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Gabi

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Bei Gabi roch es nach allem, was auf dieser Welt gut und schön ist. Nach Holz, nach Haus, nach frischer Wäsche.

Gabi war klein, stabil und flachsblond. Ihre Augen waren graublau und der Mund etwas asymmetrisch. Dadurch bekam ich immer das Gefühl, als mache sie sich über mich lustig, als wisse sie etwas, das mir verborgen blieb. Ich liebte diesen Mund. Ich liebte auch den ganzen Rest von ihr, aber das wusste ich damals noch nicht. Dieses Thema hatten wir nie erörtert. Alles was ich dazu hätte sagen können war: Sie wirkte auf meine unbedarfte Seele wie ein warmer Regen.

Im Moment strafte sie mich allerdings mit Schweigen.

Schnippelte irgendwelches Gemüse. Ich saß auf dem Küchentisch und täuschte Ahnungslosigkeit und gute Laune vor:

„Eine richtige Band, Schatz - nicht so eine hohle Faschingsmucke, sondern eigene Songs. Die greifen richtig, das wollen die Leute hören. Ganz neuer Ton, deutsche Texte. Verstehst du, was ich meine?“

„Erzähl das deinem Friseur, du Blödmann. Wir waren verabredet. Und du warst nicht da! Was meinst du mit verstehen? Das Einzige, was ich verstehe ist, dass ich gestern allein im Kino war. Romantik, Liebe, Geigen, Küsse - alles da, nur du nicht. Ich konnte nicht mal richtig heulen. Wozu habe ich dich eigentlich?“

Ja – wozu? Die Frage stand im Raum wie ein Monster. Nicht zu beantworten. Ich war so dumm, es trotzdem zu versuchen:

„Schatz, wir kennen uns schon so lange. Wir fassen uns gern an. Wir können über dieselben Sachen lachen. Wir haben zu vielen Dingen die gleichen Ansichten.“

„Bist du sicher“ fragte sie. „Essen ist fertig.“

Es gab Gemüse mit Gemüse. Sie schwieg, ich schwieg, sie antwortete mit Schweigen.

Als nach zirka fünf Minuten immer noch keiner etwas gesagt hatte, versuchte ich den Scherz mit dem verliebten Koch. Das war falsch. Ich merkte es an ihrer Reaktion. Gabi schmiss ihre Gabel hin und rannte raus. Effektvoll schlug sie ihre Zimmertür zu.

Eine ernste Situation, das begriff ich. Ich war der mit dem schlechten Gewissen. Immer sind es die Männer, die das schlechte Gewissen haben. Frauen kennen so etwas nicht. Ich war am Zuge, das spürte ich. Um jetzt nicht alles aufs Spiel zu setzen, musste ich wohl Demut zeigen und zu Kreuze kriechen. Es war eine Frage des Timings. Eine angemessene Zahl von Minuten verstreichen lassen bis die Wogen sich etwas glätten, dann um Vergebung betteln

„Schatz, kann ich reinkommen?“

Keine Antwort. Ich war darauf vorbereitet, die weinende Gabi in den Arm zu nehmen, oder auch in Deckung zu gehen, falls etwas Schweres in meine Richtung flog. Vorsichtig öffnete ich ihre Tür.

Sie saß auf dem Bett und grinste. Asymmetrisch.

In dieser Sekunde kriegte ich eine Gänsehaut und spürte, wie sich auch auf meinem Gesicht ein Grinsen breitmachte, völlig unabhängig von mir und nicht zu steuern. Ich versuchte, meine Gesichtszüge etwas in Richtung Schuldbewusstsein zu drängen. Keine Ahnung, was dabei rauskam.

Sie hielt mich mit dem ausgestreckten Bein auf Distanz.

Eine etwas unglückliche Position: der Prinz, der am ausgestreckten Bein verhungert. Ich erhöhte etwas den Druck, das Bein blieb gestreckt. Um irgendetwas zu tun, zog ich ihr eine Socke aus. Sie ließ es geschehen. Ich knöpfte ihr die Hose auf. Sachlich schaute sie zu, als wäre es eine fremde Hose. Das braune Stück Haut zwischen Slip und Bauchnabel gab mir den Rest.

Lieber Herrgott - danke, dass du uns das geschenkt hast. Man muss ja nicht immer reden.

Auf altbewährte Weise krochen wir in uns rein. Wir flüchteten auf die warme Insel, wo die Vögel sprechen können, wo Unten und Oben vertauscht sind.

In diesem Moment hatte ich keinen Schimmer davon, dass unsere Insel immer kleiner wurde.

Bunte Luft

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