Читать книгу IF TH€R€'$ MON€¥ - Max Adolph - Страница 8
Kapitel 1
ОглавлениеDas Café war wie für die Mittagszeit üblich gut besucht, doch Ed hatte mir einen Platz freigehalten. Überall saßen Leute an ihren Laptops, lasen Bücher oder, was immer seltener wurde, führten Gespräche, während sie allerlei Heißgetränke konsumierten.
Edward saß in der üblichen Ecke direkt am Fenster und unter einem abstrakten Kunstwerk, auf dem ich nach wie vor ein Fahrrad sah, während mein Bruder felsenfest behauptete, es zeige einen Schwarm Möwen.
„Hi Ed“, begrüßte ich ihn und setzte mich in den alten Ledersessel.
Mein Bruder hatte sich mir gegenüber in den Sitzsack gepflanzt. Vor ihm stand ein Milchkaffee und ein Teller mit einem Stück Schokoladenkuchen. Mir hatte er schon einmal die übliche heiße Schokolade kommen lassen.
„Hey Tara“, grüßte er zurück und setzte den Kaffee ab, der einen weißen Schleier auf seiner stoppeligen Oberlippe hinterließ.
Er trug eigentlich keinen Bart, doch er war auch noch nie ein Freund täglicher Rasur gewesen.
„Danke“, sagte ich, während ich mir die heiße Schokolade griff und meinen ersten Schluck nahm.
Es war immer noch nicht sonderlich kalt geworden, doch heiße Getränke schlug ich eigentlich zu keiner Jahreszeit aus.
„Also, was gibt's?“, fragte ich erwartungsvoll.
„Muss es etwas geben?“, erwiderte Ed.
„Normalerweise willst du mir irgendwas erzählen, wenn wir uns treffen.“
„Im Gegensatz zu dir“, murmelte er.
„Wirklich? Damit willst du einsteigen?“
Ich wusste genau, worauf er hinauswollte. Es war nicht das erste mal, dass wir diese Unterhaltung führten.
„Ich will einfach wissen, wie es dir geht“, fuhr mein Bruder fort.
„Gut“, antwortete ich und nahm einen weiteren Schluck heiße Schokolade.
„Dad hat nach dir gefragt“, rückte er endlich mit dem Grund für dieses Treffen heraus.
„Ach deswegen sitzen wir hier?“
Ed schüttelte den Kopf.
„Muss es unbedingt einen Grund dafür geben, dass ich mit meiner Schwester reden will?“
Er wich der eigentlichen Frage klar aus, doch auch das reichte mir als Antwort.
„Nein, schätze nicht...“, ließ ich ihn davonkommen, „warst also Dad besuchen?“
„Glaub mir, ich hätte meinen Sonntag auch lieber anders verbracht, aber ich hab ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen.“
„Dabei hättest du‘s belassen sollen...“
Früher hätte er versucht meinen Vater zu verteidigen, doch irgendwann hatte ich ihm unmissverständlich klar machen können, dass ich nichts mehr mit meinem Vater zu tun haben wollte. Meine Mutter hatte eine ähnliche Entscheidung getroffen, was wohl auch die einzige Gemeinsamkeit war, die ich mit ihr teilte.
„Also, was machst du so?“
„Das übliche. Sport und Job.“
„Klingt nicht sehr aufregend“, stellte Ed fest, „aber hey... Ich sollte da vermutlich ganz ruhig sein.“
Edward arbeitete als Versicherungsvertreter für eine Firma, deren Namen ich mir nie gemerkt hatte. Er hasste seinen Job nicht direkt, doch wirklich mögen konnte man eine Bürostelle, die einem die Hälfte des Tages klaute, auch nicht.
„Was is aus der Beförderung geworden?“
Mein Bruder war überrascht, dass ich mich an dieses Detail tatsächlich erinnerte.
„Hat Jonathan bekommen. Seine Frau kennt die Kindergärtnerin des Personalleiters...“
Makaberer Weise reichte das tatsächlich als Erklärung.
„Und bei dir?“
„Du weißt, dass ich nich über meinen Job rede“, erinnerte ich ihn.
„Zwei Jahre“, murmelte er, „und ich habe keine Ahnung was du eigentlich treibst. Mal abgesehen davon, dass du ab und zu Sport machst.“
Ab und zu war ein wenig untertrieben, denn Sparring, Schwimmen und Joggen nahmen tatsächlich einen Großteil meines Alltages ein.
„Es is nur mein Job, bewerte das bitte nich über.“
„Es ist dein halbes Leben“, korrigierte er mich, „ich mag diese Vorstellung selbst nicht, aber es ändert nichts...“
„Glaub mir, dir entgeht da nichts.“
„Anscheinend schon“, widersprach er mir, „ich sehe dich zwar alle paar Wochen, habe aber keine Ahnung was eigentlich mit dir passiert.“
„Nichts passiert“, erwiderte ich, „ich verdiene mein Geld und lebe mein Leben. Genauso wie ich es immer gemacht hab.“
„Das versuchst du mir einzureden, aber jedes Mal wenn du durch diese Tür kommst bist du ein wenig weniger die Tara, die ich kenne.“
„Jetz bausch das bitte nicht wieder auf“, stöhnte ich genervt.
„Wieso treffen wir uns eigentlich, wenn du eigentlich nicht reden willst?“
„Wir können doch reden. Nur eben nicht über meinen Job.“
„Bitte“, schlug mein Bruder mit düsterer Miene vor, „dann reden wir doch mal über die Leute mit denen du so zu tun hast.“
„Ed, lass es.“
„Willst du mir immer noch sagen, dass es nur ein Job ist? Wenn die einzige Person, über die du mit mir reden kannst, ich selbst bin?“
Es war wahrscheinlich etwas unverständlich wieso ich und mein Bruder uns in einem Café trafen um uns anzufeinden, doch derart verhärtet liefen die Konversationen erst seit ein paar Monaten ab. Ich wusste selbst nicht wieso, aber seit kurzem hatte mein Bruder diesen unerklärlichen Drang mich endlich zum reden zu bringen.
„Was willst du von mir Ed? Dass ich dir meinen Kontoauszug und meinen Arbeitsplatz zeige?“
„Ich will einfach wieder eine Schwester haben und keinen Eintrag im Adressbuch, den ich mal zu kennen geglaubt hatte.“
Eigentlich war das ganze nicht lustig, doch bei der Bemerkung musste ich schmunzeln, da sich die Formulierung wie ein zweitklassiger Pinnwandpost anhörte.
„Wenn du reden willst...“, fuhr er unbeirrt fort, „du hast meine Nummer. Kaffee trinken und über Belanglosigkeiten reden fühlt sich zu sehr nach Büro an, als dass ich mir das an einem freien Tag geben müsste.“
Er stand nicht sofort auf, doch während er den Kuchen aß und seinen Kaffee austrank wechselten wir kaum noch ein Wort.
Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir das Treffen mit meinem Bruder gefallen hatte, doch es nahm mich auch nicht so sehr mit, wie man vielleicht erwarten würde. Wenn er die Beziehung zu mir unbedingt davon abhängig machen wollte, ob ich ihn in mein Berufsleben einweihte, war das seine Sache und ich schätzte, dass selbst die Unterhaltung von eben noch um Längen besser war als die, die wir führen würden, wenn ich seinem Wunsch nachkäme.
Außerdem war der Tag einfach zu schön um ihn sich versauen zu lassen. Ich empfand Mardigard selten als angenehme Stadt, doch als ich in meiner dünnen Jacke über die dicht bevölkerten Bürgersteige der Einkaufsmeilen schlenderte und immer wieder blinzeln musste, weil mir eine Fensterscheibe die pralle Sonne in die Augen warf, stellte ich wieder einmal fest, dass es selbst hier schöne Tage gab. Garry hatte das Interesse am Wetter und wahrscheinlich sogar der Sonne schon lange aufgegeben und für Orvik hieß ein Tag ohne Regen meist, dass er Zeit auf dem Schießstand verbrachte. Ich für meinen Teil hatte es nicht nötig auch noch meine Freizeit mit Waffen zu verbringen und machte ganz einfach das, was andere so taten, wenn sie nichts zu tun hatten.
Es tat gut sich selbst daran zu erinnern, dass Mardigard mehr zu bieten hatte als Kartelle, Korruption und Kriminalität. Gerade hier in Wilton hielt sich die Unterwelt tatsächlich so bedeckt, dass man sie als normaler Zivilist getrost ignorieren konnte. Wo im nicht einmal zwanzig Kilometer entfernten Crows Pit der Besitz illegaler Feuerwaffen zur Tagesordnung gehörte, wurde man hier sogar schon komisch angeschaut, wenn man über eine rote Ampel ging. Das hieß jedoch nicht, dass die Kriminalität hier geringer war. Sie war nur deutsch besser strukturiert. Es war die Art von Kriminalität, von der die meisten meiner Kollegen träumten. Die Art, die einem einen geregelten Tagesablauf und einen dicken Batzen Scheine bot, solange man dem richtigen Drecksack die Füße küsste.
Ich hingegen zog es vor ein unabhängiger Söldner zu bleiben. Ich wollte mich nicht zwischen die Fronten von Kartellen stellen, oder einer mafiösen Vereinigung ewige Treue schwören. Stattdessen zog ich es vor meine Scheine mit Jobs zu verdienen, die ich mir selbst aussuchte und am Ende des Tages niemand anderem Rechenschaft leisten zu müssen.
Das Klingeln meines Telefons riss mich aus meinen Gedanken und ich fischte mir fast Unterbewusst das Handy aus der Jackentasche, auf dessen Display in großen Buchstaben Fox angezeigt wurde.
„Wir haben was“, meldete sich Garry.
„Wolltest du das Feuer nich erst mal runter brennen lassen?“, fragte ich verwirrt.
Die Sache mit dem Geldtransport war noch nicht einmal eine Woche her und ehrlich gesagt hatte ich keine große Lust auf noch so einen Job, während ein faustgroßer schwarzer Fleck meinen Rücken zierte.
„Ja wollte ich. Es ist nur ein kleiner Job“, antwortete er.
„Definiere klein.“
„Wir werden unsere Waffen im Halfter lassen.“
Ich war überrascht, dass er tatsächlich mit der Definition herausgerückt war, die ich mir gewünscht hatte.
„Ich bin gegen halb drei im Quartier.“
„Geht klar“, bestätigte Garry, „bringst du was zu Essen mit?“
„Am Arsch Garry“, wies ich ihn ab, „bestell dir was oder krieg deinen Hintern hoch. Ich bin nich euer Hausmädchen.“
Eigentlich hätte es mir keine großen Umstände gemacht, doch ich hatte mich in letzter Zeit schon viel zu oft für Besorgungen bereiterklärt.
„Geht klar“, bestätigte Garry überraschend einsichtig und legte auf.