Читать книгу Prophezeiung - Melanie Baumann - Страница 9
Оглавление7.
Akira sieht mich und meine Freundin abschätzig an und wieder ist mir sein selbstgefälliges Verhalten zuwider.
>> Wir haben es geschafft die wahre Nachfahrin von Leonore Sinclair zu finden. << erhebt er überheblich seine Stimme. Bei seinen Worten muss ich mich schütteln, damit ich die Gänsehaut wieder loswerde, die sich ausgebreitet hat.
>> Wir sind auf eure Unterstützung ebenso, wie auf eure Loyalität angewiesen, deswegen möchte ich, nachdem sie nun über die äußeren Umstände Bescheid weiß, dass ihr alle bei uns seid, wenn ich ihr erzähle, was unsere Aufgaben sind. << fährt er fort und meine Augenbraue wandert bei seinen schwülstigen Worten, immer weiter nach oben.
>> Ich kann verstehen, dass du mir noch nicht alles glaubst. Genauso verstehe ich es, dass du noch Fragen hast, aber ich versichere dir, ich werde versuchen dir alles nach besten Gewissen zu erklären. Zuerst solltest du jedoch noch erfahren, inwiefern sich unsere Zusammenarbeit auswirkt. Es gab bereits vor uns Nachfahren, die versucht haben die Prophezeiung zu erfüllen und ebenso gab es einige, die ihr Leben, wie gewohnt weitergeführt haben.
Damit will ich sagen, dass ich dich nicht zwingen werde mit mir zu gehen. Du hast jederzeit die Wahl und kannst dich dazu entscheiden, dein gewohntes Leben weiterzuleben. Nur weil ich mich für diesen Weg entschieden habe, heißt das nicht, dass du es mir gleichtun musst.
Wir alle sind durch unsere Vorfahren mit der Geschichte verwoben, die Ahnen der hier Anwesenden haben sich in ihrem Leben dazu entschlossen, Akira und Leonore zu folgen und ihnen zu helfen.
Sie haben einen Blut Eid geleistet, womit auch ihre zukünftigen Generationen an den Schwur gebunden sind, bis ihre Pflicht erfüllt ist. Diese Männer, die hier vor dir stehen, sind die Nachfahren der mutigen Gefolgsleute, unserer Clans.Wir haben uns über die Jahre gefunden, alle lebten von Geburt an in Großbritannien, sodass sich unsere Wege irgendwann gekreuzt haben. <<
Alter, hochtrabender geht’s wohl nicht.
>> Als ich die Verbindung zwischen uns hergestellt habe, konnte ich die Ersten mit meinen Beweisen überzeugen. Wir haben durch mühevolle Recherche die anderen gefunden und zum Schluss auch dich. Wie ich dir bereits gesagt habe, gibt es eine Prophezeiung über uns. In dieser geht es um unser aller Zukunft und ich bin davon überzeugt, dass sie Antworten für uns enthält, die wir nur zu deuten lernen müssen. <<
Ich halte es einfach nicht mehr aus und pruste drauf los. Mir ist es egal, wie grimmig er mich ansieht. Seine Worte sind so hochtrabend und schmalzig, dass ich nicht mehr an mich halten kann. Der Rest der Gruppe sieht unsicher zwischen mir und Akira hin und her, wahrscheinlich erwarten sie, dass er mich jede Sekunde zur Schnecke macht.
>> Bitte reiß dich zusammen, du kannst das Ausmaß dieser Aufgabe und dessen Bedeutung noch nicht verstehen. Wie solltest du auch, aber du kannst uns mit ein wenig mehr Respekt begegnen. << maßregelt er mich mit strenger Stimme und ich versuche mich wieder zu beherrschen, damit er weiter machen kann.
>> Diese Prophezeiung lautet folgendermaßen:
Das Bündnis, geschmiedet zwischen den Riesen, muss sich bewähren. Schlachten werden geschlagen, wie auch verloren. Nur wenn sie die Prüfungen bestehen und Seite an Seite stehen, kann es ihnen gelingen.
Das Paar wird das Untier der Seen besiegen, das geflügelte Monster des Himmels niederstrecken, den Garten der sprechenden Steine ihrer Kostbarkeiten berauben, den Glasgarten das Schönste entziehen, was er versteckt und den Sommergarten durchqueren.
Gelingt es ihnen nicht, werden sie gebunden an ihrem Versprechen, das Land zu einen und den Frieden zu bewahren, im Abstand von zehn Dekaden wiederkehren, um zu beenden, was sie begonnen haben. Doch beachtet, dass das Ende naht, wenn der große Teich überquert ist und sich Gaya gegen die Menschen zu wehren beginnt.
Haben die Liebenden es bis dahin nicht geschafft, ihren Teil des Schwurs zu besiegeln, wird die letzte Dekade vergehen und das Land wird seine Unabhängigkeit fordern. Tod und Niedertracht werden wieder Einzug halten, als hätte es dieses Bündnis nie gegeben.
Die tapferen Getreuen, elf an der Zahl, werden durch Mut und Tugenden ihren Beitrag leisten, erst dann sind sie befreit von ihrem Bruder und ihrer Schwester, deren wahre Liebe sich erst zum Schluss offenbart.
Ich weiß, das ist alles sehr viel und du hast heute eine Menge erfahren. Ich habe hier eine Kopie der Prophezeiung für dich und ich bitte dich noch einmal darum mir zu vertrauen. Wenn du so weit bist, erzähle mir von deinen Träumen, ich habe die Hoffnung, dass sie uns helfen können.
Ian, unser Computergenie, hat sich um die Schule gekümmert und Logan hat alles mit deinen Eltern geklärt. Ihr müsst euch also keine Gedanken darum machen, Ärger zu bekommen. Wir lassen euch jetzt alleine, damit du alles verdauen kannst. << erklärt er abschließend und gibt mir keine Gelegenheit, auch nur eine einzige Frage zu stellen.
>> Ähm, ich…<< setze ich an. Er unterbricht mich postwendend, stellt sich vor mich und drückt meine Schultern.
>> Mache dir Gedanken, ob du das wirklich willst. Wir kommen morgen wieder und werden alles Weitere besprechen. Egal für welche Richtung du dich entscheidest. << damit schreitet er an mir vorbei und lässt mich stehen, wie bestellt und nicht abgeholt. In mir beginnt es wieder zu brodeln, doch als ich mich umdrehe, um ihn die Meinung zu geigen, ist er bereits verschwunden. Was ist los mit dem Typ?
Meine Gedanken gehen zurück zu der Prophezeiung, die er uns erzählt hat und zu der Kopie, die auf dem Tisch liegt. Wieso hören sich die Worte darauf so an, als würde ich sie bereits kennen?
Es kommt mir so vor, als würden sie etwas Wichtiges verbergen, doch es ist als würde ein Nebel über der Erkenntnis liegen und ich komme nicht an dieses Wissen heran. Tamara, welche die Jungs noch hinausbegleitet hat, kommt gerade zu mir zurück und sieht mich fragend an.
>> Was ist los? <<
>> Keine Ahnung. Kommt es dir nicht auch so vor, als würde da etwas Wichtiges drinstehen? <<
>> Ich habe eher das Gefühl, das dir diese affigen Worte, genau das weiß machen sollen. Ich mache uns jetzt einen Tee. Damit lässt es sich besser grübeln. <<
>> Ich helfe dir. <<
Zusammen gehen wir in die Küche und ich hole die Tassen aus dem Schrank, während sie Wasser aufsetzt.
>> Ich weiß nicht, mir kam es so vor, als würde sich hinter all den Worten etwas verbergen. <<
>> Was, wenn sich nichts dahinter verbirgt und es Tatsachen sind, die dort geschrieben stehen? <<
>> Verstehe ich nicht. Wir sollten uns das vielleicht noch einmal ansehen, jetzt wo wir wieder allein sind. <<
Müde setze ich mich auf einen Hocker an die Theke und lege meine Stirn auf dem kühlen Granit vor mir ab.
>> Kind, du darfst dich vor diesen Aufgaben nicht verschließen << höre ich meine Mutter sagen, doch ich will ihr nicht zuhören. Wie kann ich daran glauben, dass ich jetzt, nachdem ich ihn zum Mann genommen habe und vermutlich bald seinen Sohn unter meinem Herzen tragen werde, all diese Dinge bewerkstelligen soll.
>> Du hast die Seherin gehört. Du kannst dich nicht dagegen wehren. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir diese Aufgaben lösen können, statt das du stur wie ein kleines Kind Stunden lang verschwindest. << drängt sie auf mich ein.
>> Mutter, ich brauche einen klaren Kopf und den bekomme ich nicht, wenn ich hier drinsitze und stricke. Ich habe bei der heiligen Quelle um Hilfe gebeten. Weißt du, was mit dem Garten der sprechenden Steine gemeint ist? Und wo befindet sich dieser ominöse Glasgarten? Von einem Sommergarten hast du doch auch noch nichts gehört, oder? <<
>> Ach Kind, wir müssen all unser Wissen zusammentragen, um die Antwort zu finden. Nur gemeinsam ist es möglich, nur gemeinsam haben wir wahre Größe. <<
>> Wach auf verdammt. <<
Tamara verpasst mir eine saftige Ohrfeige und ich kann sie nur knapp davon abhalten, mir eine Zweite zu geben.
>> Ich bin wach, ich bin wach! Es hätte auch gereicht mich an zu stupsen. Du weißt doch, dass ich einen leichten Schlaf habe. <<
>> Leichter Schlaf ist gut. Du warst völlig weg. Seit 5 Minuten versuche ich dich zu wecken, aber du warst wie im Koma. <<
So ein Quatsch, sie muss doch nicht gleich so übertreiben.
>> Wir sollten uns dringend diesen Zettel noch einmal ansehen. Mein Traum eben, hat mich geradezu darauf gestoßen. <<
Meine Wange pocht noch immer von ihrem Schlag. Ich versuche den Schmerz weg zu massieren, während ich ins Wohnzimmer gehe und das Papier hole. Tamara hat in der Zeit den Tee aufgegossen und blickt mir nun über die Schulter.
>> Schau mal hier, dieser Satz: Die Tapferen Getreuen, elf an der Zahl werden durch Mut und Tugenden ihren Beitrag leisten, erst dann sind sie befreit von ihrem Bruder und ihrer Schwester. <<
>> Das hört sich für mich so an, als wüsste die Prophezeiung, dass du dabei bist. <<
Mit gerunzelter Stirn schaut sie auf den Zettel.
>> Möglich, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass ich im vierzehnten Jahrhundert bereits bekannt war. Aber wer weiß, das Gute reicht natürlich weit voraus, nicht wahr? <<
Ich muss lachen und schaue sie mit hochgezogener Augenbraue an.
>> In meinem Traum ging es um die letzten drei Aufgaben. Den Garten der sprechenden Steine, dem Glasgarten und dem Sommergarten. Bedeutet das vielleicht, dass wir uns auf diese Aufgaben konzentrieren sollen?
Was könnte „Garten der sprechenden Steine“ denn bedeuten? <<
>> Fällt dir dazu denn etwas ein? Ganz ehrlich, ich habe keinen Plan, was damit gemeint sein könnte. Was sind denn bitte sprechende Steine? Das Einzige, was mir dazu einfällt sind die Trolle aus dem Film, die Eiskönigin. <<
Jetzt muss ich richtig lachen und stelle mir vor, wie diese Trolle vorbeikommen und uns musikalisch eine Antwort präsentieren.
>> Ich glaube wir müssen alle gemeinsam über diese Aufgabe nachdenken. In dem Traum gerade, meinte meine, ähm Leonores Mutter: „nur gemeinsam ist es möglich. Nur gemeinsam haben wir wahre Größe.“ <<
>> Uhhh mystisch, aber du könntest recht haben. <<
>> Es wäre vielleicht besser, wenn wir nicht bis morgen warten, sondern die Meute anrufen und sie wieder herbestellen. <<
Gesagt, getan. Sie zückt kurzerhand ihr Handy und bestellt direkt Pizzen für uns, damit wir was zwischen die Zähne bekommen. Es dauert kaum 20 Minuten und die Türklingel verkündet die Ankunft unserer Pizza. Wir versammeln uns im Garten, damit wir die Sonne etwas genießen können. So habe ich vielleicht Glück und bleibe von weiteren Gänsehaut-schauern verschont.
>> Wir sind 11 Leute, aber haben 16 Pizzen. Habt ihr euch verzählt? << Max verteilt gerade die Kartons und sieht unsicher auf den Stapel in seinen Händen.
>> Keineswegs. 2 für Tami, 2 für mich und der Rest für euch. << zähle ich auf, klimpere mit meinen Wimpern und nehme ihm 4 Schachteln ab, um 2 davon direkt an meine Freundin weiterzureichen.
Ungläubig beäugt er Tamara und man kann sehen, dass er versucht abzuschätzen, wie 2 Pizzen in die zierliche Person vor ihm passen sollen.
>> Niemals verdrückt ihr 4 Pizzen. Überlasst die mal lieber den großen Jungs << meint er hochmütig und ich pruste los.
>> Wollen wir wetten? <<
>> Da ich diese Wette gewinnen werde, gerne.
20 Mäuse? <<
>> Abgemacht, du wirst heute von deiner Freundin eine ganz andere Seite kennenlernen. <<
Eine halbe Stunde später habe ich das Gefühl platzen zu müssen und bin um 20 Euro reicher.
>> Und, was sagst du jetzt? <<
Ungläubig beäugt er seine gefräßige Freundin und schüttelt dabei den Kopf, als hätte er gerade Tamaras wahres Ich kennengelernt.
>> Ich kann es nicht fassen. <<
>> Habe ich was verpasst? << will sie wissen.
>> Nein, Nein du kleiner Vielfraß, alles in Ordnung. << antworte ich lachend und lege mich auf den Rücken.
Akira, der seit mehreren Minuten ungeduldig in der Runde umherblickt, hält unser Geplänkel anscheinend nicht länger aus.
>> Seid ihr jetzt endlich soweit? Wir hatten ausgemacht, dass wir uns morgen wiedersehen, zu welchen wichtigen Erkenntnissen seid ihr denn gelangt? Und wieso können wir nicht reingehen? Bei der Hitze habe ich das Gefühl, dass ich gleich in Rauch aufgehe. <<
Na, da hat aber einer schlechte Laune. Ich dachte, dem Kerl sei das alles so wichtig und nun stellt er sich an als würde er mit Pizza gequält werden.
>> Stell dich mal nicht so an, schließlich bist du kein Vampir. << kontert Tamara und die Lacher, die nun zu hören sind, kommen nicht nur von mir.
Er sieht uns mit einem so kalten Blick an, dass alle sofort verstummen und den Kopf einziehen. Ich erkläre schnell was los ist, bevor er auf uns los geht.
>> Wir müssen gemeinsam überlegen, was es mit der Prophezeiung auf sich hat. Ich hatte vorhin einen Traum und bin mir sicher, dass allein keiner auf die richtige Lösung kommt. Wir sind ja noch neu bei der ganzen Sache und dachten damit wir auf ein logisches Ergebnis kommen, arbeiten wir zusammen. Am besten ich erkläre kurz, was in dem Traum geschehen ist, dann versteht ihr vielleicht, was ich meine. <<
Um mich von den Blicken der Anwesenden abzulenken, sammle ich die leeren Kartons ein, während ich erzähle und staple sie neben der Tür zu einem Turm. Es tut gut etwas in der Hand zu haben, statt einfach dazusitzen und begafft zu werden.
Die grauen Augen verfolgen mich und ich wette darauf, dass er kurz vorm Bersten ist. Nicht ihm allein habe ich davon erzählt, der ganzen Gruppe. Einen auffälligeren Beweis dafür, dass ich ihm nicht vertraue, hätte ich ihm gar nicht geben können.
>> Da ist schon was dran, aber wie können wir gemeinsam auf die Lösung kommen? Ich meine, hat schon mal einer von euch, was übersprechende Steine gehört? << wirft der Erste in die Runde und ich bin glücklich, endlich nicht mehr im Mittelpunkt zustehen. Die Mutmaßungen gehen weiter und nun findet ein reger Austausch unter allen statt.
Was Akira jedoch nicht davon abhält, mich weiter mit seinen Blicken zu durchbohren. Was hat der Typ für ein Problem? Kann er sich nicht einfach an dem Gespräch beteiligen, statt mich zu verfolgen?
>> Na ja, vielleicht ist das ja nicht im wortwörtlichen Sinne gemeint. Vielleicht ist es nur eine Metapher oder ähnliches, womit man die ganze Geschichte umschreibt. << nehme ich am Rande auf und versuche mich hinter Lennox breiten Rücken, unsichtbar zu machen.
>> Hat denn jemand von euch schon mal von etwas, wie einem Garten in Schottland gehört? Am besten einen in dem es viele Steine gibt? <<
Tamara, welche die letzte Frage in die Runde geworfen hat, zuckt mit den Schultern als sie keine befriedigende Rückmeldung erhält und schaut neugierig zu mir herüber. Allen Anschein nach, ziehe ich durch mein Verhalten nicht nur die Aufmerksamkeit von den grauäugigen Jungen auf mich, sondern auch die ihre.
>> Vielleicht ist es ja kein Ort, der heute existiert. << flüstere ich vor mich hin, ohne zu beachten das Lennox mich hören kann.
>> Wie meinst du das? << will er wissen und betrachtet mich nun ebenfalls interessiert.
>> Leonore und Akira wurden im Vierzehnten Jahrhundert vor diese Aufgabe gestellt. Das bedeutet, es muss damals so einen Ort gegeben haben, aber nicht, dass er noch immer existiert. <<
>> Aber in der Prophezeiung steht geschrieben, dass die nachfolgenden Generationen, das Rätsel ebenso lösen können.
Diesen Ort muss es heute auch noch geben. << wirft ein Junge, dessen Name mir entfallen ist laut ein und ich realisiere, dass nun wieder alle Aufmerksamkeit auf mir liegt.
>> Aber welcher Garten hat seit damals bis heute bestand? << überlegt Lennox mehr für sich, als dass er sich an die Gruppe wendet. Wie bei mir auch, lauscht jeder seinen Worten, als er nun weiterspricht.
>> Wir reden hier schließlich nicht von Versailles. Zur damaligen Zeit hat niemand Wert auf Gärten gelegt. Es ging um Eroberungen, nicht um hübsche Rasenflächen. <<
Die einzige Person, die sich bisher nur darauf beschränkt hat, mich penetrant anzustarren, statt sich zu beteiligen, steht nun auf und wandert im Garten um her.
>> Und wenn es gar nicht um einen Garten geht?<< fragt er nun so laut, dass ich zusammenschrecke. Sein Mundwinkel hebt sich in die Höhe als er das sieht.
Dämlicher Idiot.
>> Überlegt mal. Was hat seit dem vierzehnten Jahrhundert bestand in der menschlichen Geschichte? Auch vorher schon. Was hat man denn mit den gefallenen Kriegern getan? <<
>> Verbrannt. << stellt Lennox irritiert fest.
>> Nein nicht immer. Die Leute sind dazu übergegangen, die Gefallenen zu begraben. Das gab es bereits im frühen Christentum und als die Römer dann nach Großbritannien kamen, hat man diese Art der Bestattung mitgebracht. <<
>> Natürlich! << rufe ich aus und unsere Blicke treffen sich. Zuerst denke ich, dass wir uns wieder ineinander verhaken werden, doch er unterbricht den Moment sofort wieder und ich runzle verwirrt die Stirn.
Kann er das steuern? Kann er mich, wenn er will mental gefangen nehmen? Als ich mit ihm allein hier draußen war, konnte ich nicht mehr klar denken.
Was, wenn er das absichtlich gemacht hat?
>> Etwas das aussieht wie ein Garten, in dem es viele Steine gibt und der Jahrhunderte überdauert. Ein Friedhof. << Akira grinst siegessicher in die Runde und plustert sich auf, als wäre ihm das alles allein eingefallen.
So ein Mistkerl, ich kann ihn von Sekunde zu Sekunde weniger leiden.
>> Genau und in den Grabsteinen sind Inschriften, also sprechende Steine. Das ist genial! Ich wette, wenn wir den richtigen Friedhof finden, kommen wir der ganzen Sache einen Schritt näher. Wir müssen lediglich herausfinden, wo zur damaligen Zeit ein Friedhof existiert hat, der berechnet, am möglichen Umkreis für beide, in Frage kam. Ian meinst du, du könntest mit Rutherford herausbekommen, welche Friedhöfe damals existierten und welche es jetzt noch gibt? <<
Er spricht mit den Jungs nicht als wären es keine Freunde, sondern seine Untergebenen.
Wieso machen die das mit?
>> Klar, das dürfte nur etwas Zeit in Anspruch nehmen. Wir können sofort mit der Suche loslegen. <<
Ob ihm schon einmal jemand ein Widerwort gegeben hat? In der SM Szene wäre Akira mit seiner Art, bestimmt gut aufgehoben.
Unvermittelt tauchen Bilder in meinem Kopf auf, die ihn mit einer Peitsche in der Hand zeigen. Oma Gerda, Oma Gerda, Oma Gerda.
Wunderbar, die effektivste Lösung mein Kopf Kino abzuschalten, ist meine streng konservative Oma, die prompt mit erhobenem Zeigefinger vor meinem geistigen Auge auftaucht und alles andere verdrängt.
>> Macht das und ihr beginnt bitte mit der Organisation der Reise. Kümmert euch um die Schule und Eltern der beiden. Die Flüge müssen gebucht werden und…<< in dem Moment, in dem er seine Anweisungen herunterrattert, schalte ich ab.
Im Gegensatz zu meiner Freundin, die sich nun einklinkt.
>> Warte mal bitte. Wer soll sich um unsere Eltern kümmern und warum? Du denkst doch nicht etwa, dass wir mit euch nach Schottland fliegen, oder? <<
>> Nachdem treffen hier, bin ich davon ausgegangen, dass ihr euch dazu entschieden habt uns zu begleiten. Ihr müsst euch keine Gedanken machen, wir kümmern uns um alles. Weder eure Eltern, noch die Schule wird mitbekommen was vor sich geht. Ihr bestätigt einfach alles, was ihr gefragt werdet und in 3 Tagen sind wir weg. <<
>> Was? Sophie willst du nichts dazu sagen? Das geht nicht so einfach. << begehrt Tami auf und auch mir ist nicht besonders Wohl bei der Sache.
>> Wir können nicht mitten im Jahr verschwinden und wir werden auch nicht alles einfach so absegnen. Du kannst nicht so über unser Leben bestimmen. Nur weil wir mit euch Pizza gegessen haben, heißt das noch lange nicht, dass ihr machen könnt, was ihr wollt. Du schon gar nicht. << fahre ich ihn an und sehe dabei, wie meine Freundin von Maxwell zur Seite gezogen wird.
>> Stell dich nicht so an. Du solltest dankbar dafür sein, von hier verschwinden zu können. Morgen gehst du zu deinen Eltern und bestätigst einfach alles, wenn sie dich etwas fragen. Wir machen so etwas nicht zum ersten Mal.<<
>> Dankbar sein? Sag mal geht’s noch? Was bildest du dir ein, wer du bist? <<
>> Sei nicht so kleingeistig und denke an das große Ganze…<<
>> Hast du mich gerade wirklich kleingeistig genannt? Du bist so ein arrogantes Arschloch. Ich werde nirgendwo hingehen, verstanden? Du meinst, du wärst hier der große Macker, aber du bist nichts anderes als ein Wichtigtuer, der sich nicht anders zu profilieren weiß, als seine Kumpels herumzuschubsen und zu schikanieren.<<
Sein Blick ist mit jedem Wort, dass ich ihm entgegen geschleudert habe, härter geworden und ich kann die Kälte, die seine Augen ausstrahlen, geradezu spüren. Er umfasst mit einem gnadenlosen Griff, meinen Arm und zerrt mich mit sich, bis wir allein im Hausflur stehen, ohne darauf zu achten, ob ich mit ihm mithalten kann.
Er lehnt sich mit beiden Armen rechts und links neben meinem Kopf an die Wand und sieht mir tief in die Augen. Wie paralysiert, kann ich mich nicht von ihm abwenden und mein Herz schlägt so laut, als würde es jede Sekunde aus meinem Körper springen wollen.
>> So wie gerade eben, sprichst du nicht noch einmal mit mir. Du wirst dich deines Alters entsprechend benehmen und nicht wie eine freche, verzogene Göre, die eine Tracht Prügel verdient hat, klar. Es kommt mir so vor, als hättest du noch immer nicht verstanden, worum es hier geht. Das ist kein Spiel, indem du kommen und gehen kannst, wie du willst. Du kannst jeder Zeit verschwinden, aber wenn du dich gegen uns entscheidest, gibt es kein Zurück. Hast du das verstanden? <<
>> Lass mich in Ruhe. << presse ich hervor, kann meine Augen aber immer noch nicht dazu überreden, ihn nicht mehr anzusehen.
>> Ich denke nicht, dass es das ist, was du willst. << sagt er mit plötzlich rauer Stimme und streicht mir eine Strähne hinters Ohr, die sich aus meinem Zopf gelöst hat. Seine Berührung hinterlässt ein Prickeln auf meiner Haut, welches ich noch nie gespürt habe. Er scheint mir noch etwas näher gekommen zu sein und ich stoße die Luft aus, die ich, ohne es bemerkt zu haben, angehalten habe.
>> Geh weg, bitte. Lass mich in Ruhe. << wiederhole ich mühevoll und spüre, wie ich allmählich panisch werde. Mein Körper sehnt sich nach seiner Nähe, aber mein Verstand erklärt mir permanent, wer hier vor mir steht. Sein Blick wandert von meinen Augen abwärts und ich nutze den Moment, um mich von ihm zu befreien. Unter Aufbietung all meiner Willenskraft, drücke ich ihn von mir und stürme zur Haustür hinaus.
Mit großen Schritten eile ich zum Gartentor und stoße es auf, als ich hart an der Schulter zurückgerissen werde. Mein Fluchtreflex setzt ein und so ramme ich meinem Verfolger, meinen Ellenbogen in die Rippen, trete ihm auf den Fuß und schlage ihm meine Faust ins Gesicht. Normalerweise hätte ich ihm jetzt zwischen die Beine treten müssen, doch als sich der Griff von meiner Schulter löst, sprinte ich schon los. Anfangs renne ich in Höchstgeschwindigkeit gerade aus bis mir mein Rückzugsort im Wald in den Sinn kommt und ich etwas langsamer meine Richtung ändere.
Im Sportunterricht war ich seit ich denken kann, immer im hinteren Drittel, daher wundert es mich nicht, dass ich mich bereits nach kürzester Zeit mit Seitenstechen auf meinen Knien abstützen muss.
Die rechte Hand auf die Rippen gepresst, gehe ich zügig weiter und versuche die Schmerzen weg zu atmen. Meinen Weg in den Wald, schaffe ich im Vergleich zum letzten Mal schneller, lehne mich bald an einen Baum und schaue mich nach etwaigen Verfolgern um.
Mein Atem kommt mir viel zu laut vor. Sollte ich tatsächlich verfolgt wurden sein, bin ich leicht zu finden. Meinen Weg setze ich erst fort, als ich wieder normal Luft bekomme und sich mein Puls beruhigt hat. Der Nachteil an der Pause ist, dass auch das Adrenalin nachgelassen hat und meine Hand, wie auch mein Ellenbogen unaufhörlich und unangenehm pocht. Wenn ich schon solche Schmerzen habe, müsste ich meinen Angreifer ziemlich erwischt haben. Hoffentlich tut es ihm richtig weh. Er hat es nicht anders verdient.
Unerwartet spüre ich seine Finger wieder über meine Wange streifen und fahre sie ganz langsam nach, als könnte ich das Gefühl so festhalten. Warum nur, sehne ich mich so sehr nach seiner Nähe? Er ist ein arroganter Idiot und großkotziger Mistkerl, ich sollte mich nicht zu so einem Menschen hingezogen fühlen.
Ich schiebe den Gedanken an die grauen Augen und dem Jungen, denen sie gehören beiseite, um mich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. Wichtiger ist die Frage, ob ich mir jetzt gleich etwas zu essen suche sollte. Heute konnte ich schließlich keinen Rucksack mit Leckereien füllen und auf einen Schlafsack muss ich diese Nacht auch verzichten.
Meine Beine tragen mich weiter, bis ich den friedlich glitzernden See vor mir sehen kann.
Die Hitze ist unerträglich und meine Kleider kleben mir am Körper. So ein kleiner Sprung ins kühle Nass wird mir jetzt bestimmt guttun. Mein Lager einrichten und Essen suchen, kann ich danach auch noch.
Wieso schmerzt das eigentlich immer noch so? Im Kurs wurde nie davon gesprochen, dass man sich selbst auch verletzen kann. Es wurde immer nur gesagt, man solle gnadenlos draufhauen und das habe ich definitiv getan. Das kühle Wasser wird meiner lädierten Hand bestimmt auch helfen.
Hat da gerade ein Ast geknackt?
Mit gerunzelter Stirn drehe ich mich in die verdächtige Richtung, doch ich sehe nichts, was mich beunruhigen würde. Kurzerhand ziehe ich mein Shirt und meine Shorts aus, die Unterwäsche lasse ich diesmal an. Es ist so heiß, dass ich ruckzuck wieder trocken sein werde.
So habe ich vielleicht, noch ein wenig mehr Abkühlung, wenn ich wieder aus dem Wasser bin. Mein Haar fällt mir lose über den Rücken, als ich den Zopf löse und ich bewege mich zügig in das Wasser.
Schnell tauche ich unter und gebe einen Schrei von mir, bevor ich geschwind wiederauftauche. Es ist herrlich und ich wirble einmal um meine eigene Achse.
Mir stockt der Atem und ich muss mehrfach blinzeln.
Habe ich einen Sonnenstich? Die Verletzungen sind vielleicht doch größer als ich erwartet habe und nun habe ich Halluzinationen.
Nur in Boxershorts, schreitet er ins Wasser und widerwillig gleiten meine Augen über seinen Körper. Dabei nehmen sie alles in sich auf, was sie bekommen können.
Eigentlich sollte ich hier raus und verschwinden, doch ich kann nichts tun, als ihn gierig zu betrachten.
Sein dunkles Haar, das ihm bis zu seinen Augen reicht.
Oh Mann, diese Augen. Ob ich die jemals wieder aus meinem Kopf bekomme?
Seine gerade Nase und dann dieser Mund.
Seine Unterlippe ist etwas voller als die Obere und er hat doch tatsächlich ein Grübchen.
Bisher hat er es vor mir verborgen, aber nun gibt er es Preis. Es vervollständigt dieses markante Gesicht und lässt ihn jünger wirken.
Mein Mund ist staubtrocken und obwohl ich mich mitten im Wasser befinde, wird mir unerträglich heiß.
Mein Blick wandert abwärts über seine Brust zu seinen Bauchmuskeln, die man tatsächlich sehen kann. Er steht bereits bis zur Hüfte im Wasser und ich bin mir nicht sicher, ob ich mich darüber freuen oder ärgern soll. Über meine Gedanken ärgere ich mich jedoch maßlos.
Ich mustere ihn wie ein Wolf, ein saftiges Stück Fleisch und spüre, wie mir die Röte ins Gesicht schießt.
>> Gefällt dir was du siehst? <<
Scheiße. Schon wieder dieser selbstgefällige Blick. Was mache ich nur?
>> Was willst du hier? <<
Er reagiert nicht auf meine Worte und watet dafür immer tiefer und weiter auf mich zu.
>> Bleib stehen, sonst… <<
>> Sonst was? Greifst du mich wieder an? <<
>> Ich, ich habe mich nur verteidigt und dich nicht angegriffen. <<
>> Im Gegensatz zu dir, habe ich dir nichts getan, oder? Zumindest noch nicht. <<
Jetzt ist er noch ein Stück näher bei mir.
>> Du warst ziemlich grob. <<
>> Grob? Ich war grob? Was warst du dann? Du hast mich nicht nur getreten und geschlagen, du hast mich auch verbal angegriffen und beleidigt. Etwas, das ich hingegen nicht getan habe. <<
>> Du, du, du…<<
>> Nicht schon wieder. Auch wenn wir hier alleine sind, darfst du nicht noch einmal so mit mir reden. <<
Vielleicht bin ich tatsächlich etwas zu weit übers Ziel hinausgeschossen, aber daran hat er nicht weniger Schuld. Trotzdem sollte ich versuchen, mich nicht wieder so reizen zu lassen. Ich drehe mich von ihm weg, denn er hat sich abermals ein großes Stück genähert.
>> Ich habe dir noch nicht einmal den finalen Tritt verpasst. So schlimm kann es gar nicht sein, oder bist du so zart besaitet? <<
Ok, vielleicht kann ich mich doch nicht zurückhalten, aber das liegt einzig und allein an seinem Ton. Er ist so herablassend und arrogant, dass er dafür viel mehr körperliche Schmerzen verdient hätte.
>> Nicht im Geringsten und ich bin ich dir überaus dankbar dafür, dass ich den Tritt nicht auch noch abbekommen habe. <<
Jetzt kann ich mir ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Zum Glück habe ich mich bereits von ihm abgewandt.
>> Tut es sehr weh? <<
>> Ich bin hier, um mir deine Hand anzusehen, nicht wegen deinem Mitleid. <<
>> Mitleid? Mit dir? Davon träumst du aber auch nur. <<
>> Ich denke nicht, dass du dir auch nur ansatzweise vorstellen kannst, wovon ich träume. <<
Seine Stimme ist nun direkt hinter mir und obwohl mir gerade noch total heiß war, spüre ich wie mir ein Schauer über den Nacken läuft.
Er streicht meinen Arm hinab bis zu meiner Hand und ich japse nach Luft. Sofort bewegt sich mein Körper ein Stück zurück und all meine Sinne richten sich auf ihn aus.
>> Zeig mal her. <<
Er ist ganz sanft und es hört sich an, als wäre jedes andere Geräusch, um uns herum, verstummt. Ich kann mich nicht gegen ihn wehren und will es eigentlich auch gar nicht.
>> Sie pocht ein we..., AUAAA. Lass das. <<
Vorsichtig tastet er meine Finger, den Handballen und mein Gelenk ab, ohne auf meine Abwehr zu achten. Sachte bewegt er jedes einzelne Glied und ich spüre sein Gesicht direkt neben mir.
>> Das habe ich mir schon gedacht. Hör auf dich zu wehren und halte still. << befiehlt er.
>> Deine Eltern haben nicht viel von Erziehung gehalten, oder? Bei uns bittet man um etwas, wenn man was haben will. <<
>> Bei solch sturen Frauen wie dir, darf man nicht bitten. Sonst wird man in gefährliche Regionen getreten, die heilig sind. Mir zumindest. <<
>> Vielleicht wäre ich ja netter zu dir, wenn du auch netter zu mir wärst. <<
>> Ich kann sogar sehr nett sein. <<
Ich glaube, bei seinen letzten Worten, die er mir so verführerisch ins Ohr geraunt hat, hat mein Herzschlag für einige Sekunden ausgesetzt. Mein ganzer Körper erzittert, als er mich behutsam zu sich herumdreht.
>> Die gute Nachricht ist, dass sie nicht gebrochen ist. Die Schlechte ist, dass du sie dir geprellt hast und noch länger etwas vom Schmerz haben wirst. <<
Nicht fähig ein Wort zusagen, nicke ich stumm und wie vorhin schon, wandern meine Augen über sein schönes Gesicht, bis sie an seinem Mund hängen bleiben.
>> Ich weiß allerdings etwas, dass dich ziemlich gut von den Schmerzen ablenken kann. <<
Mein Herzschlag befindet sich jetzt definitiv im gesundheitsgefährdenden Bereich.
Wenn ich nicht bald von ihm loskomme, werde ich vollkommen willenlos sein und dabei bin ich bereits Wachs in seinen Händen.
Wieder sieht er mich mit diesem überheblichen Gesichtsausdruck an und genau das ist es, was ich gebraucht habe. Er zieht mich noch etwas an sich heran, bis mein überhitzter Körper an seinen gepresst ist und ich meinen Kopf noch ein Stück weiter in den Nacken legen muss.
Er umfasst mein Gesicht mit beiden Händen und streichelt mir behutsam über die Stirn, während ich meinen Mund leicht öffne und mir mit der Zunge über die Lippen fahre.
Mit dem Wissen, dass ich gleich unglaubliche Schmerzen verspüren werde, reise ich meinen Kopf zurück und knalle mit Wucht meine Stirn gegen sein Kinn.
Verdammt tut das weh.
Schlagartig wird mir speiübel und ich kann mich nur mit Mühe über Wasser halten. Das war vielleicht doch nicht gerade eine meiner brillantesten Ideen.
Endlich spüre ich den Grund unter meinen Füßen, und ich schleppe mich weiter zum Ufer. Mir ist schwindelig und ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten.
Hinter mir gibt Akira einen fürchterlichen Fluch von sich. An ihn habe ich gar nicht mehr gedacht, dabei war er ja der Grund für diese Misere. Meine Beine klappen unter mir weg und ich schlucke Wasser. Obwohl ich mich bereits in Ufernähe befinde, schaffe ich es nicht, mich weiter nach vorn zu bewegen.
Er kommt noch immer fluchend neben mich und reißt mich an die Oberfläche.
>> Bist du wahnsinnig? Was sollte das? << schreit er wutentbrannt.
Das Wasser hat sein Übriges zu meinem Zustand getan und so erbreche ich, meinen gesamten Mageninhalt, bis ich nur noch trocken würgen kann.
Er hält meine Haare zurück, zieht mich während der Prozedur auf die Füße und schrittweiße mit sich, sodass ich plötzlich auf trockenem Untergrund stehe.
Nachdem er sicher ist, dass sich nichts mehr in mir befindet, dreht er mich zu sich herum, um meine Stirn zu untersuchen. Alles dreht sich und statt einem, stehen zwei Jungen vor mir, die mich mit ihren stahlgrauen Augen versuchen zu erdolchen.
>> Ich hoffe, es tut so richtig weh. <<
Oh ja, das tut es, aber das werde ich ihm garantiert nicht sagen. Ich fühle mich, als wäre ich mit einem Amboss kollidiert, statt mit seinem Schädel. In Filmen sieht das immer so leicht aus. Keiner fühlt sich danach so miserabel, wie ich mich gerade.
>> Stehst du auf Schmerzen? Du hast dir mehr Schaden zugefügt als mir, das ist dir hoffentlich klar. Warum versuchst du mich ständig zu verletzen? <<
>> Mache ich ja gar nicht. Zumindest war das nicht der Plan. <<
>> Es gab einen Plan? Sicher? << fragt er sarkastisch.
>> Mein Fluchtinstinkt hat eingesetzt und das war für mich die logischste Möglichkeit, um Abstand zu gewinnen. <<
Er schüttelt resigniert den Kopf.
Während er mich festhält, glimmt irgendwo in meinem Kopf der Gedanke auf, dass ich lediglich in Unterwäsche vor ihm stehe und die Distanz zwischen uns nicht besonders groß ist. Sein Körper strahlt eine unnatürliche Hitze aus und meine Augen gleiten über seine nackte Haut. Ob sie sich genauso weich anfühlt, wie sie aussieht?
Meine Hand bewegt sich ohne mein Zutun und liegt Sekunden später auf seiner Brust.
Was mache ich nur? Bin ich wahnsinnig?
Gerade noch habe ich ihm eine Kopfnuss verpasst, um wegzukommen und jetzt betatsche ich ihn schamlos? Sein Körper hat sich mit meiner Berührung für einen Sekundenbruchteil versteift, doch ich habe das Gefühl, das es eher damit zu tun hat, dass er nicht damit gerechnet hat.
Vorsichtig legt er seine Hand auf meine und hebt mit der anderen mein Kinn ein wenig an.
>> Was tust du da? <<
Gute Frage. Ja, was mache ich hier eigentlich?
>> Ich, ich weiß es nicht. Tut mir leid, ich…<<
Schnell ziehe ich meine Hand zurück und befreie mich aus seinem Griff, nur um direkt einen Schritt nach hinten zu stolpern.
>> Vorsicht. Ich glaube nicht, dass du dich viel bewegen solltest. <<
Ohne auf eine Antwort von mir zu warten, hebt er mich auf seine Arme, wodurch sich das Schwindelgefühl verdoppelt und ich mich um seinen Hals klammere.
>> Du hast eine Gehirnerschütterung, auch wenn es dir schwerfällt, versuche wach zu bleiben. Ich setze dich dort in der Sonne ab, damit du trocken wirst und suche uns dann etwas Brennholz. <<
Er spricht, als würde er das nicht zum ersten Mal erleben. Ob er schon mit vielen Mädchen zusammen war, die sich eine Gehirnerschütterung zugezogen haben?
Oje, was geht nur in meinem Kopf vor? Es kann mir doch vollkommen egal sein. Ich will doch gar nichts von ihm.
Wahrscheinlich stimmt seine Diagnose und die Schläge, die mein Kopf in letzter Zeit abbekommen hat, sind einfach zu viel gewesen.
>> Hinter der Höhle ist eine kleine Anhöhe, dort sollte bereits Holz gestapelt sein. Aber kannst du denn überhaupt Feuer machen? Ich meine, das ist gar nicht so einfach. <<
>> Ich habe ein Feuerzeug in meiner Hosentasche, damit werden wir es schon schaffen. Ich lasse dich jetzt runter, halte dich gut fest. <<
Er lächelt mich an, als wäre ich ein dummes kleines Kind. Natürlich hat er ein Feuerzeug, was habe ich erwartet?
Am liebsten würde ich meinen Kopf gegen den nächsten Baum schlagen, so peinlich ist mir das. Aber mal abgesehen davon, dass ich es ohne seine Hilfe wahrscheinlich gar nicht bis dorthin schaffen würde, brummt mein Schädel bereits genug und ich brauche nicht noch eine Steigerung. Er betrachtet mich aufmerksam und streicht meinen Arm entlang, als er meine Hände von seinem Hals löst.
>> Ich bin gleich wieder da. <<
Mit diesen Worten richtet er sich auf und verschwindet in Richtung Höhle. Ihm muss bewusst sein, dass ich so einen perfekten Blick auf seine Rückseite habe und was soll ich sagen? Sie steht der Vorderseite in nichts nach.
Hoffentlich hinterlässt dieser Tag, keine bleibenden Schäden.
Um mich abzulenken, schaue ich demonstrativ in die andere Richtung und mir fallen die beiden Haufen mit Kleidung auf, die rund 30 Meter von mir entfernt liegen.
Wie aufs Stichwort streift mich eine kühle Brise und meine Augen wandern zum Himmel hoch. Das sieht nicht gut aus. Wir sollten uns beeilen, wenn wir ein Feuer machen wollen.
Noch ist die schwarze Wolkenfront ein gutes Stück weit weg, aber wenn ich den Wind richtig gedeutet habe, ist das Unwetter schneller bei uns als uns lieb ist und das Feuerzeug steckt dort hinten in seiner Hose.
Auch wenn sich alles in mir dagegen wehrt, versuche ich mich vorsichtig hinzustellen und stakse auf wackeligen Beinen in Richtung Kleidung.
Die Bewegung ist genau das Gegenteil von dem, was ich tun sollte und mein Körper verdeutlicht mir das auch sofort, indem eine erneute Welle der Übelkeit in mir aufwallt. Diesmal schaffe ich es jedoch, sie zu unterdrücken.
So langsam wie möglich, um meinen Körper keinen unnötigen Erschütterungen auszusetzen, bewege ich mich weiter auf mein Ziel zu. Kurz bevor ich den ersten Stapel erreicht habe, beginnt der Wald sich so schnell um mich zu drehen, dass ich in die Knie gehen muss.
Tief durchatmend, kauere ich auf dem Boden, bis das Karussell in meinem Kopf endlich aufhört und ich auf allen Vieren weiterkrabbeln kann. Hoffentlich kommt Akira nicht ausgerechnet jetzt zurück. Das Fehlt mir noch, dass er mich so sieht.
Kaum an meinem Ziel angekommen, verschwindet die Sonne hinter den Wolken und es wird merklich kühler. Na super, ich muss mich beeilen, sonst komme ich in dem Tempo bestimmt nicht mehr trocken zurück.
>> Akira? <<
Wo ist der Kerl denn nur? Das Holz ist nicht zu übersehen, es fühlt sich an, als wäre er schon ewig weg.
Die Kleider und Schuhe knote ich zu einem Bündel zusammen und schleife sie ein Stück mit mir, ohne wirklich voranzukommen.
>> Sophie? <<
Na endlich, ich dachte der taucht gar nicht mehr auf.
>> Hier! Ich bin hier! <<
Er wirft das Holz, das er auf den Armen trägt, einfach vor sich und stürmt auf mich zu. Ruckzuck ist er bei mir und ich kann über seine Geschwindigkeit nur staunen. Er trainiert bestimmt regelmäßig.
>> Was an bleib sitzen, hast du nicht verstanden? <<
Wie kann er nur ständig so herrisch sein?
Ich zeige lediglich in den Himmel und er legt seinen Kopf in den Nacken, um meinem Finger zu folgen.
>> Verdammt. <<
Ich muss grinsen und werde im nächsten Moment auf seine Arme gehoben.
>> Huch. << entfährt es mir und ich klammere mich wieder an seinem Hals fest als er sich in Bewegung setzt. Wir sind gerade 2 Meter vorangekommen, als der Himmel seine Schleusen öffnet und alles an Regen auf uns niederprasseln lässt, den er zu geben hat. Das Bündel, welches er direkt mit mir aufgelesen hat, ist in Sekundenschnelle durchnässt, genauso wie wir. Durch den starken Regenguss kann ich nicht einmal mehr die Höhle sehen, die irgendwo vor uns liegen muss. Vielleicht ist mein Zeitgefühl auch einfach nur scheiße und er war gar nicht so lange weg wie gedacht. Wir sind trotz dem Wetter, blitzschnell zurück und er setzt mich behutsam ab.
>> Ich mache jetzt Feuer, kann ich dich allein lassen oder rennst du mir wieder weg? <<
>> Du bist so lustig. So habe ich mich noch nicht einmal gefühlt, als ich mit Tamara ihren Siebzehnten gefeiert habe. <<
Wieder schüttelt er den Kopf, doch als er ihn wegdreht, kann ich sein Lächeln sehen, dass er versucht vor mir zu verbergen. Dann ist er also gar nicht so griesgrämig, wie er tut.
Es ist besser, wenn ich mein Glück nicht herausfordere und bleibe brav sitzen, ohne mich zu rühren. Durch den Wetterumschwung fange ich ziemlich bald an zu frieren und vor lauter Zittern schlagen meine Zähne aufeinander.
Akira beeilt sich das Holz zu stapeln und sieht ziemlich konzentriert dabei aus. Fröstelnd ziehe ich die Beine an und umschlinge sie mit meinen Armen, um mich warm zu halten. Ich beobachte ihn, wie er fachmännisch das kleinere Geäst, welches er mitgebracht hat, entzündet und größere Scheite darüber aufstapelt.
Auch wenn er es mir nicht gesagt hat, bin ich mir ziemlich sicher, dass er froh darüber ist, jetzt sein Feuerzeug zur Hand zu haben. Warum hat er das überhaupt? Die Zähne sind super weiß, also raucht er schon mal nicht. Ob das zu seiner Standardausrüstung gehört.
>> Es wird gleich wärmer. <<
Ein triumphierendes Lächeln umspielt seine Mundwinkel, als er sich zu mir umdreht und bemerkt, wie ich versuche mich zu wärmen. Seine Augen gleiten über meinem Körper und mir wird einmal mehr bewusst, dass ich nicht viel anhabe.
Die Flammen beginnen nach oben zu züngeln und die Wände werden in ein orangefarbenes Licht getaucht.