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Tag 46: Das Weingut

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Ich hatte Glück. Die Wunden verheilten gut und es bildete sich keine Entzündung. Die Heiler waren jedenfalls sehr zufrieden mit ihrer Arbeit und entließen mich bereits zwei Tage früher als geplant. Ich konnte mich nun also auf die nächste Aufgabe vorbereiten.

Da ich nur noch meinen Bogen besaß, musste ich mir zunächst überlegen, wie ich an neue Waffen komme. Wieder auf die Händler zu warten dauerte zu lange. Ich wollte nicht noch länger warten als unbedingt nötig war. Glücklicherweise fand ich bei einem Trainingslauf einen abgebrochenen Ast. Dieser war kerzengerade und hatte an einem Ende eine leichte Verdickung. Mit einem Küchenmesser schälte ich die Rinde ab und härtete das Holz über dem Feuer. Das war vielleicht nicht so schön ausbalanciert wie mein altes Schwert, doch konnte ich mit dem beidhändigen Griff mehr anfangen als mit dem kleinen Schwertchen, das wohl immer noch im Stollen lag. Die zusätzliche Masse am Ende sollte zudem ausreichen, um eine gewisse Durchschlagskraft und Nachhaltigkeit zu erzeugen.

Ich ließ mir vom Prior noch einmal den Weg zum Weingut beschreiben und fragte ihn nach dem Aufbau des Gebäudes aus. Ich wollte nicht nochmals denselben Fehler begehen und in einen Hinterhalt geraten. Offensichtlich war es vielmehr ein glorifiziertes Lagerhaus mit Schlafräumen. Das Erdgeschoss bestand aus einem einzigen Raum, in welchem die Früchte gelagert wurden, bis die Pressen bereit waren. Durch eine einzelne Treppe gelangte man in das obere Stockwerk, wo sich eine kleine Küche und drei Schlafzimmer befanden. Neben dem Haus gab es noch einen kleinen Schuppen für Werkzeuge. Alles in allem also sehr überschaubar.

Den Weg legte ich diesmal in einem gemütlicheren Tempo zurück. Ich wollte nicht schon außer Atem sein, wenn ich ankomme. Zudem war es wirklich schön, da das Weingut auf einem Hügel errichtet wurde und ich so ein wenig Aussicht auf den umliegenden Wald erhielt. Es war natürlich kein Vergleich zum Anblick von meinen heimischen Bergen aus. Da konnte ich über das ganze Land blicken. An schönen Tagen konnte der Blick über die gemäßigten Wälder und den Schwarzhain bis zu den Dschungelbäumen des südlichen Kaps schweifen. Hier reichte die Sicht gerade einmal bis zu Hauptstadt.

Als ich den staubigen Weg zum Weingut erreichte, sah ich schon einen der Banditen vor dem Haus sitzen. Er machte auf mich keinen besonders gefährlichen Eindruck und unterschied sich auf den ersten Blick nicht von einem Bauern. Ich nutze meinen Stab als Gehhilfe, um einen möglichst ungefährlichen Anblick zu bieten. Vielleicht ließ sich das Ganze mit Worten klären und ich musste keine Gewalt anwenden. Falls nicht war es besser, wenn sie mich für einen altersschwachen Wanderer hielten, der sich kaum auf den eigenen Beinen halten konnte.

Der Junge stand auf, als ich nur noch zwanzig Schritt vom Haus entfernt war. Er schien gerade einmal zwanzig Jahre alt zu sein und hatte noch keinen richtigen Bartwuchs. Das hinderte ihn jedoch nicht daran sein Schwert zu ziehen und eine drohende Haltung einzunehmen. Er erklärte mir, ich solle verschwinden, wenn mir mein Leben lieb sei. Ich ließ mich davon nicht beeindrucken und fragte nach ihrem Anführer. Mit einem arroganten Lachen verkündete er, er sei für die Jungs hier verantwortlich.

Wie auf ein Kommando stießen drei weitere Männer zu ihm. Zwei kamen aus dem Haus und einer bog um die Hauswand. Keiner von ihnen schien älter als Anfang zwanzig zu sein. Ich streifte meinen Mantel ab, um sie mit meiner Statur einzuschüchtern und erklärte ihnen, dass die Abtei auf die Ernte angewiesen sei und sie sicher in der Stadt eine Arbeit finden würden. Wenn sie das Weingut nicht verließen, müsste ich ihnen eine Lektion erteilen. Sie lachten und griffen mich an.

Es fühlte sich falsch an, gegen so junge Burschen zu kämpfen. Sie hatten noch ihr ganzes Leben vor sich und konnten alles erreichen, wenn sie sich nur Mühe gaben. Ich beschloss also, sie so sanft wie möglich daran zu erinnern, wo ihr Platz war.

Ihre Kampfkünste waren bemitleidenswert. Obwohl ich meine alte Stärke und Geschicklichkeit bei weitem noch nicht zurückerlangt hatte, konnte ich ihren Angriffen mühelos ausweichen. Sie ließen immer wieder die Deckung fallen und ich strafte sie jedes Mal mit einem Klaps meines Stabs. Es fühlte sich an, als würde ich wieder die Jungs meines Stammes trainieren. Mit dem Unterschied, dass diese erst sechs Jahre alt gewesen waren. Der Gedanke an sie schmerzte. Vor allem, da sie wahrscheinlich alle tot waren. So junges Leben dahingerafft von Orks. Es war jedoch nicht der richtige Zeitpunkt, um in Erinnerungen zu verfallen. Im Gegensatz zu mir waren die Banditen mit scharfen und damit potenziell tödlichen Waffen ausgestattet.

Die Leichtigkeit, mit der ich mich ihrer Angriffe entzog, machte sie langsam wütend und ihre Schläge wurden brutaler. Allerdings verloren sie dabei noch mehr Genauigkeit und es wurde noch leichter ihnen auszuweichen. Irgendwann stürmte ihr Anführer mit einem Schrei auf mich zu. Offensichtlich hatte er die Absicht, mir den Bauch aufzuschlitzen. Sein Schwert beschrieb einen weiten Bogen als er ausholte und ließ seine gesamte Verteidigung in sich zusammenbrechen. Mit einem kleinen Schritt zur Seite, gefolgt von einem leichten Hieb mit meinem Stab, fegte ich ihm die Beine weg und er legte sich der Länge nach in den Staub. Seine Kameraden verloren den Kampfeswillen und zogen sich zurück.

Nun wurde es zum Zweikampf. Um die Sache etwas interessanter zu gestalten, warf ich meinen Stab zur Seite und stellte mich ihm unbewaffnet in den Weg. Die Erinnerung an die Schlacht auf dem Berg und die damit verbundene Machtlosigkeit weckte eine eigentümliche Wut in mir. Diese Wut wollte hinaus und der einzige Weg, der sich abzeichnete, war durch meine Fäuste.

Nach einigen einfachen Ausweichmanövern verpasste ich ihm einen Schlag in die Magengrube, so dass ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Schlaff wie ein Sack Mehl fiel er in sich zusammen und krümmte sich am Boden. Ich wartete, bis er sich erholte. Die so plötzlich aufflammende Wut schrumpfte und erlosch schließlich ganz.

Seine Gefolgsleute drängten ihn zur Flucht. Er stieß noch einen letzten Fluch aus und murmelte etwas von einem Meister Daravol, bevor er sich ihnen keuchend anschloss. Anscheinend hatte er genug und kam endlich zur Einsicht.

Ich beobachtete die vier noch, wie sie sich in die Wälder zurückzogen und setzte mich dann an die Stelle, wo noch vor Kurzem ihr Anführer auf mich wartete. Ich wollte sicher gehen, dass sie sich wirklich zurückzogen und nicht nach einigen Minuten zurückkamen. Während ich also wartete, genoss ich die frische Luft und die Aussicht. Dabei ging mir der Name Daravol nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwo hatte ich diesen Namen schon einmal gehört. Auf jeden Fall musste ich Eagan davon berichten. Für den Moment war ich aber froh, dass die Sache so leicht war und keiner ernsthaften Schaden davongetragen hatte.

Ich beschloss, die Nacht im Weingut zu verbringen. So konnte ich unangenehme Überraschungen vorbeugen und die Abgeschiedenheit war genau das, was ich brauchte. Am späteren Abend machte ich mir eine Suppe aus dem Gemüse, dass ich in den Schränken fand und einigen Stücken Trockenfleisch, die ich mir als Proviant mitgenommen hatte. Ich richtete mich im ersten Zimmer neben der Treppe ein und fand dabei einen Brief im Nachtschränkchen. Er war noch versiegelt, allerdings konnte ich das Wappen nicht zuordnen. Es schien auf jeden Fall nichts mit der Abtei zu tun zu haben. Ein weiterer Punkt, den ich mit Eagan besprechen musste. Vielleicht hatte es etwas mit diesem Meister zu tun. Ich steckte ihn mir jedenfalls in die Tasche und richtete mich für die Nacht ein.

Morgen möchte ich mich früh auf den Rückweg machen. Ich glaube, ich habe meine Schuld langsam beglichen. Zumindest waren diese drei Probleme schon länger ein Thema und offensichtlich kümmerte sich niemand darum. Wenn sie keine weiteren Aufgaben für mich haben, würde ich weiterziehen. Meine Fähigkeiten waren nicht gerade nützlich in einem Kloster und ich bin froh, dass ich sie zumindest so zum Wohle der anderen einsetzen konnte.

Ich glaube, die Hauptstadt wäre eine gute erste Anlaufstelle. Da kann ich mich auch sicher mit passender Ausrüstung eindecken. Wie es danach weitergeht, werde ich vor Ort entscheiden.

Der flammende Kreuzzug

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