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GRAVELBIKES

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Gravelbikes sind Rennräder mit einer gemäßigten Geometrie, breiteren Reifen und Schaltungen mit leichten Gängen fürs Gelände und die Berge. Oft kommen Befestigungsmöglichkeiten für Schutzbleche und Gepäckträger hinzu, Ösen für mehrere Getränkehalter bieten fast alle Modelle. Eine einheitliche Definition oder einen Standard der Hersteller gibt es aber nicht. So sind manche Räder fast genauso sportlich wie Rennräder mit breiten Reifen, aber etwas bequemer zu fahren. Andere Modelle erlauben eine sehr aufrechte Haltung und sind mit versteckten Federsystemen am Lenker und Sitzrohr sowie breiten Reifen ab 40 Millimeter fürs grobe Gelände gemacht. Gemeinsam ist allen Varianten, dass man damit auch auf schlechtem Terrain unterwegs sein kann und sich die Modelle von Rennrädern und Cyclocross-Rädern aus entwickelt haben.


Typisches Gravelbike mit dickeren Reifen und gemäßigter Geometreie: „Backroad“ von Rosebikes

Gravelbikes gelten als Alleskönner unter den Rennrädern, sind für die schnelle Ausfahrt genauso geeignet wie für den Ritt über Waldwege oder den täglichen Weg zur Arbeit und längere Touren.

Der Name entstammt ursprünglich dem englischen Begriff „Gravel Roads“, den Schotterstraßen in den USA, die mit solchen Rädern befahren werden. Seit einigen Jahren sind Gravelbikes auch in Europa vertreten. Nahezu alle Fahrradhersteller führen heute Gravelbikes im Programm.

Woher rührt jedoch ihre Vielseitigkeit? Häufig sorgen ein längeres Steuerrohr und ein kürzeres Oberrohr als bei Rennrädern für eine aufrechtere Sitzhaltung. Hinzu kommen ein etwas tiefer liegendes Tretlager und ein größerer Radstand als bei Rennrädern. Das bewirkt mehr Laufruhe und ein weniger quirliges Fahrverhalten als bei klassischen Rennrädern. Die Rennbügel des Lenkers sind etwas weiter nach außen gebogen – was im Gelände einen sicheren Griff gewährleisten soll; diese Form nennt sich „Flare“.

Auch die breiten Reifen tragen zur Vielseitigkeit bei. Mindestmaß sind 32 bis 35 Millimeter, die Breite kann bis 47 Millimeter reichen. Das dämpft schon mal die gröbsten Unebenheiten ab. Dann können Gravelbikes über raffinierte Tricks an der Gabel und der Sitzstrebe gefedert sein – sei es durch Federungen, wie sie Specialized verwendet, sei es durch das Iso-Link von Trek, sei es durch Sitzrohre oder Sitzstreben, in die Elastomere eingearbeitet sind. Canyon hat gar ein Modell im Programm mit einem „Doppeldecker-Lenker“, wovon der obere federt. All diese Maßnahmen erhöhen den Fahrkomfort deutlich.

Gravelbikes

·Rahmenmaterial

·Gewicht

·Übersetzung

·Federung

INFO

Was bedeutet Übersetzung?

Unter einer Übersetzung am Fahrrad versteht man das Verhältnis der Zähnezahl von Kettenblatt und Ritzel. Dieses Verhältnis entscheidet darüber, wie leicht oder schwer man treten muss. Hat das Kettenblatt vorn zum Beispiel 48 Zähne und das Ritzel hinten 10 Zähne, ergibt das eine Übersetzung von 48 geteilt durch 10 = 4,8. Das bedeutet: Wenn die Kurbel eine Umdrehung macht, macht das Ritzel 4,8 Umdrehungen. Das ist bergauf relativ schwer zu treten, aber bergab gut fürs schnelle Vorankommen. Hat das Ritzel dagegen 30 Zähne, ist die Übersetzung 1,6 – deutlich leichter zu treten und eine Empfehlung fürs Bergauffahren.

Nun gibt es auch kleine Kettenblätter, die nur 32 Zähne haben und hinten kann ein Ritzel mit ebenfalls 32 Zähnen montiert sein – dann hat man eine Übersetzung von 1:1 – eine sehr leichte Übersetzung fürs Gebirge. Bei hinten gar 34 Zähnen ergäbe sich eine Übersetzung von 0,94 – eine noch leichtere Kombination für steile Anstiege. Aus der Übersetzung lässt sich die Entfaltung des Fahrrads (Wegstrecke pro Kurbelumdrehung) errechnen: Man multipliziert Übersetzung mit Radumfang, bei 28 Zoll knapp 2,1 Meter: also zum Beispiel: 4,8 x 2,10 = 10,080 Meter.

Bei einer Umdrehung fährt unser Fahrrad also 10,08 Meter weit. Wenn wir eine Übersetzung von 0,94 haben, sind das pro Kurbelumdrehung nur noch 1,97 Meter.

Übersetzungen sind immer auf den Einsatzzweck zugeschnitten. An Alltagsrädern werden gern Übersetzungen mit drei Kettenblättern und 48/36/26 Zähnen sowie Kassetten mit neun, zehn oder elf Ritzeln verbaut. Sie haben dann standardmäßig zum Beispiel einen Umfang von elf bis 36 Zähnen. An einem solchen Rad wäre die größte Übersetzung (schwerster Gang) 4,36, die kleinste Übersetzung (leichtester Gang) 0,72.

Auch die Übersetzung an Gravelbikes weicht von konventionellen Rennrädern etwas ab. Statt einer Kurbel mit 50/34 Zähnen sind Kurbeln mit 48/32 Zähnen oder 46/30 verbaut, hinten meist eine Kassette mit elf Ritzeln und elf bis 34 Zähnen. Damit kommen Übersetzungen zustande, die Hobbyradlern das Befahren von Bergen erleichtern. Auch im Gelände bietet diese Übersetzung mehr Spielraum im unteren Bereich. Alternativ sind viele Räder mit der 1:12-Übersetzung von Sram ausgerüstet. Die aus dem Mountainbikebereich stammende Übersetzung hat nur ein Kettenblatt mit 40 Zähnen, die Kette läuft auf einer Kassette mit elf oder 12 Ritzeln mit elf bis 42 Zähnen. Das spart etwas Gewicht. Als Nachteil wird aber bemängelt, dass die Sprünge zwischen den einzelnen Gängen relativ groß sind und sich auch die größte Übersetzung fürs schnelle Fahren auf Asphalt nicht so eignet.


Feld-, Wald- und Wiesenwege sind das Terrain von Gravelbikes.

Shimano hat für das Gravelbike-Segment eine spezielle Schaltgruppe „GRX“ entwickelt. Es gibt sie als ein- und zweifache Kurbeln mit Zehn- und Elffach-Schaltwerken. Die Kurbeln sind etwas breiter, die Kettenlinie wandert etwas nach rechts, um breiteren Reifen Platz zu machen. Das Übersetzungsverhältnis ist berggängiger geworden. Die Kurbeln haben 48/31 oder 46/30 Zähne. Die Einfachkurbel hat nur 40 Zähne. Es gibt einen langen und einen kurzen Schaltkäfig. Geschaltet wird mechanisch oder elektronisch.


Nach außen ausgestellte Unterlenker („flare“) sind typisch für Gravelbikes.



Als Rahmenmaterial kommen bei Gravelbikes Carbon, Aluminium oder Stahl infrage. Carbon kann man leichter formen, es federt besser und ist leichter als die anderen Materialien. Aluminium und Stahl sind robuster, und bei guten Stahlrahmen ist der Gewichtsunterschied zu Carbon nicht sehr groß. Der „Pfadfinder“ des Berliner Stahlexperten Standert wiegt zum Beispiel 9,6 Kilogramm – das Carbon-Gravelbike „Grix“ von Storck 9,1 Kilogramm.

Elektromotoren an Rennrädern und Gravelbikes

Man glaubt es kaum, aber auch vor diesen sportlichen Modellen hat der Einsatz von elektrischer Motorunterstützung nicht haltgemacht. Wer Rennrad fährt, sollte man meinen, setze allein auf seine körperlichen Fähigkeiten – deshalb tut die Person das doch schließlich. Die Logik hinter E-Bikes im Rennradbereich ist allerdings eine andere: Sie soll dem vielleicht nicht mehr ganz so agilen Rennradler auch dann über den Berg oder zum Anschluss an die Gruppe helfen, wenn die eigenen Kräfte nicht mehr reichen. Das kann bei langen Alpen-Anstiegen der Fall sein oder bei schnellen Ausfahrten. Die Motorunterstützung kann auch helfen, wenn der Gegenwind allzu stark wird. Wie dem auch sei – Elektromotoren gibt es auch an Rennrädern. König unter den Antrieben ist das Modell „Fazua“ aus Bayern (der Name steht für „Fahr zu!“ auf Bayrisch). Der Akku ist im Sitzrohr oder im Unterrohr untergebracht, der Antrieb im Tretlager, beides kaum sichtbar. Der Motor leistet 250 Watt und hilft bis 25 km/h. Darüber schaltet er sich ab. Der Akku ist abnehmbar – und dann kann das Rad wie ein konventionelles Rennrad gefahren werden.


Akku und Motor sitzen beim Stevens „E-Getaway Gents“ im Unterrohr und können entnommen werden.


Die spanische Marke Orbea verwendet Hinterradmotoren. Specialized aus den USA hat eigene Motoren im Tretlagergehäuse untergebracht. Renn- oder Gravelbikes mit E-Motor wiegen um die 15 Kilogramm.

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