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Donnerstag, 1. Oktober

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»Ich sehe Bäume.« Die flüsternde Stimme im Telefonhörer spricht bedächtig. »Ich sehe ein großes, von Bäumen umgebenes Haus.«

Mark Manning lacht. Sicher, dass es hier nichts zu notieren gibt, schraubt er seinen Lieblingsfüller, einen altmodischen Mont Blanc, wieder zu.

»Ich kann nicht erkennen, was daran so lustig ist, Mr. Manning.« Die Stimme klingt beleidigt. »Ich versuche nur, zu helfen. Diese Information könnte Ihnen für Ihre Recherche nützlich sein.«

»Entschuldigung«, sagt Manning unbeeindruckt, »aber es ist keine gewagte Vermutung, davon auszugehen, dass eine wohlhabende Person in einem großen Haus wohnt. Und die meisten Häuser sind von Bäumen umgeben.« Er klappt seinen Notizblock zu und legt ihn zu dem geordneten Durcheinander auf seinem Schreibtisch im Redaktionsbüro des Chicago Journal.

»Aber ich sehe diese Dinge so deutlich«, beharrt die Person. »Mit ein wenig Hilfe Ihrerseits, Mr. Manning, könnten wir ihre Leiche finden.«

»Das heißt also, sie ist tot? Sehen Sie das auch?« Er starrt auf seinen Computermonitor, einen Augenblick lang gebannt vom rhythmischen Blinken des Cursors.

»Aber gewiss doch«, erwidert die Stimme, als wolle sie ein unwissendes Kind belehren. »Das weiß doch jeder, Mr. Manning. Das ist allgemein bekannt.«

»Danke für den Anruf«, bricht Manning das Gespräch abrupt ab. »Ich habe gleich Redaktionsschluss und kann nicht länger mit Ihnen sprechen.«

Aus dem Hörer dringt leise ein empörter Protest, als er auflegt. Mit einem kleinen Messingfeuerzeug, das er in einer einzigen Bewegung anzündet, ausmacht und in die Tasche seines leuchtend blauen Oxfordhemds verschwinden lässt, steckt er sich eine Zigarette an.

»Hey, Hübscher, Redaktionsschluss war vor fast einer Stunde«, sagt eine spöttische Stimme von hinten. Daryl, die Kopierhilfe, hat den Schluss von Mannings Gespräch mitbekommen und schlüpft nun in die Arbeitszelle des Reporters. Vertraulich hockt er sich auf den Schreibtisch und fragt: »Der wievielte war das jetzt?«

»Der dritte heute morgen«, sagt Manning entnervt. Er rollt mit seinem Stuhl vom Schreibtisch zurück, lockert seine Krawatte und knöpft sich den Kragen auf. »Jedes Mal wenn mein Name über irgendwas erscheint, das mit Helena Carter zu tun hat, kriege ich eine geballte Ladung von Anrufen von diesen bescheuerten Hellsehern.« Er schwingt ein Bein hoch und knallt es neben den Computer. Die Spiegelungen einer fluoreszierenden Schreibtischlampe schimmern in der Form von gewundenen Bändern.

»Und wieso schreibst du dann drüber?«, fragt der Collegestudent und wedelt missbilligend mit der Hand, um den Zigarettenrauch abzuwehren. Er bläht die Nasenflügel, wobei sich übertrieben seine ›spröden negroiden Züge‹, hervorheben, die zuweilen Gegenstand seiner Witze sind.

»Weil wir den ersten Oktober haben. In drei Monaten wird das Vermögen aufgeteilt – es sei denn, sie taucht vorher wieder auf.«

»Na, aus dem Grab kann sie ja wohl kaum sehr gut wieder auftauchen, oder?«, fragt Daryl, der mit ausgestrecktem Arm eingehend seine Fingernägel mustert.

»Natürlich nicht. Aber ich glaube nicht, dass sie tot ist. Ich denke, sie ist freiwillig verschwunden.«

»Klar, Mark, das alte Mädchen könnte aus ‘ner Menge Gründe abgehauen sein – vielleicht ist sie ja bloß bekloppt.« Daryl tippt sich mit dem Finger an die Schläfe. »Ist es nicht doch wahrscheinlicher, dass sie ermordet wurde?«

»Es gab kein Motiv, sie umzubringen.«

»Hundert Millionen Dollar sind kein Motiv? Schau, Liebes, ich bin der erste, der zugibt, dass du mehr über den Fall weißt, als irgendjemand sonst. Du bist von Anfang an an der Geschichte dran gewesen und es gibt keine Zeitung im Land, die dein Zeug nicht nachgedruckt hätte, mit Namen und allem drum und dran.«

»Und was ist mit der Post?«, fragt Manning scharf.

»Ich korrigiere mich. Das Blatt von gegenüber hat deinen Namen nicht gebracht, aber schließlich haben die Humphrey Hasting, und der schreibt genau den Sensationskäse, für den sie bekannt sind. Aber du, Mark, du bist der Experte. Mein Gott – wie viele Reporter werden schon vom Chefermittler angerufen, um sich über seinen eigenen Fall aufklären zu lassen? Ich beuge mich also deinem Urteil. Ist dir’s so recht?«

Manning antwortet mit einem Achselzucken. Er steckt sich die Zigarette in den Mundwinkel, verschränkt die Hände hinter dem Kopf und streckt sich.

Er hat nicht den Körper eines Neununddreißigjährigen. Schlank und muskulös ist er besser in Form als die meisten mit fünfundzwanzig. Die markanten Gesichtszüge weisen auf einen analytischen Verstand hin, der durch die durchdringende Klarheit seiner ungewöhnlich grünen Augen sichtbar zu werden scheint. Sein Haar, in dem inzwischen die ersten grauen Strähnen zu sehen sind, trägt er nach der derzeitigen Mode kurz; es verleiht seiner Erscheinung eine gewisse militärische Attraktivität – ein Eindruck, der durch die gebügelten Khakihosen, die er stets trägt, noch verstärkt wird.

Daryl schlägt die Arme übereinander, um sein Plädoyer abzuschließen. »Also, wieso meinst du – bei allem, was du weißt –, dass hundert Millionen Dollar kein ausreichendes Motiv für einen Mord seien?«

Manning streckt den Arm aus, um die Asche seiner Zigarette abzuschnippen und beugt sich mit einem Seufzer, der zu sagen scheint, Okay, ich erklär’s nur ein einziges Mal, in seinem Stuhl nach vorn.

»Helena Carters Testament wurde kurz nach ihrem Verschwinden ohne Probleme aufgefunden. Es kostete diverse ›interessierte Parteien‹ einige Mühe, die Gerichte davon zu überzeugen, das Testament von jemandem zu öffnen, dessen Tod nicht amtlich war, aber schließlich wurde es tatsächlich geöffnet, vor allem, weil es ein Licht auf ein Mordmotiv hätte werfen können. Alles was dabei allerdings herauskam, war, dass das Dokument schlicht keinen Hinweis auf einen Verdächtigen enthält.«

»Aber, Mark, das alte Mädchen kann nicht alle Tassen im Schrank gehabt haben. Niemand, der bei klaren Sinnen ist, teilt doch sein Vermögen zwischen einem Tierheim und einer Kirche auf.«

»Kein ›Heim‹, Daryl. Es ist ein Verband von Katzenzüchtervereinen. Carter war eine Katzenlady; sie hat sie gezüchtet. Außerdem war sie eine ergebene Katholikin. Die Verfügungen in ihrem Testament waren wohl durchdacht und sie hatte Top – Juristen eingeschaltet, um sie aufzusetzen; sie war keine Verrückte. Sie hatte keine Kinder, sorgte aber dafür, dass ihre einzige überlebende Schwester durch sorgfältig konstruierte Stiftungen gut versorgt ist. Gewiss, sie vermachte den Großteil ihres Erbes Organisationen, die ihr etwas bedeuteten, aber ich denke nicht, dass das verrückt ist.«

»Schau, Mark, es spielt doch keine Rolle, ob sie einen an der Waffel hatte oder nicht. Der Punkt ist doch, dass, wer immer sie auch ermordet hat, nicht wusste, was in dem Testament stand. Offensichtlich hat er geglaubt, es könnte auch für ihn was abfallen.«

»Wer?«

»Weiß ich doch nicht. Was ist mit dem Haushälter, auf dem Hasting und die Post immer rumhacken?«

»Daryl, es gibt Leute, die einen grillen, wenn man kleine, alte Ladys alle macht. Und wenn diese Lady zufällig die Erbin einer höchst profitablen Luftlinie ist, die eines der dicksten Vermögen in den nördlichen Vorstädten von Chicago darstellt, dann kannst du drauf wetten, dass die Bemühungen, den Übeltäter zu stellen und zu braten, enorm sind. Wieso sollte jemand auf die pure Vermutung hin, es sei die Sache wert, seinen geruhsamen Lebensabend aufs Spiel setzen? Würdest du das machen?«

»Natürlich nicht, aber ich bin ja auch kein Mörder. Es gibt allerdings solche Menschen, und die sind nicht alle so logisch wie du. Vielleicht ist der Kerl ja schwachsinnig. Es scheint nur der Fall zu sein, dass Helena Carter ermordet wurde.«

»Du scheinst mit keiner Leiche aufwarten zu können«, widerspricht ihm Manning. »Du scheinst keinen Verdächtigen oder auch nur ein plausibles Motiv vorweisen zu können. Auf der Grundlage dessen, was ich weiß – nicht was ich denke, glaube oder glauben möchte, sondern weiß – bin ich überzeugt davon, dass Helena Carter noch lebt.«

»Wenn du’ s beweisen könntest, wärst du um eine halbe Million Dollar reicher«, erinnert Daryl ihn. »Und ich weiß genau den richtigen Mann, für den du sie ausgeben könntest.«

Manning ignoriert Daryls Wink mit dem Zaunpfahl. »Ich denke nicht nur an die Belohnung«, verrät Manning ihm. »Wenn ich beweisen könnte, dass Helena Carter am Leben ist, würde im nächsten Jahr der Partridgepreis auf mich warten.«

»Der begehrte Messingvogel«, schwärmt Daryl überschwenglich, »die höchste Auszeichnung für investigativen Journalismus.« Dann durchbohrt er Manning mit einem Blick, der sagen soll, komm mal wieder auf den Teppich. »Wenn du beweisen könntest, dass sie lebt.«

Sie verstummen. Beide haben ihren Standpunkt dargelegt und es ist deutlich, dass keine Überzeugungsarbeit geleistet wurde.

Daryl genießt diese Kabbeleien. Er und Manning liefern sich oft solche Wortgefechte und die käfigartige Begrenzung hat etwas Intimes. Nichts körperlich Intimes – wenngleich Daryl deutlich genug zu verstehen gegeben hat, dass er die Gelegenheit begrüßen würde – sondern einfach eine professionelle Nähe. Daryl studiert Journalistik an der Northwestern University und ist trotz seines unbekümmerten Benehmens entschlossen, Karriere zu machen. Für ihn ist Manning der Starreporter des Journal und er sucht ständig nach Gelegenheiten, seine eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

Diese Bemühungen sind von Manning nicht unbemerkt geblieben und er ermutigt und behandelt ihn eher als einen Gleichgestellten, denn als Dienstboten. In Augenblicken aufrichtiger Selbstbetrachtung stellt Manning außerdem fest, dass Daryl ihn interessiert. Obgleich er sich nicht besonders zu Daryl hingezogen fühlt, bewundert er die Offenheit des jungen Mannes. Mit neununddreißig und immer noch Single fragt Manning sich einen Moment lang, ob sein nächster Geburtstag etwas auslösen könnte, dem sich zu stellen, er eigentlich nicht für nötig befindet. Er verdrängt diesen Gedanken und verzieht die Lippen zu einem kleinen Lächeln. »Na, genug davon.«

Daryl erwidert Mannings Lächeln. »Wie alt war sie... ist sie eigentlich?«, fragt er.

»Gerade sechsundfünfzig geworden«, sagt Manning. »Sie war neunundvierzig, als sie verschwand, eine junge Witwe, aber auf die meisten wirkte sie ältlich – ich vermute, das passt zu dem Bild einer reichen Nordküstenmatrone. Allerdings ergibt alles, was ich über sie erfahren habe, das Bild einer rüstigen, temperamentvollen Frau.«

Daryl schaut auf seine Uhr und mimt ein Lispeln: »À propos rüstig und temperamentvoll, du kommst jetzt besser mit dem Arsch hoch. Gordon wollte dich vor zehn Minuten sehen.«

Gordon Smith, der Herausgeber des Journal ist kein Mann, den man warten lässt. Manning schießt kerzengerade hoch und drückt seine Zigarette aus. »Wieso hast du mir das nicht gesagt?«

»Naja, hab ich doch – grade eben.«

Manning ist schon in sein Jackett geschlüpft. Er zieht die Krawatte gerade, während er durch den Gang auf die Frontbüros des Redaktionsraumes zueilt.

Der vorherige Herausgeber war erst spät in den Ruhestand gegangen; es herrschte allgemeine Übereinstimmung, er habe damit zu lange gewartet. Gordon Smith, der Leiter der Lokalredaktion, wurde offen als sein Erbe gehandelt, und so überraschte es niemanden, als die Beförderung dann kam.

Smith hatte den Mantel der Autorität mit Anstand aber nur wenig innerer Freude angelegt. Vor einigen Jahren, als er Leiter der Lokalredaktion wurde, hatte er sich nach der kreativen Tätigkeit eines Reporters gesehnt. »Reportage, das ist das A und O der ganzen Zeitungsarbeit«, vertraute er seiner Frau an, als die sich laut fragte, wieso sein Erfolg von einer leichten Lustlosigkeit begleitet war. Nun, da er Herausgeber ist, vermisst er die Pflichten eines Redaktionsleiters, und mit Reportagearbeit hat er weniger denn je in seinem Leben zu tun.

Ungeachtet dessen genießt er es, die Rolle zu spielen, in die er sich nun hineinversetzt sieht. Er hat sich einen Kleiderschrank voller dreiteiliger Anzüge angeschafft und trägt sie ständig. Wenn er sein Büro betritt, hängt er sein Jackett auf, öffnet seine Weste und rollt sich die Ärmel seines gestärkten weißen Hemdes hoch. Es ist zum Inbegriff eines ›arbeitenden Herausgebers‹ geworden und hat Manning gegenüber einmal gewitzelt, dass er plane, sich Hosenträger und Ärmelschoner zuzulegen.

Als Manning Smiths Büro betritt, spürt er allerdings sofort, dass heute keine Scherze gerissen werden. Der Chef sitzt da und starrt auf seinen leeren Computermonitor. Er macht eine finstere Miene, und sein Gesicht wirkt grau.

»Worum geht’s, Gordon?«, fragt Manning ihn, ohne sich auf Smalltalk einzulassen.

»Wissen Sie, Mark, es ist schon komisch.« Etwas abwesend macht Smith Manning ein Zeichen, sich hinzusetzen. Sein Blick wandert aus dem Fenster zum kühlen Herbsthimmel, der sich über dem Lake Michigan wölbt. »Man sollte meinen, ‘ es würde einem Mann genügen, in seinem Hochhausbüro zu sitzen, im sicheren Wissen, dass er den Vorsitz über das angesehenste Nachrichtenunternehmen im Mittleren Westen führt, und die Alltagsarbeit und die verlegerischen Angelegenheiten der besten Mannschaft in der Branche überlässt.« Smiths kaum vernehmbare Stimme verebbt, während er weiter in den Himmel starrt.

»Reden Sie von Nathan Cain?«, fragt Manning, womit er auf den Verleger des Journal anspielt.

»Wen sonst?« Smith dreht sich in seinem Stuhl um, um Manning über den Schreibtisch hinweg anzublicken. »Nathan hat mehr Energie und Einfallsreichtum als jeder Zeitungsmann, den ich kenne. Als er unsere Auslandsredaktion in Äthiopien einrichtete, lachten viele über diese Idee – aber jetzt greifen sie zu unseren Fernschreibern, wenn sie über die Geiselaffäre dort berichten. Man kann von ihm sagen, was man will, aber Nathan ist schon eine ›große Nummer‹.«

»Da sag ich kein Wort dagegen. Das Journal war nie stärker als jetzt mit Cain an der Spitze. Zum Teufel, er ist das Journal.«

»Genau«, sagt der Herausgeber, der jetzt endlich Manning in die Augen blickt, »und eben das macht das Ganze so … schmierig.«

Allmählich beginnt Manning, zu verstehen. »Das Ganze was, Gordon?«

»Die ganze Geschichte mit dieser Carter – Lady. In der Zeitung haben Sie wieder einmal den Schluss gezogen, dass sie lebt, wogegen der Rest der Welt davon überzeugt zu sein scheint, dass sie ermordet wurde. Nathan ist der Ansicht, Ihr Standpunkt sei für die Zeitung peinlich. Dem haben wohl seine Kumpels ein bisschen eingeheizt.«

»Welche Kumpels?«

»Wer weiß? Wahrscheinlich die Kerle mit denen zusammen er sich auf den Vorstandsitzungen von United Way die Ärmel wetzt. Sitzt nicht Josh Williams in diesem Vorstand?«

»Ach ja«, sagt Manning. »Josh Williams, der Herausgeber der Post, der zufällig mit der Schwester von Humphrey Hasting verheiratet ist.«

»Bingo.« Smith schluckt schwer und atmet aus, bevor er fortfährt. »Aus welchem Grund auch immer, Nathan will, dass das Journal einschwenkt. Er will, dass Sie Ihren Standpunkt revidieren.«

»Das kann ich nicht, Gordon, ich …«

»Mark, ich bin ganz Ihrer Meinung, das habe ich ihm auch gesagt. Aber er hat es sich nun mal in den Kopf gesetzt.«

»Um Himmels Willen«, sagt Mannings entgeistert, »wieso bearbeiten Sie denn meine Storys nicht so, dass sie jeder denkbaren Politik entsprechen, die er wünscht?«

»Wieso nicht, in der Tat. Oder ich könnte die Story einfach jemand anderem übertragen. Das habe ich Nathan vorgeschlagen, aber er wollte nichts davon hören. Er hatte schon immer so einen komischen Hang – einen perversen Jagdtrieb. Er besteht darauf, dass die Kehrtwende von Ihnen persönlich kommt.«

»Er kann mich nicht zwingen, irgendetwas zu schreiben, woran ich nicht glaube.«

»Natürlich nicht, aber er kann – und hat’s auch getan – ein Ultimatum stellen. Nathan Cain hat mir heute Morgen gesagt, dass Sie Ihren Standpunkt in Sachen Carter in der nächsten Ausgabe widerrufen müssen. Wenn nicht, und wenn Carter nicht bis Neujahr wieder auftaucht, sind Sie hier raus. Um seinen Wünschen noch mehr Nachdruck zu verleihen, hat er gedroht, dass Sie nie wieder Arbeit bei einer anderen Zeitung finden werden. Und wie Sie sehr wohl wissen, hat er die Macht, sein Versprechen zu halten.«

»Aber wieso?«, fragt Manning. »Was steckt hinter seinem plötzlichen Interesse an der Geschichte? Nathan Cain kommt mir nicht wie ein Mann vor, dem es schlaflose Nächte bereitet, wenn seine Kollegen mal ein bisschen auf die Pauke hauen.«

»Ich habe keine Ahnung«, teilt Smith ihm mit resignierendem Achselzucken mit. »Ja, Nathans Anweisungen erscheinen unbegründet und ich habe versucht, ihn umzustimmen, aber meine Meinung zählt nicht – nicht diesmal. Ich bin nur ein überbezahlter Bote. Und die Botschaft lautet: Er hat das Sagen.«

»Mein gesamtes Leben als Erwachsener habe ich dafür gekämpft, mir einen Ruf aufzubauen, der auf Vernunft und Integrität beruht...«, murmelt Manning verstört.

Smith gibt nichts auf Worte. »Integrität ist einen Scheiß wert, wenn Sie dadurch Ihren Job verlieren – einen Job, in dem man Sie für gut hält.«

Manning denkt einen Augenblick nach, aber nur einen Augenblick, bevor er nachfragt. »Er lässt mir keine große Wahl, oder?«

»Nein, das tut er nicht.«

»Dann mach ich mich besser an die Arbeit und finde Helena Carter.«

Manning steht auf, um zu gehen, hält aber inne. Mit schwachem Lächeln wendet er sich an seinen Herausgeber. »Haben Sie gedacht, ich gebe klein bei?«

»Ich habe gehofft, Sie würden’s nicht tun, aber ich wusste es nicht. Cain war sich sicher, sie würden nachgeben, aber das Ultimatum ist kein Bluff. Wenn Sie den Fehdehandschuh aufnehmen, sind Sie dran.«

»Das weiß ich, Gordon. Ich werde versuchen, Sie nicht zu enttäuschen.«

»Viel Glück, Mark.«

Bei Nachruf Mord

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