Читать книгу Justus Peyrikus - Martin Zielinski - Страница 6

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2. Ein seltsamer Besuch

Während sie an den folgenden Tagen mit ihrer Hütte gut vorankamen, traf bei Justus zu Hause ein Brief ein. Er war per Luftpost und als Einschreiben gekommen. Seine Mutter hatte dem Briefträger den Empfang quittieren müssen, als Zeichen dafür, dass sie ihn auch wirklich erhalten hatte.

Auf der Rückseite prangte ein großes Siegel in rotem Lack, das ein burgähnliches Schloss zeigte.

Der Inhalt schien äußerst wichtig zu sein. Jedenfalls benahmen sich seine Eltern seit dem Erhalt des Briefes anders als sonst, ganz eigenartig.

Bald nach der Ankunft des Briefes erschien ein würdig aussehender Herr bei seinen Eltern. Eine seltsame Erscheinung mit schulterlangem schlohweißem Haar und einem ebenso langen weißen Bart. Bekleidet war er mit einer langen, schwarzen Kukulle, einem faltenreichen Umhang, der fast bis auf den Boden reichte. Auf dem Kopf trug er einen schwarzen, abgetragenen Zylinder.

Dummerweise regnete es an dem Tag seines Besuches wie aus Kübeln. Nicht nur die Kukulle und der Zylinder waren triefend nass. Die ganze Gestalt tropfte, als sie schwerfällig die Treppe bis zur Wohnung hinaufstieg. Grüßend nahm der Herr den Zylinder vom Kopf, als Justus’ Mutter die Wohnungstür öffnete.

Schnell bildete sich eine Wasserlache auf dem Boden.

»Gott zum Gruße«, stieß er mit volltönender Stimme hervor. Justus‘ Mutter sah ihn irritiert an. Was für ein sonderbarer Mann, welch eigenwillige Begrüßung! »Guten Tag, ach, ähm…, kann es sein, dass…, ähm, sind Sie vielleicht der Herr von der Schulbehörde, der diesen Brief geschrieben hat?«

Mit der rechten Hand versuchte sie, noch schnell ihre Frisur ein wenig zu glätten.

»Antonius Grummaritsch von den sieben Türmen«, stellte sich der fremde Herr vor. Frau Peyrikus blickte verdutzt. 'Von den sieben Türmen’, was war das?

»Ich komme in der Tat vom Schulamt,« fuhr er fort, »Abteilung 'Außergewöhnlichbegabte’.«

Justus’ Mutter war sprachlos. Was wollte dieser triefende, befremdliche Mensch von ihr und ihrem Sohn Justus?

»Darf ich eintreten, denn ich glaube, was ich Ihnen zu sagen habe, dauert etwas länger als zwei Minuten.«

Frau Peyrikus bat ihn in die Wohnung und half ihrem Gast beim Ablegen seines immer noch tropfenden Umhangs. Sie führte ihn in die große Wohnküche, die direkt neben Justus’ Zimmer lag. Wiederholt fuhr sie sich mit den Händen durchs Haar, um ihre Nervosität zu vertuschen.

Sie bot ihm einen Platz am großen Küchentisch an, auf dem dampfender Kaffee und ein selbst gebackener Kuchen standen. »Möchten Sie eine Tasse Kaffee? Er ist gerade frisch aufgebrüht. Sie können auch gerne von dem Kuchen kosten.«

Herr Grummaritsch sog den angenehmen Kaffeeduft ein und nahm das Angebot dankend an. Die nassen Kleider ließen ihn ein wenig frösteln, obwohl es in der Küche gemütlich warm war.

Flugs holte Frau Peyrikus ein Kaffeegedeck hervor, goss Kaffee ein und servierte ein Stück des noch warmen Käsekuchens.

Der Kuchen schien ihm zu schmecken, und die ersten Schlucke Kaffee erzeugten ein sichtliches Wohlgefühl. Dann erklärte er, warum seine Behörde ausgerechnet Justus aus einer großen Schar von Jungen und Mädchen dieses Schuljahres ausgewählt hatte.

»Aber Justus kommt nicht alleine zu uns«, berichtete Herr Grummaritsch. »Fast achtzig Jungen und Mädchen werden im nächsten Schuljahr auf unsere wunderbare alte Schule wechseln können.

Es ist eine Schule für Außergewöhnlichbegabte, ein Internat von bestem Ruf mit langer Tradition. Zu dieser Tradition gehört ein besonderes Augenmerk auf die pädagogische Betreuung. So wollen wir dafür sorgen, dass in der Schule ein gutes Lernklima herrscht.«

Früher, so berichtete Herr Grummaritsch weiter, war in diesem Internat viele Jahrhunderte hindurch eine geistliche Bruderschaft ansässig, die die Schüler und Schülerinnen unterrichtet hatte. Heute bestand das Lehrerkollegium ausschließlich aus weltlichen Lehrern.

»Die Umstellung wird für Justus sicher nicht einfach werden. Doch auch Pauline gehört zu den außergewöhnlichbegabten Schülern. Justus hat somit jemanden, den er schon kennt.«

Frau Peyrikus schaute ihn skeptisch an. Herr Grummaritsch von den sieben Türmen musste alle seine Fähigkeiten aufbieten, um sie von den Vorteilen des Schulwechsels zu überzeugen.

Dass auch Pauline dem Kreis der ausgewählten Schüler angehörte, interessierte Frau Peyrikus nicht weiter. Ihre Gedanken kreisten darum, dass Justus in der nächsten Zukunft von ihr getrennt sein sollte und das für eine längere Zeit. Angespannt zupfte sie an der Kittelschürze herum.

»Ist das denn alles schon beschlossene Sache?«, fragte sie unsicher. »Wir wollten ihn eigentlich auf der jetzigen Schule lassen. Ich meine, müssen wir denn nicht erst zustimmen?«

»Selbstverständlich«, beeilte sich Herr Grummaritsch, Frau Peyrikus die Unsicherheit zu nehmen. »Wir würden nichts gegen ihren Willen unternehmen. Aber es wäre sehr betrüblich, wenn sie ihrem Jungen nicht die Ausbildung angedeihen ließen, die seinen Fähigkeiten entspricht.«

»Aber wie kommen Sie gerade auf meinen Sohn? Woher wissen Sie überhaupt von ihm?«

Noch weitere Fragen schwirrten Justus‘ Mutter wie ein Bienenschwarm durch den Kopf. Auf solche Fragen war Herr Grummaritsch von den sieben Türmen jedoch gut vorbereitet.

»Wissen Sie, Frau Peyrikus, wir beobachten Justus schon seit langer Zeit. Doch keine Angst, wir spionieren die Schüler nicht aus. Wir stehen mit sehr vielen Schulen in Verbindung. Und von diesen Schulen bekommen wir regelmäßig Informationen über die besten Schüler.«

Wieder nahm er einen großen Schluck von dem wärmenden Kaffee, der ihm ausgezeichnet bekam.

»Aber wieso gerade jetzt, wo er sich so kurz vor dem Ende der Mittelstufe befindet?«

»Wir beobachten die Schüler immer sehr genau und sind über ihre Entwicklung recht gut informiert. Dabei achten wir nicht nur auf die Noten. Es gibt noch viele andere Kriterien, die berücksichtigt werden und für den Zeitpunkt eines Wechsels wichtig sind. So glauben wir, dass jetzt der richtige Moment gekommen ist, seine Entwicklung besonders zu fördern. Justus hat ausgezeichnete Begabungen, die den meisten Menschen verborgen bleiben.

Sie rühren von seinem Großvater her, der auch bei uns seine Schulzeit verbracht hat. Wissen Sie das eigentlich? Auch er war hochbegabt, ganz wie Justus.«

»Das wusste ich nicht. Wir haben Justus immer für einen normalen Jungen gehalten. Und… was seinen Großvater betrifft… Früher passierten permanent solche verrückten Dinge… Unsere Mutter schimpfte dann, … wir Kinder machten uns keine weiteren Gedanken… Aber Justus…«

Herr Grummaritsch strich sich über seinen langen weißen Bart. »Genau diese Vorkommnisse geschahen durch ihren Vater. Nun haben wir auch bei Justus seit geraumer Zeit festgestellt, dass er ähnliche sehr gute Anlagen hat. Sie müssen nur richtig und fachmännisch ausgebildet werden. Viele berühmte Hochbegabte entstammen Ihrer Familie. Schließlich wollen wir doch nicht, dass die lange und alte Tradition Ihrer Familie abbricht. Und bei Justus ist es etwas Besonderes. Er besitzt die geniale Fähigkeit des Sehens, die schon sein Großvater besessen hat. Nicht nur deswegen wird er in unseren Kreisen überaus geschätzt.«

Die Augenbrauen des Besuchers hoben und senkten sich vielsagend, wobei die dunkelbraunen Augen eindringlich auf Frau Peyrikus gerichtet waren.

Justus‘ Mutter wusste gar nicht, wie sie die ganze Sache einschätzen sollte.

»Seine Lehrerin hat schon einmal mit uns über seine Begabungen gesprochen. Dass er aber so außergewöhnlich begabt sein soll… Und jetzt auf eine andere Schule.«

Frau Peyrikus wurde immer verzweifelter, denn der Schulwechsel schien unausweichlich zu sein.

»Wäre doch nur mein Mann schon zu Hause...«

Kaum hatte sie den Satz ausgesprochen, ging die Wohnungstür. Im nächsten Moment betrat ihr Mann die Küche.

Überrascht von der unbekannten Gestalt, die da mit seiner Frau in der Küche bei Kaffee und Kuchen saß, blickte er von einem zum anderen.

»Hallo, wir haben einen Gast?«, wandte er sich etwas verdutzt an seine Frau und stellte seine Arbeitstasche zur Seite.

Herr Grummaritsch erhob sich sofort von seinem Stuhl, um sich Herrn Peyrikus vorzustellen.

»Sie haben sicherlich auch schon den Brief der Schulbehörde gelesen, die ihnen einen Schulwechsel ihres Sohnes nahelegt«, wandte er sich an Justus’ Vater.

Herr Peyrikus nickte zustimmend, ließ sich auf einem freien Stuhl am Küchentisch nieder und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein.

Herr Grummaritsch erklärte ihm in kurzen Zügen, warum der angedachte Schulwechsel empfehlenswert sei.

»Ich sagte schon ihrer verehrten Gattin, dass wir in Justus einen hochtalentierten Jungen sehen, der außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt. Daher möchten wir zu einem Schulwechsel für Justus raten.« Er wiederholte noch einmal in kurzen Sätzen die Vorzüge des jetzigen Zeitpunktes und auch der Schule, auf die Justus ab dem nächsten Schuljahr gehen sollte. Auch die herausragenden Fähigkeiten benannte er nochmals.

»Und alle diese Bedingungen scheinen uns eine gute Voraussetzung, den Schulwechsel jetzt zu wagen.«

Eine steile Falte auf Herrn Peyrikus‘ Stirn ließ erahnen, dass er die Argumente sorgfältig abwog. Prüfend schaute er die bärtige Gestalt an, die seinen Sohn gerade in den höchsten Tönen lobte. Mit einem Blick auf seine Frau meinte er: »Wenn Sie der Überzeugung sind, dass dies der richtige Weg für Justus ist, dann wollen wir seiner Entwicklung nichts in den Weg legen.«

Frau Peyrikus war jedoch anzusehen, dass dieser Gedanke sie noch nicht wirklich glücklich stimmte. Jedenfalls betrachtete sie es im Moment als ein großes Unglück, dass Justus nur noch eine kurze Zeit bei ihr sein sollte.

Langsam stiegen ihr bei diesem Gedanken Tränen in die Augen, die dem Besucher nicht verborgen blieben.

»Es ist natürlich selbstverständlich möglich, dass sie beide Justus besuchen können. Gerne lasse ich ihnen die Adresse unserer Schule hier«, beeilte sich Herr Grummaritsch zu ergänzen.

»Der Name der Schule ist Greifenstein bei Drachenwinkel. Drachenwinkel, das ist ein kleines Dorf, das nicht weit von unserer Schule liegt. Hier auf der Karte haben Sie auch gleich die Telefonnummer, unter der Sie uns erreichen können.«

Dankbar nahm Frau Peyrikus die Karte entgegen, so als sei sie ein Verbindungsglied, durch das sie zukünftig mit ihrem Sohn Kontakt halten konnte. Wie ein Häufchen Elend saß sie da auf ihrem Küchenstuhl. Niedergedrückt zupfte sie immer wieder an ihrer Schürze herum und trocknete still ihre Tränen.

Wäre Justus in diesem Augenblick in seinem Zimmer gewesen, hätte ihn der Schlag getroffen. Aber er werkelte gerade mit den anderen angestrengt im Inneren der kleinen Hütte. Draußen hatten sich durch den heftigen Regen große Pfützen gebildet, und durch das Wasser war der Boden rundherum viel zu aufgeweicht, um dort arbeiten zu können.

Bei Pauline zu Hause spielte sich anschließend Ähnliches ab. Auch hier war ein Brief angekommen. Und nun folgte der Besuch von Herrn Grummaritsch bei Familie Ritter. Möglichst schonend wies er auf die Chance eines Schulwechsels hin, um Paulines Begabungen angemessen fördern zu können.

»Es ist schon ungewöhnlich, dass zwei Kinder aus nächster Nachbarschaft zugleich auf diese Schule berufen werden«, stellte Herr Grummaritsch fest. »Doch Pauline besitzt die seltene und außergewöhnliche Begabung der Telepathie.«

Frau Ritter war dieser Begriff völlig fremd. »Was sagen Sie da? Tele… wie?«

Schnell erklärte Herr Grummaritsch: »Das ist die Fähigkeit, die Gedanken anderer Personen lesen zu können. Und wir glauben, dass es unbedingt erforderlich ist, diese Begabung zu fördern.«

So hatte der Besuch bei Familie Ritter, vor allem bei Paulines Mutter, für große Verwirrung gesorgt.

Im Moment saß sie zusammen mit ihrer Tochter beim Frühstück. Pauline kaute an ihrem Marmeladenbrötchen und merkte, wie sich ihre Laune verschlechterte. Sie sah, wie ihre Mutter nachdenklich in der Kaffeetasse herumrührte. Sie mochte es überhaupt nicht, wenn ihre Mutter eine solche Miene aufsetzte. Das verhieß nichts Gutes und das ließ sie missmutig werden.

»Was gibt’s? Warum so nachdenklich?«

»Wir haben vor ein paar Tagen einen seltsamen Brief bekommen. Du sollst die Schule wechseln.«

»Wieso das denn? Hat diese grässliche Maikel damit zu tun?«

»Nein, der Brief kam von der Schulbehörde mit einem Siegel auf der Rückseite. Sah hochoffiziell aus.«

Frau Ritter holte den Brief hervor und schob ihn ihrer Tochter zu.

Pauline betrachtete das zerbrochene Siegel auf der Rückseite und wunderte sich über die darauf abgebildete Burg. Sie zog den Brief hervor und las die merkwürdige Mitteilung, die den Besuch von Herrn Grummaritsch ankündigte, und den Hinweis auf den Schulwechsel. Ganz besonders, so stand da, wollte die Schule dazu beitragen, ihre Fähigkeiten und Talente bestens zu entfalten.

»Na toll, meine Fähigkeiten entfalten! Was für Fähigkeiten denn?« Aufmerksam las sie den Brief weiter.

Langsam ging ihr ein Licht auf. Ob die von der neuen Schule ihre Fähigkeit des Gedankenlesens meinten? Und wenn ja, woher wussten die davon? Äußerst merkwürdig das Ganze.

Okay, sie konnte die Gedanken anderer Menschen ohne große Mühe lesen. Aber das war mehr störend, als erfreulich. Diese angeborene Kraft hatte sie im Laufe ihres Lebens gelernt zu unterdrücken. Denn das ungehinderte Einströmen fremder Gedanken in ihren Geist konnte sehr belastend sein. Nachdenklich faltete sie den Brief wieder zusammen und legte ihn beiseite.

»War dieser Mensch, dieser, wie heißt er, Grummaritsch denn schon hier?«

»Vorgestern kam er und legte uns den Schulwechsel wärmstens ans Herz. Justus wird wohl auch auf die Schule gehen. So haben wir dann schließlich zugestimmt; wir wollen ja, dass du dich mit all deinen Fähigkeiten gut entwickeln kannst.«

»Dass Justus zusammen mit mir auf diese Schule kommt, ist doch toll. Dann kommen wir wenigstens von diesem schrecklichen Fräulein Maikel weg.«

»Macht es dir denn gar nichts aus, von euren Freunden getrennt zu werden?«

Pauline sah ihre Mutter etwas unsicher an. Das war natürlich die andere Seite der Medaille. Doch die Tatsache, dass Justus mit von der Partie war, machte den Gedanken an den anstehenden Wechsel erträglich.

»Aber wir können doch in den Ferien immer mit ihnen zusammenkommen«, nahm sie den Umstand einigermaßen gelassen hin.

Frau Ritter schaute sie skeptisch an, als könnte sie nicht recht glauben, was sie da hörte, denn Pauline hing sehr an ihrer Clique.

»Und dieser Herr Grummaritsch hat gesagt, dass uns demnächst ein Bus abholt?«

»Ja, schon übernächste Woche kommt der Bus und holt euch an der Schule ab.«

Kaum hatte Pauline den letzten Bissen verschlungen und ihren Kakao ausgetrunken, war sie auch schon durch die Tür und auf dem Weg zu ihrer Hütte, wo Justus sie bereits ungeduldig erwartete.

Der Rest der Clique war noch nicht da. Justus war das nur recht, da er einiges mit Pauline klären wollte.

»Haben dir deine Eltern auch von dem Schulwechsel erzählt?«, begann er, als sich Pauline niedergelassen hatte.

»Ja, und ich finde, das hört sich abenteuerlich an.«

»Ja in der Tat - abenteuerlich! Greifenstein und Drachenwinkel, tolle seltsame Namen. Schade nur, dass wir unsere Hütte hier und alles, was wir uns so mühsam aufgebaut haben, solange nicht mehr nutzen können.«

Nachdenklich schob Justus die Unterlippe vor und schaute durch den Eingang der Hütte über das Grundstück. So bald würde es keine Fußballspiele mehr geben. Nicht mehr mit der Clique zusammen zu sein und die Freunde nur noch einmal im Jahr zu sehen, das würde sie auf eine harte Probe stellen.

»Was denkst du, ob wir in den Ferien hier sein können, um wenigstens dann unsere Freunde zu treffen?«

Jetzt, da sie zusammen in ihrer Hütte saßen, wurde es Pauline auch ein wenig mulmig. »Ach, wer weiß, vielleicht finden wir ja dort auch nette Freunde«, gab sie sich hoffnungsvoll.

»Hat dir deine Mutter auch gesagt, was da so los ist?« Justus dachte an die Worte seiner Eltern. »Meine Mutter meinte, dort wären so genannte Meister und Madames, die in Greifenstein unterrichten.«

»Was das für Lehrer sind, weiß ich nicht. Das wurde mir nicht klar. Das konnte mir meine Mutter auch nicht so genau sagen.«

»Meister, Madames …. Das klingt so fremd. Früher sollen Mönche oder sowas Ähnliches die Schule geleitet haben.« Justus kratzte sich nachdenklich am Kopf.

»Wo diese Schule liegt, wissen wir auch noch nicht. Ich bin gespannt, wann wir das erfahren.«

Die nächsten Tage gingen vor lauter Aufregung wie im Flug dahin. Am Tag der Abfahrt hatten sie sich weisungsgemäß mit ihrem Gepäck in ihrer Schule eingefunden, die seit einigen Wochen doch nicht mehr ihre Schule war.

Justus stand schon mit seiner Mutter in der großen Halle. Sie war mitgekommen, um die Verabschiedung möglichst lange herausschieben zu können. Ungeduldig trat er von einem Bein aufs andere. Sein Blick schweifte die geschwungene Treppe hinauf, die an dem Musikraum vorbeiführte, wo er so viele Stunden verbracht hatte. Er erinnerte sich noch gut an die Vorbereitungsstunden zu einem Konzert und dann an die Aufführung. Die alte Musiklehrerin, Fräulein von Geistern, hatte die Schüler immer ziemlich nerven können mit ihrer besserwisserischen Art. Aber das war jetzt vorbei.

Mit seinen Beinen wippend, saß Justus nun auf der großen Fensterbank und warf noch einen letzten Blick durch die hohen Fenster auf den Schulhof.

Plötzlich knallte es in der Halle. Die Eingangstür war gegen die angrenzende Mauer gekracht.

Pauline hatte sie mit dem Fuß aufgestoßen, um besser mit ihrem schweren Koffer hindurch zu kommen. Ihre Mutter, die hinter ihr die Halle betrat, trug noch zwei weitere Taschen.

Schnaufend kam Pauline mit hochrotem Kopf auf Justus und seine Mutter zu.

»Mensch, bin ich geschafft«, sprudelte sie los. »Ich habe überhaupt nicht geschlafen. Wie soll ich das alles überstehen?«

Sie waren zu Fuß gekommen, weil ihre Mutter der Meinung war, so hätten sie noch etwas mehr Zeit miteinander.

Erschöpft ließ Pauline ihr Gepäck auf den Boden fallen und schwang ihren Rucksack auf die Fensterbank.

»Wartet ihr schon lange hier?«

»Du kannst vielleicht Fragen stellen«, polterte Justus. Sein Ton verriet, dass er bis zum Platzen gespannt war.

»Bist du dir klar darüber, dass das eine heftige Sache ist, die hier abgeht? So weit von zu Hause weg auf eine neue Schule zu gehen und dann noch auf eine Burg oder so was Ähnliches.« Seine Mutter versuchte vergeblich ihn zu beruhigen.

»So schlimm wird es schon nicht werden. Ich finde es jedenfalls super«, sagte Pauline. Ihr Blick signalisierte gespannte Erwartung. »Ich hoffe nur, dass dieser Meister Grummaritsch von den ich weiß nicht wie viel Türmen endlich kommt.«

Sie hatte es kaum ausgesprochen, da hörte man von draußen ein irres Getöse. Justus sprang auf und lief hinaus, um zu sehen, was da abging. Pauline folgte ihm etwas weniger aufgeregt, obwohl sie ebenso gespannt war zu sehen, was da vor der Tür vor sich ging.

Justus Peyrikus

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