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4. Prägungen aus der Kindheit

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Erstaunlich viele Probleme des Erwachsenenlebens finden ihren Ursprung in der Kindheit. Man könnte also sagen, dass es sich lohnt, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und zu verstehen, was da passiert ist. Grundsätzlich ist das richtig, aber dennoch mahne ich hierbei zur Vorsicht. Sich mit schmerzhaften und verdrängten Erlebnissen vergangener Tage zu beschäftigen, kann heftige emotionale Reaktionen hervorrufen, mit denen man nicht allein sein möchte. Es ist offensichtlich, dass Misshandlung und schwerwiegende Demütigungen das Selbstwertgefühl eines Menschen dauerhaft schädigen. Das heißt jedoch nicht, dass dieses nicht wieder aufgebaut werden kann. Kein Buch kann eine psychologische oder psychiatrische Therapie ersetzen, und deshalb fände ich es unseriös, Extremfälle zu thematisieren, somit in den Wunden betroffener Menschen zu stochern und sie dann allein damit stehen zu lassen. Lass uns also einen vernünftigen Kompromiss machen und das Folgende festhalten: In der Kindheit Missbrauch und Misshandlung erfahren zu haben, hinterlässt erhebliche Schäden am Selbstbewusstsein. Es bedeutet aber nicht, dass diese Schäden nicht behoben werden können. Falls du ernsthafte negative Erfahrungen in deiner Kindheit gemacht hast, hast du trotzdem die Möglichkeit, all das hinter dir zu lassen und die maximale Lebensqualität zu erreichen. Ich kann dir nur nahelegen, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Solltest du das bereits versucht haben, aber erfolglos geblieben sein, könnte vielleicht ein Coaching das Richtige sein. Coaches wie ich setzen da an, wo Therapien aufhören, und ich habe schon vielen Menschen dabei geholfen, die Last vergangener Tage über Bord zu werfen. Damit möchte ich keine Werbung für mich machen. Ich möchte lediglich sagen: Gib niemals auf. Denn ich weiß, dass es sehr viele Menschen da draußen gibt, die unter sehr tiefen Wunden leiden, die ihnen in frühen Jahren zugefügt wurden.

Glücklicherweise gibt es aber nicht nur Extremfälle, sondern auch zahlreiche andere Prägungen aus unserer Kindheit, die dazu beigetragen haben, dass unser Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl heute nicht so stark sind, wie wir es gerne hätten. Denken wir zum Beispiel mal an die distanzierten Eltern, denen man es niemals recht machen kann. „Nicht geschimpft ist gelobt genug“ gehört zu diesen Klassikern, die das Selbstbewusstsein eines Kindes zerstören können. Ein Kind sehnt sich instinktiv nach der Anerkennung seiner Eltern (Stichwort: „Geltungsbedürfnis“), und wenn diese nicht gewonnen werden kann, passt das Kind sich immer weiter an, um noch besser zu gefallen. Dieses Anpassen wird zur festen Gewohnheit und zieht sich häufig wie ein roter Faden durch das gesamte Erwachsenenleben hindurch. Es gibt jedoch nicht nur das Phänomen, keine Anerkennung zu bekommen. Das Ganze kann gesteigert werden, wenn es neben mangelnder Anerkennung auch noch Kritik obendrauf gibt. Diese haben wir ja bereits ausführlich thematisiert. Sie vermittelt Kindern das Gefühl, nicht wertvoll oder nicht gut genug zu sein, und dann schaffen sie es oft nicht, ihr eigenes Empfinden der Wertlosigkeit beim Erwachsenwerden abzulegen.

Selbstverständlich gibt es auch Eltern, die es bei der Erziehung etwas zu gut meinen und ihre Schützlinge überbehüten. Sie wollen ihre Kinder von allen möglichen Gefahren und Enttäuschungen fernhalten. In ihren Augen sind die Kleinen extrem sensibel und fragil, sodass sie ihnen nicht zutrauen, irgendetwas allein zu machen. Sie bringen ihnen bei, so ziemlich alles sei gefährlich und könne nicht ohne elterliche Hilfe oder Aufsicht gemacht oder entschieden werden. Kommt dir das vielleicht bekannt vor? Wenn nicht bei dir, dann hast du sicherlich schon bei ein paar Mitmenschen erlebt, wozu das führt, oder? Diese Art der Erziehung bringt extrem vorsichtige, verunsicherte und unselbstständige Erwachsene hervor. Ihr Selbstvertrauen ist beinahe gar nicht entwickelt, und sie suchen immer den Schutz und die Bestätigung anderer, um Entscheidungen zu treffen oder allgemein im Alltag zu handeln. In Situationen, in denen sie gänzlich auf sich gestellt sind, sind sie höchst verunsichert und zweifeln an ihren Lösungsansätzen. Bei solch einem Beispiel zeigt sich auch wieder wunderbar der feste Zusammenhang zwischen den „Drei S“! Wer als Kind nicht die Gelegenheit bekommt, seine Stärken und Fähigkeiten kennenzulernen, wird bei der Entwicklung des Selbstbewusstseins gehemmt. Wer sich nicht im Klaren darüber ist, was er kann und was nicht, entwickelt kein Vertrauen in seine Fähigkeiten und somit auch nicht in sich selbst. Somit wird das Selbstvertrauen gehemmt. Und weil niemals größere Herausforderungen gemeistert werden, gibt es auch keine Erfolgserlebnisse und somit nichts, worauf man sonderlich stolz sein könnte. Im Vergleich mit anderen, die ständig irgendeine Situation erfolgreich meistern, fühlt man sich minderwertig. Das Selbstwertgefühl leidet. Ziemlich erstaunlich, oder?

Es ist wirklich faszinierend, wie die Erfahrungen unserer Kindheit sich auf das Erwachsenenleben auswirken. Das geschieht übrigens nicht immer auf die gleiche Weise. Verschiedene Erlebnisse können verschiedene Entwicklungen hervorrufen. Nehmen wir als Beispiel die Erfahrung, öfter von den Eltern im Stich gelassen worden zu sein. Dies löst im Kind das Gefühl aus, nicht wertvoll zu sein, und dieses Gefühl wird nicht immer auf die gleiche Art und Weise kompensiert. Es kann dazu führen, dass ein Mensch sich von anderen abkapselt und sehr zurückgezogen lebt. Er glaubt, er sei nicht liebenswert und deswegen wolle ihn ohnehin niemand haben. Auf der anderen Seite kann die Vernachlässigung zu einem anhänglichen Verhalten führen. Man klammert sich an andere und macht es ihnen so recht wie möglich, damit sie nicht auf die Idee kommen, einen zu verlassen.

Man mag Erfahrungen und Erlebnisse vielleicht kategorisieren können, aber am Ende des Tages hat jeder von uns völlig einzigartige und individuelle Situationen erlebt. Es gibt so unglaublich viele Variablen, die bei der Entwicklung deiner Persönlichkeit eine Rolle gespielt haben. Aus diesem Grund halte ich es für unmöglich, eine Universalanleitung zu erstellen, mit der sich negative Prägungen aus der Kindheit ins Positive umkehren lassen. Ich fände den Versuch sogar unseriös. Wer behauptet, den ultimativen Schlüssel zu deiner geistigen Heilung zu haben, impliziert damit, dass er dich besser kennt als du selbst und bei deiner gesamten Entwicklung dabei war. Ich war es auf jeden Fall nicht und deshalb gibt es von mir keinen fertigen Plan, sondern viele hilfreiche Anregungen, mit denen du dich, deine Vergangenheit und deine Gegenwart hinterfragen kannst. Selbstverständlich gibt es sehr viel mehr Einflussfaktoren aus der Vergangenheit als die, die ich in diesem Kapitel genannt habe. Da wir uns in diesem Buch jedoch nicht auf das Stochern in der Vergangenheit, sondern auf das Erschaffen einer besseren Gegenwart und Zukunft konzentrieren, reichen diese Beispiele meiner Meinung nach aus, um dir ein Gefühl davon zu vermitteln, wie weitreichend unsere frühesten Erfahrungen sein können.

Die Prägungen aus unserer Kindheit lassen viele Rückschlüsse darauf zu, wie sich die „Drei S“ bei uns entwickelt haben. Es ist hilfreich, seine Vergangenheit zu hinterfragen und zu überprüfen, ob die Erfahrungen von damals sich auch heute noch auf uns auswirken. So können wir heute effektiv an Blockaden arbeiten. Nach der Lektüre dieses Buches wird es dir vermutlich leichter fallen, die Entwicklung deines Selbstbewusstseins nachzuvollziehen, und auch diesmal wirst du wieder erkennen, wie du dich künftig besser schützen kannst.

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