Читать книгу Steh' endlich auf! - Martin Fieber - Страница 11
Meine Reise beginnt
ОглавлениеDiejenigen, die niemals ihre eigenen Abgründe und die Dunkelheit ihres eigenen Herzens erlebt haben, werden niemals das Licht suchen.
(Verfasser unbekannt)
Nach dem Reiki-Seminar und der ganzen Literatur, die ich meterweise verschlang, kam der Zeitpunkt, an dem ich in Kontakt zu einem sehr guten parapsychologischen Forschungskreis kam, bei dem es halbjährlich die Möglichkeit für Gäste gibt, allgemeine und persönliche Fragen von der Geistigen Welt durch einen Mittler oder ein Medium beantwortet zu bekommen. Zu solch einem Treffen war ich eingeladen. Und dort traf ich sie zum ersten Mal. Bärbel. Ihr Äußeres könnte man mit aufgetakelt beschreiben. Dickes Make-up auf ihrem schneeweißen Gesicht und kitschige Gewänder verdeckten ihre Echtheit. Das einzige, das damals noch lebte, waren ihre Augen. Und die waren fast verloren. Leider sollten ihr durch ihre faszinierende Ausstrahlung noch viele blauäugige Menschen ausgeliefert sein.
Das Geistwesen, das sich in diesem Forschungskreis über das Medium meldete, schlug vor, dass Bärbel und ich uns regelmäßig treffen sollten, um uns besser kennen zu lernen, da wir uns gemeinsam in diesem Leben etwas vorgenommen hätten. Der eine Teil in mir, der mit Bärbel irgendwie nichts zu tun haben wollte, brach zusammen. Der andere Teil sagte, jetzt wird dein Leben nicht mehr so sein, wie es bis vor einer Stunde noch war. Endlich hast du den Lebenslehrer gefunden, den du immer suchtest. Hätte ich auf mein Gefühl gehört, dass ich nichts mit dieser Frau zu tun haben möchte, wäre mir einiges erspart geblieben. Aber mein Leben sollte so verlaufen, wie ich es brauchte.
Wie ich jetzt weiß, zum Glück. Denn diese Frau war der beste Prüfstein für mein Leben. Ich konnte lernen, mich aus der Feigheit zu befreien. „Lerne aufzustehen, Martin“, sang der Englein Chor. Doch Martin hörte damals noch nichts.
Bärbel war genau das Gegenteil von mir. Sie hatte zuviel von dem Mut, den ich nicht hatte. Sie war hochmütig, ich unterwürfig. Sie war von sich eingenommen, dominant und nicht fähig, eine andere Meinung neben der ihren zu akzeptieren. Ich gab meiner Meinung und meinen Gefühlen keinen Wert. Zündstoff pur. Sie die beherrschende, kalte Powerfrau. Ich der kleine dumme Grünschnabel. Sie war ein Vampir und saugte mich total aus. Und ich konnte mich nicht wehren. Ich hatte es nie gelernt und wusste gar nicht, dass ich mich wehren darf. Schlechte Karten also.
Hhmmm, ... Bärbel und ich sollten uns also kennen lernen. Ich fuhr jedes zweite Wochenende zu ihr und ging bei ihr in eine Art Geistheiler-Schule. Etwas über das Wirken der geistigen Kräfte zu lernen und gewisse hellseherische Fähigkeiten zu entwickeln war genau das, was ich immer gesucht hatte. Da ich mit meinem Leben nicht zurecht kam, war eine Hellseherin und Fragenbeantworterin für mich nun wohl an der Zeit. Sie machte viele Übungen mit mir, bei denen mir auffiel, dass ich anfänglich auch einiges lernte. Und das überzeugte mich. Ich war glücklich.
Ihr Wissen überzeugte mich. Sie hatte auf alles eine Antwort. Das beeindruckte mich. Ich begann sie als Halbgöttin zu verehren. Stellte ich eine Frage, von denen ich Tausende hatte, wusste sie immer eine Antwort. Nie war sie überfragt. Nie im Zweifel. Immer schmückte sie eine Erklärung mit einer kleinen Geschichte aus. Ich hatte eine vollkommene Lehrerin.
Heute würde ich sagen: „Achtung. Böse Falle. Sei vorsichtig bei Ich-hab-auf-alles-eine-Antwort-Leuten.“ Aber damals war ich nun mal das kleine „Fieberchen“, das Bärbels Intelligenz und Auffassungsgabe immer wieder aufs neue beeindruckten. Sie stand mitten im Leben, ich am Rand. Bärbel, meine Halbgöttin in Weiß.