Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 7 - Martina Meier - Страница 9
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Der verlorene Klöppel
Wie in jedem Jahr herrschte vor Weihnachten im Reiche des Weihnachtsmannes, in der Stadt am kalten Ende der Welt, große Aufregung. „Oh jemine, oh jemine, Wichtelzwerg und Winterfee, Jutesack und Sternenstrahl, nichts wird fertig allzumal!“, jammerte Ruprecht, der persönliche Assistent des Weihnachtsmannes. Das war nichts Besonderes, denn er begann immer schon um die Osterzeit herum zu jammern. Deshalb wurde er von den anderen fleißigen Weihnachtsgeistern nicht so recht ernst genommen. Im Gegenteil, die kleinen Weihnachtselfen kicherten und die Wichtel zogen Grimassen und äfften den Ruprecht nach. Zum Glück war der aber so beschäftigt, dass er keinen Blick für dererlei Späße hatte, sonst hätte es bestimmt ein Donnerwetter gegeben!
Es geschah einen Tag vor Weihnachten. Der große Schlitten des Weihnachtsmannes war hoch mit Geschenken beladen, die Rentiere warteten darauf, bald angespannt zu werden, und scharrten schon ungeduldig mit den Hufen. Ruprecht hatte eine Generalprobe angesetzt, etwas, das er in jedem Jahr tat. Er war der Meinung, nur nach einer Generalprobe würden der Weihnachtstag – und vor allem die Nacht – reibungslos ablaufen! Außerdem bestimmte er dabei immer die fünf Elfen, die dem Weihnachtsmannschlitten voranflogen und die gläsernen Weihnachtsglöckchen läuteten. Jede Elfe war für einen Teil der Erde zuständig, und das Läuten zeigte den Rentieren den Weg.
In diesem Jahr fiel seine Wahl auf Mariele, Amili, Nini, Leni und Mirie. Hei, wie freuten sich da die Ausgewählten! Aufgeregt flatterten sie herbei und bekamen von Ruprecht ihre Glöckchen ausgehändigt. „Dass ihr ja gut darauf aufpasst“, mahnte er die Elfen, deren Übermut er zur Genüge kannte.
„Aber ja, aber ja doch, lieber, lieber Ruprecht“, riefen die Fünf und tanzten einen Flatterreigen durch die Luft, von dem einem beim Zusehen angst und bange werden konnte. Und – hast du nicht gesehen – geschah auch schon das Unglück! Mirie stieß bei einem turbulenten Rückwärtsflug mit dem Popo heftig gegen den Schlitten. Dabei fiel ihr das Glöckchen aus der Hand, wirbelte hoch hinaus und landete auf einem halb vollen Sack Heu. Erschrocken hielten alle Elfen inne, dann eilten sie schnell an die Absturzstelle, um nach dem Glöckchen zu suchen. Das hatten sie auch bald gefunden, und es sah so aus, als wäre nichts kaputt gegangen.
Aber schnell bemerkte Mirie, dass ihr Glöckchen nur auf den ersten Blick in Ordnung war. Etwas Schlimmes war passiert: Der Klöppel hatte sich gelöst und war verschwunden! Und ohne Klöppel konnte das Glöckchen nicht klingen! Mirie schüttete das Heu aus dem Sack, sie suchte und suchte, kein Klöppel war zu finden. Verzweifelt saß das kleine Elfchen inmitten des Heuhaufens auf dem leeren Sack und weinte herzzerreißend. Was sollte sie nur tun? Die anderen Elfen trösteten sie und halfen, das Heu wieder in den Sack zu stopfen.
„Bestimmt ist der Klöppel auf den Schlitten gefallen und liegt nun inmitten der Geschenke“, meinte Leni.
„Dann werden wir ihn nicht finden“, sagte Nini und strich der traurigen Mirie über die blonden Löckchen.
„Ich weiß, was wir tun“, rief Amili, „wir fragen die Wichtel, die sind doch so geschickt, vielleicht können sie einen neuen Klöppel anfertigen?“
Gesagt, getan.
Amili und die anderen Elfen flogen mit Elfenhochgeschwindigkeit zur Wichtelwerkstatt. Dort angekommen hörten sie fröhlichen Gesang. Die Arbeit der Wichtel war für dieses Jahr beendet. Jetzt räumten sie auf und putzten, dazu sangen sie das Weihnachtswichtellied:
Weihnachtswichtel werden wir genannt,
sind bekannt in Stadt und Land.
Fleißig, fleißig das ganze Jahr
ist die Weihnachtswichtelschar!
Lalala und lulalei, fleißig ist die Wichtelei!
Lalala und lulalei, fleißig ist die Wichtelei!
„Hallo, hallo, alle mal herhören!“ Amili stellte sich auf die große Werkbank, um von allen gesehen zu werden. Da kamen alle Wichtel herbei und wollten wissen, was es denn so Wichtiges gäbe. Die kleine Elfe erzählte, was passiert war, und dass sie nun unbedingt schnell, dringend, und ohne dass Ruprecht etwas von dem Vorkommnis erfuhr, einen neuen Klöppel für das Glöckchen von Mirie brauchten!
„Mmh, das wird nicht einfach“, meinte der Holzwichtel – eigentlich war er für die Schaukelpferde und anderes Getier zuständig. „Ein Holzklöppel, der klingt nicht, da kann ich leider nicht helfen!“ Auch vom Schneiderwichtel war keine Hilfe zu erwarten, denn ein Klöppel aus Stoff? Da würde man ja rein gar nichts hören! Auch die anderen Handwerker der Wichtelwerkstatt hatten keine Idee. Da begannen die Elfen zu weinen. Mirie konnte vor lauter Traurigkeit nicht mehr fliegen und wollte gerade mit hängendem Köpfchen zu Ruprecht gehen und das Missgeschick beichten, da öffnete sich die Türe und herein kam Quirin, der Glasbläserwichtel.
„Nanu, was ist denn hier los?“, fragte er. „Morgen ist Weihnachten, da wird nicht geweint!“
Mirie erzählte schluchzend von ihrem Missgeschick.
„Mirie, Mirie, da sieht man mal wieder, wie wenig gut der Übermut tut! Aber ich kann dir helfen. Komm mal mit!“ Quirin nahm Mirie bei der Hand und ging mit ihr und den anderen Elfen in seinen Werkstattteil. Oh, wie glitzerte und funkelte es dort. Christbaumkugeln in allen Farben gab es zu sehen, gläserne Vögel und Tannenzapfen. Einfach wunderschön!
„So, jetzt gib mir mal dein Glöckchen“, sagte Quirin, „damit ich die Größe des Klöppels messen kann. Und dann geht ein wenig zur Seite, es wird heiß!“ Mit offenem Mund schauten die Elfchen Quirin zu. Der pustete mit dicken Bäckchen in ein Rohr, an dessen Ende aus einer Glasstange über dem Feuer ein Klöppel entstand. Quirin öffnete eine Schublade, holte eine passende Öse heraus und befestigte dann den Klöppel im Glöckchen.
„Kleine Klangprobe gefällig?“ Er grinste über das ganze Wichtelgesichtchen.
„Oh danke, danke“, riefen die Elfen im Chor und: „Quirin, du bist der Größte, nein, der Allergrößte!“
Jetzt wurde Quirin verlegen. „Ihr müsst wissen“, sagte er, „vor vielen, vielen Jahren habe ich diese Weihnachtsglöckchen geblasen, aus himmlischstem Glas. Damals hatte ich viel Arbeit, denn die Menschen schmückten ihre Christbäume mit den schönsten Glaskugeln, die ihr euch denken könnt. Leider nehmen sie heute viel Plastikzeug und hängen das an die Zweige. Deshalb habe ich nicht mehr viel zu tun. Umso mehr freut es mich, dass meine Kunst euch helfen konnte. Jetzt aber rasch, bevor euch Ruprecht vermisst, ich denke die Reise wird bald losgehen!“
Da bedankten die Elfchen sich noch mal und flogen winkend davon. Sie kamen genau rechtzeitig zum großen Abflug an, schwangen sich in die Lüfte und läuteten mit ihren gläsernen Glöckchen die Weihnacht ein.
Andrea Lutz war schon als Kind extrem fabuliersüchtig. Dieser Sucht ist sie bis ins Erwachsenenalter treu geblieben. Ihre Geschichten, Märchen und Gedichte können in über 50 Anthologien und eigenen Büchern gelesen werden.