Читать книгу Ein echter Luser - Martin Cordemann - Страница 10
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ОглавлениеIch hatte einen Verdächtigen. Und diesmal war er nicht tot. Aber der Tag war noch jung. Bei meinem Glück wurde er von einem Laster überfahren, bevor ich ihm seine Morde nachweisen konnte.
„Guten Tag“, sagte ich, als sich die Tür öffnete und der Mann vor mir stand, der für die Morde an fünf Fliesenlegern verantwortlich war. Aber... um sicher zu sein und nicht meinen schönen Vortrag später noch mal vor dem richtigen Verdächtigen wiederholen zu müssen, fragte ich ihn nach seinem Namen. Ja, er war richtig. Es ist immer peinlich, wenn man seinem Gegenüber auf den Kopf zusagt, dass er ein Mörder ist und der dann anschließend sagt:
„Ich bin nur der Butler, Sie wollen sicher zu meinem Herrn?!“
Das wollte ich heute mal vermeiden. Und es klappte. Mir gegenüber stand der, den ich sehen wollte. Ich sagte: „Sie sind unanständig gewesen!“
Das wirkte. Sofort zückte er sein Portemonnaie. Ah, Bestechung. Endlich. Er wollte sich aus dieser Sache freikaufen. Ich hatte meinen Mann! Mit einem leicht verkniffenen Lächeln sah er sich um, ob ihn auch niemand beobachtete, dann reichte er mir einen 20 Euro Schein.
„Sind Sie der Bote vom Hot Fox Porno-Versand?“
„Äh?“
„Naja, weil Sie gesagt haben, ich wäre ‚unanständig’ gewesen.“
„Oh. Ja. Ich meine nein. Ich bin wegen etwas anderem hier.“ Er schien enttäuscht zu sein. „Es geht um Mord!“ Jetzt schien er noch enttäuschter zu sein. „Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?“
„Ja, wenn’s sein muss.“
„Sie haben von den ermordeten Fliesenlegern gehört?“
„Ja, wer nicht? Große Sache.“
„Sie haben eine Lehre als Fliesenleger gemacht?“
„Nein.“
Verdammt! Ich war so dicht dran gewesen. Mist.
„Sie haben nicht zusammen mit den fünf Ermordeten eine Lehre gemacht?“
„Nein.“
Es war doch nicht zum Aushalten! Was glaubte dieser Kerl dass er war? Unschuldig? Nur ein Sündenbock? Nein, durchatmen. Ich musste ruhig bleiben. Ich hatte in zwei Punkten falsch gelegen, aber das musste nicht heißen, dass meine Theorie falsch war. Ach, wem machte ich hier was vor? Wahrscheinlich hieß es genau das. So machte Mord keinen Spaß!
„Also... Sie haben nicht mit den fünf toten Fliesenlegern gemeinsam eine Lehre gemacht und Sie haben auch keinen von ihnen gekannt?“
„Nein, nicht dass ich wüsste!“
So eine verfluchte Scheiße! Ich... ich wusste nicht weiter. Was sollte ich machen? Meine Knarre ziehen und ihn umlegen. Und dann behaupten, er habe fliehen wollen? Nein, schlecht. Was, wenn er es nicht gewesen war. Dann würde das rauskommen und ich musste irgendwie seinen Tod erklären. Und vor dem Papierkram graute mir noch mehr. Ich seufzte.
„Was haben Sie denn sonst gemacht?“
„Ich, äh, ich habe in einem Reinigungsbetrieb gelernt. Und später habe ich meinen eigenen Betrieb gegründet, der sehr erfolgreich war.“
„Ja, und dann hat jemand eine selbstreinigende Fliese erfunden und die Geschäfte wurden schlechter...“
Moment! Das war es!
„Lassen Sie mich raten: Niemand hatte mehr Interesse an Ihren Diensten, obwohl Sie der beste in der Branche waren?!“
„Ähm, naja...“
„Also kamen Sie auf eine grandiose Idee. Sie wollten zeigen, wie großartig Sie arbeiten können. Und das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden, und vielleicht noch ein paar alte Feinde aus dem Weg räumen.“
„Häh?“
„Streichen wir das. Keine alten Feinde. Aber eine gute Methode, Ihren Wert zu zeigen. Also sind Sie hingegangen, haben ein Blutbad angerichtet, eine richtige Sauerei... und dann haben Sie bewiesen, was für ein tolles Reinigungsunternehmen Sie haben, indem Sie alle blutverschmierten Tatorte tadellos sauber bekommen haben. Wenn Sie mich fragen war das einer der blutigsten Werbefeldzüge seit den Kreuzzügen. Aber Sie sind wieder groß im Geschäft. Sie haben es geschafft, Herr Melkowitsch. Natürlich können Sie das alles jetzt leugnen... aber es dauert keine Stunde und ich habe einen Durchsuchungsbefehl für Ihr Haus und Ihre Firma. Und was meinen Sie, werden wir da irgendwelche belastenden Hinweise finden? Wie zum Beispiel die Tatwaffe?“
Nun knickte er ein. Ich konnte es nachvollziehen. Man erwartete den Boten vom Porno-Versand und stattdessen erhielt man eine Mordanklage. Er nickte.
„Ja... Sie haben Recht! Sie haben mit jedem Wort Recht! Ich... ich gestehe die Taten. Wissen Sie, wie schwierig es ist, einen Tatort wieder sauber zu kriegen. Ich meine, so richtig sauber? Ich wollte einfach beweisen, dass es ein Leben nach dem Mord gibt. Dass man auch den blutverschmiertesten Ort wieder sauber bekommt. Jetzt... jetzt habe ich es ihnen gezeigt. Und mein Produkt ist super!“
Ich nickte. Es war phantastisch. Es war unglaublich. Ich hatte diesen Fall tatsächlich gelöst. Wer hätte das gedacht? Ich hatte den Mörder überführt. Nun gab es nur noch eine klitzekleine Klippe zu umschiffen. Man musste bei der Durchsuchung die Tatwaffe finden... und ich musste herausfinden, wie man einen Durchsuchungsbefehl bekam!