Читать книгу Das sagt aber - Matthias Eckert - Страница 6
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ОглавлениеZwischenzeitlich hatte ich mit mehreren Kollegen, die schon Auseinandersetzungen mit dem Dienstherrn hinter sich hatten, in der Folge Veteranen genannt, gesprochen. Alle rieten einen Anwalt zu nehmen. Denn ohne würde die BPOL einen gar nicht ernst nehmen und machen was sie wolle, egal ob rechtmäßig oder nicht. Schon Auftreten und Umgangsformen der Vorgesetzten seien in Anwesenheit eines Anwalts völlig anders.
Ein Kollege riet sogar, ohne anwesenden Anwalt überhaupt keine Gespräche in der Sache zu führen. Sofern das nicht möglich war, was es realistisch betrachtet oft nicht sein würde, sollte ich zumindest ein Diktiergerät mitlaufen lassen. Das würde Irritationen, wie bei der Erstellung des Gesprächsprotokolls, vermeiden. Schien mir in meinem Fall aber trotzdem unklug. Der Kollege, der es vorschlug, lag schon seit Jahren mit der BPOLD S beziehungsweise deren Vorgängerorganisation, dem Bundespolizeiamt Stuttgart im Streit und hatte deren Führung wohl auch schon zu verstehen gegeben was er von ihr hielt.
In meinem Fall gab es zwar ein paar Leute die mich nicht besonders leiden konnten und deshalb loswerden wollten. Die Entscheidung darüber würden aber letztlich andere treffen. Die mich glücklicherweise nicht kannten und daher eigentlich keinen Grund hatten mich nicht leiden zu können.
Bei jedem Gespräch ein Diktiergerät mitlaufen zu lassen konnte das ganz schnell ändern. Zwar sollte jemandem, der vorhatte zu seinem Wort zu stehen, egal sein ob es aufgezeichnet wurde. Tatsächlich fühlen sich dabei trotzdem viele unwohl. Würden es mir daher übel nehmen und in der Folge meiner Anstellung vielleicht nicht mehr ganz so wohlwollend prüfen. Dachte ich mir damals. Was natürlich viel zu kurz gedacht war. Denn natürlich waren alle Entscheidungsträger der BPOLD S grundehrliche und selbstbewusste Menschen die kein Problem hatten wenn ihre Aussagen aufgezeichnet wurden und darüber hinaus objektiv genug, sich nicht von persönlichen Befindlichkeiten beeinflussen zu lassen. Blieb nur eine heimliche Aufzeichnung, aber so was macht man nicht. Zumindest nicht wenn es auffliegen und dann sehr nachteilig sein kann.
Übrigens erinnere ich mich gerade an die Ankündigung, die Ratgeber als Veteranen zu bezeichnen und mir fällt auf, es bislang nicht getan zu haben. Sollte Sie das irritiert haben möchte ich mich dafür entschuldigen. Korrigieren werde ich es, da ich mich dafür entschuldigt habe, nicht.
Ich tat daher nur was die allermeisten wohl schon vor Wochen getan hätten und zog einen Anwalt hinzu. Mein zögern diesbezüglich ist wohl einer Mischung aus Überheblichkeit und Naivität geschuldet. Ich ging davon aus mit PHK Kauf und POR Fahle schon selbst fertig zu werden. Zumal sie kaum was gegen mich in der Hand hatten. Denn fast alle der Anschuldigungen waren im Wesentlichen unwahr. Zwar gab es Ereignisse welche die Grundlage für sie bildeten. Sie waren jedoch stark verfälscht, aus dem Zusammenhang gerissen und übertrieben worden. Wodurch sie zwar nicht mehr der Realität entsprachen dafür aber, entweder einzeln oder zusammen genommen, dazu taugten mir einen Strick zu drehen. Was ja viel wichtiger ist. Wer lässt sich schon gern von Unannehmlichkeiten wie der Realität bremsen. Die Einschränkung ,fast alle, verwende ich weil es ein paar Vorwürfe gab die nicht verfälscht, aus dem Zusammenhang gerissen oder übertrieben dargestellt waren. Diese waren komplett erfunden.
An Empfehlungen für Anwälte mangelte es mir nach den Unterredungen mit den Veteranen nicht. Da ich es für vorteilhaft hielt wenn die Anwaltskanzlei in meinem räumlichen Umfeld lag, siebte ich die Empfehlungen erst einmal nach örtlichen Kriterien. Alle Kanzleien die nicht im Umkreis von wenigen Kilometern um die MS17, meinen Wohnort, oder dem Weg dazwischen lagen, wurden gestrichen. Was fünf Kanzleien übrig lies. Bis auf eine waren alle auf öffentliches Dienstrecht spezialisiert. Die Ausnahme, ein Strafverteidiger, war einem der Veteranen bei einem Ermittlungsverfahren über den Weg gelaufen. Dabei ging es um bandenmäßigen Diebstahl und der Klient des besagten Anwalts kam als einziges Bandenmitglied mit einer Bewährungsstrafe davon. Was nach Ansicht des Veteranen auf die Qualität des Anwalts zurückzuführen war.
Die verbliebenen Kanzleien sortierte ich nach Präferenz, je nachdem wie überzeugend ich die gegebene Empfehlung fand. Das war natürlich eine sehr subjektive Einschätzung, aber irgendeine Entscheidungsgrundlage musste her. Die Internetbewertungen der einzelnen Kanzleien durchzugehen war mir, bekanntlich bin ich faul, zu mühsam. Zudem war es ähnlich subjektiv. In solchen Portalen konnte schließlich jeder schreiben was er wollte. Vorausgesetzt er hatte Internetzugang und konnte schreiben.
Es blieben zwei Anwälte, von denen ich keinem den Vorzug geben wollte, übrig. Sogar räumlich lagen beide Kanzleien nahe beieinander in der Stuttgarter Innenstadt. Hatte das, von den aussortierten Kanzleien lag keine in der Stuttgarter Innenstadt, meine Auswahl beeinflusst? Zwar könnte argumentiert werden, dass die Tatsache, dass sie die teuren Mieten dort zahlen konnten, für die Qualität der Kanzleien sprach. Vielleicht taten die Kanzleien aber nur so als ob sie die Mieten dort zahlen konnten. Vielleicht sagte das Mietniveau überhaupt nichts über die Qualität der Kanzlei aus. Vielleicht war ich auf Blendwerk reingefallen und hatte mich von meinem Unterbewusstsein täuschen lassen. Schließlich hatte ich erst die räumlich zu weit entfernten Kanzleien gestrichen, bevor ich die verbliebenen nach Referenzen sortierte. Beim Sortieren wusste ich daher wo die Kanzleien ihren Sitz hatten.
Als Ausgleich für die bis dahin erfolgte Bevorzugung vornehmer Adressen rief ich zuerst bei der nicht ganz so vornehmen Adresse an. Kam gleich durch und erhielt einen Termin für eine Rechtsberatung am 09. Juli, zeitlich günstig nach Dienstschuss. Bis dahin wollte ich erst einmal die Füße still halten. Nach mehr als einem Monat sollte es auf ein paar Tage nicht mehr ankommen.
Am Montag dem 06. Juli erhielt ich, mittels Email von POR Fahle, die mittlerweile dritte Version des Gesprächsprotokolls. Das zweite Protokoll hatte ich am 22. Juni bei ihm reklamiert und meine Änderungswünsche ausführlich mitgeteilt. Aus dem Verlauf der Email war zu schließen, dass die letzte Überarbeitung des Protokolls von POR Fahle persönlich vorgenommen worden war. Während PHK Kauf sie nachrichtlich erhalten hatte. Es ehrte mich ungemein, dass sich ein Oberrat er Aufgabe persönlich annahm und entschuldigte die doch wieder etwas lange Bearbeitungszeit. Dafür hatte sich POR Fahle die Mühe gemacht den Sachverhalt zum Hubschrauberflug, inklusive meiner Stellungnahme, ausführlich in das Protokoll aufzunehmen. Sonst gab es zwar keine Änderungen und meine Äußerungen zu den Vorwürfen kamen immer noch recht kurz, aber sage und schreibe 18 Zeilen tippen sich nicht von selbst. Im Gegensatz zu den beiden ersten Protokollen bat POR Fahle nicht ausdrücklich um eine Rückmeldung, ob ich mit dem Inhalt einverstanden war. Seit dem 29. Juni wusste ich sowieso, dass die Erstellung des Protokolls wohl nur formale Gründe hatte. Viel eher sogar ein bewusstes Täuschungsmanöver war.
Ich verzichtete daher auf weitere Ergänzungen und schrieb POR Fahle, er könne sich sein Protokoll sonst wohin schieben. Da mich PK Stumm über sein Schreiben an den Sachbereich Personal und dessen Weiterleitung an das Justitiariat informiert hatte wüsste ich was gespielt wurde und würde nun einen Anwalt hinzuziehen. Nein, ganz so dumm war ich nun auch wieder nicht. Nicht aus Rücksichtnahme auf das zwischenmenschliche Verhältnis zu POR Fahle, das war inzwischen gefestigt und würde ein paar deutliche Worte vertragen. Es schien mir vorteilhafter ihn über meinen Wissensstand und meine Absichten im Unklaren zu lassen.
Was nur möglich war, wenn er davon nicht aus einer anderen Quelle erfahren hatte oder noch würde. Dass ich von seinem Schreiben an den Sachbereich Personal wusste hätte er, ob direkt oder indirekt, von PK Stumm erfahren können. Was unwahrscheinlich war. PK Stumm erweckte konsequent den Eindruck, auf POR Fahles Seite zu stehen. Da war es nicht sinnvoll POR Fahle von der Email an mich zu erzählen. Damit würde er schließlich riskieren was er sich durch sein Verhalten zu erreichen versprach. Eher würde ein Dritter, am wahrscheinlichsten einem weiteren Mitglied des Personalrats, ihn an POR Fahle verpetzen. Allerdings war der Emailverkehr mit PK Stumm über dessen persönliches Postfach und nicht das des Personalrats gelaufen. Sollte PK Stumm sich also nicht gerade im Suff oder während des Büroschlafs verplappert haben, dürfte außer uns keiner davon wissen. Selbst wenn hätte es wahrscheinlich keinen Unterschied gemacht. Weshalb meine Überlegungen eigentlich völlig überflüssig waren. Da ich den Stuss aber so gedacht und jetzt geschrieben habe bleibt er stehen. Ich hielt es damals nun einmal für vorteilhaft, wenn POR Fahle möglichst nicht wusste was ich wusste. Allein schon weil es eine lange Tradition hat seine Gegner über soviel wie möglich im Unklaren zu lassen.
Noch besser ist es natürlich sie ganz bewusst in die Irre zu führen und zu falschen Annahmen zu verleiten. Weshalb ich überlegte weitere Ergänzungen an dem Protokoll zu verlangen und so den Eindruck zu erwecken, ich würde dessen Inhalt für wichtig halten. Warum ich es nicht tat weiß ich selber nicht. Am ehesten weil es mir einfach zuwider war ihm zu schreiben. Inzwischen bereue ich darauf verzichtet zu haben. Nicht weil ich denke es hätte irgendwas am Lauf des Verfahrens geändert. Sondern weil ich ihn damit hätte ärgern können.
Zum Beispiel indem ich über Kommasetzung und Satzbau geschwafelt und dabei mit Fremdwörtern, die ich selbst hätte nachschlagen müssen, um mich geschmissen hätte. Was er möglicherweise als Stichelei gegen seine Schulbildung, die es ja auch gewesen wäre, verstanden und sich darüber geärgert hätte.
POR Fahle war im mittleren Dienst eingestellt worden und hatte von einer Besonderheit des Bundesgrenzschutzes, denn die BPOL war nichts weiter als der umbenannte Grenzschutz, profitiert. Dort war es möglich mit den Minimalvoraussetzungen im mittleren Dienst eingestellt und, ohne eine externe Bildungseinrichtung zu besuchen, bis zum höchsten Dienstgrad durch befördert zu werden. Nun halte ich es für nicht besonders intelligent vom Schulabschluss eines Menschen auf dessen Intelligenz zu schließen. Es gibt aber Menschen die es tun. Es gibt sogar welche die fast unter Komplexen leiden weil sie eben kein Abitur oder Hochschulabschluss haben. Was einige von ihnen kompensieren oder überdecken wollen indem sie regelmäßig vorführen wie gebildet sie trotzdem sind. Ob POR Fahle so jemand war kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Was ich mit Sicherheit sagen kann ist, dass er kurz nachdem er 2008 die Leitung der BPOLI S übernommen hatte anordnete, dass Angehörige des mittleren Dienstes nicht mehr mit Staatsanwälten und Richtern telefonieren sollten. Das sei zukünftig dem gehobenen und höheren Dienst vorbehalten. Dessen Angehörige könnten sich nämlich besser ausdrücken. Eine gewagte Annahme. Schließlich konnte ein Polizeimeister den gleichen oder einen höheren Schulabschluss haben als ein Oberrat. Eines machte seine Anordnung auf jeden Fall klar. Er hielt seinen Dienstgrad für den Nachweis sich besser ausdrücken zu können als ein Kollege aus dem mittleren Dienst. Wie es halt so ist, mit Bildung, Einbildung und eingebildeter Bildung.
Womit ich nicht POR Fahles Bildung und Belesenheit in Zweifel ziehen will. Er musste ganze Bibliotheken verschlungen haben. Zumindest konnte die Art und Weise wie er in seinen Emails regelmäßig mit Zitaten um sich warf diesen Eindruck erwecken. Womit er nicht allein war. Es gab viele die gern mal ein mehr oder minder passendes Zitat in Schreiben und/oder Reden einflochten. So extrem wie bei ihm hab ich es aber sonst nirgends erlebt. Bei manchen Emails dachte ich, er schrieb sie nur um sie mit Zitaten vollzupacken. Die Verwendung von Zitaten wird gern als Zeichen von Bildung ausgegeben und soll andeuten, der Zitierende habe das Werk aus dem er das Zitat entnimmt gelesen. Allerdings ermöglichen Zitatsammlungen jedem Zugriff auf Rede- und Textauszüge, ohne auch nur den Zusammenhang in dem sie gemacht wurden zu kennen. Daher ein kleiner Rat an alle Zitierfreaks. Wenn die Adressaten eurer Reden und Schreiben, aufgrund der verwendeten Zitate, wissen welche Zitatsammlung ihr benutzt, habt ihr es übertrieben. Scheinbar legte POR Fahle also großen Wert darauf seine Bildung unter Beweis zu stellen. So jemanden wegen Kommasetzung, der verwandten Geni, Tempi und Modi oder anderen grammatikalischen Ungeschicklichkeiten zu kritisieren konnte ihn an einem wunden Punkt treffen. Ob meine Grammatikkenntnisse die von POR Fahle nennenswert überstiegen ist zweifelhaft. Wäre dabei aber unbedeutend gewesen. Es hätte gereicht so zu tun als ob.