Читать книгу KNUT - Michael Moritz - Страница 27
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Siebenunddreißigster Eintrag im KleinDicken
Vor dem Haus kam mir Allmut entgegen. Ich stieg vom Clemens Licht.
»Hallo Allmut!«
»Huch, ist das aufregend!«, stellte sie, ohne sich die Hände zu reiben, grußlos fest. Also hatte sie Aufregendes zu berichten!
»Gut, dass ich dich antreffe, Knut. Was ganz Schlimmes ist passiert. Mein Gott, gut, dass ich meinen Drago habe. Wer weiß, was sonst passiert wäre!«
»Du zitterst ja, Allmut. So habe ich dich noch nie erlebt. Was ist passiert?«
»Knut! Gut, dass du endlich da bist. Ich zittere noch am ganzen Körper. Also, ich hab an der Tür von den Calabars, du weißt schon!«
»Allmut, du hast gelauscht?«
»Huch! Du weißt, das mache ich für mein Leben gern. Ich muss doch informiert sein! Ich hatte durch das Fenster gesehen, dass die Behmke zu den Calabars rein ging. Die war noch nie bei den Calabars. Ich also raus in den Hausflur und hab mich vor die Tür der Calabars gestellt, um zu hören, was die Behmke von denen wollte. Also, ich steh vor der Tür. Und, huch, ist das aufregend!«
»Allmut! Schau mal. Zu deiner Beruhigung: eine Flasche Eierlikör scharfes GELB und eine Schachtel Halloren. Ich habe die mit Kakao-Creme genommen, die sind doch deine Sorte!«
»Knut, das brauchst du doch nicht zu machen. Das ist doch nicht nötig. Was kriegst du dafür?«
»Allmut, was machst du immer für mich? Nichts kriege ich. Aber du wolltest doch weitererzählen! Ich hatte dich unterbrochen!«
»Ja genau! Ich hatte mein Ohr fest gegen die Tür der Calabars gedrückt.«
»Allmut, wenn die plötzlich aufgemacht worden wäre, wie hättest du dagestanden?«
»Knut, das ist jetzt nicht dein Ernst? Wie ich dagestanden hätte? Knut, ich bin die Allmut! Ich habe immer einen Grund, überall zu horchen. Jetzt lass mich mal weitererzählen. Oder interessiert dich gar nicht, was ich erzähle? Du kannst mir das ruhig sagen. Ach, was! Jetzt hör mal zu und unterbrich mich nicht immer. Wo war ich denn jetzt?«
»Mit deinem linken Ohr an der Tür der Calabars!«
»Wieso mit meinem linken?«
»Weil du sonst nicht hättest sehen können, wer zur Tür, also zur Haustür reinkommen würde!«
»Also Knut! Wieso sollte jemand zur Haustür reinkommen, für den ich mein linkes Ohr gegen die Tür der Calabars hätte drücken sollen?«
»Allmut, erzähl einfach weiter!«
»Also, wie ich so lausche, öffnet dieser mondgraue Mann die Haustür, obwohl der gar keinen Schlüssel haben konnte! Sehr komisch, wirklich sehr komisch!«
»Allmut, wieso sagst du mondgrau?«
»Das hab ich doch nicht gesagt, Knut!«
»Jetzt wird aber Drago in der Pfanne verrückt, Allmut. Du hast gerade eben mondgrau gesagt!«
»Knut, du musst mich einfach mal ausreden lassen. Ich hab nicht mondgrau gesagt, Kian hat mondgrau gesagt. Und der hat mir von dem Mondgrauen in seinem Späti erzählt! Und wenn du mich nicht ständig unterbrechen würdest, würde ich wissen, was ich sagen wollte. Wo also war ich stehen geblieben?
Richtig, bei dem Mondgrau, das ich nicht gesagt haben soll, also bei dem Mondgrauen. Und jetzt hör mir einfach zu. Eigentlich hat der einen sehr vornehmen Eindruck gemacht. Ein feiner Pinkel, dachte ich bei mir. Doch dann ging der zur Treppe und stieg hinauf. Ich natürlich auf Socken hinterher. Als ich oben war, stand der an deiner Arschlawozitür. Und dann kam Drago rauf mit seinem markdurchdringenden Löwengeknurre. Er wollte zu dem Mondgrauen. Aber er kam nicht von der Stelle. Es war so, als ob ihn jemand festgehalten hätte.«
»Und der Mondgraue? Wie verhielt der sich?«
»Das war unheimlich, Knut! Huch, war das aufregend! Der guckte sich nicht einmal nach Drago um. Ich habe gespürt, dass der wusste, dass ihm Drago nichts anhaben konnte. Und ich bin fest davon überzeugt, dass die unsichtbare Leine, die Drago festhielt, mit dem Mondgrauen zusammenhing!«
»Und dann, Allmut, was passierte dann?«
»Ja, was passierte dann? Der Mondgraue hielt beide Hände vor dein Türschloss! Und schon öffnete sich die Tür. Ich hab so was noch nie gesehen. Aber ich hab ja starke Nerven. Der Mondgraue betrat deine Wohnung. Und in dem Moment riss sich Drago von seiner unsichtbaren Leine und raste in dein Arschlawozi. Du weißt ja, er kann keine Mondgrauen leiden!«
»Der Mondgraue hat also meine Tür offen stehen lassen?«
»Ja natürlich, sonst hätte Drago ja nicht reingekonnt. Und dann war es mucksmäuschenstill. Kein Ton. Nichts. Knut, ich habe Angst bekommen. Und jetzt befürchte ich das Schlimmste. Knut, wir müssen die Polizei rufen.«
»Warte mal, Allmut. Ich schau mal nach!«
»Um Himmels willen, nein Knut! Das ist viel zu gefährlich. Du weißt doch nicht …«
Ich stellte Clemens Licht an die Flurwand und schlich nach oben. Die Arschlawozitür stand unheilvoll einen Spalt offen. Und tatsächlich war mein Besucher der Mondgraue! Unbekümmert saß der im Gästesessel, vor dem Drago regungslos auf dem Boden lag. Sofort zog ich mein KleinDünnes, um die 110 zu wählen.
»Ich würde das nicht tun!«, drohte der Mondgraue leise.
»Sie sind hier eingedrungen!«, herrschte ich den Gesetzlosen an.
Montezuma II hing regungslos in einer Astgabelung seines Fiederthronbaumes.
»Was haben Sie mit ihm gemacht?«, schrie ich den Mondgrauen an und wies auf Montezuma II.
»Er ist in der falschen Zeit. Ich bin gekommen, ihn zu holen. Ich bringe ihn nach Hause.«
Die überirdische Ruhe des mondgrauen Vogeljägers trieb mich in die wilde Entschlossenheit zum Letzten.
»Sie werden den Teufel tun. Bleiben Sie im Sessel. Sonst …«
Der Mondgraue erhob sich, ging an mir vorbei und hielt vor Montezuma II einen Moment inne.
»Denken Sie nicht mal daran!«, sagte ich bestimmt. Das sagen in Hollywood-Filmen immer die entschlossenen Helden als letzte Drohung.
»Gegen die Zeit sind Sie machtlos!«, flüsterte der Mondgraue mir zu und verschwand durch die Arschlawozitür.
Plötzlich war Drago wieder bei sich und stürzte hinter ihm her. Besorgt legte ich meine Hand auf Montezuma II. Er erwachte und richtet sich auf.
Ich war beruhigt und eilte runter auf die Straße. Doch der Mondgraue war verschwunden. Drago raste die Kloedenstraße rauf und wieder runter. Ergebnislos trabte er verstört zu Allmut.
Wieder zurück im Arschlawozi hielt mir Montezuma II majestätisch sein rechtes Bein mit vollständig eingezogenen Krallen entgegen.
Ich verstand. Seine Audienz, die er mir gewährte, sollte mir die Dankbarkeit Seiner Majestät für meine erwiesene Treue gegenüber dem Fiederthron zeigen.
Ich legte meine rechte Hand unter Seiner Majestät dargereichten Fuß, ohne diesen zu berühren, deutete eine Verbeugung an und trat, höfischem Protokoll gemäß Haltung wahrend, einen Schritt zurück. In meinem Ohrensessel Asellus, einem jung gebliebenen Erbstück, das mir meine Urgroßmutter mütterlicherseits, AStrid ELua LUStig, hinterlassen hatte, versuchte ich, meine Gefühle zu ordnen.
Vergeblich, denn es klingelte Sturm.