Читать книгу Prophezeiung - Melanie Baumann - Страница 8
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Mit meinen Eltern und jüngeren Geschwistern sitze ich an einer festlich geschmückten Tafel. Nur sehen meine Eltern nicht so aus, wie sie aussehen sollten und ich bin ein Einzelkind.
Mir ist diese Unklarheit genauso bewusst, wie mir bewusst ist, dass der Namen meines Bruders Alec lautet und der meiner Schwester Irwen. Beide sitzen zu meiner linken Seite, während meine Eltern auf der rechten Seite sitzen.
Der Grund, aus dem ich hier sitze, bedeutet, dass ich etwas tun muss, dass ich nicht will. Es ist der Wunsch meiner Eltern und als sich die Tür öffnet, sehe ich ihn.
Den Grund.
Die Person, wegen der ich hier bin. Er sieht mir genau in die Augen und ich halte seinem starren und ungnädigen Blick stand.
In ihm erkenne ich denselben Unwillen, den auch ich empfinde, doch wir sind beide an ein Schicksal gebunden, dem wir nicht entgehen können. Er geht neben seinen Eltern einher, gefolgt von seinen jüngeren Geschwistern, welche ihre Blicke auf den Boden gerichtet halten. Unsere Eltern begrüßen sich distanziert aber höflich. Es wirkt auf mich, als wären sie selbst nicht ganz von diesem Bündnis überzeugt, doch sie werden es eingehen um unser Volk zu vereinen.
Ich werde es eingehen, um den Krieg zwischen unseren Völkern zu beenden.
Er wird es eingehen, um die Stärke der Armeen gegen die Feinde zu vergrößern. Unser beider Eltern erhoffen sich so viel von diesem Bündnis und wir beide dürfen sie nicht enttäuschen. Mutter sagte, ich werde mit der Zeit lernen ihn zu lieben, aber wie kann ich jemanden lieben, der selbst keine Liebe in seinen Augen erkennen lässt? Noch immer betrachtet er mich kalt und hochmütig, als wäre ich ein unerwünschtes Insekt. Erkennt er, wieviel Angst ich habe? Ich werde ihm nicht zeigen, wie ich mich fühle. Ich werde stark sein. Ich werde meine Eltern Ehren. Ich bin eine Sinclair.
Mit schnell pochendem Herzen erwache ich noch während der Dunkelheit und kann nicht glauben, was ich gerade geträumt habe.
Schon wieder hat es sich viel zu real angefühlt. Dieses Mädchen, das war ich und meine Familie wollte mit diesen Fremden über meine Hochzeit verhandeln. Sie wollten, dass ich mit diesem Jungen ein Bündnis eingehe.
Allein bei dem Gedanken, bekomme ich eine Gänsehaut und es schüttelt mich. Sofort denke ich an den Jungen, der mein Angetrauter hatte werden sollen. Er sah aus wie Akira, der gleiche eindringliche Blick, dasselbe arrogante Verhalten.
Als wüsste er genau, dass ich gegen ihn keine Chance habe. Auch wenn ich mir eingestehen muss, dass ich ihn wieso auch immer, nicht aus meinem Kopf bekomme und anscheinend schon gar nicht aus meinen Träumen, verstehe ich absolut nicht, was mein Unterbewusstsein mir damit sagen will.
Wieso träume ich von einer Hochzeit?
Und dann auch noch mit ihm.
Ich stehe auf, knote mein Haar zusammen und tapse in die Küche der Bytes. Dort schmeiße ich die Kaffeemaschine an. Diese stammt zum Glück nicht aus der Vorkriegszeit und so sehe ich dabei zu, wie die Flüssigkeit die Tasse füllt.
Mit der vollen Tasse setze ich mich auf die Hollywood-schaukel im Garten und genieße den kühlen Morgen. Hier kann ich besser denken. Wie am See schließe ich die Augen und atme mehrfach tief ein und aus. Der Akira aus meinem Traum taucht unvermittelt auf.
War ja klar und so beäuge ich ihn genauer. Wie vor wenigen Tagen bei dem Mädchen, das mir so ähnlichsah, kann ich auch bei ihm ein paar Unterschiede ausmachen. Er hat zwar denselben Blick und die gleichen, verblüffenden, grauen Augen, doch war er nicht so durchtrainiert wie der heutige.
Der Junge war drahtiger, sein Haar war eine Spur zu lang, er trug einen Dreitagebart und hatte eine kleine Narbe über seinem rechten Auge. Ich schätze, er war höchstens ein paar Jahre jünger als der Echte. Er hatte jedoch mit dieser Härte im Blick, schon einige seiner Feinde in die Flucht geschlagen.
Der wahre Akira hat zwar auch schon einen stählernen Blick, doch so hat er mich nicht angesehen.
Noch nicht einmal Lennox hat er so betrachtet, als er ihn angefallen hat. Meine Gedanken schweifen ab und ich finde mich bei dem traurigen Paar wieder, welches sie hätten werden sollen. Eine Welle von Mitgefühl flutet mich. Sie sind noch so jung. Jünger als ich gerade, doch wird über ihre Zukunft verhandelt, ohne ihnen eine Wahl zu lassen.
Tief im Inneren weiß ich, dass sie durch dieses Bündnis wahrscheinlich mehr Jahre Lebenszeit zur Verfügung haben als sie ohne dieses wahrscheinlich gehabt hätten. Ungläubig über meinen Gedankengang, bewegt sich mein Kopf schon beinahe allein von einer Seite zur anderen.
Wieso habe ich mit Traumgestalten Mitleid? Es war einfach nur ein Hirngespinst von zu vielen romantischen Kitschromanen und Filmen. Sie waren nicht echt, das muss ich mir immer wieder vorsagen. Tief in mir drin bleibt der Zweifel bestehen, ob mein Hirn sich so etwas tatsächlich einbilden kann. Wieso werde ich dieses verdammte Gefühl nicht los, das hinter diesen Bildern mehr steckt als ich mir vorstellen kann.
Vielleicht habe auch ich keine Wahl in meinem Leben und muss Bündnisse schließen. Sollte ich mit Tamara darüber sprechen? Kann ich mich ihr anvertrauen?
Kaum das dieser Gedanke sich manifestieren kann, verwerfe ich ihn wieder. Sie hat mich belogen, tut es immer noch.
Ich bin auf dem richtigen Weg. Ich bringe die Wahrheit zum Vorschein und werde nicht aufgeben bis sie endlich raus ist. Als ich die Augen öffne, stelle ich überrascht fest, dass der Tag bereits angebrochen ist.
Mein Gott, wie lange sitze ich denn schon hier?
Tamara steht im Türrahmen als ich aufblicke und sieht mich an als wäre sie gerade mit einer Erkenntnis gesegnet worden, die mir verwehrt geblieben ist.
Ich fühle mich irgendwie ertappt.
>> Seit wann stehst du schon da? <<
Erst habe ich das Gefühl, das sie mir nicht antworten wird, doch dann sagt sie >> Lange genug. << wodurch sich meine Stirn in Falten legt.
>> Warum hast du dich nicht zu mir gesetzt? << will ich nach dieser mystischen Antwort wissen.
>> Willst du mir vielleicht irgend etwas sagen? <<
Nicht wirklich.
>> Ich habe nicht so gut geschlafen, die Hitze, du weißt schon. Ich dachte, ich kühle mich ein bisschen ab und denke über das nach, was du mir gestern alles erzählt hast. << versuche ich es mit einer hoffentlich, ehrlichen Miene.
Sie sieht mich immer noch skeptisch an und zieht zur Antwort eine Augenbraue nach oben. Wortlos wendet sie sich auf dem Absatz um und verschwindet ins Innere des Hauses.
Nach kurzem Zögern folge ich ihr und finde sie an der Kaffeemaschine. Froh, dass sich anscheinend nicht alles ändert, stelle ich mich in gebührenden Abstand zu ihr und erkenne, dass sie ihr Handy in der Hand hält.
Checkt sie etwa ihre Mails oder hat sie irgendjemanden geschrieben?
Auf einmal blickt sie mir offen ins Gesicht.
>> Wir sollten uns etwas anziehen. << erklärt sie mit plötzlich sehr ernster Stimme. Ungläubig schaue ich auf die Küchenuhr an der Wand, die nicht einmal 7 Uhr anzeigt.
>> Wir haben noch eineinhalb Stunden, bevor wir losmüssen. Wir haben noch genug Zeit. <<
>> Wir werden nicht zur Schule gehen. Wir bekommen gleich Besuch. Wenn du aber lieber in deinem Pyjama hier sitzen möchtest, dann bitte. << kommt ihre patzige Antwort. Ich stehe, wie versteinert vor ihr und sehe zu, wie sie nach oben verschwindet.
Scheiße, es war wohl doch eine Nachricht, aber wem hat sie um diese Zeit geschrieben?
Was soll ich jetzt machen? Abhauen?
Habe ich überhaupt genug Zeit?
Es hat sich angehört, als würde wer auch immer recht schnell hier aufschlagen. Ich überlege noch was zu tun ist, als sie die Treppe wieder herunterkommt und wenige Zentimeter vor mir stehen bleibt.
>> Das mit dem Pyjama war eher rhetorisch gemeint. An deiner Stelle würde ich mich lieber anziehen wollen. << bemerkt sie und ich schrecke auf.
>> Wie meinst du das? Wen erwartest du? << frage ich sie scharf.
>> Anscheinend haben wir beide Geheimnisse. << kontert sie ebenso. In diesem Augenblick ertönt die Klingel und sie bewegt sich kommentarlos zur Tür.
Scheiße, Scheiße, Scheiße. Ich muss verschwinden, sofort. In dem Moment, in dem Tamara aus meinem Blickfeld verschwunden ist, renne ich zum Garten hinaus und überschlage in Sekundenschnelle meine Optionen. Ohne zulange darüber nachzudenken, mache ich einen Satz zur Gartentür, doch kaum erreiche ich die mir so hoffnungsvolle Rettung, steht eine breite Brust vor mir, auf dessen Lennox`s Kopf thront.
>> Guten Morgen Prinzessin. << grüßt er mich und mustert meine Erscheinung von Kopf bis Fuß. Ein spöttisches Lächeln zeichnet sich auf seinem Gesicht ab und seine Augen beginnen vor Belustigung zu glühen.
>> Wolltest du etwa in dem Aufzug die Biege machen? <<
>> Weniger die Biege. << antworte ich mit leicht zittriger Stimme.
>> Ich habe eher an einen Spaziergang gedacht. <<
Er gluckst über meine Antwort und versperrt mir endgültig den Weg. Bevor ich auch nur versuchen kann, an Lennox vorbeizukommen, spüre ich bereits in meinem Rücken, dass wir nicht mehr allein hier stehen.
Mein ganzer Körper erzittert und mir ist völlig bewusst, welchen Anblick ich hier biete.
Keiner sagt mehr ein Wort, selbst Lennox’s Ausdruck ist steinern geworden und er versucht konzentriert, meinem Blick nicht zu begegnen. Ich spüre, wie er auf mich zu kommt und in der banalen Hoffnung, dass er mich nicht sehen kann, wenn ich ihn nicht sehe, schließe ich die Augen.
Am liebsten würde ich mir auch die Finger in die Ohren stopfen, um alles um mich herum auszublenden und mich an einen anderen, einen sicheren Ort zu wünschen, doch ich bin zu nichts mehr fähig. Die Zeit scheint stillzustehen, keiner bewegt sich. Wir stehen einfach wort- und reglos in Tamaras Garten und ich warte, dass etwas geschieht. Ich will ihnen nicht die Genugtuung geben und ihnen zeigen, wie ich mich fühle, auch wenn sie es mit Sicherheit an jeder meiner Bewegungen ablesen können.
Zittrig hebe ich meine Lider, doch ist das, was ich nun erblicke, nicht mehr die breite Brust von Lennox. Vor mir steht jemand anderes. Jemand, der mich mit seinem Blick gefangen nimmt, sobald ich ihm in die Augen geschaut habe.
Wie zum Teufel ist er dorthin gekommen? Er stand doch gerade noch hinter mir und wohin ist Lennox verschwunden?
Können die sich Beamen?
Habe ich es hier mit Außerirdischen zu tun, oder sind sie darauf spezialisiert sich geräuschlos zu bewegen?
Ich meine, Akira vor mir ist ja schon nicht klein, aber Lennox sollte bei seiner Statur wenigstens einen klitzekleinen Ton verursachen. Er sagt immer noch kein Wort, sieht mich einfach nur an, fast so, als hätte er Angst ich würde weglaufen, sobald er seine Stimme benutzt.
Ich fühle mich wie gelähmt.
Er bewegt sich ganz langsam auf mich zu, bedacht darauf keine meiner Reaktionen zu verpassen, jeder zuckende Muskel, jeder Wimpernschlag, ja selbst meinen unregelmäßigen Atem scheint er im Blick zu haben.
Je näher er kommt, um so mehr muss ich meinen Kopf heben, um ihm weiter in die Augen schauen zu können. Er bleibt stehen, als höchstens noch eine Handbreit zwischen uns passt und ich kann die Wärme seines Körpers auf meinem spüren.
Mein Hirn scheint sich verabschiedet zu haben, ich kann ihn nur noch ansehen. Nicht mehr nur seine Augen, auch sein Mund ist auf erschreckend, angenehme Weise in mein Blickfeld geraten. Mein eigener fühlt sich staubtrocken an und ich befeuchte meine Lippen mit meiner Zunge.
Als ich ihm wieder in die Augen schaue, strahlen die seinen förmlich, wie flüssiges Silber. Er gibt ein Knurren von sich, das bis in jede Zelle meines Körpers vorzudringen scheint. Er schließt seine Augen und der Bann, in dem ich mich befunden habe, ist plötzlich gebrochen.
Ich schwanke Rückwärts, um einen größeren Abstand zwischen uns zu schaffen und versuche wieder einigermaßen zu Atem zu kommen.
>> Du solltest dir etwas anderes anziehen. Ich möchte nicht, dass die anderen dich so zu Gesicht bekommen. << höre ich zum ersten Mal seine Stimme und spüre jedes Wort tief in mir nachklingen.
Wie kann ein Mensch eine solche Wirkung auf einen anderen haben?
Noch nie habe ich so etwas gespürt.
Er sieht mich nicht mehr direkt an und auch wenn ich spüre, dass er es nicht mehr tut, damit wir uns nicht wieder in unseren Blicken verlieren, wünsche ich mir nichts sehnlicher als das.
Ich wünsche mir, dass er mich wieder ansieht.
Ich wünsche mir, dass er mich wieder so hält, wie in der Schule.
Ich will seine Nähe spüren, wie gerade eben noch, doch er macht nicht den Anschein, als würde er mich wieder in seine Arme ziehen wollen. Im Gegenteil, er macht selbst zwei Schritte rückwärts, um Abstand zu schaffen.
Hinter mir höre ich jemanden räuspern, doch ich kann mich noch nicht umdrehen. Ich will es einfach nicht, es würde bedeuten, dass ich ihn nicht mehr ansehen kann.
>> Sie muss sich umziehen. Bitte kümmere dich um sie. << höre ich noch einmal diese wunderschöne Stimme, jetzt jedoch nicht mehr so rau und sehnsüchtig, wie noch vor wenigen Augenblicken, sondern so streng, dass klar ist, dass er keinen Widerstand duldet.
Ich werde sanft an der Schulter gedrückt und von Tami, wie ich feststelle umgedreht.
Sie zieht mich an den Armen nach drinnen und ich höre mehrere männliche Stimmen aus dem Wohnzimmer, kann sie aber nicht zuordnen. Wer ist das alles?
Das Gefühl, das mir alles zu viel ist, wird übermächtig und für einen Moment bleibt mir die Luft weg. Ohne dass sie mich antreiben muss, renne ich die Treppe nach oben ins Badezimmer. Mit einem lauten Knall schlage ich die Tür zu und schaufle mir in der nächsten Sekunde kaltes Wasser ins Gesicht, um mich vor der drohenden Panikattacke zu retten. Erst als ich glaube mich einigermaßen im Griff zu haben, richte ich mich auf und schaue in den Spiegel. Das Mädchen aus meinem Traum sieht mir entgegen. Mit aufgerissenen Augen setze ich zu einem Schrei an, der meine Kehle nicht verlassen wird, denn noch bevor der leiseste Ton aus mir herausbrechen kann, werden meine Beine weich wie Kaugummi und ich sacke auf dem Boden zusammen.
Starke Arme heben mich vom Boden hoch und legen mich auf ein weiches Bett. Nie wieder will ich meine Augen öffnen, denn wenn ich das mache, wird alles zur Realität. Es wird alles wahr, was ich nicht verkraften kann. Sanft streichelt jemand über meinen Arm, um mir Trost zu spenden und so schlage ich nun widerwillig meine Augen auf. Meine Mutter sitzt an meinem Bett und betrachtet mich aus ihren liebevollen, allwissenden Augen. Ich habe ein spartanisch eingerichtetes Zimmer, das trotz der kargen Einrichtung, heimelig und tröstend auf mich wirkt. Das große Bett, auf dem ich liege, hat vier hölzerne Säulen, die wunderschön geschnitzt wurden und ist mit einer unglaublichen Menge an weichen Fellen bedeckt. Noch einmal schluchze ich erbärmlich an ihrer Schulter auf.
>> Ich kann diesen arroganten, gefühlskalten Campbell nicht heiraten. Mutter, bitte zwingt mich nicht. Er hat nicht einen Hauch von menschlicher Wärme in sich. << jammere ich, doch meine Mutter hält dagegen.
>> Liebling ich weiß, dass es schwer für dich ist, doch denk an unser Volk. Denke daran, was es für sie, für uns bedeutet. Du bist eine Sinclair, du bist stark, du bist stolz und du hast einen Willen, der nicht gebrochen werden kann. Erst wenn du ihm wirklich eine Chance gibst, erst wenn die wahre, reine Liebe zwischen euch erblüht, wird unser Volk richtig vereint sein. <<
Mir ist übel als ich wieder zu mir komme und ich stöhne auf als ich die Beule an meiner Schläfe spüre. Mit noch zusammen gekniffenen Augen versuche ich ein Geräusch auszumachen, das von den Fremden kommt. Es so still, als wäre ich allein im Haus. Rein gar nichts ist zu hören.
Hat das bei den Aliens da unten eine Bedeutung? Schließlich bewegen sie sich lautlos.
>> Du kannst die Augen ruhig aufmachen, außer mir ist hier keiner. <<
>> Wie lange liege ich schon hier? << frage ich mit brüchiger Stimme und betaste vorsichtig das Hörnchen, das an meinem Kopf wächst.
>> Höchstens 15 Minuten. Vielleicht auch 20 aber mehr nicht, keine Angst. Akira hat dich aufs Bett gelegt, nachdem wir die Tür aufbekommen haben. << antwortet Tamara sichtlich erleichtert, dass ich wieder wach bin.
>> Verdammt. <<
>> Was ist da drin passiert? Ich habe nach dir gerufen, aber du hast nicht geantwortet. Als ich dann den Schlag gehört habe, wusste ich das etwas nicht stimmt und habe Max gerufen. <<
>> Keine Ahnung, es war als könnte ich nicht mehr atmen und als ich dachte, dass es besser wird, ist alles schwarz geworden. << erkläre ich ehrlich, nur das mit dem Mädchen verschweige ich ihr. Wahrscheinlich habe ich mir das, in der ganzen Aufregung nur eingebildet.
>> Kannst du dich an irgendetwas aus deinem Traum erinnern? << fragt sie wissbegierig und sofort wird mir noch ein wenig elender zumute.
>> Nein, ich kann mich nicht einmal daran erinnern, dass ich geträumt habe. <<
>> Hmm, das hast du aber. Du hast im Schlaf geweint, doch worum es ging, konnte ich nicht verstehen. <<
Ich habe geweint? Übertragen sich meine Gefühle nun schon ins echte Leben? Es klopft an der Tür, woraufhin Tamara öffnet und so leise, dass ich nichts verstehen kann mit jemanden redet.
>> Du solltest dich jetzt wirklich umziehen. << sagt sie, als sie sich wieder zu mir dreht, deutet auf einen Stapel Kleidung in der Ecke und verlässt das Zimmer.
Ich habe keine Möglichkeit mehr sie zu fragen, wer mich dort unten alles erwartetet und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich das überhaupt wissen will.
Mit brummendem Schädel wälze ich mich aus dem Bett und ziehe die frischen Klamotten an, die sie mir hingelegt hat. Schon seit Kindertagen sind ein paar Teile meiner Kleidung bei ihr und andersherum. Viel zu oft ist es vorgekommen, dass einer unserer Eltern vorbeikommen musste, um uns etwas zubringen, dass wir vergessen haben. So war es irgendwann nur logisch, dass wir Ersatzkleidung beim jeweils anderen deponiert haben.
Angezogen werfe ich einen Blick zum Schminktisch, ob ich wirklich einen Blick auf mein Spiegelbild werfen soll? Was, wenn ich wieder dieses Mädchen sehe?
Was, wenn ich wieder zusammenbreche?
Meine Hände zittern leicht, doch ich schlucke meine Angst hinunter und schiebe mich an das fragile Tischlein, auf dessen Platte ein großer, ovaler Spiegel thront.
Für den Bruchteil einer Sekunde meine ich wieder die Fremde zusehen, doch nach einem Zwinkern bin dort nur ich. Zwar mit einer dicken Beule, aber immer noch ich.
Die Luft, die ich unwillkürlich angehalten habe, entweicht nun zischend meinem Körper und ich betaste vorsichtig erst meinen Kopf und dann das Spiegelbild, nur um auf Nummer sicherzugehen.
Mit eiligen Handgriffen mache ich mich soweit zurecht, dass die Beule unter meinem Haar verschwindet und ich nicht so mitgenommen aussehe, wie ich mich fühle.
Noch einmal atme ich tief durch und stehe dann vorsichtig auf, um zur Tür zugehen, durch die, je näher ich ihr komme, zwei hastig sprechende Stimmen zu hören sind.
>> Ich denke nicht, dass sie bereit dazu ist. Du hast sie nicht gesehen, sie ist völlig fertig. << höre ich Tamara’s Stimme und sie scheint ehrlich besorgt um mich zu sein.
>> Um so wichtiger ist es, dass wir sie in alles einweihen. Sie muss die Wahrheit erfahren. << herrscht die andere Stimme sie barsch an und ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich dabei, um die von Akira handelt. Nur ein Gedanke an ihn reicht aus, um mir eine Gänsehaut zu bescheren und die Bilder aus meinem Traum schieben sich unvermittelt wieder vor mein inneres Auge. Meine Finger beginnen automatisch zu zittern und mein Körper lechzt geradezu nach seiner Nähe, doch mein Verstand rät mir dazu, sofort von hier zu verschwinden.
Aus dem Fenster kann ich nicht klettern, dafür sind wir viel zu hoch und einen anderen Ausgang als der, der vor mir liegt gibt es nicht. Ich muss mich dem stellen, was vor mir liegt, was auch immer es sein mag. Ein Klopfen vor mir, schreckt mich aus meinen Gedanken auf und ich zucke unwillkürlich zusammen. Die Tür öffnet sich nun schwungvoll und lässt mich damit nach hinten zurückweichen.
Akira steht vor mir und mustert mich eingehend. Ob er mir meine Fluchtgedanken vom Gesicht ablesen kann?
Meine zitternden Finger verschränke ich schnell hinter meinem Rücken. Er soll nicht sehen, wie es mir tatsächlich geht. Nicht das er denkt, er könne mich schnell aus dem Konzept bringen. Nach seiner prüfenden Musterung setzt er wieder seine arrogante und kühle Maske auf, die mich sofort wieder daran erinnert, dass er ein Arsch ist und ich ihn nicht leiden kann. So etwas wie im Garten, wird nicht noch einmal vorkommen. Wahrscheinlich hatte ich so etwas, wie einen mentalen Aussetzer. Anders kann ich mir diesen magischen Bann zwischen uns nicht erklären.
Mein schnelles schlagendes Herz, ordne ich den Umständen zu. Das hat ebenfalls nichts mit ihm zu tun. Am besten ist es, wenn ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufe, wie ungerechtfertigt er Lennox attackiert hat. In dem Moment hat der Kerl sein wahres Gesicht gezeigt. Eine schöne Fassade ändert nichts an dem schwarzen Kern im Inneren. Wenn ich mir das bewusst mache, bin ich immun gegen ihn.
>> Bist du soweit? << fragt er mit hochgezogener Augenbraue. Anscheinend hat er mich bereits gefragt, doch das habe ich nicht registriert. Nicht in der Lage mich zu artikulieren, nicke ich und folge ihm und Tamara, die an der Treppe auf uns wartet, die Stufen nach unten.
Sobald wir die letzte Treppenstufe erreicht haben, wird das Stimmengewirr aus Tenor, Bariton und Bass immer lauter und ich fühle mich, wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank. Jetzt gibt es keinen Weg mehr zurück, jetzt werde ich erfahren, was hier vor sich geht. Das habe ich schließlich gewollt, oder?
Die Wahrheit.
Verunsichert, ob ich wirklich den Raum betreten will der vor mir liegt, bleibe ich stehen. Tamara, die mitbekommen hat, dass ich ihnen nicht mehr folge, wirft mir einen unsicheren Blick zu.
>> Kommst du? <<
Nervös wandern meine Augen zwischen ihr, der offenen Tür und dem Flur, der mich zur Haustür bringt, hin und her. Was diese Menschen mir auch immer sagen wollen, ich bin mir sicher, dass es nichts ist, was ich hören möchte. Es kann einfach nicht Gutes sein, warum sonst würden sie so ein Brimborium darum machen.
Positive Nachrichten werden nicht so geheimnisvoll mitgeteilt. Das kennt man doch schon aus den einfachsten Filmen. Es sind immer nur die Schlechten, die einem eine Gänsehaut verursachen und die einen mit zusammengeschlagenen Händen über den Kopf, die Flucht ergreifen lassen.
Tamara scheint zu ahnen was in mir vorgeht. Sie kommt die wenigen Schritte, die zwischen uns waren zu mir zurück und zieht mich sanft weiter. Während ich mich die letzten Schritte von ihr leiten lasse, wiederholen sich in meinem Kopf aus dem nichts, Worte, an die ich nicht gedacht habe.
>> Du bist Sophie Leonore Summert, du bist stark, du hast keine Furcht, dein Wille ist nicht zu zähmen. <<
Die Stimmen im Zimmer verstummen, als sie mich wahrnehmen und sich ihre Blicke auf mich richten. Es ist mir äußerst unangenehm, so im Mittelpunkt zu stehen und so senke ich den Kopf. Die Selbstsicherheit, die mich gerade noch erfasst hatte, verpufft schlagartig. Kurz hege ich die Hoffnung, ein Loch würde sich auftun in dem ich untertauchen kann, doch natürlich lässt das scheiß Loch auf sich warten.
Tamara erkennt anscheinend als Einzige die Problematik, der Situation und zieht mich in Richtung Sofa auf dem Nummer 7 und 8 gerade noch gefläzt haben. Sie sind aufgesprungen, ohne dass sie auch nur ein Wort, hatte aussprechen müssen.
Keiner scheint den Anfang mache zu wollen, alle schauen mich an, als wäre ich das 8. Weltwunder, was die Situation nicht gerade verbessert.
Unsicher, ob es klug ist den Anfang zu machen, wage ich einen Vorstoß und würge unter größter Anstrengung ein >> Hallo. << hervor. Schweigend sitzen wir im Kreis und die Zeit scheint stillzustehen. Mir wird speiübel und meine Gedanken schweifen wieder zur Haustür. Vielleicht hätte ich doch besser die Flucht ergreifen sollen, statt mich angaffen zulassen.
Meine Unsicherheit schlägt allmählich in Zorn um und nach weiteren Minuten, die ohne jegliche Reaktion der Anwesenden vergehen, bricht es aus mir heraus.
>> Es wäre echt nett, wenn ihr euch vorstellen würdet. Wer ich bin scheinen ja alle zu wissen. Zudem fände ich es toll, wenn mir mal jemand erklären würde, woher ihr das wisst und was das hier soll. << fordere ich die Runde auf, die außer Tamara komplett aus Jungs besteht.
Die Gesichter der Anwesenden zeigen entweder erstaunen oder entsetzen, doch weiterhin scheint keiner antworten zu wollen.
>> Also das hätte ich mir denken können, dass du nicht aufgepasst hast. Jeder von ihnen wurde in der Schule vorgestellt. << flüstert meine Freundin, doch ich zucke entschuldigend mit den Schultern.
Nun scheint der Bann gebrochen zu sein und Maxwell ist der Nächste, der zu sprechen beginnt. Er übernimmt die Vorstellungsrunde und zeigt reihum auf die Jungs.
Der jeweils angesprochene, hebt kurz den Kopf oder nickt mir zu. Somit weiß ich, dass ich die Namen auch tatsächlich dem Richtigen zuordne.
Bisher war es noch nie ein Problem für mich Gesichter mit Namen zu verbinden und als ich so von einem zum anderen schaue, überkommt mich wieder das Gefühl, den Jungs schon einmal begegnet zu sein. Unwillig schüttle ich mich, um es wieder los zu werden, doch es hält weiter an mir fest wie eine Klette.
In Wirklichkeit heißt der Typ, der im Apple mit Ella geknutscht hat, Ian und der andere schweigsame, hört auf den Namen Henderson.
Mir fällt auf, dass Max Akira ausgelassen hat und mechanisch drehe ich mich zu ihm. Das war keine gute Idee. Er mustert mich schweigend und sofort spüre ich, wie sein intensiver Blick Besitz von mir ergreifen will.
Japsend schließe ich die Augen und mir ist vollkommen egal, wie psychopathisch das auf die anderen wirken muss. Ich kann nicht zulassen, dass sich das noch einmal wiederholt. Er ist ein Arsch, ein arroganter Mistkerl und meiner nicht würdig.
Momentmal, meiner nicht würdig? Ist das wirklich einer meiner Gedanken? Solche Worte benutze ich für gewöhnlich nicht. Wieso denke ich sie?
Diese Knoten in meinem Hirn lassen mich vergessen, warum ich meine Augen geschlossen habe und ich öffne sie wieder, nur um Akira’s Gesicht vor mir zu haben.
>> Also? Warum das alles? << frage ich lauter als beabsichtigt.
>> Es ist wichtig, dass du uns vertraust. Wir wollen nicht, dass du wieder verschwindest. Wir wissen jedoch nicht genau, wie wir am behutsamsten mit der ganzen Geschichte beginnen sollen. <<
Haha und das sagt ausgerechnet er.
Ich hebe eine Augenbraue, als ich mich ihm wieder zuwende und mein Kopf erinnert mich kurz daran, dass die Alien-Geschichte noch nicht aus der Welt ist.
>> Meine Oma hat immer gesagt, am besten man beginnt am Anfang. Also würde ich sagen, der Anfang wäre ideal.<< antworte ich gereizt auf sein Weichspüler Geschwätz, das unterdrückte Lachen neben mir ignorierend. Von wegen vertrauen. Wie sollte ich ihm vertrauen? Ich habe noch immer nicht den blassesten Schimmer von dem, was hier vor sich geht.
>> Also vom Anfang an, ja? << kommt der nächste Satz von Rutherford, statt von meinem Gegenüber und ich nicke.
>> Na gut. <<
Er verändert seine Position ein wenig, um bequemer zu sitzen, dann beginnt er mit seiner Geschichte.
>> Erst einmal, um eins klarzustellen. Wir kennen dich nicht. Nicht wirklich. Wir haben dich so zu sagen nur im Auge behalten, genauso wie 3 andere Mädchen, die auf der weiten Welt verstreut sind. Du bist allerdings die letzte logische Möglichkeit, daher sind wir hier. <<
Ich verstehe nur Bahnhof und gebe ein äußerst stilvolles
>> Hä? << von mir.
Ruthi, wie ich insgeheim seinen Namen abkürze, übergeht meinen Einwurf und fährt fort.
>> Akira war bei allen 4 potenziellen Mädchen und hat sich in deren Umgebung blicken lassen, doch keine hat auf ihn reagiert. Keine außer dir. Aus diesem Grund wissen wir, dass du die Richtige bist und wir sind hier, um ihn zu unterstützen. << endet er seine, für mich wenig aufschlussreiche Erzählung.
>> Da hattest du ja einiges zu tun, was? << wende ich mich Akira zu, doch lasse ihn nicht zu Wort kommen.
>> Wie meinst du das, auf ihn reagiert? Nimm es mir nicht übel, aber bisher hast du mir nicht wirklich was verraten. Von der Sache, dass er 4 Mädchen gleichzeitig stalkt, mal abgesehen und ich weiß nicht, ob man damit hausieren gehen sollte. << spreche ich mit Ruthi weiter, der mich amüsiert ansieht.
>> Du weißt, dass ich dich nicht gestalkt habe. << fährt Akira mich energisch an.
>> Du fühlst das gleiche wie ich, wenn wir uns ansehen. Ich wette du hast merkwürdige Träume in letzter Zeit. Stimmt’s? <<
Woher weiß er von meinen Träumen?
>> Oh ja und was für welche! Tamara wiederholt sie bestimmt gerne, sie spioniert mich schließlich für euch aus. << schreie ich ihn an, ohne mich zurückzuhalten.
So, jetzt ist es raus.
Eigentlich wollte ich mein Wissen noch nicht so schnell lüften, aber der Typ macht mich so wütend, dass mir die Worte ungefiltert herausrutschen.
Nach meinem Ausbruch herrscht Schweigen und sie sieht mich mit riesigen, vor Schreck geweiteten Augen an.
>> Du, du weißt davon? Woher? Wann? Wie hast du das erfahren? Bitte lass es mich erklären, du verstehst das völlig falsch. Ich habe dich nicht ausspioniert. << entfährt es ihr ängstlich und Tränen steigen ihr in die Augen.
>> Die Tour kannst du dir sparen. Ich weiß es und ich werde euch bestimmt nicht über meine Quellen informieren. Im Gegensatz zu dir, bin ich keine Verräterin. << werfe ich ihr an den Kopf.
Sie reagiert postwendend und nun laufen ihr tatsächlich kleine Rinnsale über die Wangen.
>> Ehrlich ich habe dich nicht… << doch weiter lasse ich sie nicht sprechen. Ich halte ihr meine aufrechte Hand entgegen, um ihr zu signalisieren, dass sie schweigen soll.
>> Ich glaube dir kein Wort, heb dir deine Krokodils Tränen für jemand anderen auf. Du hintergehst mich ab der ersten Sekunde, die ich dich kenne oder stimmt es etwa nicht, dass du alle hier kennst? << frage ich und mache eine ausladende Handbewegung, welche die Menschen um mich herum erfasst.
>> Stimmt es etwa nicht, dass du mich manipulieren wolltest? Wolltest du nicht, alles über meine Träume wissen? Wolltest du nicht wissen, wie ich für Akira empfinde und ihn mir schmackhaft machen? Du bist eine intrigante und manipulative Verräterin, nichts anderes.
Wie sollte ich dir noch ein Wort glauben? << zische ich ihr entgegen, während ich meine angestauten Aggressionen rauslasse.
Die ganze Wut und Enttäuschung, welche sich in mir aufgebaut hatte, löst sich mit meinen Worten in Rauch auf. In der Sekunde, in der ich ihren Gesichtsausdruck sehe, bereue ich meine Worte. Sie heult auf und verbirgt ihr Gesicht hinter den Händen, nur um kurz darauf, wie von der Tarantel gestochen die Treppe nach oben zu rennen. In Ermangelung weiterer Alternativen, setze ich mich wieder und verschränke die Arme vor der Brust.
Was stellt sie sich jetzt so an? Sie hat mich doch verraten, nicht andersherum.
>> Du hast ja keine Ahnung. << fährt Maxwell mich zornig an, bevor er ihr folgt. Das schlechte Gewissen nagt an mir, doch ich bleibe stur. Das hat sie selbst zu verantworten, wäre sie ehrlich zu mir gewesen, wäre das alles nicht passiert. Plötzlich und ohne Vorwarnung, stehen die anderen auf und verlassen den Raum. Alle bis auf Akira, der weiterhin eisern schweigt.
>> Was? <<
>> Das hat deine Freundin nicht verdient, ich hoffe du fühlst dich jetzt besser. << er lehnt sich zurück, ohne seine Musterung zu unterbrechen.
Bitte? Wie kann er es wagen mir solch einen Spruch entgegen zu schmettern?
So ein überheblicher Dreckskerl.
Natürlich weiß ich, dass ich zu weit gegangen bin, aber er hat das nicht zu beurteilen. Ich habe genug mit meinen Schuldgefühlen zu kämpfen, da brauche ich seinen Kommentar nicht auch noch.
>> Du hast unrecht mit deinen Beschuldigungen. <<
Ja klar.
>> Sie hat dich nicht ihr Leben lang ausspioniert. Vor wenigen Tagen ist sie Max begegnet und seitdem können sie die Finger nicht voneinander lassen. Ich bin nicht begeistert davon. Noch viel weniger freut es mich, dass er sie ohne meine Erlaubnis in die ganze Geschichte eingeweiht hat, doch so ist es.
Ich musste entscheiden, ob sie uns behilflich sein konnte und ihr eine Aufgabe zugeteilt. Sie sollte lediglich ein Auge auf dich haben und mich keineswegs für dich schmackhaft machen. <<
>> Was? Aber ihr habt doch im Bioraum… Scheiße. << fluche ich entsetzt über meinen Fehler.
>> Scheiße, scheiße, scheiße <<
Ich muss mich sofort entschuldigen. Wie konnte ich ihr nur so schreckliche Dinge an den Kopf werfen? Ich bin so eine miserable Freundin.
Eilig erhebe ich mich, um zu ihr zugehen, doch bevor ich auch nur den kleinen Zeh bewegen kann, versperrt der Idiot mir den Weg.
>> Das machst du jetzt besser nicht, Maxwell ist bei ihr. Du kannst jetzt nicht mehr tun, als dich wieder hinzusetzen, mir zu zuhören und mir wahrheitsgetreu ein paar Fragen zu beantworten. << ertönt seine harte Stimme und ich bin mir sicher, dass er nichts anderes dulden wird als genau das.
>> Und dabei dachte ich, dass du mir ein paar Fragen beantwortest. << entgegne ich trotzig. Wie ich es auch drehe und wende, ich komme nicht an ihm vorbei und so nehme ich wieder auf dem Sofa Platz.
>> Wenn du ordentlich zuhörst, brauche ich das vielleicht gar nicht mehr. Warte erstmal ab und versuche mich nicht zu unterbrechen. << herrscht er mich an, bevor er fortfährt.
>> Also wie Rutherford vorhin begonnen hat, habe ich, versucht mich bei jedem Mädchen, welches in Frage gekommen wäre, bemerkbar zu machen. Nein, nicht unterbrechen, zuhören. << erstickt er meinen Einwand im Keim, sobald ich meinen Mund geöffnet habe. Mürrisch schließe ich ihn wieder und funkle ihn böse an. Angestrengt versuche ich mich zurückzuhalten, genau seiner Geschichte zu lauschen und mir meine Fragen zu merken, bis ich endlich am Zug bin.
>> Es hat mir schon gereicht, den Mädchen kurz in die Augen zu schauen, um zu spüren, ob es eine Verbindung gibt. Das hätte ich mir alles sparen können.
Sobald ich dich gesehen habe, wusste ich, dass du die Richtige bist. Logan ist ein ziemlich guter Ahnenforscher. Er hat herausbekommen, dass genau 4 Mädchen, mit der Blutlinie der Sinclair’s, direkt in Verbindung stehen und zum richtigen Zeitpunkt geboren wurden. Er hat von den anderen, welche nun nicht weiter von Bedeutung sind, die Adressen herausbekommen. Von allen haben wir vorab Fotos beschaffen können, du warst die Einzige, von der es keinerlei Bilder im Internet gibt. Inwieweit bist du mit der Geschichte Schottlands betraut? <<
>> Ähm…<<
>> Schon gut, schon gut ich erzähle dir einfach alles, das ist am einfachsten. << fährt er in seinem hochmütigen Tonfall fort und in mir beginnt es zu brodeln. Wieso ist er nur so?
>> Schottland wurde früher von mehreren Clans regiert und war unabhängig von England. Hat sich jemand einem Clan angeschlossen, hat er davon in Form von verpachtetem Land oder ähnlichem profitiert. Im Gegenzug hat er sich zum Kriegsdienst verpflichtet, was unter Umständen je nach Clan Oberhaupt, zu einigem Blutvergießen führen konnte. Um diese blutigen Auseinandersetzungen zu umgehen, wurden unter benachbarten Clans Bündnisse geschmiedet. Manchmal für kurze Zeit, um gegen einen anderen Clan vorzugehen, oder um einen dauerwährenden Frieden zu erreichen.
Wie du dir vielleicht ausmalen kannst, wurden diese Bündnisse am leichtesten erzielt, in dem die Kinder der Clanchef’s miteinander vermählt wurden. Nicht immer waren solch erzwungene Ehen für das Paar von Erfolg gekrönt, aber unabhängig davon, hat das Land immer von diesen Zusammenschlüssen profitiert.
Clans sind um das vierzehnte Jahrhundert entstanden und während einige untergingen, haben es 2 von ihnen, während des kompletten Verlaufs der Geschichte geschafft, bestehen zu bleiben.
Während also viele mit dem Untergang des Clan Chiefs ausgelöscht wurden, konnten sich diese beiden Clans, Stück für Stück vergrößern. Mit jedem neuen Kind wurde ein anderer Clan übernommen, wie beim Clan der Sinclair’s und der Campbell’s.
Im Laufe der Zeit, gab es für diese beiden nur die Frage Krieg, mit tausenden Toten auf beiden Seiten oder Heirat und das Land würde sich auf friedlicher Ebene vereinen. << erzählt er und meine Gedanken überschlagen sich gerade zu.
Bei Gott, haben mir meine Träume nicht genau das gezeigt? Habe ich nicht den Moment erlebt, indem sie das Bündnis geschmiedet haben?
Mir wird speiübel und um mich vor dem zu schützen, was noch kommt, ziehe ich die Beine an, um sie mit meinen Armen zu umschlingen.
>> Diese besagten Clans, schmiedeten ein Bündnis zwischen Leonore, der Tochter der Sinclair’s, und dem Sohn der Campbell’s, der Akira genannt wurde. Der Clan der Sinclair, würde somit in den der Campbell übergehen und das Fortbestehen der Familie wäre gesichert. Keiner von ihnen brauchte noch Angriffe anderer zu fürchten, denn die Größe des Clans, ließ die übrigen vorsichtig werden.
Leonore und Akira wurden Attribute wie Stolz, Klugheit, Bescheidenheit, Sanftmut, aber auch eine harte Hand nachgesagt. Es hieß lange Zeit, dass die beiden nach einigen Startschwierigkeiten glücklich waren und sie haben mit ihrem Bündnis viele Ländereien durch gute Bewirtschaftung erblühen lassen.
In meiner Familie, die sich schon seit Generationen mit den Ahnen beschäftigt, wurde herausgefunden, dass nicht alles so rosig war wie es schien.
Die Hindernisse, die sie zu umschiffen hatten, haben viele Opfer gefordert und am Letzten, scheinen sie gescheitert zu sein, sodass sich die Geschichte wiederholen wird, bis auch die letzten Aufgaben erfüllt wurden. << endet er vorerst und sieht mich aufmerksam an.
>> Super Geschichte, ehrlich, aber was willst du mir damit sagen? <<
Auf meinem ganzen Körper haben sich die Haare aufgestellt und eine innere Kälte scheint von ihm Besitz ergriffen zu haben. Mir schwant, worauf er hinauswill, doch das hört sich so surreal an, dass das was er andeutet, einfach nicht wahr sein kann.
>> Du hast seit kurzer Zeit merkwürdige Träume, richtig? Sie zeigen dir eine andere Zeit und fühlen sich anders an. Realer als üblich, richtig? <<
Ich bin nicht in der Lage ihm seine Vermutungen zu bestätigen, mir ist das alles zu viel. So etwas ist einfach nicht möglich.
>> Mir ist klar, dass das ziemlich viel auf einmal ist und du musst mir auch nicht sofort antworten. Wenn ich dir ins Gesicht sehe, brauche ich keine weiteren Beweise. Ich weiß, dass diese Geschichte der Wahrheit entspricht. Ebenso, wie die Aufgaben, die erfüllt werden müssen. Wenn du möchtest und mir weiter zuhörst, kann ich dir alles beweisen. Ich kann dir beweisen das ich Recht habe.<<
Vielleicht bin ich ja noch immer in einem Traum gefangen und wenn ich jetzt die Augen schließe, wache ich auf.
>> Du bist Leonore wie aus dem Gesicht geschnitten, ebenso wie ich es bei meinem Ahnen bin. Dein zweiter Name geht sogar auf sie zurück. Es gibt eine Prophezeiung über uns beide, die besagt, dass die Nachfahren beider Geschlechter ihr Land beschützen können, indem sie die Prüfungen bestehen.
Es heißt du seist stark, furchtlos und klug, genauso wie ich. Um unsere Vergangenheit zu einen, ziehen wir uns magisch an, denn nur gemeinsam sei es uns möglich, unsere Aufgabe zu erfüllen. Sophie, sobald ich dich ansehe, habe ich das Gefühl ich würde aufhören zu existieren. Es gibt nur noch dich, sonst verblasst alles um mich herum. Wenn ich dich ansehe, kann ich einfach nicht mehr klar denken.
Bitte sei ehrlich zu mir und erzähle mir welche Träume du hast. Stehe zu deiner Vergangenheit und sage mir, dass du dich genauso fühlst, wenn du mich ansiehst. <<
Zwischen meinem Kopf und meinem Herzen findet ein rebellischer Kampf statt. Mein Kopf kann seinen Worten einfach nicht glauben. Mein Herz hingegen fühlt, dass er die Wahrheit ausgesprochen hat, so unglaubwürdig es sich auch anhören mag. Akira will mir anscheinend einen Moment Ruhe geben, um meine Gedanken zu sortieren. Er verlässt das Zimmer, ohne mich weiter zu bedrängen. Vielleicht ist ihm aber auch klar geworden, dass ich ihm nicht einfach bedingungslos vertraue, nur weil er mir eine solche Story aufgetischt hat.
Die Zeit, in der ich mit mir hadere, ob ich mit der Wahrheit herausrücken sollte oder nicht, scheint sich wie Kaugummi in die Länge zu ziehen und ich halte es auf meinem Platz nicht mehr aus. Nervös beginne ich Kreise zu drehen und versuche, das Für und Wider abzuwägen, als Akira den Raum wieder betritt. Er beobachtet mit erhobenen Brauen, wie ich im Zimmer umherwandere.
>> Vielleicht sollte ich dir von der Prophezeiung berichten, um dir deine Entscheidung zu erleichtern. Wie ich schon sagte, will ich das du mir vertraust. Dafür werde ich dir alles erzählen, was du wissen musst. <<
Er will mir alles erzählen, was ich wissen muss?
Was ist denn mit dem, was ich wissen will? Oder sind das ein und dieselben Dinge?
>> Bevor du weiterredest, muss ich erst mit Tamara sprechen. Dieses ähm, dieses Missverständnis spukt mir im Kopf herum und das kann ich gerade nicht gebrauchen. << halte ich ihn schnell auf, bevor er mit der nächsten Geschichte beginnen kann. Es ist zwar nur die halbe Wahrheit, doch so kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ich entschuldige mich bei ihr und erkaufe mir etwas Zeit, um meine wirren Gedanken zu sortieren.
Widerwillig nickt er, doch ich kann es geradezu in seinem Gesicht ablesen, dass er alles andere als erfreut darüber ist. Von seiner Miene lasse ich mich nicht abschrecken und schiebe mich in einem weiten Bogen, um ihn herum. Mit großen Schritten nehme ich immer zwei Stufen auf einmal, bis ich vor Tami’s Zimmertür stehe und zaghaft klopfe. Unerwartet schnell öffnet sich diese, doch statt in ihres, blicke ich in Maxwell’s missmutiges Gesicht.
>> Ähm ich, ich wollte mich bei Tamara entschuldigen. Kann ich mit ihr sprechen? << frage ich unsicher und komme mir dabei selten dämlich vor.
>> Wenn sie es will. << kommt prompt seine Antwort, doch schon schiebt sich das Mädchen ins Sichtfeld, zudem ich wollte. Sie öffnet die Tür ein wenig weiter und gibt mir so zu verstehen, dass ich eintreten kann.
Es braucht einige Zeit, um ihr zu erklären, wie dieses Missverständnis ausgelöst wurde, doch nach einigen Sekunden Bedenkzeit nickt sie und drückt mich an sich.
Vor lauter Freude darüber, dass sie nicht mehr allzu böse auf mich ist, kommen mir die Tränen, die ich tapfer wieder nach unten kämpfe.
>> Es tut mir wirklich leid. << sage ich mit kratziger Stimme, doch sie winkt ab und erklärt mir, dass sie unter diesen Umständen wahrscheinlich genauso reagiert hätte. Maxwell hat während unserer Aussprache das Zimmer verlassen und so nutze ich die Gelegenheit, in der wir ungestört sind und frage sie nach ihrer Meinung zu dieser Geschichte.
>> Ich kann dir wirklich nicht sagen, ob die alle nur einen Knall haben, oder ob an der Sache tatsächlich was dran ist. Für mich hört sich das schon ganz schön abgedreht an, aber eine gewisse Anziehung zu dem Jungen da unten, kannst du nicht leugnen.
Ja, du bestreitest, dass du ihn interessant findest, aber vergiss nicht, dass ich dich schon ewig kenne und ich weiß, wann du einen Typen abcheckst. <<
>> Was? Ich habe ihn nicht abgecheckt. Wie kommst du darauf? <<
>> Von mir aus, aber diese Anziehung, von der er gesprochen hat, kannst du nicht leugnen. Im Garten warst du wie ein hypnotisiertes Schaf. Wahrscheinlich hättest du den ganzen Tag dagestanden und ihn angeglotzt.<< wendet sie ein und ich muss zugeben, dass dieser Moment schon ziemlich intensiv war.
>> Also denkst du, wenn das Stimmt, dann vielleicht auch alles andere? <<
>> Ich denke, du solltest dir den Rest auch noch anhören und dann in Ruhe eine Entscheidung fällen. Du warst schon immer ein Impulsiver Mensch, doch bei wichtigen Dingen hast du immer erst eine Zeit nachdenken müssen. Das solltest du auch jetzt tun. <<
Sie war schon immer ein kluger Ratgeber, wenn ich unsicher war.