Читать книгу IF TH€R€'$ MON€¥ - Max Adolph - Страница 5
Kapitel 4
ОглавлениеGegenwart
Zugegebenermaßen hatte ich mir die Landung deutlich eleganter ausgemalt. Stattdessen kullerte ich ohne jegliche Kontrolle über meinen Körper und deutlich schneller als mir lieb war die Böschung hinab. Eine Wurzel traf mich am Oberschenkel und ich schloss meine Hände noch fester um die beiden Rucksäcke, die ich mir vor meinem Absprung vom Beifahrersitz geschnappt hatte. Das Scheppern des Wagens, das quer über den bewaldeten Hang hallte verdrängte den Gedanken an den Schmerz und ich versuchte Fieberhaft meinen Sturz zu bremsen indem ich meine Beine irgendwie vor mich zwang und gen Boden stemmte. Durch die eintretende Stille hörte ich Orvik über den Waldboden schlittern und auch unsere Verfolger schienen nun quietschend zum Stehen zu kommen. Wieder wurden Türen geschmissen und ich schaffte es endlich mein Tempo weit genug zu drosseln, um in stolperndes Rennen überzugehen.
Ein tief hängender Ast schlug mir quer übers Gesicht und bei jedem weiteren Schritt spürte ich meinen beschädigten Oberschenkel, der mindestens eine Prellung davongetragen hatte.
Das Licht unseres Fluchtwagens, der uns beim Sturz überholt hatte, erhellte den Boden unter mir nur für einen kurzen Moment, doch ich ließ meinen Blick geradeaus gerichtet, während ich immer noch damit zu kämpfen hatte die vielen kleinen Wurzelwerke zu umgehen, die mir anscheinend vorsätzlich die Beine brechen wollten.
Orvik musste sich von mir entfernt haben, denn außer meinen eigenen Schritten hörte ich kaum noch Geräusche. Ich stolperte noch geschätzte einhundert Meter weiter, bevor ich endlich ganz zum Stehen kam und für einen Moment durchatmete.
„Orvik“, rief ich in das Mirko und betete förmlich, dass es den Sturz überstanden hatte.
„Was is?“, fragte er wütend und außer Atmen.
„Wir treffen uns am alten Umspannwerk“, gab ich meinen vorläufigen Plan durch.
„Hast du das Geld?“
„Ich versteck‘s im Wald“, antwortete ich knapp.
Der Funk surrte, da Orvik anscheinend etwas einwenden wollte, doch er überlegte es sich anders und gab den Kanal wieder frei.
Ich hatte tatsächlich deutlich bessere Chancen unseren Verfolgern zu entkommen, wenn ich nicht zwei Rucksäcke voll Geldkassetten bei mir trug und ich war mir sicher, dass die Typen besseres zu tun hatten, als den Wald nach möglichen Geldverstecken abzusuchen.
Hastig verstaute ich die Rucksäcke in einem Erdloch mitten im Wurzelwerk eines größeren Baumes und schmiss kurzerhand ein paar Äste und Moos drüber, um das ganze abzudecken. Dank der Lichtverhältnisse standen die Chancen jedoch gut, dass das Versteck ausreichten würde. Ich hoffte nur, dass ich die Rucksäcke selbst wiederfinden würde und versuchte mir ein paar markante Punkte in der Umgebung einzuprägen.
Sonderlich viel Zeit konnte ich mir jedoch nicht lassen. Dumpfe Schritte und das Klacken von Handfeuerwaffen kamen langsam näher und ich beschloss wieder die Beine in die Hand zu nehmen. In diesem Moment war ich sogar froh, dass unsere Flucht durch einen Wald führte, denn auf freiem Feld hätten uns die Typen sicher längst erwischt.
Endlose Minuten rannte ich ziellos durch den Wald und hörte nichts außer meinen eigenen Schritten und den gelegentlichen Rufen meiner Verfolger. Ich hoffte nur, dass ich mich immer noch in Richtung Umspannwerk bewegte, denn derzeit fehlte mir jede Möglichkeit der Orientierung.
Immerhin waren mir die Leute immer noch auf den Fersen, was bedeutete, dass sie das Versteck nicht entdeckt hatten. Orvik hatte sich nicht mehr gemeldet, doch das konnte eigentlich nur heißen, dass bis jetzt nichts weiter schiefgegangen war.
Meine Verfolger beschlossen unterdessen eine blinde Salve abzugeben um mir zumindest zu zeigen, dass ich noch nicht in Sicherheit war. Die unpräzisen Kugeln wurden durch die Bäume hinter mir gestoppt, doch ich ging vorsichtshalber trotzdem an einem Baum in Deckung und wartete bis wieder Stille eintrat. Jede derartige Aktion raubte mir wertvollen Vorsprung, doch mittlerweile hatten sie auf diese Weise schon das dritte Magazin verschossen und lagen immer noch geschätzte achtzig Meter zurück.
Als der Kugelhagel verebbte drückte ich mich vom Baum ab und setzte meinen Weg fort. Die Baumreihen um mich herum wurden immer karger und ich musste dringend einen ausreichenden Vorsprung halten, bevor ich die Baumgrenze erreichte.
„Garry, ich bin fast am alten Umspannwerk“, sprach in in mein Mikro und hoffte, dass ich damit auch wirklich Recht hatte, „Wir werden es wohl nicht in die Plains schaffen.“
„Du willst dich auf n Feuergefecht einlassen?“, fragte Orvik überrascht.
„Wir werden kaum ne Wahl haben...“, gab ich zurück.
„Wie viele hast du am Arsch?“, erkundigte er sich.
Die Lautstärke seiner Stimme schwankte stark, da er sich im Sprint zu befinden schien.
„Schätze drei. Und bei dir?“
„Nur noch zwei“, lachte Orvik, bevor der Knall eines Schusses zu hören war.
Mir hätte klar sein müssen, dass Orvik es nicht beim Weglaufen belassen würde. Aber das konnte sich tatsächlich als nützlich erweisen, denn wenn er sich wirklich ein Gefecht geliefert hatte, musste er ein Stück zurückliegen.
„Kannst du nach Westen abweichen?“, fragte ich nachdenklich.
„Solange ich nich umdrehen soll steht mir jede Richtung offen“, bestätigte Orvik.
„Ich werde nach Osten einlenken und meine Verfolger zu dir ziehen“, erklärte ich, „Sobald du ihre Taschenlampen siehst gibst du mir Meldung, verstanden?“
„Du willst sie umzingeln?“
„Hast du ne bessere Idee?“
„Nein“, antwortete Orvik, „ich mag die Idee sogar. Ich werd nur versuchen vorher n bisschen mehr Vorsprung auf meine eigenen Verfolger zu bekommen.“
„Geht klar, gib dann Bescheid.“
Wieder prasselte eine Salve durch den Wald und während ich erneut Deckung an einem Baum suchte holte ich meine Crow-6T aus ihrem Halfter und löste die Sicherung. Als es wieder still wurde feuerte ich ein paar unpräzise Schüsse nach hinten und änderte meinen Kurs nach Osten ab.
„Da vorn!“, hörte ich einen Mann rufen und das Rascheln des Waldbodens schwoll an.
Ich spürte wie die Kraft in meine Beine zurückkehrte als ich neuen Elan schöpfte. Anscheinend lag mir zurückschlagen doch mehr als wegrennen.
„Ich glaub ich seh was“, meldete sich Orvik.
„Hörst du das?“, fragte ich und feuerte eine weitere Kugel nach hinten ab.
„Und ob!“, bestätigte er.
Ich konnte sein breites Grinsen förmlich hören.
„Wie sieht der Plan genau aus?“, hakte er nach.
„Warte bis sie wieder ne Salve in die Bäume jagen. Dann schlagen wir zu. Hast du genug Vorsprung?“
„Positiv“, imitierte er Garry.
Die nächste Salve ließ nicht lange auf sich warten. Anscheinend hatte sie mein Gegenfeuer nur noch mehr gereizt. Wieder wartete ich auf das Klacken des leeren Magazins und wurde nicht enttäuscht. Doch statt mich aus meiner Deckung den Hang hinab abzudrücken machte ich auf dem Absatz kehrt und sprintete nun die Böschung empor.
Meine erste Kugel verfehlte ihr Ziel, doch das Mündungsfeuer gab mir für einen kurzen Moment klare Sicht auf die Truppe und der zweite Schuss versenkte sich in die Hüfte des nachladenden Schützen, bevor ich hinter einem Baum zum Stehen kam und die Kugeln seiner Kumpanen an mir vorbei rauschen hörte.
Im selben Moment hörte ich Orviks Revolver, über dessen Klang ich mich selten derart gefreut hatte. Er vermischte sich mit den Schreien eines getroffenen Verfolgers und nun verließ auch ich wieder meine Deckung.
Der Mann, den ich erwischt hatte, war in die Hocke gegangen und lud immer noch sein MG nach, während der Mann in der Mitte sich nun am Boden befand. Wieder ertönte der Revolver, doch statt Blut spritzte nur Rinde durch die Luft. Der dritte Mann sah nun seine Chance und legte sein SMG an, vor dessen Kugeln sich Orvik nur noch knapp in Sicherheit bringen konnte.
Ich beendete unterdessen, was ich mit meinem ersten Treffer begonnen hatte, wurde dann jedoch ebenfalls zurück hinter den Baum gezwungen.
„Ich muss hier weg“, meldete sich Orvik, „sonst ziehen die dasselbe mit uns ab.“
„Ich geb dir Feuerschutz“, bestätigte ich und feuerte blind in Richtung des letzten Schützen.
Wieder regnete eine Salve gegen die Rückseite des Baumstamms, doch ich hatte Orvik die nötige Zeit verschafft. Einen kurzen Moment hoffte ich, dass er sich auch noch um den letzten Mann kümmern würde, doch dieser hatte nun selbst Deckung gesucht und einen Stellungskampf konnten wir uns nicht leisten.
„Wir treffen uns unten“, rief Orvik, dem die Aktion ebenfalls neuen Elan verschafft zu haben schien.
Es war nur ein kurzer Marsch, bis ich das ehemalige Umspannwerk und den gerodeten Bereich um es herum sehen konnte. Ohne anzuhalten entlud ich mein Magazin hinter mich und legte dann noch einmal an Tempo zu, um die freie Fläche möglichst schnell zu überwinden.
Orvik befand sich nur wenige Meter voraus und hatte bereits den Zaun eines Kondensatorclusters erreicht. Zwischen den Einheiten waren große Freiflächen, die Garry hoffentlich die nötige Sicht gaben. Vorausgesetzt natürlich, er hatte auch nur die geringste Ahnung, wo wir waren.
Ich hatte den Weg fast geschafft, als unsere Verfolger das Feuer wieder eröffneten. Orvik versuchte sie mit Sperrfeuer zurück zu halten, doch dazu war ein Revolver leider kaum geeignet.
Kugeln prasselten gegen den Zaun neben mir und ich sprintete die letzten Meter in geduckter Haltung, um weniger Angriffsfläche zu bieten. Gerade als ich die Beine anzog um endlich hinter die rettende Ecke zu gleiten, spürte ich es.
Es war als würde mir ein Pferd mit voller Wucht unter das rechte Schulterblatt treten. Die Wucht riss mich nach vorn und Orvik griff sich meinen Arm, um mich endlich in vorläufige Sicherheit zu ziehen. Ich rang nach Atem, während Orvik meine Jacke beiseiteschob und mein Hemd aufriss, um an die deformierte Kugel zu kommen, die sich tief in das Kevlar versenkt hatte.
„Geht‘s?“, fragte er und rupfte den Klumpen Metall aus dem feinen Gewebe der Schussweste.
Ich antwortete nicht. Bereits nach dem Sturz aus dem Auto hatte ich jeden Knochen meines Körpers zu spüren bekommen und mein geprellter Oberschenkel machte die Rennerei auch alles andere als spaßig, aber das war nichts gegen den Schmerz, der mir in diesem Moment über den Rücken schoss.
„Ich würd dich ja gern durchatmen lassen“, murmelte Orvik, „aber wir müssen hier immer noch weg.“
Ich nickte matt und versuchte mich wieder aufzurichten. Mein Rücken hatte da ganz klar etwas dagegen, aber das musste ich für den Moment einfach ignorieren.
Die Schritte unserer Verfolger kamen schnell näher, doch sie hatten sich entschieden einen Bogen zu laufen, um uns kein freies Schussfeld zu liefern. Wieder brandeten Salven gegen die massiven Metallblöcke hinter denen wir uns verschanzt hatten, als die Männer sich gegenseitig Feuerschutz gaben. Wir machten jedoch ohnehin keine Anstalten sie abzufangen. Stattdessen frischten wir unsere Magazine auf und warteten darauf, dass die Männer näherkamen.
„Dauert ja nich mehr lange“, lachte Orvik und lächelte, während ich versuchte mein schmerzverzerrtes Gesicht zu entspannen.
„Wir müssen immer noch das Geld holen“, gab ich zurück.
Nach einer derartigen Schießerei würde die Polizei den Bereich sicher weiträumig absperren. Wir mussten das ganze also vor Tagesanbruch hinter uns bringen.
Der Gedanke an das Geld verschwand jedoch schnell wieder aus meinem Kopf, als ich Schritte auf dem betonierten Fundament hörte. Unsere Verfolger hatten das Umspannwerk also ebenfalls erreicht.
Ohne Vorwarnung lehnte sich Orvik aus der Deckung und feuerte wild drauf los.
„Hättet einfach weiterfahren sollen, Jungs“, rief er und ging wieder in Deckung bevor die ersten Querschläger die Luft erfüllten.
Lachend fischte er sich neue Kugeln aus der Westentasche und stopfte sie in die Trommel.
„Willst du sie anstacheln?“, fragte ich irritiert.
„Die haben automatische Waffen. Da will ich bestimmt nich gegen vorrücken.“
Ich war positiv überrascht, dass hinter Orviks scheinbar bedenkenlosem Kampfstil tatsächlich eine Taktik steckte. Unsere Gegenüber schienen jedoch auch nicht völlig planlos zu sein und begannen damit sich aufzuteilen, um uns zu umrunden.
Während einer der Männer Feuerschutz gab überbrückten die anderen die Lücke zwischen zwei Speicherclustern. Ich und Orvik feuerten zwar obligatorische Kugeln in ihre Richtung, doch das metallische Prasseln hielt uns davon ab unsere Köpfe zu weit aus der Deckung zu stecken.
„Wir sitzen in der Falle“, stöhnte Orvik genervt.
Ich hatte erwartet, dass wenigstens er unsere Lage positiver einschätzen würde, doch er hatte Recht. Erneutes Prasseln ließ mich kurz zusammenzucken und Schritte deuteten an, dass unsere Feinde sich bereits von zwölf auf neun Uhr vorgearbeitet hatten. Wir konnten zwar immer noch den Kasten umrunden, an dem wir nun saßen, doch da sie zu dritt waren, konnten sie das ganze Spiel leider von zwei Seiten durchziehen.
„Flucht nach vorn, schätze ich“, murmelte Orvik.
„Das meinst du nicht ernst!“, gab ich zurück.
Ich hatte ja schon viele riskante Aktionen durchgezogen, aber nichts würde mich dazu bringen blind in feindliches Feuer zu rennen. Immerhin hatte Orvik gerade eben selbst festgestellt, dass sie mit automatischen Waffen die bessere Ausgangslage hatten.
„Wenn wir hier noch ein paar Minuten warten haben wir nichmal mehr die Option“, sagte Orvik ruhig.
Selbst er schien sich nicht auf das Bevorstehende zu freuen.
„Dann los“, gab ich mein Einverständnis und drückte mich vom Boden ab.
Mein Oberschenkel schickte erneut einen drückenden Schmerz durch mein Nervensystem und ich war froh, dass mein Rücken nicht beschloss mit einzusteigen. Kaum hatten wir unsere Deckung verlassen, machte sich einer der Männer bereit uns mit einer Salve zu empfangen.
Doch es waren nicht die Kugeln seiner SMG, die mich überraschten. Stattdessen riss mich ein vertrautes Peitschen aus meiner Konzentration. Der Mann mit der SMG wurde nach hinten gerissen und ich und Orvik schlugen einen Haken nach links, um uns nun doch wieder Schutz zu suchen, statt todesmutig über den freien Platz zu rennen.
Die zweite Kugel folgte ungewöhnlich schnell und ich atmete erleichtert durch.
„Der hat sich aber Zeit gelassen“, lachte Orvik, der schwer atmend neben mir an der Wand lehnte.
Auch er hatte sich wohl für einen kurzen Moment schon damit abgefunden gehabt, die Sonne nicht mehr zu Gesicht zu bekommen.
„Wir hätten das geschafft, oder?“, lachte ich, als der dritte Schuss endlich den letzten Verfolger ausschaltete, der mittlerweile versucht hatte die Flucht zu ergreifen.
Statt zu antworten sah er mich nur kurz an und atmete tief durch.
„Wir wären draufgegangen...?“
„Aber sowas von“, bestätigte Orvik.
Der Weg den Berg hinauf bis zu meinem, im Nachhinein betrachtet mehr als stümperhaften, Versteck dauerte etwa eine halbe Stunde. Das letzte verbleibende Fahrzeug hatte Garry vermutlich ausgeschaltet und zu Fuß würden die verbleibenden Männer bis zum Morgengrauen brauchen um uns einzuholen. Orvik schlug vor das Fahrzeug zu nehmen, dass die Männer auf der Straße weiter oben zurückgelassen hatten, doch ich hatte für eine Nacht genug Stress mit gestohlenen Gütern gehabt, weshalb wir uns zu Fuß die westliche Route hinab, zurück in die Stadt, begaben.