Читать книгу Tagebuch eines bösen Buben - Metta Victoria Fuller Victor - Страница 9
Der kleine Prestidigitateur
ОглавлениеSo ein Schpetakl wahr noch nich da, wi die letztn par Tage in unsern Haus. Filleich kann ich eher ein Zirkusreiter wern aber der Fersuch ein Magjer zu sein is mir follschtendig mißlungen. Es ging doch nich so leicht wi ich mir forschtellte. Es schaut sehr leicht aus, wenn man sith wi ers macht, aber wenn mans selbs probihrt is man sehr entäuscht. Ich hoffte den Abens nachdem ich mit Papa bei Hermann gewesn wahr selber eine Forschtellung gebn zu kennen.
Lotti Herbst un 2 andre Medchn warn zu besuch bei meine Schwestern. Ich ging in der Schpeiskammer un anglte mir ein Dutzen Eier. Mit Lotti Herbst wahr noch ein junger Mann gekommen, so ein rechtes Gigerl aus Nuyork. Ich hadte schon die Eier un weil ich nur noch einem Hut brauchte wi Hermann, so nahm ich seinen fon Hutrechn in Forzimmer — es wahr so ein glenziger Biberhut fon der neueste Mohde. Ich schlug die Eier in den Hut un stellte meine Sachen auf einen kleinen Tisch im Hinterzimmer, so das ich Zaubrer schpiln konnte und dann rif ich: »Bitte nur hereinschpazihrt meine Herrn un Damen! Hir is der berihmte Zauberkinstler un Prestegatehr Hermann zu sehn! Antreh blos 26 Cents!«
Sie lachtn alle un kamen henein. Der junge Gigerl gab mir 25 Cent fir alle zusamm. Ich pakte den Hut schittlte ihn un sagte: »Meine Herrn un Damen, das sin di ferzauberte Eier!«
Sie gucktn alle hinein un sahn die Eier in einen Quatsch. Der Kerl wußte nich, das es sein Hut wahr un meine Schwestern dachtn zuers nich un so lachtn sie alle.
»Ich bitte nur genau hinzuschaun!«
»Ja,« sagten sie.
»Un jetz sin sie wider ganz — hokuspokus —« sagte ich un schittlte sie ganz so wi der Zaubrer, aber die ferteiflte Eier wolltn nich wider zusammgehn. Ich mußte es enlich aufgebn. Der Gigerl lachte wi wenn er erschtikn mißt, aber wi ich sagte, ich bin sehr besorgt das ich ihm seinen Hut so beschmihrt hab, weil er jetz nichs zum nachausgehn hat, wurde er greßlich geschwind ganz erns; sein Gesicht war filleich 3 Fuß lang un er schaute auf mir, wi wenn er mich auffressn wollt. Elsbett jagte mich henaus Susann sagte sie wird es Papa erzehln un so gehts immer — ein unschulger kleiner Junge kann nich das geringste tun ohne das er henausgeworfn oder hin und her geschtoßn wird. Offt un offt hab ich mir schon gewinscht, so ein kleiner Junge aus Gummi lasti zu sein.
Am nechstn Tag wollte ich die Forschtellungn im Schtall gebn. Ich ernidrigte den Antreh auf 1 Cent. Alle Jungen kamen herein. Ich hadte Mammas Uhr di ich aus ihrer Schreibtischlade genommen hadte, wi sie bein Essn war — un den Mörser un Schtößl in den die Kechin immer Nisse un Mandln schtoßt. Ich sagte: »Will eine Dame so gütig sein un mir ihre goldne Uhr leihn?« wi Hermann gefragt hadte un Hansi den ich umsons hereinkommen lassn hadte sagte: »Ich will ihnen meine borgn« un gab mir Mammas Uhr di ich deswegn früer in seiner Tasche geschtekt hadte un ich nahm sie un zerschtampfte sie in Mörser. Sie war schreklich schwer zu zerschtoßn — nur das Glas ging ganz leicht. Zuletzt mußte ich einen Schtein nehmen. Dann sagte ich: »Sie sehen, meine Herren, die Uhr is follkommen zerschtampft?«
Sie schrien alle: »Ja, ja!«
Ich nahm sie un hilt sie eine Menute hintern Rickn un dann zeigte ich sie ihnen wider. Ich wahr sehr erschrokn wi ich sah, das sie noch immer zerschtampft war un nich wider zusammengehn wollte, so hibsch wi sie früer wahr.
Die Jungen warn auch erschrokn un so ferschtektn wir sie in der Krippe damit die Leute glaubn, das Prinz — das is unser Ferd — sie aus der Lade genommen un zerkaut hat.
»Du hast aber das Schwert nich geschlukt!« schrie der kleine Willi Braun.
Ich sagte ich hedte kein Schwert, um es zu schlukn.
»Geht es nich mit einen Taschnmesser?« fragte Bob Schmidt.
Ich sagte ich wills probihrn. Dann machte er sein großes Taschnmesser auf un gab mirs heriber. Ich versuchte es zu schlukn aber ich wirgte greßlich dran — das Blut kam mir aus den Mund, bis Bob schrie: »Laß es nur gehn! Du bist ein Zaubrer? Nicht einen Heller wert!«
Alle Jungn sagtn ich hab sie beschwindlt un ich muß ihnen das Antreh zurickgebn. So tat ich es auch — die Zunge tat mir greßlich weh un wurde so dick, wie nur was. Ich war so zornig wi eine Humml, weil sie so fon mir redetn un ging ins Haus zurick.
Mamma fragte mich, was ich denn am Mund habe. Ich sagte, filleich is es fon di rotn Ribn die wir zu Midtag hatn.
Mir wahr der ganzn Nachmidtag nich sehr gut. Die Zunge brannte mir wi Feuer un ich wahr sehr engslich wegn Mammas Uhr.
Wi wir bein Tee saßn un ich den Biskitt in meinem Tee eintauchte, weil meine Zunge so zerschnidtn wahr, kommt Sam herein — unser Kutscher — direk in das Schpeiszimmer mit der Kechin un Betti un helt die Uhr in der Hand. Alle schautn hin un dann auf mir. Warum nur grad auf mir?
»Ich fand sie in der Krippe!« keichte Sam und gab sie Mamma.
»Mamma,« sagte ich, »ich glaube Prinz muß sie aus der Lade genommen un zerkaut habn. Laß mich schaun, ob ich noch seine Zehne am Deckl eingedrikt sehn kann.«
»Oh mein Kind, mein Kind, mein Kind!« sagte Mamma, »errinners du dich nich an der Erzehlung fon deinen Namensbruder den kleinen Schorschi Woschten un seiner Axt?« dann schaute si nochmals auf der Uhr fing zum Weinen an un ging henaus.
»Wi bis du dazu gekommen?« fragt mein Fater so erns, das ich zidtern mußte.
Aber ich will liber den Forhang iber der haarschtreibende Ssene falln lassn, wi man in die Geschichtnbicher immer sagt. Ich will deine Seitn mein Tagbuch nich mit den beflekn, was dann geschah. Genug wenn ich sage das mein einzger großer Gedanke in der nechste Woche wahr: »Oh wenn ich nur Edisen wer um ein Patent zu bekommen, kleine Jungen aus Gummielasti zu machn!«
Wenn ich groß werde un Familje hab, werd ich sie nich fir das beschtrafn, was sie gar nich tun wolltn. So eine Ungerechtkeit is genug, das ein Junge sein Nachthemd un die Zahnbirschte zusammpakt un dafonlauft zu die Indjahner. Warum gingen sie nich eine andre Uhr kaufn? Es sin noch genug in den Juwelihrladn fon Herrn Goldschmitt, anschtatt so einen Schpetakl deswegn zu machn.
Schlißlich habn sie doch etwas andres zu denkn gefundn, als das Schorschi so ein böser Junge is. Si sin so gemithlich un gutmithig jetz wi ein Korb foller Schnitzl. Di alte Tante fon Montag de Jones in Irrland is geschtorbn un hat ihm finftausend Fund hintergelassn. Ich weiß nich was fir Fund das sind — kann sein fon Geld, das wer greßlich fiel. Er un Lily solln jetz heiratn. Papa sagt er hat immer gedacht, Montag ist ein netter junger Mann — blos zu jung zum heiratn. — So is alles wider gut. Ich will fersuchn bis nach der Hochtzeit ein sehr brafer Junge zu sein, weil Lil mich zu sich in ihr Zimmer nahm, un mit Trenen in di Augn zu mir sprach un mir einen Golddoller gab, ich soll fersuchn bis nach der Hochtzeit nichts anzuschtelln, weil alle in solche Eile sin un so fiel zu tun habn un sie winschte di Hochtzeit mechte ruig foribergehn, ganz ohne einen Zufall.
Lil is ein gutes Medchen. Ich hab sie am libtsn. Ich will fersuchn ihr zu folgn damit ich bei ihr wohnen darf wenn sie ihre eigne Wirtschaff hat. Sie sagt, ich darf. Sie wird ein kleines Zimmer eigens fir mich habn mit einer Brummsäge, ein Feßchen Negl, un alle Werkzeige.
Ich denke ich werde Montag nich erzehln, das sie sich das Haar mit Teerseife bleicht um es so goldfarbig zu machn — es wahr früer so schwarz wi Kohle. Oh Godt! bin ich froh! so eine Menge Kuchn! Die Leite fon kleinen Hans habn keine Hochtzeit wi wir. Heut hat er sich eimal duckn missn!
Ich wahr so beschefftigt, das ich schon greßlich lang nich in mein Tagbuch geschribn hab. Ich glaube manchmal sin kleine Brider sehr nitzlich, wenn man sie nur heflich bidtet.
Meine Fiße sin so mid, wenn ich zu Bed geh, weil ich den ganzn Tag laufn muß um Schpuln Zwirn, Seide, Kattuhn, Nadln, Muster, Citrohnen, Rosihnen, zur Post, zu Herrn de Jones mit Brifchen un so weiter. Ich wollte, ich kennte sie abschnalln wi der alter Willi Giles um abens tut.
Morgn is der großer Tag, wo die Hochtzeit sein soll. Ich muß nur schnell schlafn gehn, damit ich frih auf bin.
Nun is alles foriber. Ich wahr sehr zeitlich auf un ganz munter. Sie solltn um elf Uhr in der Kirche heiratn. Die Kechin un alle hadtn zu fiel zu tun um mir Frihschtik zu gebn. Sie sagte: »Nimm dir selbs Brot un Budter. Ich hab schreklich fiel zu tun.«
Ich wußte nich, das kleine Jungen Budterbrot essn missn, wenn ihre Schwestern heiratn. Ich ging hinein, wo sie eine große lange Tafl aufgeschtellt hadtn mit Blumen un Salat, Kuchn, Austern un noch fiele andre Sachn. Weil ich schtehnblib konnte ich noch 2mal so fiel essn, als wenn ich mich nidergesetzt hedte.
Es wahr nimand da. Ich ferschittete einen Krug mit rotn Wein am Tischtuch. So ein großer Flek! so ein Geruch fon Wein! Ich lif so geschwind ich nur konnte henaus, damit sie denkn Betti hat es ferschittet.
Betti sagte »komm laß dich anzihn!« un zog mich dann an, gab mir ein Knopflochbukeh un ein Taschntuch, das mir aus der Brusttasche herforschaute un glänzige Schue.
»Setz dich nider,« sagte sie, »bleib ruig sons beschmutzt du dir di Kleider wider.«
Ich saß eine kleine Weile ruig aber dann schlipfte ich zu Henschen henüber ein bischen zu schpiln damit die Zeit fergeht. Henschen sagte »da is eine hibsche große Lake, wo wir unsre Schiffe schwimmen lassn kennen« aber dabei schtiß er mich, das ich heineinplumste aber da wahr ich doch gewiß nich schuld dran.
Wi ich nachaus kam mußtn sie alle wartn bis man mir die alte Kleider angezogn hadte un Mamma weinte wegn den Tischtuch, aber sie sagte weil ihre Tochter weggeht, un Papa wischpelte mir zu »er wird mit mir schprechn, wenn alles foriber is«.
Lil wahr wunderhibsch, wi sie die Treppe henunterkam, mit den weißn Kleid, die Wangen so rot wie Rosn un einem großn weißn Schleier ganz über ihr. Auch Susann wahr sehr hibsch. Sie war Kranzljungffer. Herr de Jones sah aus als kennte er nich glaubn, das Oktober is, so heiß un unbekwem wahr ihm, er schtig auf Lilys Schleppe un zerriß si, so das sie sie mit einer Nadl festschtekn mußte, er wunderte sich wo sein Hut is un hadte ihm am Kopf un zerriß fir par Glassehandschuhe beim Anzihn, in solcher Eile war er. Dann schpendelte ich Tante Betseys rotseidnes Taschentuch hintn an seinen Rok un nimand bemerkte es bis er den Kohrgang henaufgehn wollte. Alle lachtn ein bischen un der Dokter riß es henunter. Er glaubte es will ihm wer etwas sagn blib schtehn un schaute zurik un Lil merkte es nich un ging forwerts. Alle Leite lachtn jetz laut un er wurde so rot wi ein Krebs.
Das machte ihm ganz ferlegn un wi der Predger dem Ring ferlangte liß er ihm falln un er rollte weg bis unter der Kanzl un Susann mußte einen fon ihre herborgn.
Jetz konnte er schon keinen fon andern unterscheidn un ging mit Tante Betsey aus der Kirche. Lil sagt ich soll dafir büßn un nich mit ihr kommen. Mir ligt nichs dran. Ich werd meinen Bruder fon ihre Brife erzehln die ihr der andre Kerl zurikgeschikt
hat, der forgen Winter immer bei uns wahr, weil sie so kokett is. Ich werd ihm erzehln wi sie sich immer das Schulterblatt auschtopfft un was fir Launen sie hat.
Es wahr der selber Predger auf den ich geschossn hadte, der sie jetz ferheirate. Er hat eine Narbe auf der Schtirn un sah greßlich bleich aus.
Wir gingen alle im Schpeisezimmer wi wir nachaus kamen. Ich glaube es warn Serwjetten ausgebreitet wo ich den Wein ferschidtet hadte.
Es warn eine Menge Hochtzeitstortn. Sie trankn Tohste un Tohste. Die Leite warn sehr gut aufgelegt; einer gab mir ein Glas Wein un sagte: »Nun Schorschi, trinke auf die Gesundheit deiner Schwester!«
Ich sagte: »Meine Schwester, die sich heut ferheiratet hat, soll lebn! Megn ihre kleinen Jungen nie gepriglt wern oder bei den Haarn gezogn oder sich di Fiße ablaufn, wi ihr kleiner Bruder!«
Sie mußtn sich zum Zug eiln. Elsbett warf dem Wagn ihrn Pantoffl nach. Alle sagtn Lebwohl. Deswegn fermißtn sie mich nich un ich benitzte die Gelegnheit un trank alln Wein aus den sie stehn lassn hadtn.
Wi Mamma kam um mich zu suchn lag ich untern Tisch un mir wahr greßlich schlecht. Ich fragte sie ob ein Erdbebn wahr. Sie sagte warum? Ich erzehlte ihr das der Bodn sich umgedreht hat un das ich nich schtehn konnte un die Sessl un der Tisch drehtn sich herum, wi wenn sie auch nich schtehn kenntn. Dann rif sie Betti, mich henaufzutragen un zubed zu legn un seifzte un seifzte, wi wenn ihr das Hertz brechn mißte un sagte: »Oh, Schorsch, was wirs du nun beginnen!«
»Mich ins Bed legn, Mamma!« sagte ich un das war doch wahr.