Читать книгу DER MULTIVERSALE KRIEG - Martin Cordemann - Страница 12
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ОглавлениеDas selbstzufriedene Lächeln, das Captain Jupins Gesicht zierte, hatte die Ausmaße eines ausgewachsenen Wurmlochs, wenn auch nicht dessen Tiefe... obwohl Wurmlöcher, soweit man mit Bestimmtheit wusste, nur in Äpfeln existierten, keineswegs aber wunderbare Abkürzungen durch die extrem ausgedehnte Unendlichkeit des Weltraums darstellten.
„Sind Sie bereit, Geschichte zu schreiben“, fragte er. „Noch einmal.“
Denn, wie er in jedem seiner Berichte, die er seit ihrem ersten erfolgreichen Testflug ans Hauptquartier, aber auch an Zeitungen, Nachrichtenportale, Freunde und Verwandte sowie die Freunde und Verwandten von Freunden und Verwandten geschickt hatte, mit stolz geschwellter Brust zum Besten gab, hatten sie das schon und würden es wieder und wieder tun.
„Haben Sie alles so berechnet, wie ich es Ihnen aufgetragen habe?“ wandte er sich an seinen Navigator.
Sheer nickte.
„Gut.“
Der Captain hatte sich nämlich etwas besonderes überlegt. Da sie mit ihrem Schiff schneller waren als die Nachrichten, die sie mit „nur“ Lichtgeschwindigkeit verschicken konnten, würden sie es, so die Theorie, so einrichten, dass sie in einer Botschaft ihr Kommen für genau fünf Minuten später ankündigten – und würden dann exakt fünf Minuten später, also zum angegebenen Zeitpunkt, dort erscheinen, was sicher eine Menge Wirbel machen und Bewunderung wecken würde. Wenn die Berechnungen denn stimmten. Worauf es ankam. Wenn man beeindrucken wollte.
„Und Sie sind sicher, dass das auch alles passt?“ hakte Jupin nach.
Der Navigator ging noch einmal alles durch:
Zeitpunkt, zu dem Nachricht abgeschickt wurde
Zeitpunkt, zu dem Nachricht ankommen würde
Zeitpunkt, zu dem sie abfliegen mussten, um fünf Minuten nach der Nachricht anzukommen
Es war nicht irrsinnig schwierig, aber er hatte den Captain mehrfach darauf hingewiesen, dass so ein Hauptquartier eben auch von Bürokraten beherrscht wurde und da mochte es durchaus sein, dass man ihre Botschaft nicht direkt lesen würde, sondern dass man im Kommunikationszentrum vielleicht noch einen Kaffee trank, bevor man sie an die entsprechenden Stellen weiterleitete, die möglicherweise gerade selbst in einer Besprechung waren oder außer Haus oder schlicht in der Caféteria, weil Joe von der Poststelle heute seinen letzten Tag hatte und dort seinen Abschied feierte, so dass das mit dem Timing zwar eine schöne Sache war, wenn es funktionierte, aber doch vielleicht etwas eng?!
Eine Art Schnauben war Captain Jupins ausführlicher und einziger Kommentar.
„Wir könnten uns für eine bestimmte Uhrzeit ankündigen“, schlug Sheer vor. „13:13 Uhr.“
„Würde das nicht Unglück bringen? Eine doppelte 13? Das erscheint mir ein wenig gewagt. Und könnte falsch verstanden werden. Vielleicht würden die Menschen dann denken, dass das, was wir hier tun, mit dem Teufel zugeht und das ist doch wohl ein Eindruck, den wir besser vermeiden wollen. Wie wäre es mit 6:66 Uhr.“
„a) die Nummer des Satans, b) ... als Uhrzeit schwierig umzusetzen?!“ Da es, rein rechnerisch gesehen, eher 7:16 Uhr wäre.
„5:55 Uhr?!“
„Morgens?“
„Ja!“
„Wenn niemand im Haus ist und alle noch schlafen?!“
Ein siegerisches Lächeln pflanzte sich auf Jupins Gesicht.
„Und deswegen machen wir es so, wie ich es sage!“
Dagegen ließ sich im Moment tatsächlich schlecht etwas einwänden.
„Alles ist berechnet, Captain.“
Sheer war mehrere Szenarien durchgegangen, wann sie mit welcher Geschwindigkeit losfliegen mussten. Wobei „fliegen“ natürlich ein unsauberer Begriff war, da man damit das Schweben durch die Luft verband, die es ja bekanntermaßen im Weltraum nicht gab, aber stattdessen „reisen“ zu sagen klang auch irgendwie etwas gewollt und unelegant und so blieben viele bei dieser etwas altmodischen Formulierung, womit das Raumschiff eines der wenigen Schiffe war, das nicht schwamm, sondern flog.
„Vielleicht wäre es ganz gut, wenn wir...“
„Wenn wir was, Lieutenant?“
„Wenn wir die Sache ein wenig entspannt angehen.“
„Wie darf ich das denn verstehen?“ brauste der Kapitän auf.
„Ich meine nur, dass wir nicht bis zum letzten Moment warten und mit Höchstgeschwindigkeit fliegen sollten. Wir haben genug Zeit und können das ganz gemächlich-“
„Dieses Schiff, Mr. Sheer, ist nicht dafür geschaffen worden, um Dinge gemächlich zu erledigen! Es ist dazu da, gigantisch hohe Geschwindigkeiten zu erreichen – und wir sind da, zu zeigen, dass es genau dieses Ziel auch... erreicht. Und das mit fliegenden Fahnen!“
„Ich wollte damit nur sagen, dass... manche Systeme noch nicht ganz so erprobt sind, wie sie es vielleicht sein sollten, wenn wir uns der Erde oder einer anderen bewohnten Gegend der Galaxie nähern.“
„Worauf wollen Sie hinaus?“
„Nun, wir wissen, dass die Chopin schnell ist.“
„Rasend schnell!“
„Ja. Die Triebwerke arbeiten und sie beschleunigt wie eine 1.“
„Aber?“
„Sie haben ihre Geschwindigkeit auf unserer kleinen Reise bis in gewisse Bereiche getestet und sie hat, wie Sie sagen, mit fliegenden Fahnen bestanden. Sie ist das schnellste Objekt, das je ein Mensch geschaffen hat.“
„Oder geflogen.“
„Auch das.“
„Ich warte noch immer auf Ihr Aber!“
„Wir haben die andere Seite ein wenig vernachlässigt.“
„Welche andere Seite?“
„Das Bremsen, Captain. Das langsamer werden. Das Stoppen. Das Durchbrechen der Bernsteinschen Mauer hat super geklappt, aber was, wenn wir es mal nicht schaffen sollten, das Schiff wieder zu bremsen?“
Jupin sah den Navigator fassungslos an.
„Ich verstehe nicht ganz.“
„Wenn wir mit der höchsten Geschwindigkeit, die wir bei diesem Probeflug erreicht haben, zur Erde fliegen und dann feststellen müssen, dass unsere Bremstriebwerke nicht genausogut funktionieren wie unser Hauptantrieb, dann...“
„Zerschellen wir auf der Erde.“
„Und richten dabei wahrscheinlich noch eine Menge Schaden an.“
Der Captain nickte.
„Da haben Sie gar nicht mal so unrecht. Das wollen wir natürlich nicht. Ich meine, wie würden wir dann dastehen, wenn wir...“
„Tausende von Menschen umbringen?!“
„Genau! Sowas hinterlässt meist einen schlechten Beigeschmack.“ Und wenn Captain Theordor Jupin etwas nicht wollte, dann war es, dass ihn die Leute negativ in Erinnerung behielten. Nur so hatte er es geschafft, überhaupt ein Kommando zu bekommen. Jeder mochte ihn. Jeder liebte ihn. Jeder vergötterte ihn. Das konnte er wohl schwerlich aufs Spiel setzen, indem er für eine Art ungewollten Massenmord verantwortlich war, selbst einen posthumen. „Lassen wir es ganz gemächlich angehen!“ stimmte er zu.
„Gute Idee, Sir.“
Sheer begann damit, seine Berechnungen für den langsamsten möglichen Flug in den NaviComputer einzuspeisen.
„Ach ja, was war eigentlich mit Ihrem Dings, da...“
„Meinem Dingsda, Captain?“
„Sie hatten da irgendwas bemerkt oder gesehen oder Sensoren oder so?“
„Oh, das.“ Sheer nickte. „Ich habe eine Notiz an die Zentrale geschickt.“
„Und, was meinen die?“
„Die haben sich noch nicht dazu gemeldet.“
„Wird schon nicht wichtig gewesen sein. Man stelle sich vor...“
...etwas, das wichtiger, beeindruckender, interessanter war als das, was er, was sie hier gerade vollbrachten. Jupin erschrak.
„Da kann man nur hoffen, dass es sich als harmlos erweist.“
Und als völlig unbedeutend!
Das Captain nahm auf seinem Platz platz und zauberte das Wurmlochlächeln zurück auf sein Gesicht.
„Sind wir bereit, Geschichte zu schreiben... ein weiteres mal?“
Sheer lächelte.
„Ja, Sir.“ Er wollte gerade mit dem Abflug beginnen, als er etwas bemerkte. „Was ist das...?“