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Vorwort

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Unsere Kirche ist eine weltweite Inspirationsgemeinschaft. Wer nur ein wenig aus den uns (zu) gut bekannten Kirchenstrukturen – und der Diskussion um ihre Neufassung – heraustritt und Erfahrungen in Lateinamerika, Afrika und Asien wahrnimmt und aufnimmt, der wird schnell merken, dass die kirchliche Entwicklung und Erneuerung nach dem Konzil anderswo nicht zuerst Mitbestimmungsstrukturen stärkte, sondern einen geistlichen Aufbruch des Volkes Gottes: Das gemeinsame Priestertum, die königliche und prophetische Würde des Volkes Gottes zu stärken, die genuine, aus der Taufe wachsende Verantwortung aller getauften Christen für die Sendung der Kirche ins Licht zu rücken – darum ging es überall. Es führte unter anderem zu einer starken Entwicklung örtlicher Gemeinden, „comunidades de base“, „small christian communities“ – örtlicher Gemeinden, die durch die Getauften getragen und gestaltet werden. Die Pfarrei erhält so ein neues Gesicht: Sie wird die (sakramentale) Gemeinschaft von Gemeinden und anderen kirchlichen Gemeindewirklichkeiten, eine differenzierte Vielfalt von Gemeindeformen, die selbstverständlich getragen werden durch Teams verantwortlicher Christinnen und Christen.

Wer das erleben durfte – wie etwa Hildesheimer Studiengruppen in Südafrika, auf den Philippinen oder auch in Bolivien –, der kann eine selbstbewusste, aus der Schrift schöpfende und aufgabenorientierte Gemeinschaft des Volkes Gottes entdecken, die ganz selbstverständlich Verantwortung wahrnimmt – und sich doch eingebunden weiß in die Pfarrei und das Gesamt der Ortskirche.

Unmittelbarer Ausgangspunkt für die Entwicklungen im Bistum Hildesheim aber waren die Erfahrungen aus dem Erzbistum Poitiers: Bischof Albert Rouet hatte die Option der Synode aufgegriffen – und die Bildung örtlicher Gemeinden gefördert, die durch eine „equipe d’animation“ begleitet werden. Ein langer Prozess der Bewusstwerdung und der Begleitung führte schrittweise zur Bildung von Verantwortlichenteams.

Im Bistum Hildesheim wird eine solche Entwicklung seit mehreren Jahren gefördert. Dabei zeigt sich eine Reihe von Risiken und Fragen: Sind solche „ehrenamtlichen Gemeindeleitungsteams“, wie Martin Wirth sie nennt, einfach so zu installieren? Sind sie dann nicht Ersatz für fehlende Pfarrer und Hauptberufliche – oder sogar deren verlängerter Arm? Wer verhindert, dass solche „Lokalen Leitungsteams“, wie sie offiziell bezeichnet werden, örtliche Gemeinden isolieren und zu „Eigenkirchen“ (Bischof Norbert Trelle) werden lassen? Und sosehr der Begriff eines Leitungsteams die genuine Verantwortung aus der Taufe beschreiben kann – fixiert er nicht die Frage der Macht gegenüber dem sakramentalen Dienstamt?

Am 2. Juli 2014 konnte ich Martin Wirth erleben, wie er bei einem überdiözesanen Studientag sein Konzept erzählte. Vorweggegangen war ein Gespräch mit den europäischen Protagonisten dieser Entwicklung. Wir hatten Gisele Bulteau und Père André Talbot gefragt, was sie unter „équipe d’animation“ verstehen – und ob es etwas anderes sei als „Lokale Leitungsteams“. Solche Fragen sind interessant, denn sie fordern heraus, das eigene zu beschreiben. Unsere französischen Freunde versuchten es auch: Es geht bei diesen Equipen nicht darum, dirigistisch zu leiten – sondern darum, aus der innersten Mitte des Glaubens heraus zu ermöglichen, dass Menschen ihre Berufung, ihre Verantwortung, ihre Gaben wahrnehmen können und zum Wohl aller und zum Aufbau des Reiches Gottes einbringen: Eine solche Equipe leitet, indem sie diese „Seele“ einbringt und diesen Raum eröffnet.

Sofort wird klar: Ehrenamtliche Leitungsteams dürfen dieses Niveau nicht unterschreiten, wollen wir nicht Gefahr laufen, die besten Erfahrungen der Weltkirche wieder einmal strukturell zu verkürzen und so Evangelisierungsprozesse im Volk Gottes zu verhindern – dafür aber den strukturellen Status irgendwie zu erhalten … Und deswegen war es an diesem 2. Juli so begeisternd, wie Martin Wirth uns eine aus seiner Erfahrung kommende Möglichkeit eines prozesshaften Weges hin zu solchen Teams erschloss. Es wurde mehr als deutlich, dass es um einen geistlichen Weg geht. Und der beginnt mit einem partizipativen Bewusstseinsprozess in allen beteiligten Gemeinden der Pfarrei. Ja, denn ohne innere Zustimmung und Abbau der Bedenken wäre auch ein längerer Anweg zu den ehrenamtlichen Leitungsteams schlichtweg ein erneuerter Pastoralpositivismus: Dieser Pfarrer will es eben so – na gut. Ein Jahr lang, so sagt Martin Wirth, sei er in die vielen Gespräche gegangen, habe diskutiert und gerungen – aber genau das braucht es, damit dann der Prozessweg, den er beschreibt, gelingen kann.

Das vorliegende Buch versucht also, eine Antwort auf die Frage zu geben, auf welchen Wegen solche Teams wachsen können. Darüber hinaus gelingt es Martin Wirth, den ekklesiologischen Hintergrund aufzubereiten und die Ideen und lokalen Kirchenentwicklungsprozesse im Bistum zu beschreiben, die gewissermaßen Hintergrund und Seele dieser Entwicklung Lokaler Leitungsteams sind.

Hoffentlich lassen sich viele – im Bistum Hildesheim und in der deutschen Kirche – von diesen Gedanken inspirieren und ihre eigenen Überlegungen befruchten. Das wäre jedenfalls zu wünschen, denn klar ist auch: Wir sind erst am Anfang eines längeren Weges, den es noch zu gehen und zu verstehen gilt, wenn das Ziel eine Kirche der Teilhabe aller ist. Und auch die deutsche Kirche könnte eine außerordentlich fruchtbare katholische Lerngemeinschaft sein!

Christian Hennecke

Gesegnet, um Segen zu sein

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