Читать книгу Warum ich trotzdem Christ bin - Matthias Clausen - Страница 10

Das erste Versprechen: Sinn

Оглавление

Stellen wir uns einen Augenblick vor, der Atheismus hätte recht. Und wir wären tatsächlich allein, ohne Gott, im Universum. Dann wären auch alle unsere Ideale, Wertmaßstäbe, Ziele, all das, was wir als Sinn erkennen, allenfalls unsere private Idee. Es wäre für uns selbst sicherlich wichtig, aber es hätte unabhängig von uns keinerlei objektive Geltung. Auch wenn uns etwas also noch so wichtig wäre, beispielsweise ein humanitärer Wert oder ein Lebensziel – wenn es oberhalb und außerhalb von uns Menschen niemanden gibt, der diesen Wert bestätigt, dann existiert dieser Wert nur in unserem Kopf. Er ist völlig subjektiv, wie ein Geschmacksurteil: „Mir gefällt es aber besser so.“ Das meinen wir aber ja nicht, wenn wir sagen: „Mein Leben hat Sinn, weil …“ Oder: „Ich engagiere mich für diesen oder jenen Wert, weil …“ Solche Sätze sind etwas völlig anderes als der Satz: „Ich mag lieber Erdbeereis als Zitroneneis.“ Aber wenn nichts objektive Geltung hat, dann gibt es auch zwischen diesen beiden Sorten von Sätzen keinen Unterschied. Denn dann gibt es keinen objektiven Wert, keinen tieferen Sinn, nichts als: „Geschmackssache.“

Das machen wir uns oft nicht klar – zum Glück! Denn wir leben ja zumeist so, als ob unsere Wertvorstellungen eben doch Geltung haben. Vor einigen Jahren kam ich am Rand einer Vortragsveranstaltung an einer Uni im Ruhrgebiet ins Gespräch mit einem Studenten, der ein kleines bisschen abseits stand. Ich fragte ihn, was er denn vom christlichen Glauben halte.

Er antwortete sinngemäß: „Damit habe ich mich schon beschäftigt, das habe ich durch, das ist nichts für mich.“

Ich entgegnete: „Okay, das sehen ja einige Menschen so. Was glaubst du denn stattdessen? Glaubst du, dass es einen Gott gibt? Glaubst du, dass es irgendeinen tieferen Sinn gibt?“

Er sagte: „Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, es gibt nichts als die materielle Welt.“

Ich sagte wieder: „Okay, auch das sehen viele Menschen so.“

Und wir kamen weiter ins Gespräch. Wir unterhielten uns über seine Hobbys und Interessen, er erzählte mir davon, dass er elektronische Musik am Computer entwirft; wir unterhielten uns über Beziehungen und Freundschaften, und seine Augen leuchteten.

Irgendwann sagte ich: „Stopp. Ich nehme da eine Spannung wahr in dem, was du sagst. Wenn das wirklich stimmt, was du vorhin gesagt hast: dass es nichts gibt als die materielle Welt – dann ist doch all das, wovon du seitdem gesprochen hast und was dir so wichtig ist, nämlich Musik, Kreativität, Beziehungen, Freundschaft – dann ist all das doch nichts weiter als: H2O. Nur ein bisschen komplizierter. Das glaubst du doch nicht wirklich?“

Und er sagte: „Nein.“ (Pause.) „Das glaube ich eigentlich nicht.“

Er hat daraufhin nicht meine Sichtweise der Dinge übernommen, das muss ich einräumen. Sondern wir gingen irgendwann getrennter Wege. Aber er wurde zumindest nachdenklich. Wie passt das, was er vorgeblich glaubt, mit dem zusammen, was er lebt?

Dass man mich richtig versteht: Ich sage nicht: „Wie kann man nur so etwas glauben – dass es keinen Gott und keinen Sinn gibt!?“ Sondern ich stelle nur die Frage: Überlegen Sie doch einmal, ob Sie wirklich so leben, wie Sie zu glauben erklären. Manches kann man behaupten, aber nicht alles, was sich behaupten lässt, lässt sich auch ohne Weiteres leben. Vielleicht „redet“ Ihr Leben ja doch davon, dass Sinn mehr ist als unsere private Idee.

Was also, wenn es Sinn wirklich gibt? Und unsere Ahnung berechtigt ist: Unser Leben hat Sinn. Wir leben ja zumeist so wie Menschen, die daran glauben. Was ist, wenn wir damit recht haben?

Wenn ich an Jesus glaube, mein Leben im Vertrauen auf ihn, im Gespräch mit ihm lebe – dann erfahre ich von ihm: Mein Leben hat Sinn – und dieser Sinn kommt von Gott. Anders gesagt, mein Sinn kommt vom Erfinder der Wirklichkeit selbst, und deswegen ist dieser Sinn nie nur meine private Idee.

Wenn ich das glauben kann, dann bekommt auf einmal alles Bedeutung. Nichts in meinem Leben ist zu nebensächlich, zu unbedeutend, als dass es Gott interessieren könnte. Gott findet mich sinnvoll, jede Sekunde meines Lebens, jeden meiner Atemzüge, und das erfüllt selbst das kleinste Detail meines Alltags mit Sinn. Es kann höchstens sein, dass dabei das „Kleine“, das vermeintlich nicht so Wichtige, viel mehr Bedeutung bekommt als das vermeintlich „Große“.

Ich glaube zum Beispiel, dass für Gott akademische Titel nicht so fürchterlich interessant sind. Ein „Dr.“ oder ein „Prof.“, diese Buchstaben zu erwerben kann mehrere Jahre Lebenszeit kosten. Es ist auch nicht sinnlos, kann helfen, bestimmten Tätigkeiten nachzugehen, bestimmte Einsichten zu gewinnen. Aber darüber hinaus und erst recht aus der Sicht Gottes sind diese Buchstaben herzlich unwichtig. Ein kleiner, unscheinbarer Ausdruck von Liebe und Zuwendung dagegen, das ist für Gott, wie ihn die Bibel beschreibt, enorm wichtig. Wer das begreift, für den ist auf einmal jeder Moment des Tages mit Sinn aufgeladen, weil er jeden Moment mit Gott erlebt.

Um mir nochmals einen Gedanken des Autors C. S. Lewis auszuleihen: Es kann zum Beispiel sein, dass Sie in genau diesem Moment unterbrochen werden. Sie lesen gerade dieses Buch (was mich natürlich freut), und plötzlich fordert jemand Ihre Aufmerksamkeit. Ihr Ehepartner möchte Ihnen etwas sagen, Ihr Kind tippt an Ihre Schulter. Es kann sein, dass aus Gottes Sicht dieser Moment, diese Begegnung mit diesem Menschen, zu den wichtigsten des Tages gehört. Es kann sein. Ich selbst weiß es nicht, woher auch, aber Sie können es eher ahnen als ich.

Wenn ja, dann legen Sie gern das Buch zur Seite, es läuft nicht weg. Und schenken Sie dem anderen Ihre Aufmerksamkeit.

Willkommen zurück. Vielleicht war ja gerade auch niemand da. Aber es ist hoffentlich deutlich geworden: So mit Gott, mit Jesus zu leben, ist kein bisschen abstrakt. Alles, auch das Kleine, Unspektakuläre, kann höchst sinnvoll werden, weil ich es zusammen mit Gott erlebe. Im Detail steckt eben nicht der Teufel, wie das Sprichwort sagt (das gilt allenfalls für Bedienungsanleitungen), sondern der Schöpfer. Und das ist längst nicht alles.

Warum ich trotzdem Christ bin

Подняться наверх