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Pharaos Reisen in den Süden

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Amenhotep freute sich über die Geburt seines Sohnes. Aber ein Pharao hat nicht viel Zeit, um sich seiner Gemahlin und den Kindern zu widmen. Die Staatsgeschäfte nehmen normalerweise viel Zeit in Anspruch. Doch Amenhotep hatte vorzügliche Berater, vor allem den Sohn des Hapu, aber auch ein Heer von bewährten Schreibern, die schon unter seinem Vater gedient hatten. Ihnen konnte er ohne schlechtes Gewissen die Geschäfte anvertrauen. Zudem herrschte Friede, und weder im Norden noch im Süden drohte den Beiden Ländern unmittelbare Gefahr. Auch wusste er seinen Sohn und die kleine Tochter, die bereits gehen gelernt hatte und zu plaudern anfing, bei ihrer Mutter Teje und der Amme in guten Händen. Deshalb benutzte er die Gelegenheit, um zu einer Flussfahrt in den Süden aufzubrechen.

Er hatte Großes vor. Nicht nur wollte er zusammen mit dem Sohn des Hapu die Arbeiten an seinem Grab im Westen von Theben begutachten, er wollte noch weiter in den Süden ziehen in Tejes ursprüngliche Heimat. Dort hatte er vor, zu Ehren seiner Göttlichen Gemahlin einen Tempel zu bauen.

Er ließ auf seiner königlichen Barke alles Notwendige für die Reise vorbereiten. Unentbehrlicher Begleiter, auf den er keinesfalls verzichten wollte, war Amenhotep, der Sohn des Hapu, war er doch der Leiter aller königlichen Bauten.

An einem frühen Morgen, als alles bereit war, gingen sie an Bord, Pharao mit seinen zwei Lieblingshunden und mit seiner Leibwache, Amenhotep, der Sohn des Hapu, Juja und eine ganze Gefolgschaft, darunter Schreiber, Sandalen- und Fächerträger und Diener. Mit dabei war auch Chunes. Er war Oberst unter dem Befehl von Eje und Sohn des Gouverneurs von Wawat. Im weiteren Aku, ein hoher Beamter und Sohn eines nubischen Fürsten. Aku gehörte ehemals den „Kindern des Keb“ an. Er war unter Thutmosis IV. nach Ägypten deportiert und in den Keb aufgenommen worden. Solche Deportationen von nubischen Fürstensöhnen hatten den Zweck, ihre Väter zur Loyalität gegenüber dem Pharao zu zwingen. Keiner der nubischen Fürsten würde es wagen, gegen den Pharao zu rebellieren, wenn ihre Söhne dafür büßen müssten. So war eine relative Ruhe in Nubien gewährleistet. Und solange sich alle loyal verhielten, ging es ihren Söhnen nicht schlecht. Aku und viele andere, die wie er nach der Zeit im Keb in Ägypten blieben, waren der Beweis, dass die Kinder des Keb eine gute, wenn auch strenge Ausbildung genossen, die sie befähigte, später eine Offiziers- oder Beamtenlaufbahn einzuschlagen.

Viel Volk war entlang des Flusses zusammengekommen. Alle wollten die königliche Barke und die beiden Begleitboote vorbeifahren sehen und hofften, einen Blick auf den Pharao werfen zu können.

Nachdem der Steg eingezogen war, hoben die Boote ab. Die Ruderer steuerten die Schiffe, die zuerst noch leicht mit der Strömung mitgetragen wurden, auf die Mitte des Flusses zu, doch dann, durch die kräftigen Ruderschläge und nachdem die Segel gehisst worden waren, auch durch einen leichten Wind, der von Norden aus dem Delta und weiter vom Meer her wehte, vorangetrieben, glitten sie langsam flussaufwärts.

Es war ein großartiges Schauspiel, wie sich die Boote, eines nach dem andern, vom Ufer lösten und in der Mitte des breiten Flusses hintereinander dahinzogen. Von beiden Seiten schallten Jubelrufe. Der Anblick des königlichen Bootes war jedes Mal ein überwältigendes Erlebnis. Besonders von der Ostseite aus, bot sich ein prachtvolles Bild. Der wiedergeborene Re sandte seine Strahlen, die vom Gold, mit dem das Schiff beschlagen war, zurückgeworfen wurden. Pharao, im vollen Ornat stand am Bug und winkte den Menschen am Ufer zu. Erst als sie die Stadt hinter sich gelassen hatten, ging er in die Kajüte, wo ihm die Diener die Perücke und das königliche Gewand abnahmen. Hier an Bord wünschte er, sich freier und leichter bewegen zu können.

Die königliche Barke, gefolgt von den Begleitbooten, steuerte, nachdem sie die Stadt und die Menschen an den Ufern zurückgelassen hatte, von der Mitte des Flusses, wo die Strömung am stärksten war, auf die östliche Seite, um schneller voranzukommen.

Die Fahrt auf dem Nil dauerte zehn Tage. Überall wo die königliche Barke mit den beiden Begleitbooten auftauchte, verbreitete sich die Nachricht in Windeseile, und die Leute strömten am Ufer zusammen. Sie wollten ihren Herrscher sehen und den seltenen Anblick nicht verpassen. Dort, wo die Boote jeweils am Abend anlegten, fielen die Menschen zu Boden, um so, wie es sich gehörte, dem König ihre Ehrerbietung zu erweisen.

In Theben wurden Amenhotep und seine Begleiter vom Wesir des Südens, Ramose, empfangen. Als Wesir war Ramose nicht nur für die Verwaltung von Oberägypten, für die Schatzkammer und die Scheune verantwortlich, ihm oblag auch die Oberaufsicht über den Bau des Königsgrabes.

Amenhotep brannte darauf, zu sehen, wie die Arbeiten an seinem Grab vorangingen. Doch vorerst mussten er und der Sohn des Hapu der Einladung Ramoses und seiner Gemahlin Folge leisten, die sie einluden, in ihrem Haus zu wohnen. Die übrigen Begleiter und die Dienerschaft blieben an Bord. Auch mussten Lebensmittel, Wasser, Wein und Bier in der Stadt gekauft werden.

Am nächsten Tag besprach man sich mit dem Wesir über die Lage in Oberägypten und in Nubien. Erst am darauf folgenden Morgen machte sich Pharao mit seiner Leibwache, mit dem Wesir und mit dem Sohn des Hapu auf den Weg in die Wüste. Sie setzten mit einem kleineren Boot auf die Westseite über und durchquerten das Fruchtland bis zu den Bergen, wo die Tempel von Amenhoteps Vorfahren standen, der großartige Totentempel der Hatschepsut, der wie aus dem Felsen, der über ihm senkrecht aufragte, heraus­gehauen schien, der Tempel von Thutmosis III., und auch der Tempel Men­tuhoteps, der vor 600 Jahren sein Reich fünfzig Jahre lang regiert hatte.

Im Tempel seines Ahnen Thutmosis brachte Pharao dem vergöttlichten Vorfahren Opfergaben, Weihrauch und Myrrhe, Honig und Wein, Brot und Früchte dar. Nachdem er im Allerheiligsten vor der Statue Thutmosis’ die traditionellen Riten gesprochen hatte, ging er durch den Säulengang zurück und trat hinaus vor den Py­lon. Von hier aus blickte er nach Süden und überschaute das Land, das grün und hell in der strahlenden Morgensonne vor ihm lag.

„Was meinst du“, wandte er sich an den Sohn des Hapu, „wäre dies hier am Rande der felsigen Berge nicht ein vortreffliches Land für einen Königspalast mit all seinen Nebengebäuden?“

„Majestät, das ist eine großartige Idee“, stimmte Huy ihm zu.

„Vielleicht werde ich eines Tages meine Residenz endgültig hierher verle­gen. Der Palast in Theben, in dem ich jedes Jahr einmal residiere, stammt noch aus alten Zeiten. Für die dauernde Wohnung mit dem ganzen Hofstaat ist er zu klein. Hier auf diesem breiten Streifen Fruchtland ist so viel Platz. Da will ich einen riesigen Palast und einen Totentempel bauen, der alles Bisherige übertreffen wird.

Amenhotep, Sohn des Hapu, musste ein Lächeln unterdrücken. In seiner Jugend neigte der Herrscher gerne zum Übertreiben. Doch ihm sollte es recht sein. Gerne würde er ihm auf diesem Gelände Bauten hinstellen, die auch seinem Ruhme dienen würden. Der Vorschlag des Pharao weckte in ihm bereits den Ehrgeiz, mit Senmut zu wetteifern, der vor hundert Jahren für die Königin Hatschepsut hier in der Nähe einen grandiosen Tempel gebaut hatte.

„Die Gegend hat alle Vorteile“, erklärte der von seiner Inspiration ins Feuer geratene Pharao: „die Nähe meines Vaters Amun und der andern Götter. Und hier auf dieser Seite des Flusses könnten wir uns die Priester­schaft auf Distanz halten und trotzdem ihre Macht besser kontrol­lieren als von Memphis aus. Die Priester werden mir zu mächtig. Der Pharao ist zu weit weg. Sie sollten seine Macht täglich vor Au­gen haben. Je länger ich darüber nachdenke, umso notwendiger scheint mir, hier das Zentrum meiner Macht aufzubauen.“

„Ich sehe, wir werden noch viel zu tun haben“, meinte Huy, und in Gedanken schien er sich schon Pläne zu machen, wie die zu­künftige Residenz aussehen sollte.

Auch Amenhotep schwelgte bereits in seinen Träumen.

„Zuerst aber sollten wir den Tempel in Nubien für Teje, die Große Königsgemahlin, errichten. Das war doch dein vordringlichstes Anliegen“ mahnte Huy.

„Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher“, antwortete Pharao. „Am liebsten würde ich gleich alles in Angriff nehmen.“

Sie gingen weiter und gelangten schließlich zu der Stelle, wo Amenhoteps Grab entstehen sollte. Die Arbeiten waren schon recht gut fortgeschritten. Sie entsprachen dem, was Ramose am Tag zuvor dem Pharao geschildert hatte. Der Sohn des Hapu besprach sich lange mit dem Bauleiter und gab ihm neue Anweisungen zur Ausführung der Pläne, die er ihm schon vor Beginn der Grabung übergeben hatte.

Amenhotep war zufrieden mit der Arbeit und mit Ramose, der die Überwachung der Arbeiten ernst zu nehmen schien.

Es war seit Menes’ und Cheops’ Zeiten Aufgabe jedes Pharao, seine zukünftige Wohnung für die Ewigkeit so bald wie möglich bereit zu stellen. Amenhotep legte großen Wert darauf, dass sein Grab bald fertig wurde. Wenn die tiefen und langen Gänge, die Scheintüren, der Opfertisch, seine Statue, die Bilder an den Wänden fertig waren, dann gab ihm das die Gewissheit, dass, wenn einmal sein einbalsamierter Körper im Grab eingemauert war, niemand seine Ruhe stören konnte, sein Ba aber durch die Scheintüren hinausfliegen, sich am Opfertisch stärken und für alle Ewigkeit weiterleben konnte.

Auch Ramose wusste das. Deshalb war es ihm nicht zu viel, regelmäßig den Weg unter die Füße zu nehmen, um das Fortschreiten der Arbeiten und ihre planmäßige Ausführung zu beobachten und, wenn es ihm nötig schien, die Arbeiter anzutreiben. Man konnte ja nie wissen, wann der ibisköpfige Toth einen in die Halle der Vollständigen Wahrheit führt, wo vor Osiris auf einer Waage das Herz gegen die Feder der Maat aufgewogen wird.

Auch für sich selber wollte er bald einmal mit dem Bau seines Grabes beginnen. Es sollte eine Bleibe für die Ewigkeit werden, die seinem Rang als Wesir und zweithöchstem Mann Ägyptens würdig sein müsste.

Der Gedanke an den Tod war Amenhotep wie allen Ägyptern allgegenwärtig, auch wenn er sich ein langes Leben wünschte. Sechzig Jahre, so alt war der Sohn des Hapu, war ein schönes Alter, das auch der Pharao zu erreichen hoffte. Von seinem weisen Berater allerdings wusste er, dass sich dieser die Vollendung des Lebens mit einhundertzehn Jahren erhoffte. Hundert Jahre, das wäre ein vollkommenes Leben, und dem, der diese Zeitspanne der Maat, dem Recht und der Gerechtigkeit, treu diente, dem würden die Götter zehn Lebensjahre als Belohnung hinzufügen.

Sie gingen den gleichen Weg zurück. Als sie wieder zum Totentempel des Thutmosis kamen, dachte Amenhotep: Hier, an dieser Stelle, werde ich meinen Tempel für die Ewigkeit bauen. Und wie in einer Vision sah er südlich vom Tempel den Palast und die Gebäude, die hier entstehen sollten und in die er einmal seine Residenz zu verlegen gedachte.

Am Abend, nachdem Re bereits ins Totenreich eingekehrt war, als das helle Blau am Horizont allmählich verschwand und die Dunkelheit hereinbrach, kehrten sie auf dem kleinen Boot über den Nil zurück. Die Gattin des Wesirs hatte ihnen ein üppiges Mahl bereiten lassen, das sie gemeinsam einnahmen.

Am nächsten Morgen kehrten sie auf die königliche Barke zurück. Ramose und sein Gefolge hatten sie an die Anlegestelle begleitet, wo sie warteten, bis das Schiff abhob und seinen langen Weg nach Nubien aufnahm. Eine ebenso lange Reise wie von Memphis nach Theben, aber weit gefahrvollere, stand ihnen noch bevor.

Amenhotep stand bei der Abfahrt auf dem Heck des königlichen Bootes und schaute zurück über das fruchtbare Land bis zu den Felsen, die dahinter im Westen aufragten. Und während sie weiter flussaufwärts fuhren, war ihm, als bliebe doch ein Stück von ihm dort zurück.

Während ihr Gemahl noch immer nilaufwärts unterwegs war, verbrachte Teje ihre Zeit mit den Kindern und den beiden Müttern Tuja und Mutemuia.

Die Königin hatte Eje, seit sie allein war, nicht mehr gesehen. Erst in der dritten Woche meldete der Haushofmeister seinen Besuch. Sie empfing ihn im Park unter den schattigen Akazien.

Mutemuia sah solche Begegnungen anfänglich mit einer gewissen Besorgnis, doch Tuja beruhigte sie, Eje sei bloß ein Freund aus ihrer Kinderzeit in Ipu. Sie seien miteinander aufgewachsen und sozusagen Nachbarn gewesen. Doch die beiden selbst wussten, dass bei jeder dieser Begegnungen noch andere Gefühle im Spiel waren, auch wenn ihnen klar war, dass sie diesen nicht nachgeben durften. Allerdings hatten sie sich daran gewöhnt, sich gegen leichte Berührungen, die anfänglich vielleicht sogar unbeabsichtigt waren, nicht mehr zu wehren, und so kam es, dass sie sich oft, wenn sie nebeneinander saßen, die Hände hielten und beim Abschied, wenn sie sich auf die Wange küssten, sich länger aneinander schmiegten, als die Etikette es erlaubt hätte. In der Öffentlichkeit jedoch hielt sich Eje streng an das Zeremoniell, warf sich seiner geliebten Königin zu Füßen und wartete auf ihr Zeichen, bis er sich erheben durfte. Teje, die sonst mit einem gewissen Wohlbehagen und Stolz solch unterwürfige Ehrenbezeigungen entgegen nahm, fühlte sich nie wohl, wenn Eje sich vor ihr niederwarf.

Umso unbekümmerter gab sie sich, wenn sie allein waren wie an diesem Nachmittag. Sie schlenderten über die Wege und unterhielten sich ungezwungen. Er war nur gekommen, um sie zu sehen und schob keinen andern Grund vor. Darüber war sie sehr erfreut.

Ein paar Tage später, als er sich wieder anmelden ließ, empfing sie ihn in ihrem Zimmer. Sie saß gerade mit einer Dienerin am Senet-Spiel. Die Dienerin wollte sich entfernen, doch Eje bat sie zu bleiben und weiter zu spielen. Er schaute ihnen zu, bis sie das Spiel zu Ende gespielt hatten.

Nachdem die Dienerin das Zimmer verlassen hatte, erhob sich Teje und umarmte den Gast mit einer herzlichen Umarmung. Sie trug nur ein leichtes, fast durchsichtiges Leinenkleid, und Eje spürte durch den Stoff hindurch ihren Körper.

Es war ein heißer Nachmittag. Durch die hoch oben unter der Decke angebrachten Fenster drang kaum ein Wind. Eine prickelnde, sinnliche Atmosphäre umgab die beiden.

Sie unterhielten sich eine Weile, bis Teje ihn zu einer Partie Senet herausforderte. Sie setzten sich an das Spiel, einander gegenüber. Das rechteckige Senet-Spiel, dessen elfenbeinerne Oberfläche durch Stäbe aus Ebenholz der Länge nach in zehn und der Breite nach in drei Quadrate unterteilt war, stand wie auf einem Schlitten, der ebenfalls aus Ebenholz bestand. Die löwenförmigen Beine waren mit den Kufen des Schlittens durch goldene Sockel verbunden. Teje sah ihren Gegenspieler oft spöttisch an, wenn sie ihre Figuren verschob, und schmollte, wenn er sie mit einem unerwarteten Zug überraschte. Eje gefiel ihre Mimik. Er konnte kaum seinen Blick von ihrem Gesicht lassen. Als er gewonnen hatte, stand sie auf, ging auf seine Seite hinüber, und als er aufrecht vor ihr stand, trommelte sie mit ihren Fäusten auf seine Brust und schrie lachend:

„Ich mag es nicht, wenn du gewinnst.“

Er fasste sie mit seinen starken Händen um die Unterarme. Sie wehrte sich, doch nur zum Schein. Rasch spreizte er seine Arme, ließ sie los und fasste sie um ihren Rücken und presste sie an sich. Sie gab ihren Widerstand auf und schlang ihre Arme um seinen Hals. Sanft zog er sie zu sich hinauf, und ihre Lippen pressten sich aufeinander.

Endlich ließen sie sich los. Er wollte sie um Verzeihung bitten, doch sie legte ihre Hand auf seinen Mund.

„Du solltest jetzt gehen“, sagte sie nur. „Aber du musst mir Revanche gewähren. Bald.“

Sie streckte ihm ihren linken Arm entgegen. Er fasste ihre Hand und drückte sie leicht. Dann gingen sie ohne ein weiteres Wort auseinander.

Unterdessen hatten die königliche Barke und die zwei Begleitboote die Insel Elephantine erreicht. Hier empfing sie der Statthalter des Vizekönigs, der Gouverneur der Provinz von Wawat. Der führte sie in seinen Palast und überreichte dem Pharao Gold und Elfenbein zum Geschenk.

Chunes war glücklich, seinen Vater wieder zu sehen, und der war stolz, dass sein Sohn es zu einem so hohen Rang im ägyptischen Heer gebracht hatte.

Beim Bankett, das der Gouverneur zu Ehren der Gäste gab, war auch ein Gaufürst mit seiner Gemahlin und zwei Töchtern geladen. Der Gouverneur hatte dies nicht ohne eine bestimmte Absicht getan. Er hatte sich erinnert, dass sein Sohn damals mit Tamit, der jüngeren der beiden Schwestern, gut befreundet gewesen war. Beide Väter hofften, Chunes Liebe zu der jungen Tamit würde wieder aufflammen und die beiden würden ein Paar. Ihre Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Tamit war zu einer schönen, lebenslustigen Frau herangewachsen, und Chunit wünschte sich nichts sehnlicher, als Tamit als seine Gemahlin mit nach Ägypten nehmen zu können.

Auch Ti, obwohl von ruhigerem Charakter, war nicht minder hübsch. Auch sie hoffte, in Ägypten ihr Glück finden zu können. Schließlich kam man überein, dass Chunes bis zur Rückkehr der Boote bei seinem Vater bleibe und man auf der Heimfahrt wieder bei der Insel Elephantine anlege. Chunes werde Tamit nach Memphis mitnehmen, wo sie seine Gemahlin werden solle. Und ihre Schwester Ti war bereit mitzufahren, um vorerst im Haus ihrer Schwester als Wirtschafterin zum Rechten zu sehen. Gewiss würde sich bald auch ein Mann für sie finden lassen.

„Majestät“, sagte der Gouverneur am Tag der Weiterreise seiner hohen Gäste zu Pharao, „gestatte mir, der königlichen Barke einen erfahrenen Schiffsführer mitzugeben, der das Schiff durch den gefährlichen Katarakt bringen wird. Weiter oben könnten euch die Flusspferde gefährlich werden. Mein Schiffsführer kann, so du es wünschest, euch auch durch diese Zone begleiten.“

„Ich habe von den Schwierigkeiten gehört, welche die Durchfahrt durch den Katarakt erschweren“, erwiderte der Pharao. „Wie du weißt, habe ich außer deinem Sohn auch Aku, den Sohn des Fürsten Imuk, auf unsere Reise mitgenommen. Aku kennt das Land, hat er doch seine Jugend hier verbracht. Aber er war gewiss, wie auch dein Sohn, der ohnehin nicht mit uns fährt, noch zu jung, als er in unsere Obhut kam, um die Tücken des Flusses kennen zu lernen. Ich bin dir deshalb dankbar für dieses Angebot, und nehme es gerne an. Aku wird auf dem zweiten Boot dem unseren folgen. Er soll am Bug stehen und so den besten Weg durch die Inseln und Klippen kennen lernen.“

Auf den Wink des Gouverneurs trat ein kräftiger Mann im mittleren Alter zu ihm und warf sich vor dem Pharao auf den Boden und küsste ihm die Füße. Der Pharao gab ihm das Zeichen aufzustehen.

„Ich vertraue dir“, sagte Amenhotep zu dem Mann. Und zum Gouverneur: „Wenn wir mit unseren Booten ohne Schaden zu nehmen auch auf unserer Rückfahrt durch den Katarakt schiffen können, werde ich hier auf der Insel zu Ehren der Kataraktgöttin Satet und ihrer Begleiter Chnum und Anuket einen Tempel bauen lassen, auf dass sie in alle Ewigkeit verehrt und in ihrem Heiligtum um den Schutz bei der Durchfahrung des Kataraktes angefleht werden kann.“

Nachdem der Pharao dieses Versprechen abgegeben hatte, stieg er mit seinen Leuten und in Begleitung des Gouverneurs und seiner Gefolgschaft hinunter zum Hafen, wo die Boote bereit zur Weiterfahrt lagen.

Der Lotse führte die königliche Barke sicher zwischen den Felsen und den mannigfaltigen Strömungen hindurch, und die andern Boote folgten ihr.

Der König und seine Gäste standen auf dem Deck und bewunderten nicht nur die Geschicklichkeit des Lotsen und der Ruderer, die das Boot um die Klippen und Felsen im Fluss herum lenkten, sondern auch die wunderschöne Landschaft, die felsigen Bergspitzen, die zuweilen wie Pyramiden aus dem Wüstensand märchenhaft gespenstig aufragten

Überall bei den Dörfern, wo die königliche Barke mit ihrem Gefolge auftauchte, wurden sie mit Jubel empfangen, und in den Städten, in denen sie anlegten, zeigte ihnen die Bevölkerung die gebührende Ehrerbietung. Die Fürsten, die den Pharao und seine Hofleute als Gäste einluden, überreichten dem Herrscher reichlich Geschenke, vor allem Gold, Elfenbein und Edelsteine.

Endlich erreichten die Boote Sehotep Neteru, die Hauptstadt des Vizekönigs Merimes.

Am dritten Tag nach der Ankunft in Sehotep Neteru lud Merimes seine Gäste zu einer Löwenjagd. Darauf hatten sich die Jäger, die auf den Barken mitgefahren waren, besonders gefreut. Amenhotep, der Sohn des Hapu, blieb im Palast des Vizekönigs, ließ sich Papyrus geben und begann Pläne für den Tempel auf Elephantine zu zeichnen.

Mit sieben Wagen für die Jagd, die jeder von zwei Pferden gezogen wurden, und drei Wagen für Zelte und Verpflegung machte sich die Jagdgesellschaft auf in die Steppe. Jeder Wagen wurde von einem Wagenlenker des Vizekönigs geführt. Fünf Wagen, auf denen neben den einheimischen Lenkern Aku, zwei Jäger aus Pharaos Gefolge und zwei nubische Bogenschützen standen, trieben die Löwen dem Pharao und dem Vizekönig entgegen. Mit seinen Pfeilen tötete Amenhotep während der ganzen Jagd, die fünf Tage dauerte, achtzehn Löwen, mehr als der Vizekönig und die andern Jäger zusammen.

Der junge Pharao war begeistert von diesem Abenteuer und versprach, im nächsten Jahr wieder zu kommen, und Merimes musste ihm sein Wort geben, dannzumal wieder mit ihm auf die Löwenjagd zu gehen, auf der sie noch größere Beute machen wollten.

Zwei Tage später wartete der zweite Katarakt auf die Reisenden, doch der Lotse, den ihnen der Gouverneur von Wawat mitgegeben hatte, führte sie auch sicher durch diese Klippe.

Das eigentliche Ziel von Pharaos Reise lag weit südlich des zweiten Katarakts in Obernubien, im Lande Kusch. Dies war Tejes ursprüngliche Heimat. Und hier, in Chaem-Maat wollte er zu Ehren der Großen Königsgemahlin einen Tempel errichten.

Die Fahrt dauerte noch zwei weitere Tage. Mit Hilfe von Amenhotep, Sohn des Hapu, der die Gegend kannte, fand der Pharao die geeignete Stelle für einen Tempel, auf halbem Weg zwischen Chaem-Maat und der Stadt des Fürsten Imuk. Der, hocherfreut, seinen Sohn Aku wieder zu sehen, tauschte mit dem Pharao kostbare Geschenke aus.

Der Baumeister benutzte den Aufenthalt, an drei aufeinander folgenden Tagen, die Örtlichkeit auszumessen und Pläne zu zeichnen. Doch weitere Vorbereitungen wurden nicht getroffen. Es gab keine geeigneten Baumeister am Ort, denen der Sohn des Hapu eine so große und wichtige Aufgabe hätte übertragen wollen.

„Ich werde das später selber an die Hand nehmen“, meinte er, und der Pharao gab sich damit zufrieden.

„Vergiss aber nicht“, mahnte er den Sohn des Hapu, und vor seinen Augen erschien wieder jene Vision, die ihn beim Tempel von Thutmosis erleuchtet hatte, „eines Tages werde ich meine Residenz nach Theben verlegen. Dann baue ich dort im Fruchtland, südlich von Thutmosis’ Tempel meinen Palast. Dann wird deine große Zeit gekommen sein, mein lieber Huy, wo du auch meinen Tempel für die Ewigkeit bauen kannst. Vorher aber will ich an dieser Stelle der Großen Königsgemahlin ihren Tempel weihen können.“

„Ich flehe die Götter an“, erwiderte Amenhotep, Sohn des Hapu, „dass sie mich nicht sterben lassen, ehe ich alle deine Wünsche erfüllt habe.“

„Ich wünsche, dass Amun-Re und alle Götter dir ein so langes Leben schenken.“

Die Heimfahrt dauerte nicht so lange wie die Fahrt nilaufwärts. In Sehotep Neteru machten sie schon am nächsten Tag noch einmal einen Zwischenhalt, wo ihnen Merimes die inzwischen präparierten Trophäen ihrer Jagd, die Felle der erlegten Löwen mitgab. Auch an der Insel Elephantine legten sie nach erfolgreicher Durchquerung des Katarakts noch einmal an, um den nubischen Lotsen an Land gehen zu lassen und dem Gouverneur noch einmal zu versichern, dass der Tempel zu Ehren der Göttin Satet gebaut werde. Tamit und Ti, die beiden Schwestern, die als Gäste des Gouverneurs die Gesellschaft von Chunes und seinem Vater genossen und auf die Rückkehr der königlichen Barke gewartet hatten, stiegen an Bord. Tamit brachte für ihren zukünftigen Gemahl Gold und Edelsteine, die ihr Vater aus seiner Schatzkammer geholt hatte, als Brautgeschenk mit.

Auch in Karnak wurde noch einmal Halt gemacht, und Amenhotep brachte seinem Vater Amun Opfergaben dar.

Die Fluten des Flusses trugen die königliche Barke und die zwei Boote mit den Gästen des Pharaos und den Dienern unter dem Schutz von Hapi heimwärts. Nur abends, wenn Re hinter den westlichen Felsen verschwunden war, legten sie an, um den Morgen abzuwarten. Doch sobald Re wiedergeboren war und die Felsen im Morgenlicht hell erleuchtete, hoben sie wieder ab.

Als sie Memphis erreichten, verbreitete sich die Nachricht von ihrer Rückkehr wie ein Lauffeuer. Der Lärm der Bevölkerung drang bis in den Palast. Teje, die den Jubel richtig deutete, nahm ihre beiden Kinder und stürmte zur Anlegestelle, hinter ihr die beiden Mütter und der ganze Hofstaat. Nachdem die Landungsbrücke angelegt war, schritt Amenhotep, wieder gekleidet in seinen königlichen Gewändern, ans Land. Teje verneigte sich ehrerbietig vor ihm, der Pharao streckte seine Arme aus und drückte sie liebevoll an seine Brust.

Echnatons Wahn

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