Читать книгу Losers' Ball - Martin Selm - Страница 5
Kapitel 2
ОглавлениеSie schien sich nichts aus seiner Verblüffung zu machen. Wortlos lief sie an ihm vorbei und betrat seine Bude. Er hätte gerne sagen können, was sich in ihren Augen befand, war es Zorn, war es Freude ihn wiederzusehen? Wollte sie ihn gar anzeigen? 'Erschleichung von Sex'? Nein, so etwas gab es vermutlich nur in den USA.
>>So, hier wohnst du also, Robert Schwarz?!<<
Er stand noch immer neben der geöffneten Tür und war völlig perplex. Woher wusste sie a) wo er wohnte und b) wie er mit ganzem Namen hieß?
>>Ich, ich ähh, ja sieht so aus.<< Er rang noch immer mit seiner Fassung. >>Nicht so schön wie bei dir, aber was soll man machen.<<
Sie goss sich einen Kaffee ein, wobei er bemerkte, dass es ihr nichts auszumachen schien, dass sowohl die Kaffeemaschine total verdreckt und verkalkt war, als auch, dass die Tasse, die sie sich genommen hatte, nicht besonders gut gespült war.
>>Hör mal, es tut mir Leid, dass ich heute morgen einfach verschwunden bin, es ist nur ähm, ja, also, ich weiß ja nicht, ob du so was öfter machst, aber für mich war das gewissermaßen das erste Mal.<<
Sie prustete los und musste dann husten, weil sie sich vor lauter Lachen an ihrem Kaffee verschluckt hatte.
>>Das ist jetzt aber nicht dein ernst, oder? Du willst mir doch nicht erzählen, dass das gestern Nacht dein erstes Mal war?<<
>>Oh Mann, nein, natürlich nicht 'das erste Mal'. Ich hatte nur noch nie so etwas wie letzte Nacht. Du weißt schon, Fremder trifft auf Fremde und geht mit zu ihr.<<
>>Du meinst einen One Night Stand.<<
Gott wie er diesen Begriff hasste. Sie hatten gefickt. Dreckig, besoffen und wie er meinte, nicht besonders gut. Aber natürlich musste das wieder irgendwie nach mehr klingen, nach Glamour, Lifestyle und solchen Dingen. Eben irgendwie hip. So dass man davon reden konnte, als würde man über die Vor- und Nachteile des neuen Autos, welches man sich zugelegt hatte reden, jedoch keinesfalls darüber, dass man besoffen wie ein Tier schwitzend mit einer Fremden gefickt hatte.
>>Wenn du es so nennen willst.<<
Sie fixierte ihn mit ihren Augen. Das machte ihn ungeheuer nervös. Sie hatte grüne Augen, ein Grün, das ihn komplett durchdrang. Es schien so, als ob sie gerade dabei war abzuwägen, ob sie sich dafür hassen sollte, wen sie da mitgenommen hatte, oder, ob es sie sich doch lieber über die entsetzliche Unsicherheit amüsieren sollte, in die sie ihn versetzt hatte. Letzteres schien sich durchgesetzt zu haben. Sie lächelte ihn an, jedoch nur kurz, schnell setzte sie die Kaffeetasse wieder an, er sollte sich seiner Sache schließlich nicht zu sicher sein. Ihre Augen jedoch verrieten sie. Darin war er gut, Menschen zu durchschauen. Als zynischer Drecksack, der des öfteren, wenn nicht gar immer, das Schlechte zuerst wahrnahm, war er auf solche Fertigkeiten angewiesen.
>>Wie würdest du es denn nennen?<<
>>Keine Ahnung. Ich weiß es nicht. Jedenfalls nicht 'One Night Stand'. Also, es äh tut mir wirklich Leid, ich hoffe du bist mir nicht böse.<<
>>Ihr Männer seid wirklich bescheuert.<<
Sie stellte die Tasse energisch ab, so dass der Kaffee heraus schwabte und sich zu den anderen Flecken auf der Arbeitsplatte seiner Küchennische gesellte. Er stöhnte auf. War sie etwa eine verbohrte Feministin, die sich absichtlich den größten, unzurechnungsfähigsten Trottel heraus gesucht hatte, um ihn am nächsten Morgen aufzuspüren und damit zu konfrontieren, was für ein widerwärtiges Schwein er doch war.
>>Das muss von eurer Eigenschaft als Jäger und Sammler herrühren. Wie kommst du nur darauf anzunehmen, dass du dich bei mir entschuldigen müsstest? Ihr beschissenen Typen denkt immer in Begriffen wie 'erobern', oder 'aufreißen'. Du hast mich nicht 'erobert', oder 'erlegt'. Wenn du dich richtig erinnern kannst, habe ICH dich mit zu MIR genommen. Und nicht umgekehrt. Wenn hier jemand wen flach gelegt hat, dann ICH dich!<<
Damit hatte er nicht gerechnet. So gut er sonst darin war einzuschätzen, was für ein Mensch ihm gegenüber stand, in ihrem Fall war er komplett ahnungslos. Natürlich war er verkatert und hatte wenig geschlafen, doch das schärfte in manchen Fällen die Sinne sogar zusätzlich. Wer war dieses Mädchen? Und was wollte sie überhaupt von ihm? Wie zum Teufel hatte sie überhaupt herausgefunden wo er wohnte?
Sie trug ein ausgewaschenes T-Shirt, das Orange war. Sie hatte es an der Seite zusammen geknotet, so dass ihr Bauchnabel frei war. Passend zum T-Shirt trug sie eine ausgewaschene Jeans, die ein entsprechend helles Blau hatte, was fast ins Graue ging. An den Knien und den Schenkeln waren vereinzelt kleinere Löcher, aus denen die weißen Fransen des Stoffes quollen. Sie hatte schwarzes Haar, welches sie zu einem Zopf gebunden hatte, mit jeweils langen Strähnen an den Seiten, die sie sich hinter die Ohren geklemmt hatte. Ihre Augen waren wunderschön, ein tiefes, intensives Grün. Sie hatte ein hübsches Gesicht, verdammt, dachte er sich, sie war wirklich verdammt hübsch. An ihren Füßen trug sie alte Adidas Samba Turnschuhe in Weiß. Früher hatte er nur solche Schuhe besessen.
Sie bemerkte, dass er sie studierte, was ihr scheinbar nicht passte. Sie trank ihren Kaffee in einem Zug aus, knallte die Tasse auf die Arbeitsplatte, lief, vorbei an ihm, quer durch den Raum und setzte sich auf das Sofa. Dort stellte sie ihre Füße auf sie Sitzfläche, zog ihre Knie an die Brust und stützte ihre Ellbogen darauf. Sie hatte sich komplett verkleinert. Cleveres Mädchen, dachte er, so viel war schon mal sicher, ihr konnte man nichts vormachen.
>>Also, mal unabhängig davon, ob du mir das jetzt glaubst, oder nicht, ich passe denke ich nicht in die Kategorie Typ, die du da gerade beschrieben hast. Ich wollte mich ja auch nicht dafür entschuldigen, dass du mich mitgenommen hast, denn das wäre schon sehr unterwürfig. Es tut mir viel mehr Leid, dass ich mich heute Morgen einfach verpisst habe.<<
>>Schon Okay. Hätte ich nicht anders gemacht. Das mit der Spüle war übrigens verdammt lustig.<<
>>Du verarschst mich?<<
>>Nein, du musstest kotzen, hast aber das Bad nicht gefunden. Dann bist du gegen meinen Kühlschrank gerannt, zurück getorkelt und mit deinem Gesicht quasi in meiner Spüle abgetaucht.<<
>>Freut mich, dass es dich amüsiert hat. War das kein Stress das alles sauber zu machen.<<
>>Nicht wenn man eine Spülmaschine hat.<<
>>Hast du denn eine?<<
>>Nein. Aber als ich das Geschirr heute in der Badewanne von deinen Magensäften befreit habe, musste ich die ganze Zeit lachen. Du hast verdammt witzige Sounds von dir gegeben. Das hat mich ausreichend entschädigt.<<
Er wollte etwas witziges sagen, wollte schlagfertig sein. Sie war ein tolles Mädchen, das stand für ihn sofort fest. Ihm fiel auf, dass er noch immer neben der halboffenen Tür stand. Er schloss sie und setzte sich an den Tisch neben der Kochnische. Nun saß er ihr gegenüber. Er hatte jedoch die Tischplatte vor sich. Dadurch fühlte er sich sicher, bis ihm aufging, dass sie scheinbar überhaupt kein Interesse daran hatte ihn zu mustern. Dazu hatte sie ja eigentlich letzte Nacht bereits genug Zeit gehabt. Sie drehte sich eine Zigarette, von dem Tabak, der auf dem kleinen Beistelltisch neben dem Sofa stand. Er hatte das Rauchen bereits vor Jahren aufgegeben, den Tabak benutzte er ausschließlich um ihn mit Gras zu mischen. Dass er weder Zigarettenfilter, noch normale Papers hatte, schien sie nicht zu stören. Sie nahm einfach ein Longpaper, mit denen man ja ausschließlich Joints drehte, riss etwa ein drittel davon ab und rauchte das Ganze ohne Filter. Als er noch geraucht hatte, hatte er es gehasst, wenn er keine Filter mehr gehabt hatte. Ohne Filter zu rauchen war einfach scheiße, ständig fusselte der Tabak hinten heraus und klebte einem an den Lippen. Sie schien damit keine Probleme zu haben, bei ihr fusselte auch nichts. Vermutlich war sie filigraner, was das Drehen anging.
Ihm war das Schweigen unbehaglich, er wusste aber andererseits auch nicht, was er sagen sollte, ohne, dass dabei durchdringen würde, dass er total verunsichert war.
>>Wie hast du überhaupt hierher gefunden?<<
>>Das weißt du nicht mehr? Du hast mir lang und breit erzählt wo du wohnst.<<
Das machte Sinn. Er konnte sich zwar nicht mehr daran erinnern, aber er konnte sich ja auch sonst kaum an Dinge erinnern, die er ihr erzählt hatte.
>>Und woher weißt du meinen vollen Namen?<<
Sie blies den Rauch gelangweilt von sich und legte den Kopf dabei auf die Seite. Sie sah unheimlich verträumt aus.
>>Mein lieber, jede Wohnung, sogar deine, hat ein Klingelschild, auf dem in der Regel der Nachnahme steht. Da du mir gestern freundlicherweise mitgeteilt hast, dass du Robert heißt und in diesem Haus unter dem Dach wohnst, musste es wohl die oberste Klingel an der Haustür sein. Und da stand 'Schwarz'. Was sagst du nun, Watson.<<
>>Nicht übel. Und, ich meine, also, wie geht es jetzt weiter?<<
Er bereute es sofort etwas derart dämliches gefragt zu haben. Er wollte nicht den Anschein erwecken sich zu irgendetwas verpflichtet zu fühlen.
Sie lächelte wieder und ehe sie etwas erwidern konnte schob er >>ich meine, was willst du eigentlich hier?<< nach.
Kaum hatte er das gesagt bereute er es erneut. Das klang nun unfreundlich. Es war sicher nicht seine Absicht das Mädchen, mit dem er letzte Nacht geschlafen hatte und die, wie er jetzt nüchtern und bei guten Lichtverhältnissen festgestellt hatte, auch noch äußerst attraktiv war, wieder zu vergraulen. Aber er war sich immer noch nicht sicher, was sie eigentlich wollte.
>>Was soll ich schon wollen? Kannst du dir das nicht denken? Ich will denjenigen kennen lernen, der mir in meine Spüle gekotzt hat. Gestern hast du zwar viel von dir erzählt, aber das machen ja alle Besoffenen.<<
>>Warst du etwa nicht besoffen?<<
>>Nicht so sehr wie du.<<
Was sollte das heißen? Er für seinen Teil war natürlich total betrunken gewesen. Das war aber auch normal, wenn er mit seinen Kumpels los zog.
>>Trinkst du eigentlich immer so viel?<<
>>Wieso, ich konnte dir doch scheinbar noch auf verständliche Weise erklären, wo ich wohne. Das spricht ja wohl für mich.<<
>>Ja, aber gegen dich spricht, dass du in meine Wohnung gekotzt und ewig keinen hoch gekriegt hast.<<
Sie sagte das ganz nebenbei, als ginge es darum, welche Pizza sie gestern gegessen hätte. Er spürte, wie er errötete und ihm die bereits wieder erlangte Fassung erneut entglitt.
>>Okay. Also ich heiße Robert und ich wohne hier. Nicht besonders toll, wie du siehst. Gestern Nacht hatte ich zum ersten mal einen 'One Night Stand' und wenn ich zu viel getrunken hab, habe ich anscheinend Errektionsprobleme. Jetzt weißt du mehr und intimere Details von mir, als die meisten anderen Menschen mit denen ich so zu tun hab. Weißt du, das ist mir jetzt wirkliche peinlich, wobei, schlimmer, als die Nummer mit meinem schlaffen Schwanz kann es ja eigentlich nicht mehr werden, aber ich weiß ehrlich gesagt überhaupt nicht wie du heißt.<<
Jetzt hatte er also sämtliche One Night Stand Klischees erfüllt. Gebumst, gekotzt, geflohen. Und das alles ohne den Namen der Person zu kennen, um die es eigentlich ging.
Sie legte den Kopf auf die andere Seite und streckte ihre Beine von sich. Es erweckte den Anschein, als wäre sie nun bereit sich ihm zu öffnen.
>>Ich heiße Marie. Komisch, aber du hast mich gestern wirklich nicht danach gefragt. Ist mir gar nicht aufgefallen.<<
>>Hallo Marie. Ein schöner Name.<<
Sie musste studieren. Vermutlich Sozialpädagogik, oder etwas in diese Richtung. Zumindest Sozial- oder Geisteswissenschaften. Oder Kunstgeschichte. Es war Donnerstag um 13 Uhr, wie er anhand der billigen Ikea Wanduhr, die hinter ihr hing zu erkennen glaubte. Einen Job hatte sie also vermutlich nicht. Zumindest keinen festen, eventuell kellnerte sie nebenher, oder arbeitete an der Kasse in irgendeinem Supermarkt. Ihr Äußeres, ein Style, der sich zwischen alternativ, aber keinesfalls zu Öko mäßig und angenehm normal einordnen ließ, sprach deutlich dafür, dass sie Studentin war.
>>Und Marie, was machst du so? Studierst du? Hast du einen Job? Bist du Versicherungsfachfrau?<<
Er musste zum ersten mal lächeln, glaubte er doch sich nun auf sicherem Terrain zu befinden und sie zumindest dahingehend, was sie so trieb, durchschaut zu haben.
Mit ihrer Reaktion jedoch hatte er in keinster Weiser gerechnet. Sie drückte die Kippe auf der Lehne seines Ledersofas aus. Ohne mit der Wimper zu zucken. Okay, das Sofa war alt und es sah ehrlich gesagt auch aus, als käme es direkt vom Sperrmüll, aber das ging dann doch zu weit. Wollte sie ihn provozieren?
>>Ich hab dich nicht gebeten mich auszufragen. Ich wollte dich kennen lernen. Wenn ich was von mir erzählen will, dann suche ich mir einen Therapeuten.<<
Er überlegte kurz, ob er zur Tür gehen und sie ihr demonstrativ öffnen sollte, so dass sie verschwinden würde. Dann fiel ihm jedoch ein, dass er total aufgeschmissen wäre, wenn sie seiner Aufforderung nicht nachkäme. Er fühlte sich ihr total unterlegen, dabei saß sie einfach nur auf seinem Sofa. Von wegen Heimvorteil.
>>Tut mir Leid, ich<< sie unterbrach ihn.
>>Wieso entschuldigst du dich ständig. Du bist doch alt genug um zu wissen, was du tust und sagst. Willst du mir jetzt was von dir erzählen, oder nicht?<<
Während er überlegte, was er davon halten sollte, oder ob er einfach gehen und Abends wieder kommen sollte, in der Hoffnung, dass sie dann verschwunden wäre, stand sie auf und öffnete seinen Kühlschrank.
>>Mann, besonders gut ernähren tust du dich schon mal nicht.<<
Das war zwar gut beobachtet, jedoch nicht gerade schwer. Sein Kühlschrank war meist nur mit Pizza, Döner, oder Fertiggerichten vom Vortag gefüllt. Neben Bier.
>>Ich hab Hunger. Du nicht?<<
Er war immer noch perplex.
>>Ja, also ich hätte hier Cornflakes.<<
Sie nahm die Milch aus dem Kühlschrank, schnappte sich die Schüssel, aus der er wenige Stunden zuvor noch gegessen hatte, füllte sie bis zum Rand mit Cornflakes, goss Milch hinzu und setzte sich wieder auf die Couch.
>>Ich kann dir auch eine saubere Schüssel geben, wenn du willst.<<
>>Wieso. Sämtlich Arten von Geschirr, Tassen, Teller, Messer, Gabel, alles steht nur in einfacher Version neben deiner Spüle. Ich nehme von daher mal an, dass du der Einzige bist, der hier das Geschirr benutzt.<<
>>Ja, aber<< sie unterbrach ihn erneut >>Was 'ja aber'? Du hattest gestern deine Zunge in mir und das nicht nur in meinem Mund, wie du dich ja eventuell erinnerst. Glaubst du, da macht es mir was deinen Löffel zu benutzen.<<
Fuck, die Kleine war tough.
>>Oh Mann. Magst du Musik? Ich brauch jetzt Musik.<<
Er stand auf und machte sich an seiner Stereoanlage aus den 80er Jahren zu schaffen. Da er sie ja offensichtlich nicht wirklich einschätzen konnte, es aber auch nicht wagte weiter dumm nachzufragen, legte er einen Motown Sampler auf. Die Supremes hatten einfach einen unheimlichen Drive und wer die nicht mochte, der war ohnehin scheiße, dachte er sich.
>>Gute Cornflakes.<<
>>Danke. Selbst gekauft.<<
Sie legte den Löffel beiseite und trank die restliche Milch aus der Schüssel. Dann stellte sie Schüssel und Löffel vor sich auf den Boden. Sie stand auf, ging zu seinen CD Regalen, stöberte kurz und nahm sich dann mit einem Griff alle sieben Studioalben von Creedence Clearwater Revival heraus.
>>Gute Musik.<<
>>Auch selbst gekauft. 'Mardi Gras' kannst du aber vergessen. Ist das Letzte von ihnen, da war Tom Fogerty schon nicht mehr dabei und Stu und Doug durften auch Songs beisteuern. Ist totales Chaos. Nicht so besonders.<<
Es war, als hätte sie ihn nicht gehört. Sie ignorierte ihn völlig. Immerhin, Geschmack schien sie zu haben, die 60er hatten es ihr wohl angetan. Sie nahm noch zwei Jefferson Airplane Alben heraus und drehte sich zu ihm.
>>Kann ich mir die mal ausleihen?<<
>>Kann die mal wieder kriegen?<<
>>'Leihen' bedeutet für eine begrenzte Zeit zur Verfügung stellen. Das Bedeutet du kriegst sie wieder. Außerdem scheint Musik ja dein Ding zu sein, wie könnte ich dir da was wegnehmen?<<
>>Okay. Es ist nur, ich kenne dich kaum. Und...naja, du weißt schon.<<
Sie sah ihn an, mit einem Blick den er nicht deuten konnte, der am ehesten so etwas wie Bedauern für ihn ausdrückte.
>>Also, wir machen das so. Du erholst dich jetzt mal schön von deinem ersten One Night Stand und ich höre mir inzwischen deine CDs an.<<
>>Und dann?<<
>>Dann kriegst du sie wieder.<<
Es ärgerte ihn maßlos, wie eine quasi völlig Fremde ihn auf seinem eigenen Platz derart an die Wand spielen konnte. Er konnte es einfach nicht fassen. Sicher war er ein unsicherer Trottel, ein Loser, aber musste sie ihn auch noch bestehlen? Sie hätte die CDs heimlich einstecken können, müde und verkatert wie er war, hätte er es vermutlich nicht gemerkt. Aber sie ihm sozusagen mit seiner Erlaubnis abzuluchsen, das war der Demütigung dann doch zu viel.
>>Ja, alles klar. Wie auch immer, mach doch was du willst.<<
Er hatte resigniert. Vielleicht träumte er das alles nur, oder sie war in der Tat eine Rächerin der schlecht gebumsten, mit dem Auftrag all den schlaffen Schwänzen, all den besoffenen Dummschwätzern ihre Würde und ihre liebsten Besitztümer zu nehmen.
Er wusste es nicht, es war ihm egal, sie verwirrte ihn dermaßen, dass er einfach nur den Wunsch hatte, dass sie ihn wieder verließ und er weiter vor sich hin verblöden konnte.
Zum ersten Mal lächelte sie wirklich freundlich, zumindest glaubte er keinerlei Hintergedanken, kein verstecktes Herausfordern in ihren Augen zu entdecken.
>>Mach dich nicht so runter, Robert Schwarz. Du bist ein netter Kerl. So viel weiß ich immerhin schon mal. Bis bald.<<
Sie küsste ihn auf die Stirn und ging. Da Stand er nun mitten im Raum.
Tim kam zur Tür herein.
>>Verdammt, wer war die Tussie? Und was macht sie mit deinen Creedence Alben?<<
Er überlegte, sah ihn mit seinen müden, geröteten Augen an und antwortete gedankenversunken:
>>Ich habe nicht die geringste Ahnung.<<