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Vom Schwarzen Tod zum Corona-Kapitalismus: Poetik und Politik der Pandemie

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Wrights Roman umreißt das Terrain, auf dem sich die Corona-Literatur entfaltet; bis in die Gegenwart werden über die Epi-/Pandemiethematik politische Problematiken verhandelt. Selbst in einem nuancierten Text wie Mandels Station Eleven (2014) verbreitet sich die tödliche „Georgia Flu“ von Moskau aus, wobei die Reaktion georgischer und russischer Behörden, „somewhat less than transparent“, die Katastrophe begünstigt (2015: 21); brachialer operiert Robin Cook in seinem „Medical Thriller“ Pandemic (2018): Der Sohn eines chinesischen Milliardärs, der sein Business in die USA verlagert, rächt sich via Sabotage des väterlichen Biotechprojekts.

In diesem globalen Kontext situiert sich auch Ling Mas Severance (2018), 2021 als New York Ghost in deutscher Übersetzung publiziert. Hier ist es eine rätselhafte „fungal infection“ (19), deren Einschätzung zunächst schwerfällt: „Either Shen Fever was no bigger an issue than the West Nile virus, or it was on the level of the Black Plague“ (215). Von frühen, z. T. direkt Corona-aktualisierten Symptomen wie „memory lapse, headaches […] shortness of breath, and fatigue“ führt das Fieber zu „a fatal loss of consciousness“ (19); zombifizierte „creatures of habit“, wiederholen die Kranken bis zum Tod sinnentleerte „old routines“ (28), gefangen in einem „infinite loop“ (62). Jenes „fever of repetition“ (62) karikiert die Deformation des wohlkonditionierten kapitalistischen Subjekts; im verwüsteten New York filmt die Erzählerin eine erkrankte Verkäuferin, die, allein im Shop, ihre jahrelang eingeübten Gesten fortsetzt: „She was clearly good at her job […]“ (258). Zugleich emblematisiert die Epidemie eine auf neokolonialer Exploitation beruhende Ökonomie: Protagonistin Candace, als „New York Ghost“ ihrer chinesischen Kindheit entfremdet, ist für einen US-Medienkonzern mit dem fantomatischen Namen „Spectra“ tätig; dort zeichnet sie für die „manufacture of books“ – konkret Bibeln – „in third-world countries“ (11) verantwortlich, die unter Missachtung der elementarsten Arbeiterrechte vonstattengeht. Aus den chinesischen „manufacturing areas“ mit ihren sozial wie ökologisch desaströsen „factory conditions“ wird das Fieber – so die dominante These – in die USA (re-)importiert (210).

Auch an diesen kapitalismuskritischen Strang moderner Epidemieliteratur knüpft der Diskurs zur Corona-Pandemie an: „Corona-Kapitalismus“ wie „Corona-Nationalismus“ analysiert Bertz (Ed. 2021), während die Initiative ZeroCovid den „kapitalistischen Seuchenstaat“ attackiert (Klein 2021). Dergleichen Reflexionen weisen weit zurück in der Literaturgeschichte: Boccaccio, der seinen Epidemieflüchtlingen einen luxuriösen Landsitz bietet, geistert durch Žižeks Plädoyer für einen neuen Krisenkommunismus (2020: 77). Defoe (1995) schildert, wie im Pestjahr 1665 „the richer sort of people“ eilig London verlässt, ungeachtet der „unhappy condition of those that would be left in it“; zugleich meditiert sein Erzähler über die egalitäre Dimension der Seuche, die „poor and rich“ Seite an Seite „into the common grave of mankind“ schickt.

Corona im Kontext: Zur Literaturgeschichte der Pandemie

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