein Wunder, ich war lange auf den Beinen und hatte mir bisher wenig Rast gegönnt.
Irgendwann schlug ich wieder die Augen auf und ärgerte mich über mich selbst.
„Gut geschlafen?“ erschreckte mich eine Stimme. Grant. Er saß im Sessel neben mir und hielt ein Glas mit Whiskey in der Hand.
„Äh, mehr oder weniger. Eigentlich wollte ich nicht, aber…“
„… Es passiert. Ich war erstaunt, Sie hier vorzufinden. Hatten Sie eine Nachtlektüre gesucht?“
Na ja, die Wahrheit, das ich ihn gesucht hatte, konnte ich ja kaum sagen.
„Richtig. Aber bei so viel Auswahl, fiel es mir schwer mich zu entscheiden.“
„Wenn ich Ihnen eine Empfehlung aussprechen dürfte?“
„Nur zu.“
Grant erhob sich aus dem Sessel mit einem knautschenden Geräusch und schritt zu einem Regal. Einige Sekunden suchte er, bevor er ein dickes gebundenes Buch herauszog.
„Bitte. Hat mich richtig ans Bett gefesselt.“
„Danke.“
„Ist glaube ich von einem Ihrer Landsleute geschrieben worden.“
Ich las den Titel und schmunzelte.
„Der Vicomte von Bragelonne. Ein wirklich gutes Buch. Sie werden lachen, ich habe es bei mir Zuhause auf dem Nachttisch liegen, aber zum lesen bin ich noch nicht gekommen. Dabei hat es mir Alexandre persönlich geschenkt.“
„Sie kennen Dumas?“
„Ja, er ist ein langjähriger Freund von mir und hat mich immer ermuntert ebenfalls zu schreiben. Er war es, der meine Neugierde für Abenteuer weckte.“
Grant nahm einen Schluck Whiskey.
„Vergessen Sie nie Mister Verne, das Abenteuer hat zwei Seiten. Die Eine können Sie Daheim erleben, sitzend im Sessel, eingetaucht in einem Buch und die Andere in der Realität, wenn Sie die Augen öffnen und über Ihren Schatten springen. Das Leben ist das echte Abenteuer.“ Dann leerte er mit einem Zug das Glas und stand auf. „Gute Nacht, Mister Verne.“
„Gute Nacht, Monsieur Grant.“
Er öffnete die Bibliothekstür. Sie quietschte. Kurz bevor er hindurch verschwunden war drehte er sich noch einmal um.
„Eine Kleinigkeit. Bitte lassen Sie das Monsieur weg, jeder nennt mich einfach nur Grant.“
„Gerne.“
Dann fiel die Tür ins Schloss und ich blieb starrend auf sie zurück. Wusste Grant, dass ich ihm gefolgt war? Bestimmt ahnte er es, sonst hätte er sich nicht zu mir gesetzt. Er wollte mir so zeigen, das er bescheid wusste.
Wie auch immer, ich verließ ebenfalls die Bibliothek und suchte meine Kabine auf, wo ich mich sogleich schlafen legte.