Читать книгу Tagebuch eines bösen Buben - Metta Victoria Fuller Victor - Страница 10

Herr Wilkins fährt mit seiner Schwester aus

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Inhaltsverzeichnis


Tante Betsey wahr zur Hochtzeit gekommen, trotzdem sie so bös war. Sie machte Lil ein Präsennt mit einer seidne Bedtdeke di si selbs zusamm gepatzt hadte. Ich sagte ihr aber, das ich glaube Lil wird entäuscht sein, weil sie hofft das Tante Betsey ihr ein silbernes hibsches Teeserwiß bringen wird. Unsre Elsbett is nach der Tante genannt um dem Namen in der Familje zu erhaltn aber nach wen Betti unser Medchen genannt is, das weiß ich nich. Ich will sie eimal fragn wenn ich dran denk. Die Tante schprang so wild herum wi eine Henne mit abgeschnidtnen Kopf — si sagte, sie glaubt, wenn sie Elsbett ein Teeserwiß schenkn wird, so ist es genug. Sie wirde ihr Geld einen Waisnhaus fermachn un sie solltn nich einen Heller dafon berihrn, wenn eine seidne Bedtdeke nich gut genug fir Lil is. Sie hedte Elsbett etwas gegebn, weil sie nach ihr benannt is, aber Schorsch Woschten hedte mir auch ni etwas geschenkt trotzdem ich sein Namensbruder bin. Elsbett sagte ich hedte wider unitzn Schpetakl gemacht, un nun wirde sie nichs bekommen wenn sie dem Dokter heiratet. Sie sagte ich sei ein Schternfried. Ich fragte sie was das is: ob es so wi ein Eichernchen oder eine Glukhenne is? — sie sagte es hat 2 Fiße un eine schreklich schnelle Zunge.


Zu uns kommt jetz immer ein neuer junger Mann. Ich glaube er kommt wegn Elsbett. Ich fragte Betti ob sie das auch glaubt un sie sagte ja. Sie tetn besser, ihm sehr heflich zu behandln, si is schon so alt, es is rein lecherlich — 23 den letztn Mai! Ich herte Mamma eimal zu ihr sagn, sie geht durch dem Wald un wird sich zuletz einen krummen Schtekn aufklaubn — aber ich weiß nich, was das heißt.

Der neie junge Mann heißt Wilkins. Letztn Abend ging ich in Sallohn wi er un Elsbett mit einand redetn un ging hin zu ihm un schaute ihm genau an. Nein, is der aber schpaßig! Elsbett winkte mir, ich soll fortgehn. Ich wußte sie schenihrt sich es laut zu sagn un so machte ich mich nix wissn.

»Wi gehts dir, kleiner Mann?« sagte er.

»Ich bin kein kleiner Mann,« sagte ich, »ich bin ein Bub. Glaubn si ich bin der Tom Deimling oder sons ein Zwerg?«

Er lachte.

Ich fragte ihm: »Was is das, was so glenzt, wenn sie lachn? Is es Gold, wi das, was der Zahnarz in Elsbetts Zehne schtekte?«

»Du bist ein schpaßiger Junge,« sagte er, aber er lachte nich, so das ich nich sehn konnte was in seinen Mund so glenzte.

»Si sin auch schpaßig,« sagte ich. »Was habn sie denn auf den andern Aug, es bewegt sich ja gar nich? Is es aus Glas?«

»Du bist wirklich roh,« sagte Elsbett. »Geh fort oder ich werds Mamma erzehln.«

Ich ging ein bischen fort, kam aber gleich wider zurick, weil ich wissn wollte, warum sich sein andres Aug nicht bewegt un schtand un gukte auf ihm bis Elsbett wi sie schpeter sagte beina fortlaufn wollte.

»Schorschi,« sagte sie so siß wi Torte, »wills du nich so freindlich sein un Betti sagn, si soll Kuchn un Lemonade bringen?«

Ich kam gleich wider zurick, wi ich ihrs gesagt hadte un schaute noch fester auf ihm, weil ich nich begreifn konnte was mit sein Aug wahr. Sein Haar war schreklich rot. Elsbett enschuldigte sich dann, um eine Menute ins andre Zimmer zu gehn un wi sie herauskam, sagte sie: »Schorschi, du solls sofort zu Mamma kommen.«

Also mußt ich heneingehn un Mamma sagte, es sei greßlich unheflich Besuche so anzuschtarrn.

»Aber Mamma,« sagte ich, »warum ziht er das Aug nich auf, damit es sich bewegt, wie das andre?«

Große Leite sin schreklich unferninftig zu Kindern. Schtatt mirs zu erklern sagte si:

»Es is Zeit, zubedt zu gehn Schorschi!«


Herr Wilkins kommt regelmeßig jedn andern Abens. Der Dokter un Susann sitzn in Forderzimmer er un Elsbett in Hinterzimmer. Warum sitzn si nich alle zusamm? Er will morgn nachmittag mit Elsbett ganz allein ausfahrn. Ich glaube sie hedtn mich auch fragn kennen ob ich mit will.


Ich glaube ich werde just mit fahrn! Es wer sehr schpaßig, wenn ich mich untern Sitz ferschtekte un zuhör, was er sagt, er hat so eine zwitschige Schtimme. Ich wer fersuchn, obs geht. Ich mechte Hansi mitnehmen aber es wird nich genug Platz sein.

Herr Wilkins kam um 4 Uhr for das Haus mit einen neun Zweireder, ein schwarzes Ferd mit fergoldetn Geschirr forgeschpannt. Ich schtand beim andern Eck fom Haus un gab Obach un wi er eine Menute ins Vorhaus ging um zu sagn das er da is, schprang ich aufn Wagn kroch unter dem Sitz un gab das Leder wider for, das man mich nich sehn konnte.

Meine Kni warn sehr eingezwengt. Ich legte mich so gut ich konnte un hilt mich schtill wi der Tod werend si einschtign. Er pakte die Zügl un fort wahrn wir.

Das Ferd, das flog nur so, bis wir filleich 8 Meiln for der Schtadt warn. Es tat mir greßlich leid das ich mitgekommen wahr, weil ich sehr mid wurde, so eingepreßt in den engn Kastn. Oh, wi mir alles weh tat!

Wi es kihl wurde nach Sonnenuntergang lif das Ferd nich mehr so schnell, es ging so langsam das ich glaubte ich muß schterbn.

Ich hadte ein dikes Pack Rakettn un ein par Zindhelzer in der Tasche, aber weil ich hern wollte was er zu ihr sagte, liß ich si damals noch nich los. Ich war so mid das ich nich eimal denkn konnte ob seine Augn gleich sind.

»Meine siße, siße Elsbett!« sagte er, wi wenn si ein Babi fon filleich 6 Monath wer.

Meine Schwester sagte kein Wort.

»Sie sind mir nich bös?«

Grad wi wenn da was dran gewesn wer, bös driber zu sein! Ich glaube, er dachte, so ein altes Medchen mechte sich nich gern wi ein kleines Kind behandln lassn. Un dann sagte er so eine Menge siße Sachn wi wenn si ein Zuckerladn wer — so was hab ich noch nich gehert! Ich dachte: »Herr Wilkins, wenn sie deine Ohrn so gezogn hedt, wi meine, mechst du ihr nich Teibchen oder Engl sagn.« Dise Medchen di ihre kleine Brider so puffn un schtoßn, wern ni zornig, was auch die großn Jungen immer machen, das hab ich schon bemerkt, aber ich dachte mir, ich sag ihm liber nichs, soll er sie habn, wenn er so ein Narr sein will.


»Das Schnittwarngeschefft geht jetz gut,« sagte er, nachdem er sie mehr als 1 Dutznmal einem Engl genannt hadte, »und ich glaube wir kennen es wagn so um Weihnach herum Hochtzeit zu haltn.«

Dann sagte Elsbett: »Ich habe ni fiel fon lange Ferlobungen gehaltn, Karl, un wenn sie glaubn zu Weihnacht, so will ich fersuchn, bis dahin fertig zu wern.«

Dann sagtn sie eine Menute oder 2 nichs un ich herte etwas ein bischen Zwitschn. Kann sein, es wahr das Rad. Ich glaube es war es. Die Kni tatn mir so weh das ichs nich sicher sagn kann. Mir wahr so kalt un mir hungerte un die Ellbogn warn mir so eingezwikt das ich dachte ich werd Herrn Wilkins erschrekn damit er heununterschpringt.

»Es is irgend was untern Sitz,« sagte Elsbett. »Oh barmherzger Himmel! Oh Karl, es is gewiß ein Hund!«

»Firchtn si sich nich,« sagte er, »ich will sie mit meinen Lebn be— Auh! auh! was kann das nur sein?«

»Oh haltn sie das Ferd! Lassn sie mich henunter!« schrie Elsbett.

»Lassn sie mich sehn, was es is,« sagte Herr Wilkins.

Er fihlte unter dem Sitz. Seine Hand schtreifte an meinen Haaren. Ich biß ihm ein bischen in der Hand, damit er denkt es is ein Hund.

»Es is ein Hund!« schrie er, »ein withender Hund! Er hat mich gebissn! Oh ich werde toll werdn!«

Damit hopste er aus den Wagen un liß meine Schwester allein drin sitzn. (Das zeigt, wi gern er sie hadte!)


»Die Zeit is gekommen,« dachte ich, »um ein bißchen Schpaß zu habn. Er soll nich mehr einschteign. Das Ferd soll erschrekn un mit mir un Elsbett dafonrennen un dann wer ich herfor krichn un es aufhaltn.«

Also zindete ich ein Schtreifholz an, hilt die Rakettn dazu un schmiß si dem Ferd unter die Fiße, das es dafonlif wi der Teifl. So eine Rakette wahr noch nich da — psch-zsch-psch-zsch krrrrr — krach — bum! bum!

Elsbett kreischte, Herr Wilkins jammerte, das Ferd lif in greßtn Karreh — so was hat die Welt noch nich gesehn! Ich wahr selber greßlich erschrokn. Ich kroch herfor un wollte die Zügl pakn aber sie warn henuntergefalln zum Ferd un es wahr schon so finster wi Pech. Ich erwartete nichs andres, als das wir beide erschlagn wern.

Bum-burum-bum! fort ging es eine Meile nach der andere! Herr Wilkins war auf der Schtraße geblibn — weit, weit hintn. Elsbett krisch bei jedn Hopser den das Vih machte. Es wahr aber wirklich schreklich.


Enlich kamen wir zu der Schtadt, wo schon licht war. Leite lifn heraus un wolltn uns aufhaltn. Nach einer Weile lif das Ferd direk in dem Mietschtall wo es hingeherte. War das nich ein gescheites Ferd? Dort schtand es ganz schtill un zidterte. Di Leite halfn uns aus den Wagn. Dann sagte ich zu Elsbett: »Warum has du nur so geschrin? Es war doch nich so gefehrlich!«

»Schorschi, bis du es? Ich glaubte es sei ein toller Hund, der mich die ganze Zeit beißn wollte. Was hat denn dann dem Lerm gemacht? Ich hab mich noch ni im Lebn so gefirchtet. Du nichsnutziger godtloser Junge! Du hedtest mein Tod sein kennen! Du solls aber heute den Schtock geherig zu kostn bekommen! Ich glaube, das ich mich nie, nie fon disn Abend erholn werd. Oh Herr Mietschtallbesitzer wolln sie nich ein andres Ferd nehmen un zurick fahrn um Herrn Wilkins — er is irgendwo an der Schtraße ein par Meiln hinter uns. Oh was fir ein Wunder das wir nich in 10 000 Schtike zerschmedtert worn sind! Oh, ich werde ohmechtig! Du greßlicher schlechter unruiger Junge, schau was du angeschtellt hast! Papa wird dir heut schon helfn.«


»Ich wollte nichs böses tun,« sagte ich, »ich kroch unter dem Sitz um zu hörn, was Herr Wilkins sagn wird. Ich glaube, wenn ich ein Medchen Engl nenne, mecht ich nich henausschpringen, um sie mit einen withenden Hund allein lassn. Oho, er wird die Wasserscheu krign, was? Filleich hat er sie schon, er is greßlich gebissn! Kann sein, das sich sein andres Aug bewegt, wenn er Kremfe krigt. Wenn er schon toll wird, so will ich hoffn, noch for Weihnach, Fräuln Elsbett —«

Ich konnte nich ausredn, weil sie mir die Hand forn Mund hilt. Die Menner grinstn un ich mußte nachausgehn, weil Elsbett mich puffte.

Sie saßn bein Tee wi wir hereinkamen. Die Sachn rochn so gut un ich wahr schreklich hungrig, aber ich hadte ein schweres Herz — ich wußte ich wers krign.

»Follkommen unferbesserlich!« sagte Papa, wi Elsbett fertig wahr. »Du gehst zubedt, bis ich bereit bin, mit dir zu ferhandln.«

Wi ich langsam un sorgnfoll die Treppe henaufging herte ich Susann un den Dokter lachn, wi wenn sie erschtikn mißtn — ich weiß nich woriber.

Betti schlipfte so gegn nein Uhr zu mir un brachte mir ein gutes warmes Nachmahl. Betti is ein Juwehl. Sie kann Herrn Wilkins auch nich leidn — weniger noch wi ich. Sie sagt es is schreklich, wi oft ich in der Patsche komme, so ein unschulger kleiner Junge, der gern ein Muster sein mecht. Si erzehlte mir, das Herr Wilkins grad zurikgekommen is, greßlich schmutzig un die Schtifl zerrissn wi er aus den Wagn schprang. Ich fragte sie ob sich sein Glasaug schon bewegt. Sie sagte sie will Mamma bittn, Papa zu sagn, das er mich dismal nich priglt.

So, nun lebwohl mein Tagbuch. Ich bin zur letzte Seite gekommen. Ich hab dir alle meine Hoffnungen un Besorgnisse erzehlt — wi Lil in ihren sagt. Libe Lily, di helt jetz selber Haus. Ich will sie nechste Woche besuchn, wenn ich meine Schtrafe iberleb. Betti is sehr beschefftigt mir Watte in di Hosn un dem Rock einzunehn, so das ich schwache Hoffnung hab, di Prigl zu iberlebn. Ich bete, das ichs mechte. Ich here meinem Fater auf der Treppe — fahr wohl mein Tagbuch! Ich hab einen Plahn zu entwischn. Dir will ich ihm erzehln. Ich will in die untre Schreibtischlade krichn, dort wird er mich nich suchn. Betti wird di Lade bis auf einen Zoll zumachn, das ich atmen kann. Oh was fir ein Schpaß, Papa eimal dran zukrign!


Wenn ich nich genißt hedte, er hedt mich um der Welt nich gefundn. Warum muß man nur grad immer nißn, wenn man nich will? Das Nißn kam mir theier zu schtehn — aber ich laß den Forhang falln, die Ssene is zu schreklich um beschribn zu wern. Ich hab noch 2 dike Bindl Rakettn ibrig — Rache is siß — wenn Papa heut nacht nich pletzlich aufwacht un Mamma fregt — »Is das ein Erdbebn oder der Tag des jingstn Gericht?« will ich nich Schorschi Hacker heißn!

Tagebuch eines bösen Buben

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