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5. In der Aula

Die Aula, in der sich nach und nach alle versammelten, quoll fast über vor Schüler. Justus und Pauline standen zusammen mit den beiden Brüdern an einem der vielen Tische und versuchten, sich einen Überblick zu verschaffen. Ein irrer Anblick, der sich ihnen hier bot.

»Hammer«, stieß Martin hervor. Er fuhr sich über die Augen, als müsse er ein Trugbild verscheuchen. »So einen Prunk habe ich noch nicht gesehen, zumindest nicht in Wirklichkeit.«

Pauline war ebenfalls sichtlich beeindruckt. Sie stützte sich auf die Rückenlehne eines der schön geschnitzten Stühle, die vor ihnen standen und betrachtete mit großen Augen den Glanz, der sich vor ihnen ausbreitete.

»Ist ja noch schöner als die Eingangshalle, und die war auch nicht von schlechten Eltern«, pflichtete Justus bei. Er betrachtete die großen Fenster, die dieser Halle eine luftige Atmosphäre gaben. »Alles extrem edel, das muss man der Schule schon lassen. Ist mit unserer alten nicht zu vergleichen.«

Farbenprächtige Wandteppiche zierten die Wände zwischen den Fenstern. Die Motive, die sie darstellen, wiesen alle einen Bezug zur Schule auf.

Die Aula war so groß, dass sie allen Schülern Platz bieten konnte. Im Moment aber wimmelte alles durcheinander, wodurch der Eindruck einer heillosen Überfüllung entstand.

»Schaut mal dort hinauf.« Pauline hatte oberhalb des Eingangs eine zweistöckige Empore entdeckt, die auf merkwürdige Weise einfach in den Raum hineinragte. Dort hatte sich eine große Zahl älterer Schülern versammelt.

»Das sieht so aus, als würde sie völlig frei im Raum schweben. Sie ist gar nicht an den Wänden befestigt. Wie geht denn das?«

»Die schweben. Wahnsinn!« Martin war hin und weg. Neugierig betrachtete er die Emporen. »Das ist schon vom Feinsten«, stellte er anerkennend fest.

Von der Decke hingen zahlreiche schmiedeeiserne Kränze mit unzähligen Wappen. Dazwischen befanden sich dicke Kerzen, die die Aula in ein warmes Licht tauchten.

Die Neuankömmlinge versuchten, einen Platz zu ergattern. Doch das war schwerer als gedacht. Kaum saßen einige von ihnen auf einem Stuhl, sprangen sie auch schon wieder verschreckt auf. Lautes Quietschen war überall zu hören und erhöhte noch den Lärm in der Halle.

»Was ist das? Warum bleiben die nicht sitzen? Und was zum Teufel quietscht da so fürchterlich?« Verständnislos schaute Pauline Justus an und hielt sich die Ohren zu.

Als sie versuchte sich zu setzen, wusste sie warum. Der Stuhl begann ebenfalls zu quietschen und ruckelte so stark hin und her, als wollte er sie herunterwerfen. Sofort sprang sie wieder auf.

Martin dagegen hatte in aller Ruhe auf einem der Stühle Platz genommen. Der Stuhl verhielt sich vollkommen ruhig. Martin hatte, so schien es, „seinen“ Stuhl auf Anhieb gefunden. Breit grinsend schaute er den anderen bei der Suche zu.

Erik kratzte sich nachdenklich an der Stirn. Ihm schien ein Licht aufzugehen. »Ich glaube, hier muss man sich seinen Stuhl suchen.«

Pauline ging zum Nachbartisch und probierte dort einen der Stühle. Tatsächlich hatte sie Glück und fand „ihren“ Stuhl. Sie schleppte ihn an den Tisch, an dem Martin saß, und ließ sich neben ihm nieder. Justus wurde einige Tische weiter fündig und holte „seinen“ Stuhl herbei. Nur auf Erik mussten sie etwas länger warten. Er hatte inzwischen die halbe Aula durchquert und musste sich das laute Quietschen noch etwas länger gefallen lassen.

»Erik hat wohl herausgefunden, wie er seinen Stuhl finden kann.« Pauline beobachtete, wie er die Stühle inspizierte, bevor er sich darauf setzte. Plötzlich hatte er etwas entdeckt, das ihm weiterhalf. Sie konnte sehen, wie er nun zügig von Stuhl zu Stuhl schritt, kurz die Rückenlehnen in Augenschein nahm, bis er endlich einen Stuhl gefunden hatte, den er als „seinen“ identifizierte. Strahlend schob er ihn durch die Menge der Schüler vor sich her, um sich neben seinen Freunden niederzulassen.

»Habt ihr euch mal eure Stühle angesehen? Da stehen auf den Rückenlehnen eure Initialen drauf.«

Zufrieden lächelnd blickte er von einem zum andern und freute sich über seine Entdeckung. Justus drehte sich um, sah sich die Lehne seines Stuhles an und bemerkte ein „JP“ am oberen Ende. Ähnlich verhielt es sich mit Martins und Paulines Stuhl. Dort standen die Anfangsbuchstaben ihrer Namen „PR“ und „MT“.

Martin interessierte das Ganze nicht weiter. Er hatte es sich auf seinem Stuhl bequem gemacht und probierte seine Standfestigkeit aus. Gemütlich wackelte er auf ihm hin und her und sah den anderen Schülern bei der weiteren Suche zu.

Ein paar Tische entfernt erblickte Justus ihre beiden speziellen Freunde.

»Dahinten sitzen die Herren Schmalzlocke und Rotfuchs.« Bei ihrem Anblick verspürte er ein flaues Gefühl in der Magengegend. »Wie die dasitzen, als wären sie die Größten.«

»Übrigens, ich weiß die Namen der beiden Supertypen«, berichtete Pauline. »Mit richtigem Namen heißt der mit der Pomadenfrisur Edelmund von Windhausen, der andere, der Rothaarige Ottokar Driessen. E-del-mund, passt zu Schmalzlocke, meint ihr nicht auch?«

Justus nickte lachend. Paulines Information beseitigte sein Magendrücken schlagartig. »E-del-mund von Wind-hau-sen«, rezitierte er mit singendem Ton. Die Wirkung bei seinen Freunden blieb nicht aus.

Martin prustete los, lehnte sich dabei mit seinem Stuhl zurück und pardauz war er unter lautem Getöse mit dem Stuhl nach hinten übergekippt. Der Stuhl quietschte jämmerlich. Umständlich rappelte Martin sich wieder auf und nahm unter frotzelnden Kommentaren wieder Platz.

Inzwischen saßen auch die letzten Schüler erleichtert auf ihren Stühlen. Meister Gregorius schien das Gewusel im Saal sichtliches Vergnügen zu bereiten.

Er stand auf einer Art Podest, das der Rundung der Aula angeglichen war. Hinter ihm befand sich eine lange Tischreihe, an der die Lehrer ihren Platz hatten. Von hier aus konnte er den Raum gut überschauen. Außen, am Ende des Lehrertisches, hatte sich der Pedell aufgebaut, der ohne Unterlass vor sich hin schniefte.

Langsam wurde es einigermaßen ruhig, und Meister Gregorius erhob wieder seine Stimme.

»Meine lieben Schülerinnen und Schüler! Da jetzt alle neuen Schüler hier versammelt sind und ihre Stühle gefunden haben«, dabei konnte er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, »möchte ich euch auch im Namen des gesamten Lehrerkollegiums herzlich willkommen heißen. Wie ihr seht, sind jetzt weit mehr Schüler hier in der Aula, als in einen Bus hineinpassen.« Lächelnd blickte er über die Schülerschar. Justus hatte augenblicklich das Gefühl, als würde er bis auf den Grund seiner Seele durchschaut.

»Hier befindet ihr euch in unserer altehrwürdigen Aula, die zugleich auch unser gemeinsamer Speisesaal ist. Also einer der wichtigeren Orte in unserer Schule.

Meister Knörzer«, fuhr er fort, »weist euch nun die Klassen zu. Ihr werdet die Namen dann auch sehen und hören. Gebt also genau acht, wie es nun weitergeht.«

In der Aula verstummten rasch die letzten Gespräche. Die Augen der Schüler richteten sich auf den Pedell, der sich beeilte, sein halbes Bettlaken an Schnupftuch wegzustecken.

Schnell trat er vor die Mitte des Tisches und erhob nun, Hust, Hust, Schnief, Schnief, seinen Stab. Mit weitem Schwung ließ er ihn durch die Luft sausen. Wie aus dem Nichts erschien der Name einer Klasse in leuchtender Schrift oberhalb des Lehrertisches, frei im Raum schwebend. Begleitet wurde die Erscheinung von einem laut ertönenden „Gong“. Ein erstauntes Raunen ging durch die Aula. Spätestens jetzt musste auch dem letzten Neuling klar werden, dass diese Schule etwas Außergewöhnliches war!

»Das ist ja völlig durchgeknallt hier. Eine Schrift, die mitten im Raum schwebt! Bin gespannt, was noch kommt.« Pauline runzelte ungläubig die Stirn.

„Muriel“, teilte eine wohlklingende Stimme mit.

Auf Meister Gregorius’ Gesicht legte sich ein verschmitztes Lächeln, als er die teils ratlosen Gesichter beim Klang der Stimme sah.

Der Name leuchtete in zwei Farben von oben herab, ein lichtes Rosa begleitet von einem starken Grünton, eine Art Moosgrün. Zugleich entstand um einige der neuen Schüler eine gleichfarbige Aura, in der die beiden Farben Rosa und Grün verschwammen.

In der Aula war es auf der Stelle totenstill. Alle schauten auf diejenigen, die von den Farben wie von einem Schleier umhüllt wurden. Fassungslosigkeit spiegelte sich in den Blicken der neuen Schüler.

Neben Justus war auch ein Junge grün-rosa eingefärbt. Justus wäre vor Schreck fast vom Stuhl gerutscht, als die Farben urplötzlich direkt neben ihm erschienen.

»Pass auf, dass Du dich nicht verschluckst«, grinste Martin ihn an. »Die scheinen hier mit allen Tricks zu arbeiten.« Dass es keine einfachen Tricks waren, wie Martin glaubte, sollten sie später noch zu Genüge feststellen können.

»Die erste Klasse hat, wie ihr hören konntet, den Namen Muriel«, hörte man die Stimme von Meister Knörzer rufen.

Und bei allen Schülern, die gerade noch in Rosa-Grün gehüllt waren, färbten sich wie aus dem Nichts auch die Kukullen, die vor ihnen auf den Tischen lagen, in den Farben der Klasse. Die Kleidungsstücke waren nun mit einer Menge von Symbolen versehen. Rosafarbene Kristalle verteilten sich auf den Kukullen. Sie wurden von einem Kreis mit grünen Spitzen eingefasst. Doch schienen die Symbole nicht auf den Stoff aufgenäht zu sein. Vielmehr schwebten sie allesamt ein Stück weit darüber und drehten sich dabei ständig um die eigene Achse.

»Dies ist«, hörten sie wieder Meister Gregorius sagen, »eure Klassenkukulle, die äußeres Zeichen eurer Klasse ist.«

Justus war fasziniert von dem Spiel der Farben. Doch plötzlich beschlich ihn eine ungute Ahnung. Was wäre, wenn Rotfuchs und Schmalzlocke in ihre Klasse kämen? Der Gedanke weckte bei ihm kein sonderlich gutes Gefühl.

Das Gefühl steigerte sich von Augenblick zu Augenblick. Leise wandte er sich an Pauline. »Hoffentlich kommen die beiden Supertypen nicht in unsere Klasse.« Pauline sah ihn fragend an. Kaum hatte sie verstanden, was er meinte, machte sich Entsetzen in ihrem Gesicht breit. Doch blieb keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn Meister Knörzer hielt ein zweites Mal seinen Stab hoch.

Und wieder erklang ein »Gong«. Ein weiterer Klassenname waberte nun in der Farbe Magenta über ihren Köpfen. »Metatron« war dort zu lesen.

»Was steht da für ein Name?« Pauline sah Justus verwundert an. Sie sollten es sofort erfahren. Denn beide waren wie die anderen Schüler vorher ebenfalls in ein eigentümliches Licht gehüllt. Ein Farbschleier umgab sie mit einem vollen Magentaton, ähnlich dem Klassennamen über dem Podest der Lehrer. Auch Erik und Martin saßen in einer Magentawolke.

»Hei, das finde ich ja superklasse«, frohlockte Martin, »wir sind alle zusammen in einer Gruppe. Genial!«

Wie schon bei den Schülern der Muriel-Klasse hatten sich ihre Kukullen wie von Zauberhand farblich verändert. Das langweilige Grau war einem intensiven Magenta gewichen. Ebenso erschienen Symbole auf den Umhängen, die noch verwegener aussahen, als die Kristalle der Muriel-Klasse. Es waren mehrzackige Kronen, aus denen unentwegt kleine Flammen emporloderten. Zwischen den Flammen glänzten Lichtpunkte. Und über jeder Krone leuchtete eine Neun, die in einen wabernden Feuerschein gehüllt wurde. Gigantisch!

»Was ist das für ein Symbol?«, staunte Martin nicht schlecht, während Erik vorsichtig seine Kukulle über den Tisch ausbreitete, um sie näher in Augenschein zu nehmen.

Pauline schaute ängstlich zu, weil sie befürchtete, er könne sich an den Flammen verbrennen. Es passierte aber nichts weiter. Es waren eben nur Symbole, die sich auf unterschiedliche Weise bewegten.

Doch nicht nur vor den vier Freunden lag eine magentafarbene Kukulle. Justus beobachtete, wie in ihrer Nähe ein weiteres Mädchen versonnen eine gleichfarbige Kukulle in ihren Händen hielt. Sie machte einen ruhigen und zurückhaltenden Eindruck und befühlte vorsichtig den vor ihr liegenden Stoff.

Dann sah sie Pauline und die Jungs der Reihe nach an. In ihrem Blick lag etwas Fragendes. Pauline spürte das. Sie drehte sich zu ihr um, wies auf die magentafarbene Kukulle und sagte: »Hallo, wie es scheint, werden wir zusammen in eine Klasse gehen.« Dabei sah sie die neue Klassenkameradin aufmerksam an. »Und wie heißt du?«

»Ich bin Miriam«, kam es etwas zögerlich zurück. »Und ihr?« Erwartungsvoll blickte sie die vier an.

»Also ich bin Martin, mein Bruder Erik, das ist Justus und sie heißt Pauline«, stellte Martin ihre kleine Gruppe vor, wobei er auf jeden Einzelnen von ihnen zeigte.

»Das ist ja schön, direkt jemand kennenzulernen«, erwiderte Miriam und lächelte ihre neuen Klassenkameraden an.

»Setz dich doch morgen früh zu uns«, lud Justus sie ein.

Aber die Freude, noch jemand Neues kennengelernt zu haben, fand bei Justus ein jähes Ende. Er sah, dass sich Edelmund und Ottokar bereits ihre Umhänge überwarfen, die ebenfalls in Magenta erstrahlten. Seine Befürchtungen, die er gerade eben Pauline gegenüber geäußert hatte, bestätigten sich.

Er beobachtete die beiden unauffällig und konnte auf Edelmunds Gesicht ein selbstgefälliges Grinsen entdecken. Mitschüler, die sich für besser hielten als andere, konnte er nicht ausstehen. Es blieb abzuwarten, wie sich das Miteinander in der Klasse gestalten würde.

Zeit sich mit den anderen darüber auszutauschen, blieb keine, denn schon klang ein weiteres langgezogenes „Gonnng“ durch den Saal. Die nächste Klasse war dran. Ihr Name lautete: „Anael“.

Diesmal leuchteten sogar drei Farben, die kunstvoll ineinander verschlungen waren. Orange, Dunkelblau und Gelb umhüllten weitere Schüler und deren Umhänge.

Als Symbol waren zwei gekreuzte Lanzen dargestellt, die einander umkreisten. An ihrem Schnittpunkt strahlte ein nebelförmiger Lichtpunkt, und über den Lanzenspitzen tanzte ein mondförmiges Gebilde.

Nachdem alle Klassen eingeteilt und eingekleidet waren, wurden sie auf die Schlafräume verteilt. Jede Klasse bekam einen eigenen Schultrakt zugewiesen. Hier befand sich auch der klasseneigene Aufenthaltsraum.

Justus, Martin und Erik hatten das Glück, gemeinsam in einem Schlafsaal untergebracht zu sein. Pauline war froh, wenigstens in Miriam eine Gefährtin gefunden zu haben.

Wie zur Bestätigung hörten sie wieder ein „Gong, Gong“, und die Namen der Trakte sowie der Räumlichkeiten wurden angezeigt. Kaum leuchteten die Anzeigen auf, erhob Meister Gregorius nochmals seine Stimme. »Ihr könnt nun kurz eure Schlafräume aufsuchen und euer Gepäck, das sich schon dort befindet, einräumen. Danach kommt bitte sofort wieder hierher zurück.«

Ein großes Stühlerücken begann und die verschiedenen Klassen verließen zügig die Aula.

»Wie finden wir die Trakte? Hat einer eine Ahnung?«

Justus schaute die anderen unsicher an.

»Ich denke, am besten folgen wir den anderen«, erwiderte Erik.

Doch kaum hatten sie die Aula verlassen, wurden sie aufs Neue überrascht.

»Nun schaut euch das an, ist ja irre«, ließ Martin einen erstaunten Ausruf vernehmen.

Unmittelbar vor der Aula schwebten Hinweispfeile in den Farben der neuen Klassen über den Köpfen der Schüler. Sie blinkten einladend, um ihnen die Wege in die verschiedenen Trakte zu weisen.

Einige der neuen Schüler blieben erst einmal verdutzt stehen, um sich zu orientieren, denn alles blinkte durcheinander. Nach anfänglicher Verwirrung löste sich das entstandene Schülerknäuel auf, und die Klassen folgten ihren Pfeilen. Einzig die älteren Schüler strömten zügig in ihre Trakte und waren bald aus dem Blickfeld verschwunden.

»Kommt, die Magentapfeile werden uns unseren Weg anzeigen«, stellte Erik sachlich fest und ging seinen Freunden voran.

Schnell erreichten sie auf diese zwar eigenartige, aber sehr effektive Weise ihre Schlafräume. Sie waren recht behaglich eingerichtet. Alle wiesen nicht mehr als sechs Betten auf. Erleichtert stellte Justus fest, dass Edelmund und Ottokar am entgegengesetzten Ende des Ganges ein Zimmer bezogen und damit zum Glück in einiger Entfernung untergebracht waren. So würden sie sich hoffentlich nicht allzu oft über den Weg laufen. Es genügte schon, wenn sie sich jeden Tag in der Klasse begegnen würden.

»Nun seht euch das an, wir haben hier einen eigenen Waschraum mit Dusche und Toilette. Wahnsinn!«

Martin war begeistert. Das hatte er auf einer solch alten Burg nicht erwartet. Das konnte sich sehen lassen. »Ich bin echt baff. Kein Waschraumaufsuchen am frühen Morgen, das ist ja echt ein Angebot«, freute er sich.

Das Gepäck stand wie verheißen vor Ort. Nachdem sie die Betten aufgeteilt und ihre Sachen einigermaßen untergebracht hatten, ging es gleich wieder zurück in die Aula, um die Lehrer kennenzulernen.

Die vier Freunde und auch Miriam nahmen wieder auf ‚ihren‘ Stühlen Platz. Hier und da war aber noch ein vereinzeltes Quietschen und Rumpeln zu hören. Die Schüler mussten sich erst noch daran gewöhnen, dass jeder von ihnen einen persönlichen Stuhl besaß.

»Jetzt, da alle wieder hier versammelt sind«, hob Meister Gregorius an, wobei er seinen Stab mit der Kristallkugel zu Hilfe nahm, »möchte ich euch einige Personen vorstellen, die zu unserem Lehrkörper gehören und die euch in der nächsten Zeit unterrichten werden.«

Dabei deutete er auf die Tischreihe hinter sich, an der inzwischen das Lehrerkollegium Platz genommen hatte.

Ein vereinzeltes Kopfnicken ging durch ihre Reihe; manche verneigten sich höflich, während andere nur ein kurzes Nicken andeuteten.

»Sieh dir die Farben der Kukullen an. Sieht gewaltig aus!« Pauline war überwältigt von dem tollen Farbenspiel und stupste Justus aufgeregt in die Seite.

Rot, blau, türkis, braun, grün, gelb-orange und magenta waren in allen möglichen Nuancen zu sehen.

»Und die verschiedenen turbanähnlichen Hüte. Alle mit Pfauenfedern.« Einer der Lehrer hatte einen richtigen Busch extra langer Federn an seinem Hut. Das Aussehen dieses Lehrers stand in einem eigentümlichen Gegensatz zu seinen Kollegen.

Er war mehr als einen ganzen Kopf kleiner als die anderen. Und die langen Federn erweckten den Eindruck, als müssten sie seine geringe Körpergröße ausgleichen.

Lustig wippten sie unentwegt auf und ab, weil sein Kopf ständig in Bewegung war.

»Du, die haben alle solche Stäbe, guck‘ mal«, flüsterte Martin seinem Bruder zu, der wie immer still da saß und alles, so gut es aus der Ferne ging, sehr aufmerksam beobachtete.

Die Kukullen sahen einfach genial aus. Die Farben besaßen alle die unterschiedlichsten Schattierungen, die teilweise bis ins Tiefschwarze reichten. Wie bei den Schülern konnte man Symbole wahrnehmen, die sich auf den Umhängen bewegten. Das alles wirkte schon sehr mysteriös.

»Nun«, fuhr Meister Gregorius fort, »hier ist zunächst einmal meine Stellvertreterin, die ihr ja schon vor der Tür gesehen habt. Madame Griseldis von den weisen Steinen.«

Madame Griseldis verneigte sich huldvoll und lächelte freundlich, wobei der Eindruck einer liebenswürdigen und hellwachen Fürsorgerin entstand. Das satte Dunkelgrün ihrer Kukulle verlieh ihr etwas Sanftmütiges, das Vertrauen erweckte.

»Sie hat die Oberleitung unserer großen Bibliothek, die das Zentrum unserer Schule bildet, sie kennt jedes Buch und auch jeden Winkel in der Bibliothek. Zudem ist sie zugleich für die magische Formel- und Wörterkunde zuständig.«

Justus drehte sich ruckartig zu seinen Tischnachbarn um. »Was war das? Magische Formeln und Wörter? Hört sich ja spannend an. Wenn das so weitergeht, kann es ja noch heiter werden.«

»Madame Griseldis,« setzte Meister Gregorius hinzu, »führt morgen in der ersten Stunde die Klasse „Metatron“ in die Bibliothek ein.«

Ein weiterer Lehrer, der auf der anderen Seite der Reihe stand, räusperte sich, was allerdings etwas ungehalten klang. Meister Gregorius nahm das zum Anlass, um ihn gleich vorzustellen.

»Meister Joselin Ivarius de Bourgogne. Er ist zuständig für magische Kräfte, besonders für Telekinese. Einige von euch wissen sicher schon, was das ist. Die anderen werden es spätestens in den nächsten Tagen erfahren.«

Joselin Ivarius de Bourgogne machte keinen sehr anziehenden Eindruck. Seine Physiognomie, die spitze Nase und sein vorstehendes Kinn sahen nicht sonderlich vertrauenerweckend aus. Zudem erzeugten seine stechenden grünen Augen bei den meisten Schülern ein Frösteln.

Die tiefbraune Kukulle, in die er eingehüllt war, unterstrich diesen Eindruck nachhaltig. Einen eigenartigen Kontrast dazu stellten seine fahlgrauen Haare dar, die zu einer Stoppelfrisur geschnitten waren. Seine Finger zwirbelten unruhig an den langen Pfauenfedern seines Biretts herum, das vor ihm auf dem Tisch lag.

»Dann haben wir auf dieser Seite unseren Meister Sumerus von den alten Lettern, der sich in allen alten Sprachen auskennt.« Meister Gregorius wies auf den Lehrer, der die vielen Federn auf seinem Hut trug, und lächelte Meister Sumerus freundlich zu. »Bei ihm seid ihr immer gut aufgehoben, wenn ihr mit den alten Büchern, von denen wir eine ungeheure Menge haben, nicht zurechtkommt. Er ist jederzeit bereit, euch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.«

Meister Sumerus verneigte sich tief, wobei der Federbusch seiner Bewegung durch starkes Wippen Nachdruck verlieh. Er sah verschmitzt von seinem Platz auf die Schüler hinunter und schlenkerte mit seiner Kukulle, die in einem schönen vollen Türkiston erstrahlte. Sein Birett schimmerte in den gleichen Farben.

»Nicht zu vergessen Master Ethan von Eagleshead. Er ist für Telepathie zuständig. Neben Master Ethan von Eagleshead steht Madame Zetha Zethissima aus dem Elfenlande. Madame Zetha Zethissima kennt sich bestens mit den verschiedenen Phänomenen der Zwischenräume aus. Was das ist, erfahrt ihr von Madame Zetha in ihren Unterrichtsstunden.«

Master Ethan von Eagleshead, gänzlich in gelb-orange gehüllt, nickte unwillig in den Saal hinein und raschelte mit seiner Kukulle, weil er nur kurz vorgestellt wurde. Alle Augen richteten sich auf Madame Zetha Zethissima. Sie war von einer lichten, eigenartig hellblauen Aura umgeben, die sie von den anderen Lehrern auf besondere Weise abhob. Zudem war sie von äußerst zierlicher Gestalt, was die Wirkung der Aura noch unterstrich.

»Zwischenräume - was soll das denn schon wieder sein?« Pauline sah die Jungs fragend an, doch sie hatten ebenfalls keine Vorstellung davon, was Meister Gregorius damit meinen könnte.

»Das Ganze hier ist schon absolut schräg. Ich glaub‘, ich bin im falschen Film«, raunzte Justus einigermaßen ratlos.

»Madame Zetha Zethissima wird die Schüler der Klasse „Muriel“ morgen in „Interspatium“ unterrichten«, fuhr Meister Gregorius ungerührt fort.

»Des Weiteren möchte ich unseren Meister Froderik von den gläsernen Hütten vorstellen. Er ist Herr über unsere Kräuterküche und führt euch in die Kunst aller notwendigen Mixturen ein.«

Meister Froderik machte, wie er dort vorne stand, einen sehr zerstreuten Eindruck, wuselig und nervös. Seine Hände strichen unablässig über seine magentafarbene Kukulle. Die Pfauenfedern auf seinem Birett wippten gefährlich hin und her, da sein Körper unablässig in Bewegung war.

Natürlich blieben Meister Gregorius die vielen Fragezeichen, die sich in den Gesichtern der Schüler gebildet hatten, nicht verborgen. Doch er schien Spaß daran zu haben, die Kinder ein wenig zu verwirren.

»Master Ethan wird morgen in den beiden ersten Stunden die Anael-Klasse unterrichten. Der Unterricht findet im Raum „Epistmologium“ statt.«

Master Ethan von Eagleshead machte immer noch eine unzufriedene Miene. Die Prozedur der Vorstellung schien ihm zu missfallen und lästig zu sein. Er raffte seine Kukulle zusammen und verbeugte sich nochmals steif. Sein Gesichtsausdruck ließ für die nächste Unterrichtsstunde nichts Gutes erwarten.

Oberhalb des Lehrertisches schwebten die Namen der drei neuen Klassen in den jeweiligen Farben säuberlich aufgelistet untereinander. In der ersten Reihe war „Metatron“ und “Bibliothek“ zu lesen, in der zweiten Reihe „Muriel“ und „Interspatium“, gefolgt von „Anael“ und „Epistemologium“ in der dritten Reihe.

»Das sind ja schon ziemlich sonderliche Gestalten, diese Lehrer«, meinte Justus zu Pauline. »Einige scheinen enorm von sich eingenommen zu sein, findest du nicht auch?«

»Sie sind so anders als die Lehrer an unserer alten Schule. Dieser Master Ethan von Eagleshead macht auf mich den Eindruck, als wäre er was Besonderes. Wie der guckt und wie er so steif da steht.«

»Bei dem darf man bestimmt keinen falschen Ton sagen, geschweige denn irgendeinen Blödsinn machen, sonst ist man direkt unten durch«, mutmaßte Martin.

»Bei einigen wird es im Unterricht sicher ganz locker. Aber mit dem von Eagleshead ist nicht gut Kirschenessen, hab‘ ich stark den Eindruck.« Aus Justus‘ Worten konnte man eine leichte Frustration heraushören. »Mal sehen, wie‘s wird. So richtig wohl fühle ich mich noch nicht.«

»Mir geht‘s ähnlich.« In Paulines Blick konnte Justus einen leichten Zweifel über den zukünftigen Unterricht an dieser doch etwas merkwürdigen Schule feststellen. Doch wollte sie sich davon nicht unterkriegen lassen. »Sie werden uns schon nicht den Kopf abreißen, wenn wir mal was falsch machen.«

»Aber es sind ja nicht alle so wie dieser Master Ethan von Eagleshead oder dieser Joselin Ivarius de Bourgogne«, stellte Erik fest.

»Ich bin nur froh, dass Madame Griseldis für uns zuständig ist und nicht dieser Ethan.« Aus Justus Worten war die Erleichterung, dass Madame Griseldis ihre Klassenleiterin würde, herauszuhören.

Mit der Vorstellung der Lehrer neigte sich der erste Tag seinem Ende zu. Für den Anfang war alles reichlich aufregend gewesen. Es folgte noch ein gemeinsames Abendessen, bevor die Schülerinnen und Schüler sich erschöpft auf ihre Zimmer zurückziehen konnten.

Zum Frühstück brummte es in der Aula wie in einem Bienenstock. Neben lauten Rufen waren wie am Vortag noch vereinzelt quietschende Stühle zu hören. Einige der neuen Schüler wurden unsanft daran erinnert, dass sie auf den falschen Plätzen saßen. Unter den Neulingen herrschte jedenfalls große Aufregung.

Alle Schüler hatten sich, wie es hier üblich war, in ihre Kukullen gehüllt, die ein tolles Farbenmeer hervorriefen.

Auf den Emporen tummelten sich die älteren aus den anderen Stufen und standen zum Teil in Gruppen zusammen. Unzählige Augenpaare schauten auf das Treiben im Saal.

Unter ihnen gab es eine kleine Gruppe von Schülern, die sich über die Neulinge lustig machten. Einer von ihnen deutete in Paulines Richtung. Als Martin die Geste bemerkte, stupste er sie an. »Sieh mal, meint der dich?« Pauline schaute zu den älteren Schülern hinauf und merkte, dass der Junge neben ihr gemeint war.

»Du, schau mal da oben, da scheint dich einer zu kennen«, wandte sie sich an ihren Nachbarn und zeigte auf die kleine Gruppe. Der winkte hinauf, als er die Schüler sah und lachte über das ganze Gesicht.

»Kennst du sie?«

»Ja, das ist mein Cousin. Er ist zwei Klassen über uns.«

»Und wer bist du?«, wollte Pauline wissen.

»Ich bin der Joseph. Und der da oben ist Nicolas. Ich bin der Zweite aus unserer Familie hier auf Greifenstein.«

Die meisten Schüler hatten inzwischen Platz genommen und begannen mit dem reichhaltigen Frühstück. Den Neulingen fiel es noch schwer, sich zurechtzufinden.

»Da soll einer durchblicken.« Martin fühlte sich von der Situation überfordert. »Das hält man ja im Kopf nicht aus.« Mit einem Blick hinauf zu den Emporen meinte er zu Justus: »Hast du übrigens schon rausgekriegt, wie die da raufgekommen sind?«

Justus schüttelte den Kopf und zuckte nur mit den Schultern.

»Ist mir doch egal. Ich habe nur einen Riesenhunger. Lasst uns endlich was essen.«

Joseph hatte Martins Frage gehört. »Es gibt verschiedene kleine Temploctore, die zu diesen Emporen führen.« Martin sah ihn verwirrt an. Schon wieder diese Temploctore, die auch der Busfahrer erwähnt hatte.

Justus hatte sich inzwischen ein knuspriges Brötchen gepackt und bestrich es dick mit Marmelade. Alles, was das Herz begehrte, war zum Frühstück aufgefahren worden.

Aber mindestens so eindrucksvoll war die leuchtende Schrift, die unter seinem Teller zu sehen war. Auf dem Tisch vor ihm stand in großen Lettern:

»Guten Morgen, Justus« und darunter war zu lesen: »Wünsche wohl zu speisen!«.

»Nun seht euch das an«, entfuhr es ihm und deutete auf die Zeilen. »Steht bei euch auch so was?«

An den anderen Plätzen prangte derselbe Spruch mit den jeweiligen Namen.

»Das hat jeder von uns auf seinem Platz stehen. Scheint hier nichts Besonderes zu sein«, zeigte sich Pauline unbeeindruckt und schüttete sich dampfenden Kaffee in ihre Tasse.

Die Freunde genossen sichtlich das üppige Frühstück und die gute Übersicht über den gesamten Saal, die sie von ihren Plätzen aus hatten.

Miriams Stuhl, den Pauline zu sich herangezogen hatte, war jedoch noch leer.

»Hast du die andere nicht gesehen?«, fragte Justus und blickte verwundert auf den leeren Stuhl.

»Ich weiß nicht, wo sie steckt. Hab‘ nicht gesehen, wo sie hin ist. Sie liegt bei uns zwei Betten weiter.«

Doch kaum hatte sie es gesagt, kam Miriam schon zielstrebig auf ihren Tisch zu. »Ich musste noch einen geeigneten Platz für meine Geige finden«, sagte sie und ließ sich auf ihrem Platz nieder.

»Du spielst Geige?« Martin sah sie mit großen Augen an. »Super! Kannst uns ja mal was vorspielen.« Dabei grinste er Miriam kess an, so als wäre es schon beschlossene Sache.

Miriam sah ihn nachdenklich mit ihren blauen Augen an. Martin geriet in Verlegenheit. Sein Vorschlag war wohl etwas zu forsch gewesen.

Nach und nach betraten auch die Lehrer durch zwei Seiteneingänge neben der Empore den Saal. Fast unbemerkt war Meister Gregorius auf der Empore erschienen. Mit lauter Stimme bat er um Ruhe.

»Meine lieben Schülerinnen und Schüler«, schallte es durch den Saal. Wieder schien die Stimme von überall herzukommen. »Die neuen Klassen werden heute nach dem Frühstück zunächst die einzelnen Räumlichkeiten des Gebäudes kennen lernen, wie ich gestern schon mitgeteilt habe. Für die anderen geht der Unterricht dort weiter, wo er im letzten Schuljahr geendet hat.«

Die anderen Lehrer saßen inzwischen auf ihren Plätzen, tranken Kaffee oder Tee und ließen sich das Frühstück schmecken. Einige von ihnen blickten interessiert auf die große Schar der neuen Schüler und tuschelten vereinzelt miteinander.

Kurz darauf, das Frühstück neigte sich seinem Ende zu, erhob sich Madame Griseldis. »Ich bitte um kurze Aufmerksamkeit«, richtete sie sich an die Schüler. Auch sie war bis in den letzten Winkel des Saals zu verstehen.

»Wie ihr gestern schon erfahren habt, geht die Klasse Metatron heute zuerst mit mir in die Bibliothek, um dort alles kennen zu lernen, was für die Schüler wichtig ist. Die Klasse Muriel geht zusammen mit Madame Zetha Zethissima nach Interspatium und die Anaelianer haben ihre ersten Stunden in Epistemologium bei Meister Ethan.«

Augenblicklich legte sich bei der Ankündigung eine gespannte Stille über den Saal. Jetzt wurde es Ernst.

»Meine Klasse folgt mir bitte in das Eingangsfoyer.« Während sie noch sprach, hatten die Schüler der höheren Stufen die Emporen bereits verlassen.

Ein großes Geschiebe und Stühlerücken begann. Kurz darauf war Justus‘ Klasse im Foyer der Schule versammelt.

»Ich bin mächtig gespannt auf die Bibliothek. Sie soll Bücher zu allen nur erdenklichen Themen beinhalten«, wandte sich Justus an Erik, während sie sich ihr durch weite, hohe Gänge und breite Treppen näherten.

»Ich habe gehört, dass sie sogar zwei Ebenen haben soll. Und über der oberen Ebene soll eine mächtige gläserne Kuppel thronen«, schaltete sich Pauline ein. »Das hat mir eine Schülerin aus der Raphael-Klasse erzählt. Die sprach auch von verborgenen Räumen und langen Gängen, die nicht auf den ersten Blick zu sehen sind. Diese Bibliothek muss etwas ganz Besonderes zu sein. So klang es jedenfalls.«

Wenig später standen sie vor einer großen zweiflügeligen Holztür, über der sich ein schmuckvolles Schild mit der Aufschrift „Bibliothek“ befand. Rechts und links flankierten zwei unglaublich große Engel den Eingang. Sie schauten auf die Schar der quirligen Schüler herab, als wüssten sie nicht recht, ob sie diese Meute überhaupt einlassen sollten. Man konnte auch hier den Eindruck bekommen, als wären sie total lebendig, genau wie die Engel in der Eingangshalle.

Die beiden Türflügel besaßen bronzene Türgriffe, die die Form zweier Engel hatten. Auch die Gesichter dieser kleinen Engel erweckten den Eindruck, als wachten sie ebenfalls über die Bibliothek und deren Inhalt.

Erik betastete vorsichtig einen der beiden Griffe. Obwohl sie aus Bronze waren, fühlten sie sich warm und geschmeidig an.

»He, schau mal und fass’ mal an«, wies er Justus auf seine Entdeckung hin. »Die Griffe fühlen sich so ganz anders an, als wären sie überhaupt nicht aus Metall.«

»Tatsächlich, kaltes Metall ist was anderes. Die hier fühlen sich eher an, als wären sie lebendig«, stellte Justus fest. Verblüfft betastete er mit den Fingerspitzen die Griffe. »Ich frage mich wirklich, in welche Schule wir hier geraten sind. Das ist hier alles reichlich mysteriös.«

Es war in der Tat ein höchst erstaunliches Phänomen. Doch sie kamen nicht mehr dazu, sich weiter mit ihrer Entdeckung zu beschäftigen, denn im nächsten Augenblick stand Madame Griseldis bei ihnen. Kaum stand sie vor der Tür, schwangen die Türflügel geräuschlos wie von Zauberhand auf, und Madame Griseldis bat die muntere Schar hinein. Das brauchte sie nicht zweimal zu sagen, die warme Atmosphäre der Bibliothek zog die Schüler regelrecht wie von Geisterhand in den Saal hinein.

Justus Peyrikus

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