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Beim Blut toter Amerikaner

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Morgen

Seit ich die ersten Zeilen dieses Textes schrieb, ist in Europa der Krieg ausgebrochen: ein Krieg voller leidender tapferer Frauen und toter Kinder, voll deutscher Gier, Grausamkeit und Dummheit, voll französischen Schneids und Frohsinns, voll glänzender französischer Tapferkeit.

Auf irgendeine Weise wirkt er sich auf jeden aus, der auch nur die ›Schlagzeilen‹ liest.

Der Effekt auf mich: er macht eine argwöhnisch patriotische Amerikanerin aus mir.

Er bringt mich dazu, mit einem seltsamen, wütenden, persönlichen Schamgefühl an Lexington und Gettysburg zu denken.

Dass wir Amerikaner sind, verdanken wir nicht dem Zufall, sondern dem Blut toter Amerikaner. Aber wir nehmen an, wir würden es dem Zufall verdanken.

Wir legen uns hin wie eine Nation von Mistkerlen und lassen uns stellvertretend von den sturherzigen Hunnen tyrannisieren.

Es wäre Amerikas Pflicht gewesen, in dem Augenblick, in dem die Passagiere der Lusitania ermordet wurden, in den Krieg einzutreten. Wir waren dafür nicht »zu stolz«, sondern hatten Angst. Hatten Angst und waren unvorbereitet.

Unvorbereitet rechtfertigt hier nichts.

In Lexington waren sie auch unvorbereitet.

Ich sehne mich durchaus mit Leidenschaft danach, meine beiden schwarzen Kleider gegen weiße Kleider mit dem Roten Kreuz auf den Ärmeln einzutauschen: um meinem Land in Tagen des Sterbens und der Ehre zu dienen.

Dies brennt mir all die Zeit unter den Nägeln, in der ich hier an diesem fehlerhaften Lied über mich selbst weiterschreibe.

ICH. Aufzeichnungen aus meinem Menschenleben

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