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„Es ist ja Corona nicht bloß ein Virus, sondern auch eine eigene Textgattung geworden […]“: Scherzhaft schlägt Schuh (2021) vor, Corona gleich „als Textsorte in die Maturaprüfung aufzunehmen“. Für eine literarhistorische Perspektive auf die sich als neues transversales Genre etablierende Corona-Literatur ist es aktuell zu früh; noch ist nicht einzuschätzen, wie die „post-pandemic fiction“ (Bohjalian 2020) sich entwickeln, ob „Sci-fi and Corona-Lit“ im Lauf der 2020er zu „a new genre of storytelling“ zusammenfinden werden (Bloom 2020). Und doch ist es von Interesse, schon jetzt einen Blick auf diese Literatur zu richten, die die Corona-Krise in Echtzeit zu verarbeiten versucht. Die Spanische Grippe, die ein langes Pandemic Century (Honigsbaum 2020) eröffnet, wird im Kontrast zu Corona zeitversetzt literarisiert; nachträglich markiert die „vergessene Pandemie“ (Crosby 2003) eine künstlerische „rupture as violent as the parting of the Red Sea“ (Spinney 2018: 261). Ist im Corona-Kontext, wie Elizabeth Outka vermutet, mit einem ähnlichen „shake-up of form“ (zit. Vincent 2020) zu rechnen? Läutet, wie Beigbeder (2021: 13f.) in Anbetracht einer „comme le coronavirus“ mutierenden Literatur spekuliert, die Pandemie den Beginn einer innovativen „littérature du XXIe siècle“ ein?

In diesem Sinne bietet dieser Dialoge-Band ein unweigerlich nicht exhaustives, doch repräsentatives Panorama rezenter Corona-Literatur. Wie wird eine bis in die Antike zurückreichende Tradition der Epi-/Pandemieliteratur in einem neuen gesellschaftlichen und medialen Kontext transformiert? Wie werden politische und wissenschaftliche Corona-Diskurse, aber auch Verschwörungsnarrative reflektiert? Wie Krankheit und konkret Covid erzählen? Angesichts einer globalen und doch kulturspezifisch akzentuierten Krise werden diese Fragen anhand einer Vielfalt von Beispielen aus unterschiedlichen Sprachen und Genres diskutiert, vom parodistischen Lockdown-Tagebuch aus Frankreich bis zum deutschen Corona-Thriller, von US-Pandemielyrik bis zum russischen philosophischen Corona-Roman. Neben einem internationalen Bestseller wie Fang Fangs Wuhan Diary werden zahlreiche im deutschen Sprachraum noch kaum bekannte Texte präsentiert; über Europa, die USA und Kanada hinaus kommen Autor*innen u. a. aus Lateinamerika, China und Indien, Israel und dem Libanon zu Wort. Neben individuellen Werken werden literarische Kollektivprojekte – so eine Auswahl seit Frühjahr 2020 florierender Decameron-Variationen – vorgestellt.

Corona im Kontext: Zur Literaturgeschichte der Pandemie

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