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Von Contagion bis Corona World: Corona-Literatur im medialen Kontext

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„We ‚imagine‘ this kind of disaster all the time […]“, gibt Yu (2020) zu bedenken. Aus pandemischem Anlass wird die Relation zwischen Realität und Fiktion neu verhandelt: Signifikant der Fall von Peter Mays Thriller Lockdown, 2005 als „extremely unrealistic“ abgelehnt, im Frühjahr 2020 eilig nachgereicht (zit. Elassar 2020). „Für mich ist die Science-Fiction am Ende, alles, was man sich nach dieser Pandemie vorstellt, wird zu wenig sein“, befürchtet Rafael Gumucio (zit. Espinoza 2020). Und doch sind es entsprechende Fiktionen, die einen „frame of reference“ (Ma 2018: 29), nur scheinbar paradoxen „comfort“ stiften (Vincent 2020); in der Tat verbessert filmische „Pandemic practice“ individuelle Krisenresilienz (Scrivner/Johnson et al. 2021). Der Literatur ist diese Einsicht nicht neu: Seine „disaster preparedness“ verdankt Emily St. John Mandels Protagonist allerlei „action movies“ (2015: 21). Ein Film wie Wolfgang Petersens Outbreak (1995) wird als Medium populärer Bewusstseinsbildung valorisiert, ob drohender „apocalypse fatigue“ kontroverse Strategie (Spinney 2018: 282). Trotz SARS und Ebola habe man sämtliche „serious preparations“ vernachlässigt, so Žižek: „the only place we dealt with them was in apocalyptic movies like Contagion“ (2020: 64). Eben Steven Soderberghs u. a. von SARS und der Influenzapandemie 2009 inspirierter Film (2011) wird im Coronajahr 2020 zum Bestseller.

Bereits die Prä-Corona-Epi-/Pandemieliteratur reflektiert nicht nur filmische Fiktion: Mit „a near-religious fervor“ lässt Ling Ma ihren Antihelden „every iteration of Warcraft“ spielen. „Just in case the apocalypse happened?“, erkundigt sich eine Ko-Überlebende: „For when the apocalypse happened“, korrigiert der WoW-Fan (2018: 4f.). Von der Corona-Krise profitiert Plague Inc. (2012): Zunächst explodieren die Downloadzahlen in China; Ndemic Creations warnt indes davor, das Videospiel mit der Realität zu verwechseln: „We would always recommend that players get their information directly from local and global health authorities.“ Ende Februar 2020 wird Plague Inc. in China verboten, während es den US-Centers for Disease Control and Prevention als legitimes Vehikel popularisierter „serious public health topics“ gilt (Khan 2013). Angesichts der aktuellen Pandemie setzt die Produktionsfirma mit The Cure (2020) auf ein PR-trächtiges Konterprogramm. Nicht überraschend nutzt dieses Genre, das virtuell kathartische Kontrolle bietet, schon die frühe Corona-Fiktion: Zum Kampf mit SARS-CoV-2 lädt Fauci’s Revenge; Corona World schickt eine Krankenschwester als neue Superheldin los. Auf ironische Computerspielästhetik setzt die Punkrock-Band ZSK mit ihrem Clip „Ich habe Besseres zu tun“, Hommage an den Star-Virologen der Charité.

Corona im Kontext: Zur Literaturgeschichte der Pandemie

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