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Besuch im Vereinsbüro

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Eines der aktivsten Gründungsmitglieder des Sport Club Rio Grande war allerdings ein Engländer: Arthur Lawson, der von 1908 bis 1917 auch als Vereinspräsident amtierte.

Ich gehe von meinem Hotel im Stadtzentrum aus in die Parallelstraße und treffe in der Geschäftsstelle des Vereins den aktuellen Vereinspräsidenten: Michael Lawson, ein Enkel des Vereinsgründers, der mir mehr über die Geschichte des Vereins erzählen will.

Eingepackt in warme Wollpullis tritt mir ein rüstiger älterer Herr gegenüber, der bereitwillig vom Lebenswerk seiner Familie erzählt. Die Geschäftsstelle ist eng und dunkel. Man betritt sie durch ein spärlich eingerichtetes Vorzimmer, in dem zwei Sekretärinnen die täglichen Anfragen bearbeiten. Im Zimmer links daneben gibt es eine kleine Bude für den Verkauf von Fanartikeln mit einem überschaubaren Sortiment aus Trikots, Stiften und Wimpeln in den Vereinsfarben Gelb-Rot-Grün. Der große Kommerz mit Stofftierchen, Unterhosen und Biergläsern ist in Rio Grande noch nicht angekommen.

Lawson begleitet mich durch die hinteren Räume, in denen ungeordnet Pokale und Gedenkteller stehen, zu seinem Büro. „Unser Verein ist finanziell gesund, besonders wegen der Grundstücke, die wir haben, aber es reicht eben nicht, ein gut sortiertes Museum einzurichten. Deshalb steht hier alles etwas durcheinander. Sie können ja später noch mit unserer Historikerin Helena über dieses Thema sprechen“, erklärt er entschuldigend.

Wir setzen uns an einen Glastisch in der Mitte des bescheidenen Präsidentenbüros, und Lawson beginnt, mit starkem südbrasilianischem Akzent von seinen Vorfahren zu erzählen: „Mein Urgroßvater George Lawson kam 1866 in Rio Grande an und gründete eine Import-Export-Spedition. Er heiratete die Tochter des Barons von São José do Norte, einem der wichtigsten Adligen dieser südlichen Region während des Kaiserreichs. Den Eheleuten wurden mehrere Kinder geboren, unter ihnen auch Arthur Lawson, der mit zwölf Jahren nach Europa zum Studium geschickt wurde. Auf Schulen und Universitäten in England und Deutschland absolvierte er sein Ingenieursstudium. Außerdem kam er dort mit dem Fußball in Berührung, einer Sportart, der er sich auch in Brasilien widmen wollte. Dort kam er auch auf die Idee, einen Verein zu gründen.“

Die Geschichten der Fußballpioniere aus anderen Städten in Brasilien klingen ähnlich. Charles Miller aus São Paulo oder Oscar Cox aus Rio de Janeiro stammten ebenfalls aus der englischen Oberschicht, die sich in den Städten aufhielten, um Eisenbahnverbindungen einzurichten und Telegrafenleitungen zu verlegen. Auch sie hatten in Europa studiert und brachten von dort ihr Fußballequipment mit. Cox gründete 1902 in Rio de Janeiro den bis heute existierenden Erstligaklub Fluminense FC.

Miller hingegen gilt allgemein als der Vater des brasilianischen Fußballs, da er 1894 bei dem Cricketverein São Paulo Athletic Club (SPAC) eine Fußballabteilung ins Leben rief. Dieses Team konnte während seines Bestehens bis 1912 viermal die Stadtmeisterschaft von São Paulo erringen und war damit eines der erfolgreichsten der Zeit. Als elitärer Verein duldete der SPAC jedoch kein Profitum und zog sich schließlich aus dem Spielgeschehen zurück, weil immer mehr bezahlte Spieler aus unteren Schichten in die Mannschaften drängten.

Rio Grande war nicht der erste Ort in Brasilien, an dem Fußball gespielt wurde, und der Sport Club nicht der erste Verein Brasiliens. Lawson ist sich dessen bewusst und argumentiert: „Natürlich wurde schon vorher in unorganisierter und spontaner Weise Fußball gespielt, zum Beispiel in Firmen oder unter Matrosen. Es gab auch Vereine, die sich anderen Sportarten widmeten, wie zum Beispiel der SPAC in São Paulo, in dem Cricket gespielt wurde, oder Flamengo in Rio de Janeiro, der ein Ruderverein war. Aber der erste Verein, der mit dem Ziel gegründet wurde, Fußball zu spielen, war der Sport Club Rio Grande. Deshalb begehen wir in Brasilien auch am 19. Juli, unserem Gründungsdatum, den ,Tag des Fußballs‘. Dieser Termin ist vom Verband CBF auch anerkannt.“

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