Читать книгу Warum ich trotzdem Christ bin - Matthias Clausen - Страница 7
Die Frage nach dem Wozu
ОглавлениеDeswegen stellen Menschen oft eine eher pragmatische Frage: „Was bringt’s?“ Anders gefragt: „Wozu? Wozu ist das gut? Was kommt dabei heraus?“
Ganz ehrlich: Ich finde diese Art zu fragen gar nicht so schlecht. Ich finde zwar, dass sie nicht ausreicht. Ich bin sogar überzeugt, dass es zu unserem Menschsein dazugehört, noch tiefer nachzufragen, auch die Frage zu stellen: „Was ist denn die Wahrheit?“ Und zwar erst einmal unabhängig vom Nutzwert. Was wahr ist und was nicht, interessiert mich ganz ungemein.
Trotzdem finde ich die Frage „Wozu?“ berechtigt. Weil sie helfen kann zu sortieren. Welches Sinndeutungs-Angebot verdient weiteres Nachdenken, und welches scheidet schnell aus? Um das herauszufinden, hilft ein simples „Wozu ist das gut?“ manchmal ungemein.
Zum Beispiel wenn uns vermittelt wird, es gehe im Leben ums Geldverdienen, und zwar allein ums Geldverdienen. Oder wenn uns vermittelt wird: Es gehe ums Karrieremachen. Wenn das für Menschen der einzige Sinn im Leben wird, kann das seltsame Blüten treiben. So wie in folgender Szene, an die sich der Autor und Theologe Christian A. Schwarz einmal erinnert:
„Ein Freund von mir – ich unterstelle, dass er es wirklich gut mit mir meinte – redet beständig auf mich ein, ich müsste doch etwas dafür tun, dass ein bestimmter Unternehmer ‚eine bessere Meinung über mich‘ gewinne. Und dann erzählte er mir von seinem Erfolgsrezept: ‚Ich habe ihm schon öfter nach 23 Uhr ein Fax aus meinem Büro geschickt. Das hat ihn sehr beeindruckt. Vielleicht solltest du das auch einmal machen.‘“5
Heute wäre es eine E-Mail oder Messenger-Nachricht. Aber das Prinzip hat sich nicht geändert, jedenfalls für Menschen, für die Geld oder Karriere tatsächlich an erster Stelle stehen. Mir fällt dazu nur der Satz des Schauspielers Peter Ustinov ein: „Was der Sinn des Lebens ist, weiß keiner genau. Jedenfalls hat es wenig Sinn, der reichste Mann auf dem Friedhof zu sein.“
Die Frage „Wozu?“ oder „Was bringt’s?“ ist also gar nicht so schlecht. Deswegen kann ich zumindest verstehen, wenn Menschen diese Frage auch an den Glauben richten: „Wozu? Wozu glauben – wozu Gott?“
Das war zwar nicht die erste Frage, die ich mir selbst gestellt habe, auf meinem eigenen Weg zum Glauben. Ich bin ja nicht etwa als Theologe auf die Welt gekommen, auch nicht als Christ, sondern als Baby. Ich bin in einem im guten Sinne kirchlichen Elternhaus aufgewachsen. Aber zu einem engagierten, eigenständigen Glauben habe ich erst als Jugendlicher gefunden, in Kontakt mit einer christlichen Jugendgruppe im Nachbarort. Ich bin dort hingegangen, weil ich die Leute nett fand. Aber dann hat mich etwas beeindruckt, was ich erst hinterher in Worte fassen konnte. Und zwar so, wie es ein Theologe einmal über eine Gruppe besonders engagierter Christen sagte: Sie redeten von Gott so, als ob es ihn wirklich gäbe.
Das hatte ich so noch nicht erlebt. Gott als Idee, als Vorstellung, als Möglichkeit – ja. Aber als jemand, der etwas mit mir vorhat, der im Gespräch mit mir ist, mir Sinn gibt und einen Anspruch auf mein Leben hat – das war mir neu. Und das hat mich so beeindruckt, dass ich mir eine Frage gestellt habe, die für Jugendliche vielleicht ungewöhnlich ist, es war aber meine Frage, nämlich: Ist das Ganze wahr? Stimmt das, was diese Menschen sagen? Es kann ja nur eins von beiden sein, wahr oder nicht wahr. Wenn es nicht wahr ist, ist es für mich nicht relevant, auch wenn es sich noch so gut „anfühlen“ sollte. Wenn es wahr ist, ist es in jedem Fall wichtig, auch wenn ich das jetzt noch nicht absehen kann.
Das also war meine zentrale Frage, und sie ist mir bis heute am wichtigsten: Ist es wahr? Beschreibt der christliche Glaube die Wirklichkeit zutreffend? Ich glaube nicht zuerst deswegen, weil mir Glaube an Jesus „etwas bringt“, sondern weil Jesus mich überzeugt.
Und doch kann ich die Frage nach dem Wozu? verstehen. Denn vielleicht sagen Sie sich ja: „Es mag sein, dass es gute Gründe für den Glauben gibt. Aber bevor ich mich damit befasse, möchte ich erst einmal wissen, was sich denn durch den Glauben in meinem Leben ändern würde – also ob sich das Nachdenken darüber lohnt.“ Das kann ich nachvollziehen.