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2.4 Die Menge am See

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Es gibt in der jüdischen Tradition der Schriftauslegung eine Methode, die besonders zwischen den Zeilen liest. Man nennt sie Midrasch. In Kapitel 13 des Matthäusevangeliums lädt das Wort „Menge“ zu einer Midrasch-Erzählung ein. Die Menge wird darin zu einer lebendigen Ansammlung von Menschen mit ganz unterschiedlichen Biographien, Berufen, Gefühlen und Gedanken. „An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich; die Leute aber standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen“ (Mt 13,1–3a).

Jesus lebte zu dieser Zeit in Kafarnaum, einer Stadt am See Gennesaret. Am Ufer des Sees hatte er einen Lieblingsplatz, an dem er sich gerne in den frühen Abendstunden aufhielt. Das hatte sich herumgesprochen. Nach einem langen und anstrengenden Arbeitstag kamen auch heute wieder viele Menschen aus der ganzen Gegend an den See, um Jesus zu treffen. Andere kamen eher zufällig vorbei. Da war eine Mutter, die sich Sorgen machte um ihre Kinder; da war ein Fischer, der in letzter Zeit nur wenig Fische im Netz hatte; da waren spielende Kinder; da war ein Synagogenvorsteher, der sich über die vielen Menschen wunderte; da waren Menschen, die um einen lieben Angehörigen trauerten … Jesus bemerkte sie, jeden und jede in der Menge nahm er wahr. Er sah sie liebevoll an und las in ihren Gesichtern, ihre Ängste und Nöte, ihre Unruhe und Fragen. Und er redete lange zu ihnen und eröffnete ihnen mit Bildern, die sie verstanden, das Reich Gottes. Bei einigen dieser Menschen begann das Herz immer stärker für Jesus zu schlagen. Seine Worte taten ihnen gut, sie entlasteten. Gnadenlose Überforderung, Leistungsdruck und Versagensängste kamen in der Wirklichkeit, die er verkündete, nicht vor. Als sie erkannten, dass er selbst mit dem Schatz im Acker und mit der besonders wertvollen Perle gemeint war (Mt 13,44–46), fingen ihre Herzen an, für ihn zu brennen, denn sie spürten: Jesus allein genügt, um das Leben zu haben.

Wenn wir uns heute in seinem Namen versammeln und das Evangelium hören, nimmt Jesus Christus uns besonders in den Blick und liest in unseren Gesichtern. Schlägt, ja brennt unser Herz für ihn? Können suchende und fragende Menschen, die uns Christen im Alltag begegnen oder uns im Gottesdienst und bei Veranstaltungen im Gemeindehaus erleben, mit einem liebevollen und gütigen Blick rechnen? Fragen wir uns bei den Entscheidungen, die wir zu treffen haben, und bei all dem, was wir uns – ob im persönlichen Leben oder im Leben der Gemeinde – vornehmen: Was würde Jesus jetzt tun? Oder vermeiden wir diese Frage lieber, weil sie auch unbequeme Antworten bedeuten könnte?

Mit dem Blick auf die Menge am See bedeutet Lokale Kirchenentwicklung, im großen Raum der Pfarrei Orte zu pflegen und zu gestalten, die für alle Menschen erreichbar und offen sind; Orte, an denen Menschen mit ihren Sorgen und Nöten Gehör finden, Stärkung erfahren und andere Menschen finden, die von ihrem Glauben an Gott und ihrer Hoffnung erzählen. Solche Orte sind zum einen die eigenen Kirchen, Kapellen und Gemeindehäuser, zum anderen städtische und kommunale Begegnungsstätten, soziale Einrichtungen, Krankenhäuser, Altenheime, Kindertagesstätten, Schulen etc. Gemeinsam mit weiteren Ehrenamtlichen und dem Pastoralteam stehen Mitglieder der Gemeindeleitungsteams an diesen Orten als Ansprechpersonen zur Verfügung, beraten und vermitteln und geben eigene Impulse zur Gestaltung des christlichen Lebens vor Ort.

Gesegnet, um Segen zu sein

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