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3. Kritik

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Bei Vorträgen und Coachings betone ich immer wieder, dass Kritik etwas sehr Wertvolles ist. Und das ist auch so. Kritik hilft uns dabei, Perspektiven auf uns und unsere Handlungen zu gewinnen, die wir alleine nur sehr schwer einnehmen können. Somit fördert sie unsere Weiterentwicklung und ist jedem dienlich, der lernen möchte, über seinen eigenen Tellerrand hinauszublicken. An dieser grundsätzlich schönen Sache gibt es jedoch einen großen Haken: Kritik ist am förderlichsten, wenn sie fair, konstruktiv und sensibel geäußert wird, und das ist leider äußerst selten der Fall. Kritik begegnen wir ständig und überall. Aber wann haben wir es mal mit Menschen zu tun, die Kritik angemessen äußern oder die ernsthafte Absicht verfolgen, uns damit zu helfen?

Wie wir bereits festgestellt haben, sind Meinungen, Interessen und Werteempfinden unterschiedlich. Das könnte dazu führen, das vielfältige Spektrum der menschlichen Charakterentwicklung zu zelebrieren. Könnte es. Tut es aber nicht. Stattdessen wird so ziemlich alles und jeder kritisiert, der nicht den Wertvorstellungen des Kritisierenden entspricht. Und woher nimmt der Kritisierende seine Wertvorstellungen? Na ja, der Fremdbestimmung sei Dank ist es in der Regel recht einfach, sich welche bilden zu lassen. Im Klartext bedeutet das, dass es eine „Norm“ gibt, der wir entsprechen sollen. Die meisten Menschen passen sich dieser Norm an, weil es einfach ist und soziale Anerkennung bringt. Gleichzeitig läuten jedoch bei ihnen die Alarmglocken, wenn andere nicht diesem Maßstab entsprechen. Sie haben die „Normalität“ als erstrebenswerten Lebensweg anerkannt und kritisieren jeden, der an dieser Realität rüttelt. So passiert es, dass du beinahe täglich für Dinge kritisiert wirst, die im Grunde niemanden außer dich selbst etwas angehen. Du kennst das:

* „Deine Frisur ist zu gewagt.“

* „Du bist zu dick für die Kleidung, die du trägst.“

* „Deine Lieblingsmusik ist einfach nur Lärm.“

* „Wie kannst du es wagen, Fußballverein XY zu mögen?“

* „Bist du dir sicher, dass dieses Make-up zu deiner Haarfarbe passt?“

* „Wenn man sich deinen Freundeskreis so ansieht, musst du ja ein sehr schlechtes Urteilsvermögen haben.“

* „Deinem Auto nach zu urteilen, scheinst du es beruflich ja nicht sehr weit gebracht zu haben.“

Auf diese oder ähnliche Weise kritisiert zu werden, ist unangenehm. Es schädigt unser Selbstwertgefühl, und die meisten Menschen reagieren darauf, indem sie sich anpassen. Sie wollen weitere Konflikte und emotionale Verletzungen vermeiden und stellen ihr Leben so um, dass sie anderen keine Angriffsfläche mehr bieten. Sie gehen zum Friseur, kaufen sich weit geschnittene Kleidung, hören andere Musik, fiebern künftig mit einem anderen Fußballverein mit, wechseln ihr Make-up, lassen sich weniger bei ihren Freunden blicken und kaufen sich ein Auto, das sie sich im Grunde nicht leisten können. DAS ist pure Selbstentfremdung. Es müssen nicht konkret die Beispiele sein, die ich genannt habe, aber du siehst mit Sicherheit, in welche Richtung es geht. Zu oft passen wir unser Leben an, weil wir von anderen kritisiert werden. Mit Blick auf unser Selbstbewusstsein bedeutet das, dass wir wieder einmal unsere Interessen in den Hintergrund stellen und die Wertvorstellungen anderer annehmen. In unserer heutigen Gesellschaft scheint das etwas ganz Normales zu sein: Man kritisiert einen Menschen so lange, bis er sich anpasst. Wirklich schade.

Wenn wir nun einen Schritt weitergehen, werden dir die vorhin genannten Beispiele und ihre Konsequenzen vermutlich harmlos erscheinen. Denn häufig gibt es auch Kritik, die sich nicht gegen unseren Geschmack oder unsere Besitztümer richtet, sondern gegen unsere Persönlichkeit und unser natürliches Verhalten. Dies tut weitaus mehr weh und verursacht weitreichendere Folgen. Klassische Beispiele sind:

* „Deine Art ist unausstehlich.“

* „Nie kannst du etwas richtig machen.“

* „Du bist hässlich.“

* „Du siehst fett aus.“

* „Du bist ein Versager.“

* „Wenn ich du wäre, würde ich mich schämen.“

* „Niemand kann dich leiden.“

* „Du wirst es nie zu etwas bringen.“

Ich wünschte, solche Aussagen würden niemandem bekannt vorkommen. Als Realist weiß ich jedoch, dass viele von uns schon einer oder mehreren dieser Aussagen begegnet sind. Wenn die zuerst genannten Beispiele einen Menschen dazu bringen, sein Verhalten zu verändern, was glaubst du dann, welche Konsequenzen eine solch schwerwiegende und sehr persönliche Kritik hervorruft? Richtig: Sie bringt jemanden dazu, seine Persönlichkeit zu verändern, was eine noch viel stärkere Entfremdung von seinem natürlichen Wesen mit sich bringt. Es ist diese Art von Kritik, die Menschen das Gefühl gibt, wertlos zu sein. Man fängt an zu glauben, man sei grundsätzlich schlecht und verdiene nichts Gutes im Leben. Das Selbstwertgefühl schwindet mit großen Schritten.

Die meisten Menschen, die ich wegen ihres schwachen Selbstwertgefühls gecoacht habe, haben aus dem simplen Grund geglaubt, sie seien wertlos, weil es ihnen jemand gesagt hat. Man hat ihnen eingeredet, sie seien hässlich, zu nichts zu gebrauchen oder dumm. Das Unglaubliche dabei ist, dass dies in keinem Fall der Wahrheit entsprach. All diese Menschen habe ich als wunderbare und einwandfreie Persönlichkeiten wahrgenommen. Das ist einer der Hauptgründe dafür, warum ich mich aktiv dafür einsetze, das Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl anderer Menschen zu stärken. Oft ist Kritik einfach ungerecht und wird spontan, aus einer schlechten Laune heraus, geäußert. Die Schäden, die sie verursacht, sind jedoch real und können ein Leben lang andauern.

Alles, was du in diesem Buch lernst, wird dir dabei helfen, dein Selbstwertgefühl so sehr zu stärken, dass die Meinung anderer es nicht schwerwiegend beschädigen kann. Weil das Thema jedoch so wichtig ist, wird es später auch ein eigenes Kapitel geben, in dem wir uns in Ruhe ansehen werden, wie man Kritik richtig einordnet, verarbeitet und ihre Hintergründe versteht. Sicher ist schließlich sicher. Hierbei werden wir die Lehren und Erfahrungen zu Rate ziehen, die anderen in meinen Coachings dabei geholfen haben, alte Wunden heilen zu lassen und stärker zu werden als je zuvor. Ob Kritik in gewissen Situationen angebracht ist oder nicht, ist im Grunde zweitrangig. Für uns ist in erster Linie interessant, wie mächtig sie sein kann. Deshalb müssen wir vorsichtig mit ihr umgehen. Sowohl, wenn wir sie äußern, als auch, wenn sie uns gegenüber ausgesprochen wird.

Endlich selbstbewusst

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