Читать книгу Die vorderen Hände - Martin Zels - Страница 8
Davor
ОглавлениеEs war ja noch immer Sommer.
Noch immer Sommer in einer Zeit, in der kein Mensch mehr wusste, ob alles morgen noch so sein würde wie heute. Selbst in Wien, wo fast alles heute schon wieder so war wie gestern. Und das seit einer halben Ewigkeit.
Die Hitze war gerade noch hinnehmbar. Wenngleich man kein Meteorologe sein musste, um feststellen zu können, dass die Stadt in einem der kommenden Sommer endgültig unerträglich werden würde. Was sollten nur die Straßenmusiker dazu sagen? Oder die Würstlstand-Steher? Und was erst die Köche?
Es war ein Sommer, in dem es kaum zwei gleiche Meinungen gab, obwohl in der Öffentlichkeit nur noch eine galt. Noch war Widerspruch nicht verboten. Aber es kam schon vor, dass Journalisten plötzlich verschwanden oder Schreihälse tragisch verunglückten. Die Dichter ließ man noch in Ruhe.
In einer Stadt, in der die wenigen Reichen alle unglücklich waren, weil sie niemand mochte. Und die unendlich vielen anderen waren unglücklich, weil sie nicht zu den Reichen gehörten. Wer, um Himmels willen, sollte das alles noch verstehen? In einer Zeit, in der es keinerlei Bedeutung mehr hatte, ob irgendjemand etwas verstanden hatte. Was konnte ein Mensch ausrichten? Oder tausend?
Alle warteten. Einige sogar sehnsüchtig. Auf den, der als Erster die Hand heben würde. Auf die, die endlich vorangehen wollte. Und dann!
Darius schrieb auf seiner alten Schreibmaschine dazu:
wWien war wirklich schön,
doch schön amEnde
Ach, alles war ein hitziges Geschrei!
Und doch
Da wartete ein ganzes Heer,
so sehr, auf seinen Einsatz
Auf Jubeln, Trommeln, Pfeiferei
Und auf den zärtlich klaren Griff
der vorderen Hände …