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Wie Jesus zum Schreiner wurde

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Jesu Vater war Zimmermann. In jener Zeit schloss dieser Beruf auch die Tätigkeiten eines dörflichen Baumeisters ein. Dort, wo Jesus mit seinen sechs jüngeren Geschwistern spielte, hat er vermutlich später auch gelernt: Man darf mit gutem Grund annehmen, dass Jesus bei seinem Vater in eine Tischler- und Bauhandwerkerlehre gegangen ist. Bevor er als wandernder Rabbi Familie und Heimatort verließ, hat er wahrscheinlich im Betrieb des Vaters mitgearbeitet. Wir haben keine Beweise dafür, aber es war damals so üblich.

Ein einziges Mal wird Jesus in der Bibel selber Zimmermann genannt: „Ist er nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria?“, fragen sich die Leute seiner Heimatstadt (Markus 6,3). Dies ist eine interessante Stelle: Sie liefert uns Aufschlüsse darüber, wie die Berichterstatter der Evangelien mit ihren Textvorlagen umgegangen sind. Darum seien hier zwei kleine Ausflüge in die Entstehungsgeschichte dieser Texte erlaubt. Wer die Ausflüge nicht mitmachen möchte, möge bitte unten auf Seite 24 weiterlesen.

Die Passage von Markus 6,3 liegt in dreifacher Fassung vor. Die drei Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas berichten dieselbe Begebenheit. Sie schildern sie fast mit den gleichen Worten. Aber nur fast. Man kann die drei Versionen daher nebeneinanderlegen und vergleichen. So lässt sich möglicherweise herausbekommen, welcher Text der ursprüngliche ist. Man kann weiter sehen, wie der Stoff von den drei Evangelisten – und in diesem speziellen Fall auch von Johannes – weiterverarbeitet wurde.


Merkwürdig ist in der Variante des Markus, dass bei der Schilderung der Abstammung Jesu nur die Mutter genannt wird, nicht der Vater – für einen Bericht, der aus jüdischer Erzähltradition stammt, höchst ungewöhnlich. „Ist das nicht der Sohn Josefs?“, heißt es bei Lukas. „Ist das nicht Jesus, der Sohn Josefs, dessen Vater und Mutter wir kennen?“, schreibt Johannes. In der Parallelstelle zu Markus 6,3 hat Matthäus möglicherweise die ursprünglichere Fassung beibehalten: „Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns und der Maria?“ So ist der Text auch bei Markus selbst in einigen, wenn auch wenigen alten Handschriften bezeugt. Jesu Tätigkeit als Zimmermann in Markus 6,3 ließe sich nämlich sehr gut als nachträgliche Korrektur verstehen: Mit ihr würde die Geschichte der inzwischen herrschenden Vorstellung von der Jungfrauengeburt angepasst, wie sie sich in der Umgebung und zu der Zeit, in der Markus schrieb (67–69 n. Chr.), durchgesetzt hatte. Es bedurfte dazu nur einer ganz kleinen Änderung. Im griechischen Urtext wird praktisch bloß ein Wort umgestellt:


So hätte ein Korrektor, dem die Jungfrauengeburt wichtig war, Jesus zum Schreiner gemacht.

Jesus war nie in Bethlehem

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