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»Da stimmt etwas nicht.« Jessica stellte ihr Glas auf dem Wohnzimmertisch ab und ließ sich aufs Sofa fallen. »Die beiden passen überhaupt nicht zusammen. Es heißt zwar ›Wo die Liebe hinfällt‹, aber selbst wenn man vom Aussehen absieht – das Mädchen ist viel zu jung für ihn. Ich habe von Herrn Mühlbrunner erfahren, dass Maximilian 27 Jahre alt ist. Wilma ist erst 17.«

»Hast du ihn nach den Heiratsplänen seiner Tochter gefragt?«, wollte Florian wissen und legte die Füße auf den niedrigen Glastisch vor dem Fernsehsessel. Gleich darauf nahm er sie wieder herunter. Der drohende Blick seiner Freundin sagte alles, und er wollte sie gerade heute nicht zu sehr reizen. »Was sagt denn der zukünftige Brautvater dazu?«

»Na ja, so direkt habe ich nicht gefragt«, gab Jessica zu. »Ich wollte dem Mädchen keinen Ärger machen. Sie schwärmt vielleicht nur für den gut aussehenden Hofhelfer. Das wird sich geben, denke ich.«

»Aber dieser junge Mann hat die Hochzeitspläne bestätigt, sagtest du«, bemerkte Florian. »Meinst du, er will nur in einen reichen Hof einheiraten und nimmt dafür auch eine Liaison mit einem kleinen hässlichen Entlein in Kauf?«

»Das glaube ich nicht«, entschied Jessica nach kurzer Überlegung. »Finanziell steht der Hof seit Langem kurz vor der Insolvenz. Vor zwei Jahren ist der Betrieb auf Biolandwirtschaft umgestiegen. Herr Mühlbrunner sagte, spätestens nächstes Jahr müssen sie Gewinn einfahren, sonst sehe es schlecht aus.«

»Dann kann es das Geld nicht sein.« Florian lachte. »Vermutlich hat das Entlein andere Qualitäten, von denen wir nichts ahnen.« Er starrte eine Weile auf den schwarzen Bildschirm des Fernsehers, rieb sich den Nacken und wandte sich wieder an Jessica. »Dein Fall klingt jedenfalls wesentlich spannender als meiner. Wenn der junge Herr Lorenz nicht mein Täter ist, habe ich nichts mehr. Es gibt bisher absolut keinen verwertbaren Hinweis auf andere anwesende Personen im Haus der Michelsbachs. Ein paar fremde Fingerabdrücke zwar, aber die können wir nicht zuordnen. Die könnten auch von einem Nachbarn stammen, der zu Besuch war. Wenn Matteo Lorenz das Ehepaar nicht getötet hat, kann ich den Fall vermutlich nicht aufklären.«

»Beschwere dich beim Chef und nicht bei mir. Götze wollte, dass wir tauschen.«

Die gespielte Strenge in ihren Worten ließ Florian schmunzeln.

Jessica setzte sich auf die Armlehne des Sessels und legte ihre Beine über seine. »Ich hoffe nur, dass Henriette nicht der Grund für den Toten in der Felsspalte ist. Die Kuh wird von allen befragten Personen eindeutig zu häufig erwähnt!«

»Tja, du wirst schon herausfinden, ob die Kuh oder die Ente die Mörderin ist«, bemerkte Florian trocken und legte seine linke Hand auf ihren Oberschenkel. »Wenn ich dir als erfahrener Ermittler einen Tipp geben darf: Ich persönlich vermute, Henriette war es nicht! Bleibt nur noch die Ente.« Er imitierte einen Schnabel mit seiner rechten Hand. »Quak, quak!«

*

Hier im Keller der Gerichtsmedizin war es immer kalt. Das war im Winter unangenehm, doch jetzt bei den unerträglichen Außentemperaturen eine reine Wohltat, trotz des intensiven Geruchs nach diversen Chemikalien, die in der Nase brannten.

»Du kommst spät«, sagte Erwin Buchmann, ohne von seinem Bildschirm aufzusehen. Er tippte hektisch ein paar weitere Sätze auf seiner Tastatur. »Du wolltest schon vor einer Stunde hier sein.«

»Ich weiß. Tut mir leid«, sagte Jessica merklich betreten. »Aber das Essen mit Florian hat länger gedauert als vermutet. Er ist auf die glorreiche Idee gekommen, etwas außerhalb auf einer Wiese ein Picknick zu machen. Herrgott, und das mitten in der Woche und während der Arbeitszeit. Langsam wird er mir unheimlich«, sagte sie mehr zu sich selbst, starrte an dem Rechtsmediziner vorbei auf das Bild einer Allgäuer Kuh an der Wand hinter dem Schreibtisch und dachte angestrengt nach, bis Ewe sie breit grinsend unterbrach.

»Und?«, wollte er wissen.

»Was ›und‹?«

»Was ist passiert? Was hat er gesagt? Und vor allem, was hast du gesagt?«

Er war so aufgeregt, dass Jessica ihn misstrauisch ansah.

»Was ist denn los mit dir, Ewe?«

»Nun sag schon. Hat das Picknick geschmeckt?« Das letzte Wort betonte er ein wenig zu dramatisch.

»Also, wenn du es genau wissen willst«, sagte Jessica und schüttelte irritiert den Kopf, »Florian hat das Picknick ausgepackt und ist dann von einer Bremse gestochen worden. Wir haben fluchtartig die Wiese verlassen, weil es von den Mistviechern dort nur so wimmelte.«

»Scheiße«, entfuhr es Ewe. »Der arme Kerl hat immer Pech.«

»Na ja, so schlimm ist es auch wieder nicht. Immerhin ist er nicht allergisch auf Bremsenstiche. Der soll sich nicht so anstellen. Was ist jetzt mit meiner Leiche? In deinem Bericht stand, Weixler habe sich vor seinem Tod geprügelt und jemand habe ihm später mit einem Stein eins übergezogen.«

Ewe stand auf, kam um den Schreibtisch herum auf Jessica zu und legte ihr eine Hand auf den Oberarm, als wolle er sie trösten. Jedenfalls schaute er sie bedauernd an. »Das stimmt. Der Schlag mit dem Stein war die Todesursache. Ob er später in den Felsspalt geworfen wurde oder nach dem Schlag gefallen ist, ist also nebensächlich. Alle Knochenbrüche, bis auf die Fraktur des Nasenrückens, hat er sich erst nach seinem Tod – vermutlich beim Sturz – zugezogen. Den Nasenbruch gute 24 Stunden früher.«

»Kannst du mir sagen, ob der Schlag sehr heftig war? Kann es eine Frau gewesen sein?«, fragte Jessica und befreite sich von Ewes Hand, die noch auf ihrem Oberarm lag. Was war nur los mit ihm? Hatte ihn der blöde Bremsenstich seines besten Freundes so aus der Fassung gebracht?

»Ich glaube, da reicht auch der sanfte Hieb einer Frau, um derart tödliche Verletzungen hervorzurufen«, sagte Ewe belustigt. »Der Schlag kam schräg von oben. Wenn der Ermordete nicht vor seinem Mörder kniete – was ich nicht mehr rekonstruieren kann –, muss der Angreifer recht groß gewesen sein, um einiges größer als Weixler. Das trifft auf die wenigsten Frauen zu.«

»Hast du wirklich keine fremde DNA gefunden? Es muss doch etwas geben, das einen Hinweis auf den Täter gibt.«

Ewe schüttelte den Kopf. »Nichts. Der Regen hat alle Spuren zerstört. Wir hätten sogar den Stein, der als Mordwaffe diente, nicht eindeutig zuordnen können, selbst wenn wir damals danach gesucht und ihn gefunden hätten. Ein nasser, matschiger Tatort ist immer ungünstig. Allerdings kann ich dir sagen, was der Tote gegessen hat, falls dir das weiterhilft.«

»Das bezweifle ich zwar, aber bitte.«

»Es war Rindfleisch. Vermutlich Filet. Irgendetwas Zartes und Teures. Außerdem Bohnengemüse und Soße mit einem Schuss Wein. Ob rot oder weiß habe ich noch nicht untersucht, weil ich es nicht für wichtig hielt. Aber wenn du willst, lässt sich das sicher feststellen.«

Jessica winkte dankend ab.

Tod zum Viehscheid

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