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2. Fremdbestimmung
ОглавлениеIst dir schon einmal aufgefallen, dass fremde Meinungen allgegenwärtig sind? Das fängt bereits mit dem ganz alltäglichen Medienkonsum an. Wir lesen eine Zeitung, hören die Nachrichten im Radio, sehen fern oder beziehen die neusten Nachrichten über das Internet. Dabei werden wir nicht nur mit Fakten konfrontiert, sondern vor allem mit Meinungen und Interpretationen. Wir werden gedanklich in eine bestimmte Richtung gelenkt und nein, das ist keine Verschwörungstheorie. Es ist ein bekanntes Phänomen, das man „Framing“ nennt. Beim Framing werden Sachverhalte so dargestellt, dass sie beim Empfänger eine bestimmte Meinung verursachen. Wenn ein Politiker zum Beispiel inkompetent wirken soll, werden Bilder von ihm gezeigt, auf denen er emotional unausgeglichen aussieht oder einfach nur schlecht getroffen ist. Soll er vom Empfänger jedoch als sehr kompetent und sympathisch empfunden werden, wird er natürlich im besten Licht gezeigt. Logisch, oder? Darüber hinaus werden Berichte mit unterschiedlicher Musik untermalt, um entweder unser Mitgefühl, unseren Zorn oder andere Empfindungen zu erwecken. Es können auch bestimmte Themen sehr einseitig präsentiert und diskutiert werden, sodass kritische Gedanken gar nicht erst entstehen. Ich könnte noch eine Weile so weitermachen, aber ich denke, du weißt bereits, worauf ich hinausmöchte. Der entscheidende Punkt ist, dass wir ständig Meinungen und Wertungen ausgesetzt sind, sodass wir bestimmte Sichtweisen einfach annehmen, anstatt uns einen eigenen Standpunkt dazu zu erarbeiten. Falls dir das noch nicht aufgefallen ist, dann achte doch beim nächsten Mal darauf, wenn du die Nachrichten schaust. Du wirst bestimmt überrascht sein.
Dasselbe Phänomen können wir übrigens auch beim Konsum der sozialen Medien beobachten. Wenn du auf Facebook ein lustiges Katzenvideo siehst, spielt im Hintergrund vermutlich eine alberne Melodie, damit das Video noch lustiger wirkt. Schaust du dir hingegen ein Video von einem Hund an, der jemanden rettet, erklingt herzerwärmende und tragische Musik. Anstatt uns einfach einen Videoclip zu zeigen und uns selbst zu überlassen, was wir davon halten, „hilft“ man uns dabei, eine Emotion oder Meinung zu entwickeln.
Ebenso hat Werbung einen sehr großen Einfluss auf uns. Sie ist wirklich überall! Denk einmal in Ruhe darüber nach: Es lauert im wahrsten Sinne an jeder Ecke Werbung, die dich davon überzeugen möchte, etwas zu kaufen. Überall sind Plakate, Leuchtwerbungen, Poster, Flyer und Werbebriefe. Das Fernsehen ist voll von Werbeclips, auf jeder Internetseite blinken Banner und natürlich geizen auch die restlichen Massenmedien nicht mit verlockenden Angeboten. Wir sind inzwischen so weit, dass du die Werbung abends in deinem Bett konsumierst. Nur mal eben schnell auf Facebook oder Instagram schauen, was es Neues gibt, und schon bist du im Sog eines Werbetreibenden. Einfach gesagt heißt das, dass uns täglich vorgeschrieben wird, wofür wir unser Geld ausgeben sollen. Es wird somit immer schwerer, Prioritäten zu setzen, sparsam zu leben und eigene Vorstellungen davon zu haben, was man besitzen muss und was nicht.
Damit wären wir dann auch schon bei den Trends. Wer nicht der aktuellen Mode folgt oder die angesagteste Frisur hat, ist langweilig. Und das alles nur, damit wir zehn Jahre später darauf zurückblicken und uns für diesen Look zu Tode schämen. Kauf dir dieses Auto, teste dieses neue Make-up und probiere unbedingt mal diesen neuen, total abgefahrenen Kaffee, der ganz nebenbei nichts mehr mit Kaffee zu tun hat. Tu es nicht etwa, weil es dir gefällt. Tu es, weil es gerade alle so machen. Du willst doch schließlich dazugehören, oder nicht?
Auf der Arbeit geht es selten darum, sich zu verwirklichen und einen wertvollen Beitrag zu leisten. Am Ende des Tages geht es darum, den Chef glücklich zu machen und nicht allzu häufig mit den Kollegen anzuecken. Versteh mich bitte nicht falsch. Ich freue mich aufrichtig für jeden Menschen, der die Möglichkeit hat, sich bei der Arbeit kreativ zu entfalten. Für die meisten sieht der Alltag jedoch so aus, dass sie von 9 bis 17 Uhr funktionieren, um am Ende des Monats entlohnt zu werden. Die Meinung des „einfachen“ Arbeiters ist nur selten gefragt. Was man viel dringender benötigt, ist seine Arbeitsleistung. Dies ist ein weiterer Faktor, bei dem die Meinung und die Interessen des Individuums in den Hintergrund geraten.
Hast du schon einmal mit einer Gruppe von Menschen zusammengesessen und warst in einem bestimmten Punkt anderer Meinung als der Rest der Runde? Hand aufs Herz, hast du dich getraut, es öffentlich zu äußern? Mach dir nichts draus. Wir wollen unseren sozialen Status nicht gefährden, indem wir uns mit unserer eigensinnigen Meinung unbeliebt machen, und das ist völlig normal. Es führt aber auch dazu, dass unsere Interessen und Sichtweisen mal wieder irgendwo in der Versenkung verschwinden.
Das führt uns dann direkt zu Freunden und zur Familie. Allesamt mit Sicherheit ganz liebe Menschen, die es gut mit uns meinen. Nur leider haben die meisten von ihnen oft die lästige Eigenschaft, uns ihre sehr persönlichen Erwartungen aufs Auge zu drücken, die nicht zwingend zu unseren Wünschen oder unserer aktuellen Lebenssituation passen. Wenn wir diesen dann nicht entsprechen, werden wir mit Kritik oder Missachtung gestraft. Was machen also die meisten von uns, um dem Konflikt aus dem Weg zu gehen? Sie werfen ihre eigenen Interessen über Bord und passen sich an, um ihr Harmoniebedürfnis zu stillen. Es ist schließlich besser, unglücklich an der Seite seiner Freunde und Familie zu leben, anstatt glücklich und erfüllt seinen eigenen Weg zu gehen. Oder, Sekunde mal. Etwa nicht?
Was haben all diese Einflussfaktoren gemeinsam? Richtig, sie lenken unsere Aufmerksamkeit und Meinung in eine bestimmte Richtung. Sie bilden Interessen für uns. Sie beschäftigen uns. Sie lenken uns ab. Von uns selbst! Es ist heutzutage so unglaublich einfach, nicht selbstbewusst zu sein. Es ist so einfach, sich nicht mit sich selbst zu beschäftigen. Schließlich gibt es so viel Ablenkung und sie ist so leicht zu konsumieren. Warum sollte man sich eine Meinung bilden, wenn man zu jeder Tageszeit eine gebildet bekommt? Ich möchte dir damit nicht unterstellen, dass du nicht selbstständig denken kannst. Das hier ist einfach nur eine simple Erklärung dafür, dass Menschen sich kaum Zeit nehmen, um sich mit sich selbst zu beschäftigen. Und deshalb sind sie nicht selbstbewusst. Heutzutage ist es ein weitverbreitetes Problem, dass man nicht weiß, was man eigentlich möchte oder gut findet. In meinen Coachings erlebe ich das immer wieder. Menschen kontaktieren mich und sagen, dass sie etwas verändern wollen, aber sie wissen nicht, was. Sie wissen nicht, was sie vom Leben wollen. Sie wissen nicht, was ihre Ziele sind. Der erste Schritt, um das zu ändern, liegt darin, die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.
Wir müssen uns von der Fremdbestimmung lösen und anfangen, uns wieder selbst eine Meinung zu allen Dingen des Alltags zu bilden. So finden wir heraus, worin unsere Interessen liegen. Das eröffnet uns wiederum unsere Wünsche oder auch die Dinge, die wir meiden wollen. So lernen wir uns wieder besser kennen und entwickeln ein wortwörtliches Selbstbewusstsein. Es ist wichtig, dass wir die Macht der Fremdbestimmung begreifen. Auch diese Erkenntnis wird dir dabei helfen, dein Selbstbewusstsein langfristig zu schützen.