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Ich machte mich auf den Weg in die Pathologie. Nicht, um zu arbeiten. Sondern weil mich da niemand vermutete. Und also auch niemand nach mir suchen würde. Dachte ich. Aber ich ließ mich eines besseren belehren.

„Du mieser Loser!“

„Bitte?“

Schnell drückte ich meine Zigarette aus. Der Korridor war düster genug, dass mich die Dunkelheit schützen sollte.

„Man hat mir gesagt, dass du dich hier unten vor mir versteckst, du mieser Loser!“

Ein Schrecken durchfuhr mich. Das war SIE – die Arbeit! Vor ihr hatte ich mich versteckt. Und nun war sie Fleisch geworden und hatte mich gefunden. Das... war sehr surreal. Und irgendwie unglaubwürdig. Und doch sah ich durch das dämmrige Licht des Korridors eine Gestalt mit weiblicher Form auf mich zukommen. Die Arbeit war zu einer Person geworden, zu einer Person, die mich heimsuchen wollte. Es war wie in einem schlechten Film.

Nun blieb sie stehen und sah in meine Richtung. Vielleicht, wenn ich ganz still war, vielleicht würde sie dann wieder gehen? Und jemand anderen... arbeiten lassen?!

„Ich kann dich sehen!“ zischte sie und der Ton in ihrer Stimme trug nicht gerade zu meiner Beruhigung bei. Ich glaube, sie wollte Rache. Rache für all die Faulheit, die ich in den letzten Jahren auf mich geladen hatte. Für all die Arbeit, die ich an andere abgeschoben oder einfach ignoriert hatte. Jetzt musste ich ihr all das zurückzahlen. Und DAS machte mir richtig Angst!

„Du kannst dich nicht vor mir verstecken! Es ist vorbei!“

Das klang so endgültig. Hieß das wirklich, die Tage des Müßiggangs waren vorüber. Bedeutete das wirklich, dass ich jetzt anfangen musste zu... arbeiten?! Ich schloss mit meinem Leben ab. Das war das furchtbarste, das mir passieren konnte. Es gab nichts Schlimmeres!

Dann zischte sie böse:

„Ich hab einen Test machen lassen. Ich bin schwanger. Du bist der Vater!“

Wie man sich irren konnte!

Die Frau im düsteren Korridor der Pathologie zündete sich eine Zigarette an. Das ließ sie noch bedrohlicher wirken, denn es schien so, als käme Rauch aus ihrem Mund und als würden ihre Augen glühen.

„Ich weiß nicht, warum ich mich auf die Affäre mit dir eingelassen habe. Du bist so ein Loser! Aber, hey, ich war geil, also was soll’s? Ich hab n paar Mal abgetrieben. Vorher schon. Hab ich dir nie erzählt. Aber damit ist jetzt Schluss. Ich bin schwanger und ich kann beweisen, dass das Kind von dir ist. Du bist der Vater, mein Lieber, und aus der Geschichte kommst du nicht so leicht wieder raus. Nur weil du der Sohn vom Polizeipräsidenten bist lässt dich das noch lange nicht über den Gesetzen stehen. Ich hab dich an den Eiern, mein Kleiner. Und ich stelle dir ein Ultimatum: Entweder, du heiratest mich oder ich mache Karriere hier im Präsidium. Du hast die Wahl! Also, was sagst du?“

Genau genommen war ich platt. Mir fehlten die Worte. Ich musste das erstmal verarbeiten. Ich wippte unruhig hin und her und kam dabei an den Lichtschalter. Das Licht ging an und mir gegenüber stand eine mir weidlich unbekannte Polizistin.

„Was?“

Sie wirkte ziemlich überrascht.

„Wer sind Sie? Sie sind nicht der Sohn vom Polizeipräsidenten!“

Zu diesem Schluss war ich glücklicherweise auch schon gekommen. Lange vor ihr. Aber sie war so schön in Fahrt, dass ich sie nicht hatte unterbrechen wollen. Außerdem wirkte sie ziemlich bedrohlich und was wäre gewesen, wenn ich ihr mit der alten Ausrede gekommen wäre, dass ich gar nicht der wäre, den sie meinte. Hätte sie mir geglaubt? Oder mir gleich die Zigarette in den Augen ausgedrückt?

„Aber...“ druckste sie herum. Die ganze Situation schien ihr mehr und mehr unangenehm zu sein. Mir dagegen nicht.

„Wer sind Sie?“ wiederholte sie schwungvoll und, was mir Angst machte, ein bisschen sauer. „Ich habe oben gefragt, ob einer den blöden Loser gesehen hat, und da haben die gesagt, du wärst... er wäre hier im Keller.“

Na, da hatten wir doch die Erklärung!

„Ich bin... Luser. Curt Luser, mit C. Mordkommission.“

„Was...?“

Ich lächelte ihr fröhlich zu und verdrückte mich durch die Glastür aus dem Kellergang.

„War nett, Sie kennen zu lernen“, sagte ich noch, bevor ich im Treppenhaus verschwand. „Und viel Erfolg mit Ihrer Schwangerschafts-Erpressungs-Geschichte!“

Dann ging direkt hinter mir lauthals die Scheibe zu Bruch.

Ein echter Luser

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